Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem Leben und dem Werk Richard Thurnwalds (1869-1954), welcher als einer der „bedeutendsten deutschsprachigen Ethnologen überhaupt“ gilt. Zu dieser Bedeutung gelang er insbesondere durch seine umfangreichen Feldforschungen, von denen er insgesamt vier in den Jahren zwischen 1906 und 1932 in Melanesien, Neuguinea und Ostafrika durchführte und auf denen aufbauend er seine umfassenden theoretischen Erkenntnisse gewann. Außerdem hatte er aufgrund seiner Studienzeit einen enormen, wissenschaftlichen „Background“, den er stets mit seinen Erfahrungen zu verknüpfen wusste. Seine Studien zeichnen sich daher aus durch die Integration ethnologischer, soziologischer, psychologischer sowie rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.
Für das Fach leistete er Pionierarbeit auf dem Gebiet der Feldforschung und darüber hinaus auch in der Erschließung noch unbekannter Regionen. Außerdem war er einer der ersten Wissenschaftler, der sich intensiv mit Fragen der Rechts- und Wirtschaftsethnologie beschäftigte. Zudem gilt er als der Begründer der deutschen Ethnosoziologie. Neben Lehrtätigkeiten an deutschen und amerikanischen Universitäten veröffentlichte Thurnwald auch die „Zeitschrift für Völkerpsychologie und Soziologie“, die später in „Sociologicus“ umbenannt wurde, hielt darüber hinaus Kontakt zu prominenten Ethnologen wie Franz Boas, Branislaw Malinowski, Leonard Adam und Robert H. Lowie.
Ähnlich der British Social Anthropology vertrat Thurnwald eine Auffassung des Gesellschaftlichen, die „vom System-. Struktur- und Funktionsgedanken ausging und zudem das Prozesshafte des sozialen Lebens betonte“ . Dies ist in vielen seiner zahlreichen Publikationen, insbesondere in seinem fünfbändigen Hauptwerk „Die menschliche Gesellschaft in ihren ethno-soziologischen Grundlagen“ (1931-1935) festzustellen. Mit seiner funktionalistischen Ausrichtung stellte er sich auch gegen die vorherrschenden Theorien seiner Zeit, wie beispielsweise die Wiener „Kulturkreislehre“. Seine intensiven empirischen Untersuchungen des Kulturwandels bei „primitiven“ Völkern und die daraus resultierenden Erkenntnisse nutzte Thurnwald auch zur Rechtfertigung des Kolonialismus.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Leben
- Kindheit, Jugendjahre und Studienzeit
- Erste berufliche Erfahrungen
- Die Gesellschaft für Rassenhygiene
- Erste Forschungsreise
- Zweite Forschungsreise
- NS-Zeit
- Auslandsaufenthalte und Lehrtätigkeiten
- Nachkriegsjahre
- Werk
- Einfluss
- Theoretische Positionierung und Erkenntnisse
- Theoretische Einordnung
- Reziprozität
- Kultur
- Siebung
- Kulturwandel
- ,,Kultur- und Naturvölker"
- Kolonialismus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Leben und Werk von Richard Thurnwald, einem bedeutenden deutschen Ethnologen. Das Ziel ist es, eine umfassende Darstellung seiner Forschungsreisen, theoretischen Konzepte und des Einflusses auf die Ethnologie zu liefern. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse seiner wichtigsten Erkenntnisse, insbesondere im Kontext des Kolonialismus und der Verstrickung vieler Ethnologen in die damaligen Zeitumstände.
- Richard Thurnwalds Leben und Werk
- Die Bedeutung seiner Feldforschungen
- Thurnwalds theoretische Positionierung und seine Erkenntnisse
- Der Einfluss Thurnwalds auf die Ethnologie
- Die Auseinandersetzung mit der Verstrickung von Ethnologen im Kolonialismus und Nationalsozialismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Richard Thurnwald als einen der bedeutendsten deutschsprachigen Ethnologen vor und hebt seine umfangreichen Feldforschungen sowie seine interdisziplinäre Herangehensweise an die Forschung hervor. Sie beleuchtet seine Pioniereinsätze in der Feldforschung und seine frühen Auseinandersetzungen mit Rechts- und Wirtschaftsethnologie. Zudem wird Thurnwalds Einfluss auf die Ethnologie im Vergleich zu anderen Fachvertretern diskutiert.
- Leben: Dieses Kapitel gibt einen Einblick in Thurnwalds Kindheit, Jugend und Studienzeit. Es schildert seine frühen Reiseinteressen und seine Entscheidung, sich mit soziologischen und ethnologischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Auch sein soziales Engagement und seine Einstellung zur "Nüchternheit" werden beleuchtet.
- Erste berufliche Erfahrungen: Dieses Kapitel behandelt Thurnwalds Praktikum am Landesgericht in Wien und seine anschließende Tätigkeit als "Conceptions Praktikant" in der bosnischen Landesverwaltung. Es zeigt seine ersten Feldforschungserfahrungen und seine Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Situation der Landbevölkerung, sowie seine frühen Ansätze zur Lösung sozialer Missstände und zum Kolonialismus.
Schlüsselwörter
Richard Thurnwald, Ethnologie, Feldforschung, Kolonialismus, Rechts- und Wirtschaftsethnologie, Ethnosoziologie, Theoretische Konzepte, Kulturwandel, Interdisziplinarität, „Kultur- und Naturvölker“, "Die menschliche Gesellschaft in ihren ethno-soziologischen Grundlagen", Sozialwissenschaft, British Social Anthropology, funktionalistische Ausrichtung, "Kulturkreislehre"
- Quote paper
- Martin Schröter (Author), 2009, Richard Thurnwald - Leben und Werk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142104