Seit den 1970er Jahren kam es vermehrt zur Kritik an dem repräsentativen System in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt setzte ebenfalls ein Nachlassen der Integrationskraft bei den großen Volksparteien ein. Auf der Suche nach neuen Wegen der Partizipation orientierten sich die Bürger anderweitig. Ein Rückgang der bis dahin festen Wählerklientel war die Folge. Häufig beklagt wurde seitdem der zunehmende Vertrauensverlust in die Parteien seitens der Bürger. Wörter wie Vertrauenskrise
oder auch Systemverdrossenheit tauchen in diesem Kontext auf. Als
eine mögliche Antwort auf diese Probleme wird seither regelmäßig die Einführung direktdemokratischer Elemente als Ergänzung des repräsentativen Systems propagiert.
Doch was verstehen wir unter direkter Demokratie? Bevor ich näher
auf den Aufbau der Arbeit eingehen werde, ist es sinnvoll, den Begriff zunächst zu definieren. Die direkte Demokratie kann auf zweierlei Art verstanden werden. Zum einen ist in ihr das Gegenstück der repräsentativen Demokratie zu sehen, wenn davon ausgegangen wird, dass sie eine demokratische Herrschaftsform ist,
bei welcher die politische Macht allein durch das Volk ausgeübt wird und nicht durch eine weitaus geringere Anzahl von Repräsentanten. Das oberste Gebot ist, dass der Wille des Volkes ohne Umwege zu politischen Entscheidungen führt. Dieses Verständnis soll jedoch nicht dieser Arbeit zugrunde liegen. Bestimmend ist die Bedeutung direkter Demokratie als ein politisches Entscheidungsverfahren. Als ein Mittel, welches den Bürgerinnen und Bürgern abgesehen von den Wahlen in Form von Volksabstimmungen die Möglichkeit eröffnet, selbständig politische
Belange zu entscheiden. Unter diesem Gesichtspunkt spricht nichts gegen eine Verwendung direkter Demokratie als Ergänzung des repräsentativen Systems.
In dieser Arbeit möchte ich deshalb darauf eingehen, inwieweit die Angebote der direkten Demokratie eine Lösung der existierenden Defizite darstellen können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Defizite des repräsentativen Systems
- Machtausbau vs. Legitimität
- Parteienwettbewerb vs. Bürgernähe
- Komplexität der Problemfelder vs. Partizipation der Bürger
- Die direktdemokratischen Instrumente und deren Wirkung im Überblick
- Erfahrungen aus der Praxis
- Erfahrungswerte aus der Schweiz
- Erfahrungen aus den deutschen Bundesländern
- Ist die direkte Demokratie auf Bundesebene eine Lösung der Probleme
- Standpunkte innerhalb der Debatte
- Was spricht für und was gegen die direkte Demokratie
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob die Einführung direktdemokratischer Verfahren auf Bundesebene eine Lösung für die Defizite des repräsentativen Systems in Deutschland darstellen kann.
- Analyse der Defizite des repräsentativen Systems in Deutschland
- Vorstellung und Bewertung direktdemokratischer Instrumente
- Beurteilung der Kompatibilität direktdemokratischer Verfahren mit dem mehrheitsdemokratischen System
- Auswirkungen auf den Parlamentarismus und den Parteienwettbewerb
- Abwägung von Vor- und Nachteilen der direkten Demokratie auf Bundesebene
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der direkten Demokratie ein und erläutert die Bedeutung des Begriffs im Kontext dieser Arbeit. Sie beleuchtet die Kritik am repräsentativen System und die steigende Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung.
Kapitel 2 analysiert die Defizite des repräsentativen Systems in Deutschland. Es werden der Machtausbau der Parteien, der zunehmende Verlust an Bürgernähe und die steigende Komplexität politischer Probleme im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Bürger diskutiert.
Kapitel 3 bietet einen Überblick über verschiedene direktdemokratische Instrumente und ihre Auswirkungen auf die politische Entscheidungsfindung.
Kapitel 4 untersucht die Erfahrungen mit direktdemokratischen Verfahren in der Schweiz und in den deutschen Bundesländern.
Kapitel 5 geht auf die Debatte um die Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene ein. Es werden die verschiedenen Standpunkte innerhalb der Debatte sowie die Argumente für und gegen die Einführung direktdemokratischer Verfahren auf Bundesebene dargestellt.
Schlüsselwörter
Direkte Demokratie, repräsentatives System, Defizite, Partizipation, Bürgerbeteiligung, Volksabstimmungen, Parlamentarismus, Parteienwettbewerb, Legitimität, Machtausbau, Komplexität, Erfahrungen, Schweiz, Bundesländer.
- Quote paper
- Ralf Huisinga (Author), 2008, Die Einführung direktdemokratischer Verfahren auf der Bundesebene, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140923