Wird in der virtuellen Welt die Geschlechtergrenze fließend und erfüllt sich hier die Hoffnung, ohne Geschlechteridentität miteinander zu interagieren? Der Essay untersucht die Verwendung von Avataren, deren Darstellung überkommene binäre Geschlechterkonzepte nach traditionellen Vorbildern prosperiert.
Ist die Zweigeschlechtlichkeit obsolet? Gibt es alsbald so viele Geschlechter, wie es Menschen gibt? Die virtuelle Welt des Internets - so hoff(t)en nicht zuletzt auch Teile der Frauenbewegung - lässt überkommene Muster von Geschlechterkategorien und deren Grenzziehungen verwischen. In der Netzwelt könne man ohne reales Geschlecht miteinander kommunizieren, gemeinsam spielen, sich treffen und gegenwärtige Gendervorstellungen modifizieren.
Schaut man jedoch - bei Prüfung der Darstellung virtueller Figuren - auf die "Schnittstelle" Geschlecht, scheint die Geschlechterfrage bei den Schöpfern von Web Agenten - medientheoretisch zwar wenig verwunderlich - von normativen Vorannahmen auszugehen. So sind die Körper dieser Geschöpfe deutlich durch ein Geschlecht markiert, das sich mehr oder weniger an den traditionellen Konzepten von Männlichkeit oder Weiblichkeit orientiert und Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität in die Software implementiert.
Avatare - ein Begriff, der einst Götterwesen aus der hinduistischen Philosophie meinte - haben innerhalb weniger Jahre Einzug in die Medienlandschaft des Fernsehens und Internets gehalten und werden in vielfältiger Weise kommuniziert. In den 80er Jahren ausschließlich als virtuelle Stellvertreter von Personen militärischer Simulationsspiele oder als grafische Selbst- Repräsentation der NutzerIn in Chat-Räumen und Onlinespielen kommuniziert, wurde der Begriff "Avatar" schnell breiter gefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Die Frau im Sport-BH: Neue Körperbilder in den Medien
- Virtuelle Figuren und die Geschlechterfrage
- Avatare - Von der Simulation zum virtuellen Wesen
- Die Suche nach der virtuellen Menschlichkeit: Der Turing-Test und seine Grenzen
- Glaubwürdige Persönlichkeiten: Emotionen und Kultur als Schlüssel zum Vertrauen
- Stereotype Weiblichkeit und männliche Fantasien in der digitalen Welt
- Die anhaltende Präsenz normativer Geschlechtervorstellungen
- Fazit: Vom Geschlecht und der Zukunft der digitalen Kommunikation
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die Darstellung von Geschlecht und Sexualität in der virtuellen Welt, insbesondere im Kontext von Avataren und virtuellen Agenten. Er beleuchtet die Frage, ob und inwiefern sich die Zweigeschlechtlichkeit in der digitalen Kommunikation auflöst oder durch neue Formen der Geschlechterkonstruktion geprägt wird.
- Die Darstellung von Geschlecht in virtuellen Figuren
- Die Rolle von Stereotypen in der Konstruktion virtueller Persönlichkeiten
- Der Einfluss von normativen Geschlechtervorstellungen auf die Entwicklung von Avataren
- Die Verbindung von Geschlecht und Vertrauen in der Mensch-Maschine-Interaktion
- Die Bedeutung von Emotionen und Kultur für die Glaubwürdigkeit virtueller Agenten
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Frau im Sport-BH: Neue Körperbilder in den Medien: Der Text beginnt mit einer Analyse des ikonischen Fotos von Brandi Chastain und der neuen Körperbilder, die durch den Frauenfußball in den Medien entstanden sind.
- Virtuelle Figuren und die Geschlechterfrage: Die virtuelle Welt des Internets, so wird argumentiert, ermöglicht es, überkommene Geschlechterkategorien zu hinterfragen. Allerdings wird deutlich, dass die Darstellung von Geschlecht bei der Entwicklung von Web-Agenten oft von normativen Vorannahmen geprägt ist.
- Avatare - Von der Simulation zum virtuellen Wesen: Der Text beschreibt die Entwicklung des Begriffs "Avatar" von seiner ursprünglichen Verwendung in militärischen Simulationsspielen hin zu virtuellen Figuren im Netz, die sowohl als Stellvertreter von Menschen als auch als eigenständige Figuren existieren können.
- Die Suche nach der virtuellen Menschlichkeit: Der Turing-Test und seine Grenzen: Der Turing-Test, der ursprünglich entwickelt wurde, um die Fähigkeit von Maschinen zu testen, sich als Menschen auszugeben, wird in Bezug auf die Entwicklung von Avataren kritisch betrachtet. Insbesondere wird die Frage gestellt, ob der Test die Fähigkeit von Maschinen erfasst, geschlechtsspezifische Merkmale glaubhaft darzustellen.
- Glaubwürdige Persönlichkeiten: Emotionen und Kultur als Schlüssel zum Vertrauen: Der Text untersucht, welche Faktoren für die Glaubwürdigkeit virtueller Agenten entscheidend sind. Emotionen, kulturelle Unterschiede und Ethnizität werden als wichtige Elemente genannt.
- Stereotype Weiblichkeit und männliche Fantasien in der digitalen Welt: Es wird festgestellt, dass bei der Gestaltung von Avataren häufig auf überkommene zweigeschlechtliche Normen zurückgegriffen wird. Insbesondere weibliche Avatare werden oft mit stereotypen Attributen und Körperformen ausgestattet, die von männlichen Fantasien geprägt sind.
- Die anhaltende Präsenz normativer Geschlechtervorstellungen: Der Text zeigt, dass trotz gesellschaftlicher Veränderungen und feministischer Medienkritik normative Geschlechtervorstellungen auch in der digitalen Welt weiterhin prägend sind.
Schlüsselwörter
Der Text befasst sich mit den Themen Geschlecht, Sexualität, virtuelle Figuren, Avatare, Mensch-Maschine-Interaktion, Turing-Test, Glaubwürdigkeit, Stereotype, normative Geschlechtervorstellungen und digitale Kommunikation.
- Arbeit zitieren
- Veronika G. Sonntag (Autor:in), 2006, Frauen und menschliche Avatare in der virtuellen Welt. Neue Möglichkeiten für die Geschlechtervielfalt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1417294