Grammatische Proben im Deutschunterricht

Werkzeuge für ein besseres Verstehen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 DIE GRAMMATISCHEN PROBEN
2.1 DEFINITION UND ZWECK DER GRAMMATISCHEN PROBEN
2.2 ERLÄUTERUNG DER EINZELNEN PROBEN
2.2.1 Die Einsetzprobe
2.2.2 Die Ersatzprobe
2.2.3 Die Erweiterungsprobe
2.2.4 Die Flexionsprobe
2.2.5 Die Klangprobe
2.2.6 Die Listenprobe
2.2.7 Die Umschreibungsprobe
2.2.8 Die Umstellprobe
2.2.9 Die Weglassprobe

3 DIE GRAMMATISCHEN PROBEN IN DER SCHULE
3.1 GIBT ES EINE HIERARCHIE DER PROBEN?
3.2 ANWENDUNG IN DER SCHULE
3.2.1 Grammatische Proben in „Unserer Muttersprache“
3.2.2 Grammatische Proben in „Tandem Deutsch“
3.2.3 Praxis Deutsch - eine Alternative zum Lehrbuch
3.2.4 Jede Probe hat ihre Grenzen

4 SCHLUSSBETRACHTUNG

LITERATURVERZEICHNIS:

1 EINLEITUNG

„Grammatik ist der Versuch von Menschen, die Vielfalt der Sprache zu gliedern, zu analysieren. Sie ist nicht mit der Sprache selbst schon gegeben!“1 - mit diesen Worten thematisieren JÜRGEN BAURMANN und WOLFGANG MENZEL ein elementares Problem des Menschen im Umgang mit seiner eigenen Sprache. Nachdem er sie in jungen Jahren auf spielerische Weise und in den meisten Fällen wohl auch ohne große Mühen erlernte, muss er sie in späteren Jahren verstehen lernen, um einen sicheren Umgang mit ihr zu gewinnen.

Grammatik - also die Vermittlung von sprachlichen Regeln verbunden mit einem Grundverständnis der sprachlichen Phänomene - spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie soll dem Lerner (im Großteil der Fälle wohl dem Schüler) also nicht vorrangig schlechte Noten und Unlustgefühle einbringen, (was sie ohne Zweifel vielfach tut), sondern vermitteln, was unsere Sprache ausmacht und was wir mit ihr bewirken können, wenn wir sie denn beherrschen und ihre Regeln zu verstehen wissen. Dies meint jedoch nicht, dass man als Sprecher im täglichen Leben alle grammatischen Fachtermini wissen muss. Vielmehr kommt es darauf an, den tieferen Sinn - vor allem die Funktionen, die sich hinter diesen Worten verbergen, zu verstehen.

Auf der Suche nach dem Sinn und der Funktion seiner Sprache, so also auf dem langen Weg durch seinen Grammatikunterricht, werden dem Schüler immer wieder grammatische Phänomene anhand von Proben erläutert. Besonders beliebte Beispiele dafür sind die Umstellprobe und die Frageprobe, die der Satzgliederkennung und bestimmung in Sätzen oder der Kasusbestimmung des Nomens dienen. Grammatische Proben zielen dabei auf das Verständnis von grammatischen Zusammenhängen; sie sind Werkzeuge im Sprachgebrauch und können schon deshalb nicht als selbstständige grammatische Phänomene im Unterricht behandelt werden. In der folgenden Abhandlung jedoch, soll die Rolle der grammatischen Proben für den Unterricht aufgezeigt werden. Der Duden2 kennt neun verschiedene Proben, doch welche Bedeutung wird ihnen im Unterricht beigemessen und welchen Funktionen und Zwecken unterliegen sie? Diesen Überlegungen gilt es auch anhand der Einführung von Proben in unterschiedlichen Lehrwerken nachzugehen. Ein weiteres didaktisches Problem, das zu erörtern sein wird, ist die zeitliche Einführung der Proben in den Unterricht. All diese Fragen werden in der folgenden Abhandlung diskutiert werden, doch zuvor ist es vonnöten, die Proben im Einzelnen vorzustellen und ihre Funktionen, wie sie nach fachwissenschaftlichen Ansätzen, z.B. des Dudens, vorgesehen sind, zu erläutern. Auch die Frage, was grammatische Proben überhaupt sind, wird diskutiert werden, denn sie bildet die Grundlage für weitere Überlegungen und ein tieferes Verständnis für die didaktischen Erläuterungen, die im Anschluss der allgemeinen Vorstellung erfolgen.

2 DIE GRAMMATISCHEN PROBEN

2.1 DEFINITION UND ZWECK DER GRAMMATISCHEN PROBEN

Grammatische Proben, die auch Linguistische Operationen genannt werden, sind Hilfsmittel zur Bestimmung und Überprüfung von grammatischer Aussagen und Eigenschaften von Sätzen und Wörtern. Zudem dienen sie einem Lerner zur Gewinnung von grammatischen Einsichten, die ihm dabei helfen, seiner eigenen Sprache näherzukommen und das Verständnis für bestimmte grammatische Phänomene zu erlangen. Diese „Such- und Bestimmungsverfahren“3 finden „sowohl in der Wortlehre als auch in der Satzlehre“4 Anwendung. Das heißt für den Einsatz solcher Proben im Deutschunterricht, dass sie sehr wohl auch im Literaturunterricht ihre Berechtigung finden, obwohl sie dennoch vermehrt im Grammatik- und Sprachunterricht eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig ‚probenspezifisch’ zu differenzieren - nicht alle der neun Proben nach Duden eignen sich gleichermaßen für den Einsatz sowohl im Literatur- als auch im Sprachunterricht. Doch um dies näher zu erläutern, sollen zunächst die einzelnen Proben vorgestellt werden.

2.2 ERLÄUTERUNG DER EINZELNEN PROBEN

Die im Duden vorkommenden Proben sind folgende:

- die Ersatzprobe,
- Weglassprobe
- Listenprobe
- Verschiebeprobe
- Einsetzprobe
- Umschreibungsprobe
- Flexionsprobe und schließlich
- Erweiterungsprobe
- die Klangprobe.

Um keine vorherige Wertung der Proben nach ihrer Wichtigkeit (besonders im schulischen Kontext) zu geben, werde sie im Folgenden in alphabetischer Reihenfolge erläutert werden. Auf eine Gewichtung der Proben und eine mögliche Hierarchie wird jedoch an späterer Stelle noch genauer eingegangen werden.

2.2.1 Die Einsetzprobe

Die Einsetzprobe wird verwendet bei der Untersuchung einzelner Wörter oder Wortgruppen. Dabei wird die Stellung des zu untersuchenden Wortes im Satz oder in der Wortgruppe verändert, um beispielsweise die Wortart näher bestimmen zu können.5 In einem Beispiel zur Bestimmung und Unterscheidung von Adjektiven und Adverbien sieht dies folgendermaßen aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Handelt es sich bei gründlich und bei gratis um ein und dieselbe grammatische Kategorie? Sind beides Adjektive oder gar Adverbien? Um dies herauszufinden, werden die zu untersuchenden Worte aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst und in einen anderen Satzzusammenhang eingesetzt. Da Adjektive im Gegensatz zu Adverbien flektierbar sind, lassen sich die beiden in den Ausgangssätzen grammatisch-identisch wirkenden Wörter unterscheiden, indem man sie zwischen einen Artikel und ein Nomen setzt. Das Adjektiv passt sich der Form an, wobei aus gründlich gründliche wird. Das Wort gratis hingegen kann nicht flektiert werden! Somit ergibt sich die Erkenntnis, dass es sich bei gründlich um ein Adjektiv, bei gratis jedoch um ein Adverb handeln muss. Schließlich bleibt noch zu erwähnen, dass sich nach dem Einsetzen des Wortes in den neuen Kontext nicht notwendigerweise ein sinnvoller Ausdruck ergeben muss: So wäre auch an den bedeutungsleeren Beispielen der gründliche Kuchen oder der gründlich Baum erkennbar, dass es sich um ein Adjektiv handelt.

2.2.2 Die Ersatzprobe

Die Ersatzprobe beschreibt das gezielte Ersetzen von Wortgruppen oder auch einzelnen Wörtern in einem Satz mit dem Ziel der Bestimmung von Satzgliedern und Wortarten oder von grammatischen Kategorien wie etwa dem Kasus6 . Bei der Ersatzprobe lassen sich drei Unterarten ausmachen: die Frageprobe - das Ersetzen des Wortes durch ein Fragewort; die ‚Maskulinumprobe’ - das Ersetzen durch ein männliches Nomen im Singular sowie die Pronomenprobe, bei der das Wort durch ein Pronomen ersetzt wird. In einem Beispiel zur Kasusbestimmung lässt sich dies verdeutlichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand der drei Verfahren der Ersatzprobe kann im linken Beispiel festgestellt werden, dass es sich bei dem Wort Anni um einen Nominativ handelt, wohingegen sich Anni im rechten Beispiel als Dativ ausweist. Wichtig ist bei der Anwendung dieser Probe, dass der Ausgangssatz (bis auf das zu untersuchende Wort) völlig unverändert bleibt. Zudem können durch die Ersatzprobe gezielt alternative Formulierungen gesucht werden - die Ersatzprobe hilft in diesem Sinne also auch bei de Verbesserung des sprachlichen Ausdruckes. Sie kann somit auch im Sprach- und Literaturunterricht eingesetzt werden.

2.2.3 Die Erweiterungsprobe

Das Einfügen von Wörtern in einen bestehenden Satz oder eine Wortgruppe kennzeichnet die Erweiterungsprobe7. Dabei geben die Kombinationsmöglichkeiten von Wörtern Rückschlüsse auf deren grammatische Eigenschaften8. Verdeutlichen lässt sich dies an einem Beispiel, bei dem es um die Erkennung von Nominalisierungen geht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Handelt es sich bei lernen um eine Nominalisierung? Zunächst ist dies in beiden Fällen nicht eindeutig klar. Durch das Erweitern des Ausgangssatzes um den Begleiter das wird deutlich, dass im ersten Teilsatz das Wort Lernen großgeschrieben werden muss, wohingegen es sich im zweiten Teilsatz nicht um eine Nominalisierung handelt.

2.2.4 Die Flexionsprobe

Die Flexionsprobe , die alternativ auch Veränderungsprobe bezeichnet wird, „dient ebenso [wie bspw. die Einsetzprobe; J.K.] der Bestimmung der Wortart“9. Um die Wortartenzugehörigkeit ausmachen zu können, wird das zu bestimmende Wort in seinen grammatischen Eigenschaften verändert, denn diese geben Aufschluss darüber, zu welcher Wortart es zu zählen ist. Anhand dieser Probe lässt sich beispielsweise klären, zu welcher Wortart Partizipien zu zählen sind:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Handelt es sich bei angesagt um ein Verb oder ein Adjektiv? Um dies herauszufinden, wird das Wort in seinen grammatischen Eigenschaften entsprechend verändert. Betrachtet man es als Verb, so muss es flektiert

werden. Dabei ergibt sich jedoch mit dem Verb ansagen ein ganz anderer Sinn. So zeigt sich, dass das Wort angesagt keine Form des Verbs ansagen darstellt. Folglich bleibt die Möglichkeit, es als Adjektiv zu komparieren. Da dies ohne Probleme möglich ist, spricht dies dafür, angesagt als Adjektiv zu betrachten.10

2.2.5 Die Klangprobe

Um für andere hörbar zu machen, wie ein Text verstanden wird, kann die Klangprobe eingesetzt werden. Dabei wird ein geschriebener Text so in die gesprochene Sprache umgesetzt, dass er dem Hörer „Lese- und Verstehensmöglichkeiten hörbar und damit zugänglich“11. Daher bildet kontrolliertes, lautes Vorlesen die Grundlage dieser Probe. Es kann damit beispielsweise deutlich gemacht werden, wo die Hauptbetonung eines Satzes und dessen Grenzen liegen. Auch Mehrdeutigkeiten werden dadurch sichtbar.12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 BAURMANN/ MENZEL 1989, S.23.

2 Im Folgenden wird immer auch die 7. Auflage des DUDENS - die Grammatik - von 2005 Bezug genommen.

3 GALLMANN/SITTA 2004, S. 12.

4 DUDEN 2005, S. 139.

5 Vgl. GALLMANN/SITTA 2004, S. 14.

6 Vgl. DUDEN 2005, S. 139.

7 Vgl. GALLMANN/SITTA 2004, S. 16.

8 Vgl. EBD.

9 DUDEN 2005, S. 141.

10 Vgl. EBD.

11 DUDEN 2005, S. 144.

12 SITTA 1984, S. 23.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Grammatische Proben im Deutschunterricht
Untertitel
Werkzeuge für ein besseres Verstehen
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Veranstaltung
HS Grammatik und Schule
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V141034
ISBN (eBook)
9783640507757
ISBN (Buch)
9783640507962
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutsch, Deutschunterricht, Schule, Didaktik, Grammatik, Grammatische Proben, Erweiterungsprobe, Ersetzprobe, Verschiebeprobe, Umstellbrobe, Praxis Deutsch, Tandem Deutsch, Unsere Muttersprache
Arbeit zitieren
Jana Kirchhübel (Autor:in), 2007, Grammatische Proben im Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141034

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