Die umfangreichste Liedersammlung des Mittelalters wird allgemein als ‚Carmina Burana’ bezeichnet. Im Zuge der Säkularisation der bayrischen Klöster wurde die Handschrift 1803 in die damalige Kurfürstliche Hofbibliothek überführt. Heute wird der Codex Buranus in der Bayrischen Staatsbibliothek aufbewahrt.
Die Entstehung des Kodex fällt wahrscheinlich in die Zeit um 1230 am südlichen Rand des deutschsprachigen Raumes. Genauere Angaben zum Ort und Zeitpunkt sind nur sehr schwer zu machen, da in dem Kodex selbst hierüber keine Angaben zu finden sind.
Obwohl die Handschrift eine Vielzahl unterschiedlichster Textzeugnisse enthält, lässt sich doch an der Auswahl der aufgenommenen Lieder sehen, dass es sich um eine bewusst angelegte Sammelhandschrift handelt, und nicht um eine zufällige Sammlung. Das zeigt sich auch schon an dem thematischen Zusammenhang, den die Lieder untereinander haben. Hugo Kühne schlägt eine Grob-Gliederung der Lieder in: „1. Moralisch-satirische Dichtungen (CB1-56), 2. Liebeslieder (CB 57-186), 3. Trink- und Spielerlieder (CB 187-226)“ vor. Nicht nur inhaltlich ist die Textsammlung für die germanistische Mediävistik von großem Interesse, sondern auch hinsichtlich der einmaligen Mischung von lateinischen und volksprachigen Textstücken. Ulrich Müller unterscheidet hierbei zwei „polylinguale“ Textgruppen: 1. die sprachmischenden Lieder, in denen in einen lateinischen Satz volkssprachliche Elemente eingebettet sind und 2. mehrsprachige Lieder in denen auf mehrere lateinische Strophen eine oder zwei volkssprachliche (meist mittelhochdeutsche) Strophen folgen. Häufig sind diese „Zusatzstrophen“ gleichzeitig Anfangsstrophen von mittelhochdeutschen Liedern, die in anderem Kontext überliefert wurden. Ich möchte mich im Folgenden vor allem mit den mehrsprachigen Liedern des Codex Buranus beschäftigen. Es wird eine angeregte Forschungsdiskussion darüber geführt, in welchem Verhältnis lateinische und volkssprachige Lieder stehen. Denkbar ist nämlich einerseits, dass die lateinisch-volkssprachigen Lieder als Vorbild zu rein deutschsprachigen Liedern dienten, oder umgekehrt, dass die mittelhochdeutschen Strophen aus Liedern genommen und an die, dazu gedichteten, lateinischen Lieder im Nachhinein angefügt wurden. Ich möchte dieses Problem an einem konkreten Beispiel, dem Carminum Buranum 151 (CB 151) näher beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Die sprachmischenden Lieder der Codex Buranus.
- 1. Einführung in die Carmina Burana
- 2. Das Verhältnis lateinischer und volkssprachlicher Texte
- II. Das CB 151 und Walthers Mailied
- 1. Interpretation des CB 151
- 2. Interpretation von Walthers Mailied
- III. Das CB 151 als Kontrafaktur zu Walthers Mailied
- 1. Walther von der Vogelweide als, Nachahmer' eines mehrsprachigen Liede
- 2. Konsequenzen für die Interpretation des CB 151
- IV. Überlegungen zu möglichen Rezipienten des CB 151 und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Funktion der mittelhochdeutschen Strophe des Carminum Buranum 151 (CB 151) im Kontext der sprachmischenden Lieder des Codex Buranus und unter Berücksichtigung von Walthers Mailied. Ziel ist es, das Verhältnis von lateinischen und volkssprachlichen Texten in dieser Textsammlung zu beleuchten und die Bedeutung der mehrsprachigen Lieder für die Interpretation des CB 151 zu erforschen.
- Sprachmischung in den Carmina Burana
- Bedeutung lateinischer und volkssprachlicher Elemente
- Kontrafaktur und Rezeption von Walthers Mailied
- Interpretation des CB 151 und seine Funktion innerhalb der Sammlung
- Mögliche Rezipienten des CB 151
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Die sprachmischenden Lieder der Codex Buranus
- 1. Einführung in die Carmina Burana: Die Arbeit beschreibt die Entstehung und den Inhalt der Carmina Burana als umfangreichste Liedersammlung des Mittelalters.
- 2. Das Verhältnis lateinischer und volkssprachlicher Texte: Das Kapitel beleuchtet die sprachliche Besonderheit der Carmina Burana, die durch die Mischung von lateinischen und volkssprachlichen Texten geprägt ist.
- II. Das CB 151 und Walthers Mailied
- 1. Interpretation des CB 151: Dieses Kapitel analysiert das CB 151, ein Frühlings- und Werbelied, das aus 6 Strophen besteht, 5 lateinischen und einer mittelhochdeutschen. Die Interpretation fokussiert auf die Themen Natur, Tanz, Liebe und sexuelle Begierde.
- 2. Interpretation von Walthers Mailied: Das Mailied von Walther von der Vogelweide wird in seiner Bedeutung für die Interpretation des CB 151 beleuchtet, da die letzte Strophe des CB 151 mit der ersten Strophe des Mailieds identisch ist.
- III. Das CB 151 als Kontrafaktur zu Walthers Mailied
- 1. Walther von der Vogelweide als, Nachahmer' eines mehrsprachigen Liede: Das Kapitel untersucht die Rolle von Walther von der Vogelweide als möglichen "Nachahmer" eines mehrsprachigen Liedes.
- 2. Konsequenzen für die Interpretation des CB 151: Die Analyse der Beziehungen zwischen CB 151 und Walthers Mailied liefert Erkenntnisse für die Interpretation des CB 151.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Sprachmischung, Mittelhochdeutsch, Codex Buranus, Carmina Burana, CB 151, Walther von der Vogelweide, Mailied, Kontrafaktur, Rezeption, Interpretation, Frühlingslied, Werbelied, Liebe, Sexualität, Natur, Tanz, Gesang, Fruchtbarkeit, Rezipienten.
- Quote paper
- Simon Wester (Author), 2008, Die Funktion der mittelhochdeutschen Strophe des Carminum Buranum 151 unter Berücksichtigung von Walthers Mailied, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141452