Als José Saramagos Roman ”O Evangelho segundo Jesus Cristo” 1991 in der portugiesischen Ausgabe erschien, wurde er mit äußerst gemischten Reaktionen aufgenommen. Insbesondere in katholisch-konservativen Kreisen trat der Roman eine Lawine der Empörung frei. Angeprangert als blasphemisches Werk, wurde er durch eine Entscheidung des Unterstaatsekretärs für Kultur, Sousa Lara von der Kandidatur zum Literaturpreis der europäischen Gemeinschaft ausgeschlossen, mit der Begründung, das Werk sei, “profundamente polémica, pois ataca princípios que têm a ver com o património religioso dos cristãos e, portanto, longe de unir os portugueses, desunia-os naquilo que é seu património espiritual.” Assozitationen mit den Maßnahmen der Inquistition waren naheliegend.
Saramago selbst ließ sich davon kaum beirren. Befragt zum Thema seines Werkes, den Evangelientexten und dem Gottesbild des Christentums, erklärte der überzeugte Atheist augenzwinkernd: ”Tenho ainda umas contas a ajustar com este senhor. Não porque ele exista, porque creio que não existe, mas como anda dentro da cabeça das pessoas, é como se existisse.”
In zahlreichen seiner Werke beschäftigt Saramago die Entstehung von Mythen. In O memorial do Convento ist es der Mythos als Basis portugiesischen Nationalbewußtseins, den er geschickt dekonstruiert und in einen Schwebezustand zwischen Geschichte und Fiktion befördert. In O Evangelho wagt er sich an die Grundlage abendländisch patriarchaler Zivilisation. Ein verwegenes Unternehmen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2.
- 2.1 Der fünfte Evangelist
- 2.2 Allwissend und allmächtig? Göttliche und erzählerische Instanz
- 2.3 Gottessohn - Menschensohn
- 2.4 'Staub zu Staub' - Die Banalität der Wunder
- 3. Synthese
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit von Ulrike Decker analysiert José Saramagos Roman "O Evangelho segundo Jesus Cristo" aus dem Jahr 1991 und konzentriert sich auf dessen metafiktionalen Ansatz. Die Arbeit beleuchtet, wie Saramago den Mythos von Jesus Christus dekonstruiert und die Entstehung von Literatur und Mythos im Allgemeinen hinterfragt. Die Arbeit möchte dabei vor allem die Figur des Erzählers, die Parallelen zwischen Gott und Erzähler, Jesu Funktion als Sohn sowie den Gegensatz zwischen Banalität und Idealisierung untersuchen.
- Dekonstruktion des Jesus-Mythos
- Metafiktionaler Ansatz und Erzählerperspektive
- Göttliche und erzählerische Instanz
- Die Entstehung von Literatur und Mythos
- Banalität und Idealisierung in der Darstellung von Wundern
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung Die Einleitung stellt den Roman "O Evangelho segundo Jesus Cristo" vor und erläutert den Kontext seiner Entstehung. Die kontroversen Reaktionen auf das Werk werden dargestellt, insbesondere die Kritik aus katholisch-konservativen Kreisen. Die Arbeit stellt Saramagos atheistische Position heraus und stellt den Roman als ein Experiment dar, das die Wurzeln der christlichen Weltanschauung hinterfragt.
- Kapitel 2.1: Der fünfte Evangelist Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Saramagos Verwendung des Zitates aus dem Lukas-Evangelium, um sich als einen fünften Evangelisten zu positionieren. Der Autor stellt seine eigene Interpretation des biblischen Textes dar und betont, dass seine Version genauso legitim sei wie die überlieferten Evangelien.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf zentrale Themen wie Metafiktion, Dekonstruktion des Jesus-Mythos, Erzählerperspektive, Gott-Erzähler-Parallele, Banalität und Idealisierung sowie die Entstehung von Literatur und Mythos. Der Roman "O Evangelho segundo Jesus Cristo" wird als Beispiel für Saramagos Werk analysiert, in dem er die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verwischt und die Wurzeln der christlichen Weltanschauung hinterfragt.
- Arbeit zitieren
- Ulrike Decker (Autor:in), 1999, Jose Saramago: O Evangelho segundo Jesus Cristo - Dekonstruktion eines Mythos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14199