Leseprobe
INHALTSVERZEICHNISS
Einleitung
I. Die Begräbnisreform im historischen Kontext
1. Aufklärung
1.2 Die Katholische Aufklärung
1.2.1 Liturgische Reformen in der Katholischen Aufklärung
II. Analytischer Teil: Die Begräbnisreform als Ausdruck liturgischer Reformen
2. Staatliche Vorgaben
2.1 Die Etablierung der Deutschen Sprache innerhalb der Begräbnisliturgie
2.2 Auswahl des Ritus, Begründung
2.3 Der Begriff „Feier“
2.4 Das Formular nach Wessenberg
2.5 Der Ritus der Erzdiözese Wien – Ein Beispiel für die Aufnahme reformerischer Ideen
III. Die Aufnahme reformerischer Ideen durch das zweite vatikanische Konzil
IV. Schlussbemerkung, Ausblick
Literatur und Quellenverzeichnis
Einleitung
„Tote begraben ist ein Werk der leiblichen Barmherzigkeit. Wir ehren die Getauften als Tempel des Heiligen Giestes (KKK 2300). Deshalb hat die Kirche seit alters eine reichhaltige Begräbnisliturgie entfaltet. Dabei ist immer auf regionale Bräuche und Gegebenheiten Rücksicht genommen worden. Man kann sagen, die Begräbnisriten sind gelungene Beispiele der Inkulturation“ (Christoph Kard. Schönborn)I
Das obige Zitat von Christoph Kardinal Schönborn befasst sich mit dem Entstehungsprozess der Begräbnisliturgie. „Dabei ist immer auf regionale Bräuche und Gegebenheiten Rücksicht genommen worden“, schreibt er. Wie kann man sich diesen Entstehungsprozess vorstellen und wo bzw. wann hat er begonnen?
Die folgende Arbeit will sich mit diesen Entstehungsprozessen auseinandersetzen. In wie weit kann gesagt werden, das auf „regionale Bräuche und Gegebenheiten“ Rücksicht genommen wurde?
Diese Arbeit setzt sich mit den Prozessen einer Zeit auseinander, die heute als Aufklärung bekannt ist.
Nicht etwa irgend einer Aufklärung, sondern der Katholischen Aufklärung. Dieser Begriff nun ist nicht so bekannt, wie sein Namensverwandter. Das Präfix „Katholisch“ im Zusammenhang mit dem Passus Aufklärung ist umstritten und längst nicht so weit erforscht wie die Epoche der Aufklärung als Ganzes.
In der Katholischen Aufklärung fanden jedoch liturgische Reformprozesse statt, die eine Nachwirkung bis in das 20. Jahrhundert vermuten lassen.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, diese liturgischen Reformprozesse in ihrem historischen Kontext zu analysieren und am Beispiel der Begräbnisliturgie zu zeigen, inwiefern und ob diese Reformen Einzug in die liturgischen Regula der Katholischen Kirche gefunden haben.
I. Die Begräbnisreform im historischen Kontext
Im Hinblick auf die Fragestellung der Arbeit ist es zunächst wichtig, die Thematik in den historischen Kontext einzuordnen.
Die Begräbnisreform ist Ausdruck liturgischer Reformbemühungen, die sich in der Epoche der Aufklärung wiederfinden. Um die Intention der Reformer verstehen zu können, ist es unerlässlich, sich mit dieser Epoche näher auseinander zusetzen, was im Folgenden geschehen soll.
1. Aufklärung
Der Begriff Aufklärung bezeichnet zunächst eine geistige Haltung des ausgehenden 17. Jahrhunderts, dessen Folgen bis in die heutige Zeit reichen. Charakteristisch für diese Epoche ist ein kritisches Hinterfragen der gesellschaftlichen Umstände dieser Zeit. Die „Selbstständigkeit des Menschen“[1] steht im Mittelpunkt dieses Denkens. Diese Forderung richtete sich spezifisch gegen die Autoritäten, die eine freie Persönlichkeitsentfaltung bis dahin erschwerten. Die Aufklärer wurden geleitet von der Vorstellung eines besseren und glücklicheren Lebens, welches sich in freier Persönlichkeitsentfaltung manifestiert. Die Forderungen der Aufklärer richteten sich gegen Dogmen und das Festhalten am Alt- hergebrachten. In Forderungen nach Denk-, Rede- und Schriftfreiheit manifestierte sich das Streben nach freier Persönlichkeitsentfaltung[2]. Es ging den Aufklärern um ein humanes, ein menschengerechtes Leben.
Die Aufklärer handelten im Namen der menschlichen Vernunft. Dies bedeutet, sie hinterfragten die gesellschaftlichen Umstände im Hinblick darauf, ob sie der menschlichen Vernunft standhielten. Hieraus leitet sich auch der Begriff Aufklärung ab, mit dem diese Epoche erst im Nachhinein belegt wurde. Aufgeklärt zu sein bedeutete, Gegebenheiten und Umstände auf deren Vernunftgehalt zu prüfen[3]. Der Philosoph R. Piepmeier beschrieb Aufklärung wie folgt: „Aufklärung soll von derjenigen Überlieferung befreien, die der kritischen Prüfung der autonomen Vernunft nicht standzuhalten vermag“[4].
Wie sind diese Forderungen nun mit dem Christentum und den Lehrern der Kirche vereinbar?
Zunächst muss festgestellt werden, dass die Lehren der Kirche nun einmal auf Überlieferungen gründen.
Die Aufklärer standen dem Christentum aber keineswegs unversöhnt gegenüber. Überlieferter Glaube sollte aber daraufhin überprüft werden, ob er zur Verwirklichung eines humanen Lebens beiträgt[5].
Mit diesen Aspekten befasst sich nun das, was man heute allgemein als Katholische Aufklärung[6] bezeichnet.
Im Folgenden soll nun auf die Eigenheiten der Katholischen Aufklärung eingegangen werden.
1.2 Die Katholische Aufklärung
Das Ziel der Katholischen Aufklärung war es zunächst, überlieferten Glauben und Christliches Leben zu vereinbaren. D.h., trägt der überlieferte Glaube bzw. die Tradition zu einem humanen Christenleben bei? Diese Frage sollte beantwortet werden. Den Aufklärern ging es aber auch darum, dem „Barockscholastizismus“[7] entgegenzuwirken. Die Primatstellung des Papstes wurde kritisiert und angezweifelt[8]. Auch die Glaubensformen wurden von den Aufklärern kritisiert. Man befürwortete nüchterne Formen des Glaubens, d.h. eine demütigere Haltung. Sonderrechte des Klerus wurden zum Teil von weltlichen und geistlichen Fürsten beschnitten[9]. Innerhalb der Kirche setzte ein Umdenken ein, das sich „in der Gestaltung des Gottesdienstes, der Wertschätzung von Predigt und Katechese sowie der Aufwertung des Unterrichts“[10] manifestierte. Es ging um die Besinnung auf die christlichen Werte und Tugenden.
Die Katholische Aufklärung ist später als die Aufklärung anzusetzen. L. Swidder legt sie im späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert fest[11].
Um Durchsetzung dieser Ziele zu realisieren, waren umfangreiche liturgische Reformen notwendig.
Auf diese soll nun im Folgenden kurz eingegangen werden.
1.2.1 Liturgische Reformen in der Katholischen Aufklärung
Die gesellschaftlichen Umstände zur Zeit der Aufklärung machten Liturgische Reformen notwendig.
Immer mehr Menschen blieben dem Gottesdienst fern, und dieser Tatsache galt es entgegenzuwirken[12]. Die „Aufklärungstheologie“[13] sah sich einem liturgischen Verfall gegenüber gestellt. Die Aufklärer forcierten nun eine Neubewertung des liturgischen Materials im Hinblick auf die gesellschaftlichen Umstände der Zeit. Die Frage, die sich hierbei stellte, war nun: Wie kann die Liturgie dem eigenen Leben nützlich sein? Der Gottesdienst sollte eine Aufgabe für die Menschen wahrnehmen. Im Mittelpunkt der neuen Liturgie sollten vor allem die Ziele „[ Belehrung]“, „[ Erbauung]“ und „[ Zweckmäßigkeit ]“ stehen[14]. Vor allem der Punkt „[ Zweckmäßigkeit]“[15] ist hier nochmals zu konkretisieren. Die Liturgie sollte so gestaltet werden, dass sie die zwei vorgenannten Ziele erfüllte.
[...]
I Wagner (2001)
[1] Ignatzi (1994), S. 45
[2] Ebd, S. 46
[3] Ebd, S. 46
[4] Ebd, S. 45
[5] Ebd, S. 46.
[6] Dieser Begriff ist umstritten und wird von einigen Historikern abgelehnt. Ursache dieser Ablehnung ist, das man sich uneinig im Bezug auf die Verwendung dieses Begriffs ist. Die Frage ist, ob es eine Katholische Aufklärung, oder nur eine katholisch beeinflusste – d.h. katholisch geprägte – Aufklärung gab. Vgl. Hinske (1993)
[7] Raab (1993), S. 106
[8] Ebd, S. 109
[9] Igantzi (1994), S. 49
[10] Ebd, S. 49
[11] „zwischen 1780 und 1850“, ebd, S. 48
[12] Vgl. ebd, S. 51
[13] Ebd, S. 50
[14] Ebd, S. 52 f.
[15] Ebd, S. 53