Do You Speak Denglish?

Erläuterungen zum Begriff 'Denglisch' vor dem Kontext von Standard und Variation


Hausarbeit, 2007

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Erste Definitionsfindung

3 Pro und Kontra
3.1 Internationalität
3.2 Denglisch als kreativer Prozess
3.3 Praktikabilität
3.4 Einflussdauer und Wirkung

4 Denglisch – Standard oder Nonstandard?
4.1 Begriffsdefinition Standard und Standardvarietät
4.2 Zuordnung des Denglisch

5 Lösungsversuch: Deutsches Englisch als Varietät des Englischen (nach Barbour)

6 Schlussbemerkungen

Bibliographie

1 Einleitung

„Wie die deutsche Gemeinsprache ein Kunstprodukt ist und nicht die Sprache eines politischen und kulturellen Mittelpunktes eines Hofes oder einer Hauptstadt – so sind auch alle Einteilungsvorschläge und so genannte Definitionen zur Binnengliederung der Deutschen Kunstprodukte, allesamt an den Schreibtischen der Sprachwissenschaftler entstanden. […] Dort trifft man ein grenzenloses, nicht abgrenzbares Durcheinander an, einen großen Brei, in den man mit keinem Messer klare Schnitte einbringen oder mit terminologischen Förmchen Figuren ausstechen könnte. […] So kommt es, dass jeder an seinem Schreibtisch den Brei etwas anders durchschneidet“ (Löffler 2005: 25).

Der Import englischer Wörter und Wendungen wird in der aktuellen Diskussion oft in einem Atemzug mit der wachsenden Unsicherheit der Menschen im Umgang mit der deutschen Sprache, der schwindenden Sensibilität gegenüber dem eigenen soziokulturellen Hintergrund oder einfach mit der Neigung, sich mit dem Nimbus des fremden Sprachmaterials identifizieren zu wollen, genannt. Mathias Schreiber erklärt ihn in seinem Spiegel-Artikel gar mit der „fast paranoide[n] Lust der Deutschen an der Vernachlässigung und Vergröberung des eigenen Idioms“ (Schreiber 2006: 183) und unterstellt Denglisch-Sprechern damit eine Art sprachlichen Masochismus, die Freude am Zerstören des eigenen Wortschatzes.

Der Begriff Denglisch selbst wirft neue Kontroversen auf, beschreiben doch auch Termini wie Germish, Engleutsch und der geläufigere Anglizismus den Sprachimport aus dem Englischen. Auch ist nicht geklärt, ob es sich beim Denglisch um eine Erscheinung der Standard- oder der Umgangssprache handelt.

Diese Hausarbeit unternimmt den Versuch, die verschiedenen Sichtweisen auf das Phänomen Denglisch zu erläutern, indem zuerst der Begriff mit Hinblick auf die oben erwähnten Termini definiert werden soll, mit dem Ziel, eine Einordnung in den Standard- oder Nonstandardbereich vorzunehmen. Im Anschluss daran sollen Für und Wider der Verwendung des Denglischen erläutert werden. Einen Lösungsversuch für die Standard-/Nonstandard-Problematik bietet die Arbeit des englischen Sprachwissenschaftlers Steven Barbour, der dieses Phänomen als Varietät des Englischen betrachtet und German English tauft. Dieser Ansatz wird im vorletzten Teil der Arbeit vorgestellt.

Abschließend wird versucht, um in Löfflers Metapher zu bleiben, den Brei so zuzuschneiden, dass er auf diesen Schreibtisch passt, also einen eigenen Standpunkt im Zuge einer Zusammenfassung zu finden.

2 Erste Definitionsfindung

Der Verein Deutsche Sprache e.V. definiert Denglisch als „inhaltlich unklare[n], regelarme[n] und deshalb ausdrucksschwache[n] Wortmischmasch aus deutschen und englischen Wörtern“ (vds-ev.de). Diese zwar ausdrucksstarke, aber selbst regelarme und inhaltlich unpräzise Definition erscheint jedoch als generelle, wissenschaftliche Aussage zum Thema Denglisch als ungeeignet. Dabei macht sie eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft des Begriffs Denglisch deutlich: Ähnlich wie seine ebenfalls durch Kontamination - einen Vorgang, den seine Bekämpfer vermeiden wollen – entstandenen Synonynme Germish und Engleutsch wird Denglisch meist pejorativ verwendet. Daher gibt es auch kaum Instruktionen zum Erlernen oder Verbessern des Denglischen, aber diverse, v. a. im Internet vertretene, Dokumentationen und Witzesammlungen über die falsche Verwendung englischer Wörter im Deutschen wie „Denglish for Runaways“ (www.marketingblog.biz), Denglisch for Beginners (www.witze-welt.de) oder der Anglizismenindex des Vereins für Deutsche Sprache (www.veds-ev.de). Der Begriff Denglish entstammt also eher der Sprachkritik als der Sprachwissenschaft.

Die Linguistik verwendet für Entlehnungen aus dem Englischen den Begriff Anglizismus und definiert diesen wie folgt:

1. Aus dem brit. Englisch in eine andere Spr. übernommene bzw. entlehnte lexikal., idiomat. oder syntakt. Einheit, z.B. Jogging/joggen, Dampfmaschine < steam engine, Wolkenkratzer < skyscraper, Licht am Ende des Tunnels (sehen) < (to see the) light at the end of the tunnel.
2. Nachbildung einer im Engl. übl., im Dt. aber unübl. Konstruktion, z.B. in 1998 (statt: im Jahre 1998), sich sein (statt: das) Leben nehmen; Entlehnung, Fremdwort.

(Metzler)

Da bereits festgestellt wurde, dass beide Termini die Entlehnung englischen Materials in die deutsche Sprache beschreiben, könnte man nun davon ausgehen, dass es sich bei Denglisch um die wertende, bei Anglizismus um die wissenschaftliche Begriffsvariante ein und desselben Sachverhalts handelt. Allerdings wird der Begriff Denglisch vorwiegend in nicht wissenschaftlichen Diskussionen verwendet und ist daher bisher nicht exakt definiert, sondern kann je nach Kontext und Verwendungszweck auch nur einzelne Bereiche der Entlehnung bezeichnen. Beispielsweise wird Denglisch vorwiegend mit der Entlehnung von Substantiven, Adjektiven und Phrasen gleichgesetzt, da die Entlehnung etwa von Wortbildungsmustern oder Morphemen allgemein weniger bekannt sind und daher auch weniger Stoff für Kontroversen bilden.

Für eine Definition des Begriffs Denglisch bleibt also festzuhalten:

Er bezeichnet sprachkritisch die Übernahme englischen Sprachmaterials in das Deutsche. Diese betrifft sowohl einzelne Wörter als auch Wendungen und grammatische Strukturen. Der Begriff Denglisch wird meist pejorativ verwendet und unterliegt bisher keiner strikten wissenschaftlichen Definition.

3 Pro und Kontra

So uneindeutig seine Definition auch sein mag, Denglisch wird heftig diskutiert und polarisiert die Gemeinden der Sprachwissenschaftler wie der Sprachliebhaber gleichermaßen. Im Folgenden sollen einige Argumente sowohl der Denglisch-Befürworter als auch seiner Gegner erläutert werden.

3.1 Internationalität

Denglisch vereint Elemente des Deutschen mit denen des Englischen und erscheint daher auf den ersten Blick als geeignetes Mittel, sowohl beide Sprachen einander näher zu bringen als auch als Möglichkeit für den Sprecher, die so durchlässig gemachten Sprachgrenzen zu überwinden, beide Sprachen vorbehaltlos zu nutzen und sicherer im Sprachgebrauch zu werden. Ein weiterer Faktor ist, dass Englisch als Lingua Franka Europas fungiert und somit als Vermittler zwischen verschiedenen Sprachgemeinden fungiert.

Dies trüge, so die Denglisch-Befürworter, zu einer Internationalisierung der deutschen Sprache bei, werde diese doch durch Verwendung englischer Begriffe über den deutschen Sprachraum hinaus verständlich gemacht und signalisiere gleichzeitig Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Kulturen.

Allerdings wird dabei vernachlässigt, dass übernommene Begriffe in Konkurrenz mit bereits bestehenden deutschen Bezeichnungen stehen, so zum Beispiel Image für Ansehen, Handy für Mobiltelefon oder Make-up für Schminke. Hier besteht die von den Denglisch-Gegnern kritisierte Gefahr der Verdrängung. Andererseits bestehen auch innerhalb des deutschen Wortschatzes bereits bedeutungsähnliche Begriffe – Synonyme, die im Allgemeinen nicht als einander bedrohend angesehen werden. Das Wort Image könnte daher auch einfach als Synonym mit internationaler Färbung für das Ansehen gewertet werden.

Gegen die Internationalität des Denglischen spricht die Tatsache, dass das Lehnwort manchmal im Deutschen einem Bedeutungswandel unterzogen wird oder als Wortbildungsmaterial für im Englischen nicht existierende Wörter dient. Ein Beispiel für ersteres wäre das bereits erwähnte Handy, das im Deutschen ein Substantiv ist und ein Mobiltelefon bezeichnet. Im Englischen allerdings ist es ein Adjektiv und bedeutet so viel wie handlich oder praktisch. Das zweite Phänomen, die Lehn-Wortbildung, tritt bei Wörtern wie Hometrainer oder Showmaster auf, die es im Englischen nicht gibt. Die so entstanden Begriffe, auch Pseudo-Anglizismen genannt, sind daher nur im deutschen Sprachgebrauch verständlich und nicht international.

Diese Tatsache ist mitverantwortlich dafür, dass Denglisch schwer in andere Sprachen zu übersetzen ist. Aber auch Hybrid-Wortbildungen wie die Verben einchecken oder downloaden, die englische Lehnwörter mit deutschen Morphemen und nach deutschen Wortbildungsmustern flektiert werden, verringern die Verständlichkeit eines Textes sowohl für Übersetzer als auch Sprachlerner. Diese Wortbildungsprodukte werden im allgemeinen Sprachgebrauch oft unter Denglisch verstanden, wohingegen die beiden ersteren auch als Anglizismus bezeichnet werden. Dies weist erneut darauf hin, dass mit Denglisch oft Unverständlichkeit oder auch sprachliche Inkorrektheit assoziiert wird. Andererseits kann diese Anpassung an die deutsche Grammatik auch als sprachlich richtig aufgefasst werden, da die Übernahme englischer Flexionsmorpheme auf jeden Fall ungrammatikalisch wäre, wohingegen das mit deutschen Morphemen ergänzte Lehnwort, v. a. im Fall der Flexion, das grammatische Regelwerk befolgt.

Allerdings gehören einige aus dem Englischen ins Deutsche übernommene zu den Internationalismen, d.h. sie sind in gleicher Form auch in andere Sprachen übernommen worden. Wörter wie Bar, Center, Internet, Design und OK sind international verständlich und somit geeignet, Internationalität zu fördern und gegenseitiges Verständnis zu erleichtern.

Des weiteren kann englisches Material nicht nur deutsche Wörter verdrängen, sondern auch neue Wortbildungselemente besteuern, so wird zum Beispiel das Konfix brand (wie in brandneu, brandgefährlich) als aus dem Englischen entlehntes, reihenbildendes Lexem angesehen. Das Suffix - ical, entlehnt mit dem Englischen Wort musical, fungiert ebenfalls reihenbildend und zeichnet für Kreationen wie Grusical, Märchical und Germanical verantwortlich.

Englische Wörter können auch bereits bestehende Wortfamilien ergänzen, so zum Beispiel ist das Adjektiv elaboriert erst seit den 1920er Jahren nachgewiesen und gilt als Entlehnung nach dem englischen Vorbild elaborate (dt. kunstvoll, gut ausgearbeitet), während das Substantiv Elaborat eine Entlehnung aus dem Lateinischen ist.

Im Umkehrschluss könnte die Ablehnung des Denglischen als Zeichen für Fremdenfeindlichkeit gedeutet werden, ist ihr Vertreter doch unwillig, ein Mittel zur Internationalisierung zu nutzen. Dagegen spricht die Theorie vieler Denglisch-Gegner, dass der große Einfluss des Englischen v. a. der wirtschaftlichen Übermacht Amerikas zu schulden sei. Daher bedeute eine Affinität für Denglisch nicht nur Aufgeschlossenheit gegenüber der englischen Sprache, sondern vielmehr Hörigkeit in Bezug auf die Vereinten Staaten. Dabei wird allerdings übersehen, dass viele Begriffe nicht unbedingt aus dem amerikanischen Englisch, sondern auch dem britischen Englisch stammen. Letzteres nahm bereits vor dem Aufbau des US-Wirtschaftsmonopols Einfluss auf die deutsche Sprache, u. a. durch die Arbeiten englischer Wissenschaftler im 17. Jahrhundert oder die beginnende Shakespearerezension im 18. Jahrhundert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Do You Speak Denglish?
Untertitel
Erläuterungen zum Begriff 'Denglisch' vor dem Kontext von Standard und Variation
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Standard und Variation
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V141646
ISBN (eBook)
9783640515431
ISBN (Buch)
9783640515738
Dateigröße
725 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Speak, Denglish, Erläuterungen, Begriff, Denglisch, Kontext, Standard, Variation
Arbeit zitieren
M.A. Claudia Jahn (Autor:in), 2007, Do You Speak Denglish?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/141646

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