Entscheidung und Konflikt

Eine arbeitspsychologische Betrachtung von Konfliktsituationen und Lösungsansätzen


Studienarbeit, 2006

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Themenmotivation
1.2. Definitionsschwerpunkt: Konflikt
1.3. Konflikt auf mehreren Organisationsebenen
1.4. Soziale Struktur: Gruppe und Macht

2. Konfliktarten:
2.1. Klassifizierungsschema
2.2. Person- und Gruppeneinfluss

3. Ursachen
3.1. Generelle Betrachtung
3.2. Situative Einflussfaktoren
3.3. Personelle Merkmale & Konflikte
3.4. Einflussfaktor Vertrauen & Macht
3.5. Betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkt

4. Folgen von Entscheidungen und Konflikten
4.1. Dynamik des Konfliktverlaufs
4.2. Einflussfaktor: Drohmöglichkeit
4.3. Intergruppenverhalten
4.4. Positive und negative Folgen von Konflikten

5. Lösungsansätze
5.1. Ansatz nach March/Simon
5.2. Ansatz nach Blake/ Shepard/ Mouton
5.3. Ansatz nach Ruble/ Thomas
5.4. Beispieltechniken

6. Forschungsansätze
6.1. Problemfeld Konflikt
6.2. Angelehnte Forschungsfelder

7. Zusammenfassung und Ausblick
7.1. Zusammenfassung der Problematik
7.2. Ausblick auf künftige Forschung

8. Literaturverzeichnis

9. Quellenverzeichnis:
9.1. Abbildungen:

1. Einleitung

Seit 1950 beginnt durch die zunehmende Analyse der zwischenmenschlichen Interaktion auch das Themenfeld von Entscheidungen und daraus resultierenden Konflikten deutlich näher in den Forschungsfokus der Wissenschaft zu gelangen. Dabei ist das Thema Konflikt ein durchaus vielschichtig, mit transdisziplinären Bezügen zwischen Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Soziologie. Bevor allerdings engerer Bezug zu Ursachen oder Lösungsstrategien genommen wird, sollte das Themenfeld zunächst eingegrenzt und die Motivation hinter der Forschungsrichtung aufgezeigt werden. Denn besonders bei transdisziplinären Problemstellungen sind Einflussfaktoren und genau Definitionen notwendig, um das Forschungsfeld exakt zu benennen.

1.1. Themenmotivation

Eng verwoben mit der Thematik der Entscheidung steht unmittelbar das soziale Konstrukt einer „Gruppe“ und die Ausübung von „Macht“ (siehe 1.2, 1.4). Sowohl Konflikte als auch Entscheidungen müssen nicht zwangsläufig interpersonelle/ intergruppen Eigenschaften besitzen, allerdings erst die soziale Interaktion zwischen mehreren Akteuren verleiht dem Konfliktfeld eine weitreichende Dynamik (Rosenstiel, 2005). Das Konflikte und Resultate von Entscheidungen in einer Organisation negative Externalitäten für andere Mitarbeiter besitzen liegt auf der Hand, allerdings ist das Ausmaß der Konfliktbeeinflussung für das Arbeitsklima und die Produktivität oft unterschätzt. So verbringen Manager rund 20% ihrer gesamten Arbeitszeit mit dem Lösen oder Schlichten von Konfliktsituationen (Staehle, 1994; Thomas, 1976). Eine derart hohe Arbeitsinvestition zieht die Fragestellung nach sich, in wie fern man das Konfliktniveau senken kann und ob dies überhaupt Sinn macht (dies wird im Detail in Sektion 5 aufgegriffen).

Ferner hilft eine wissenschaftliche Betrachtung des Themas Entscheidung und Konflikt gerade Führungskräften (oder geg. dritten Parteien) eine bestehende Konfliktsituation schneller zu erkennen und effektiver zu lösen.

1.2. Definitionsschwerpunkt: Konflikt

Im folgenden wird deshalb auf die genaue Defintion der wichtigsten Begriffe eingegangen:

Als zentraler Begriff besitzt das Wort „Konflikt“ in der Literatur verschiedene Bedeutungen, es wird also auf unterschiedliche Art und Weise definiert und verwendet (vgl. Thomas, 1976, S.890). Um den Unterschied zu illustrieren, dient der Vergleich zweier, gängiger Definitionen von Konflikt.

(a) „ ... von Konflikt wird dann gesprochen, wenn zwei oder mehr Personen untereinander unverträgliche Handlungspläne verfolgen.“ (Rüttinger, 1977, S.20ff.)

(b) „Ein Konflikt entspringt Tendenzen oder Absichten, deren gleichzeitige Verwirklichung sich ausschließen“ (Thomas, 1976, S.890ff.)

Beide Definitionen besitzen eine Gemeinsamkeit, nämlich die klare Aussage dass zugrunde liegende Absichten einander ausschließen oder unverträglich sind. Es handelt sich also im Regelfall um so genannte kompetitive Situation oder Nullsummenspiele. Der Hintergrund einer solchen Situation ist das begrenzte Maß an verfügbaren Ressourcen (Geld, Einfluss, Führungspositionen, Vergütungen, etc.), was zur Folge hat, dass die Gewinne einer Partei gleichzeitig als die Verluste einer anderen begriffen werden können. Es handelt sich technisch gesehen also lediglich um Reallokationen von bereits bestehenden Ressourcen, weil oft die Möglichkeit einer Expansion (also die Schaffung neuer Ressourcen) nicht möglich ist.

Allerdings zeigen beiden Definitionen auch einen deutlichen Unterschied auf. Denn Rüttinger definiert einen Konflikt immer als eine inter-personelle Verhaltensweise, an der mindestens zwei oder mehr Personen beteiligt sind. Hingegen wird das Feld Konflikt von Thomas weiter gefasst und schließt auch intra-personelle Konflikte mit ein. Eine ausgiebige Diskussion über die Definition ist in Rüttinger (1977, S.20ff.) zu finden.

Eine weitere wichtige Definition für den Gruppenkonflikt liefert Filley (1975, S.25ff.), dabei sind Merkmale eines Gruppenkonflikts:

- Zumindest zwei Personen oder Gruppen interagieren miteinander.
- Es existieren einander ausschließende Ziele oder Mittel.
- Interaktionen sind häufig darauf gerichtet, die jeweils andere Person/Gruppe zu beeinflussen, zu unterdrücken oder gar zu besiegen, um die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können.
- Die von den Personen / Gruppen initiierten Aktionen (Reaktionen) stehen teilweise im Widerspruch zueinander.

Es sind deutliche Parallelen zur Definition von Rüttinger zu erkennen, dennoch wird der Aktions-/ Reaktionsaspekt mit integriert. Dieser repräsentiert das hohe Maß an Dynamik, welches gerade Gruppenkonflikte mit sich bringen.

1.3. Konflikt auf mehreren Organisationsebenen

Als erste Eingrenzung der Thematik Konflikt sollten die unterschiedlichen Ebenen auf denen ein Konflikt stattfinden kann betrachtet werden. Nach Kubicek (1981, s.462ff.) werden drei Ebenen der Konflikte definiert: (1) die Organisation-Umwelt Ebene, (2) die Organisationsebene und (3) die Gruppenebene. Unter der Organisation-Umwelt Ebene versteht man allgemeine und weitereichende Konflikte genereller Natur (z.B. die Entscheidung zwischen Ökologie und Ökonomie). Die Organisationsebene umfasst engere Problemstellungen innerhalb der Unternehmung (z.B. den Konflikt zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern). Letztlich beschreibt die Gruppenebene die engste Ausprägung eines Konflikts (z.B. zwischenmenschlicher Konflikt zweier Gruppenmitglieder).

Kubicek’s Definition hilft das Ausmaß der Konflikte besser einzuschätzen, zeigt aber auch gleichzeitig, dass sich das Problemfeld Konflikt nicht auf eine reine Gruppenebene reduzieren lässt. Prinzipiell ist also ein Konflikt mehr als eine generelle Problematik zwischen Interessenparteien (die beliebig groß sein können) zu verstehen und dem entsprechend auch nicht trivial lösbar. So können existentielle Fragen, wie Ökologie im Verhältnis zur Ökonomie nie „optimal“ gelösst werden.

1.4. Soziale Struktur: Gruppe und Macht

Das soziale Konstrukt einer Gruppe ist im Vergleich zum Konflikt viel eindeutiger definiert. Rosenstiel (2005) gibt dabei folgende Beschreibung:

„Von einer Gruppe wird dann gesprochen, wenn eine Mehrzahl von Personen eine längere Zeitdauer unmittelbar (face to face) miteinander interagieren und dabei eine Rollendifferenzierung aufweißt, gemeinsame Normen herausgebildet hat und sich durch ein Wir-Gefühl verbunden weiß“ (vgl. Homans, 1960, S.29; Schrein, 1965, S.67)

Obwohl es auch rein intra-personelle Konflikte gibt sind die inter-personellen oder sogar inter-gruppen Konflikte deutlich häufiger anzutreffen. Dem entsprechend hat die Gruppe und ihre Kohäsion einen zentralen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung von Konflikten. Unter Kohäsion in diesem Kontext wird „...die durchschnittliche Attraktivität, welche die Gruppe bei ihren Mitgliedern genießt“ (Irle, 1975, S.452) verstanden. Im Weiteren wird dem entsprechend der Einflussfaktor der Gruppe immer wieder mitbetrachtet.

Neben der Gruppe spielt auch Macht eine zentrale Rolle; gerade bei der Entstehung von Konflikten. Weber (1947, S.28) definiert Macht als: „...jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht.“ In diesem Kontext sei darauf hingewiesen, dass diese klare Abgrenzung erst im Laufe der 70er Jahre entstand. Vorher verstand man unter dem Begriff auch das Einfluss nehmen, also ohne Widerstreben eigene Pläne zu verwirklichen (vgl. Rosenstiel, 2005).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass beide Einflussfaktoren auch im weiteren Verlauf nicht zu vernachlässigen sind, denn gerade innerhalb einer hierarchischen Organisation tragen sie massiv zur Beeinflussung von Konflikt(-verhalten) bei.

2. Konfliktarten:

Um ein effektiveres Umgehen mit Konflikten überhaupt zu ermöglichen ist es notwendig die verschiedenen Typen von Konflikten vorerst sauber Abzugrenzen. Wie auch bei der Definition des Terminus „Konflikt“ ist die Einteilung in unterschiedliche Arten nicht trivial. Es existieren in der Literatur verschiedene Ansätze Konflikte genau einzuteilen, dabei gehört March/Simon (1958) zu den grundlegenden Arbeiten, auf dem im weiteren Verlauf Katz/Kahn (1966) mit ihrer Taxinomie aufbauten.

Generell ist zu beachten, dass keine der Einteilungsschemata als exklusiv zu betrachten ist, vielmehr ergänzen sie sich oder betrachten die Konflikte unter anderenSchwerpunkten. Außerdem sei die Trennschärfe angesprochen, denn häufig sind Konflikte hochgradig komplex und dynamisch, so dass sie sich weder anfänglich noch in ihrem Verlauf eindeutig zu einer der Arten zuordnet lassen.

2.1. Klassifizierungsschema

Die erste allgemeine Klassifizierung von Konflikten in verschiedene Typen lieferte March/Simon (1958). Dabei handelt es sich um eine allgemeine Einteilung in drei Kategorien: (1) Intra-Personal, (2) Inter-Personal und (3) Intergruppen. Unter intra- personalen Konflikten werden individuelle, interne Unzufriedenheiten verstanden (z.B. aktuelle Position in einer Organisation im Vergleich zu anderen).Diese Konflikttypen entwickeln sich im Laufe der Zeit oft zu inter-personellen oder intergruppen Konflikten, entscheidend dafür ist, ob der Randschwellenbereich einer Konfliktsituation verlassen wird oder nicht (vgl. Esser, 1975, S.75). Zu den häufigsten Konfliktarten gehören die inter-personellen Konflikte, diese kennzeichnen sich zwischen der Unverträglichkeit von Zielsetzungen zweier oder mehrerer Individualpersonen. Als ein gängiges Beispiel in diesem Kontext führt Rosenstiel (2005) die Einführung einer Stechuhr ein, bei der sich Personalleiter und Arbeitervertreter in einer kompetitiven Konfliktsituation befinden. Die letzte Art der Konflikte nach March/Simon ist der Intergruppenkonflikt, der allgemeinere Konflikte oder sich widersprechende Ziele auf einer höheren Ebene betrachtet (vgl Definition Gruppenkonflikt in 1.2).

Das Klassifizierungsschema von March/Simon ist sehr allgemein gehalten und lässt Raum für Interpretationen, eine genauere Betrachtung unter Einbeziehung von Ursachen liefert Katz/Kahn (1966, S.184f.). Sie unterteilen den Konflikt in sechs verschiedene Arten:

- Intra-Sender-Konflikt: Darunter versteht man die Tatsache, dass ein und derselbe Sender unterschiedliche, konfligierende Erwartungen von sich gibt. (Beispiel: der Arbeitgeber verlangt von seinem Untergebenden besonders schnelle und besonders präzise Arbeit zugleich).
- Inter-Sender-Konflikt: Dabei signalisieren verschiedene Rollensender (bezüglich des gleichen Problems) nicht miteinander vereinbare Erwartungen (Beispiel: Der Vorgesetzte eines Projektleiters will das Projekt so schnell wie möglich erledigt haben, während aus dringenden persönlichen Gründen ein Gruppenmitglied eine Woche Urlaub braucht).
- Inter-Rollen-Konflikt: Beschreibt das gleichzeitige Erfüllen verschiedener Rollen und Mitgliedschaft in verschiedenen sozialen Netzwerken. Diese Position führt unweigerlich zu Konflikten. (Beispiel:. Der direkte Vorgesetzter verlangt nach dringenden Überstunden, während Familie und Frau einen Wochenendurlaub planen. Real bestes Beispiel dafür sind die leitenden Angestellten).
- Person-Rollen-Konflikt: Bei diesem Konflikttyp stehen Werte und persönliche Einstellungen des Rolleninhabers in krassem Konflikt mit den Aufgaben und gestellten Erwartungen. (Beispiel: Ein Pazifist bei der Bundeswehr oder ein stark sozial-engagierter Unternehmensberater im Stellenabbau bei Unternehmensoptimierung).
- Rollenüberlastung: Hierbei existiert zwar kein Widerspruch in Erwartungen oder Werten untereinander, aber Leistungsanforderungen sind zu hoch. Eine derartige Entwicklung kann als Folge starken Stress und potenzielle Überlastung nach sich ziehen. Wie in Rosenstiel (2005) dargelegt wird, ist hier die Kohärenz einer Gruppe entscheidender Faktor für den Abbau solcher Überlastungen (Beispiel: Die sehr hohen, dauerhaften Anforderungen an (Spitzen-)Führungskräfte).
- Rollenambiguität: Eine Unklarheit und Mehrdeutigkeit der gestellten Anforderungen an das Individuum führt zu Resignation und der Existenz von Grauzonen. Die Angst, dass bei Erfolg der Vorgesetzte den Ruhm erntet während man bei Misserfolg die Folgen selbst tragen muss entsteht. (Beispiel: Ein Praktikant hat keinen festen Betreuer und Ansprechpartner, die Aufgabestellungen lassen deutlichen Raum für Interpretationen).

Die Klassifikation von Katz/Kahn (1966) ist deutlich genauer, allerdings läst auch sie Spielraum für Interpretationen offen. Oft entwickeln sich Konflikte von einem Typus zum nächsten oder vereinen sogar mehrere Arten in sich.

2.2. Person- und Gruppeneinfluss

Der personelle Faktor bei der Klassifizierung von Konflikten ist nicht zu unterschätzen. Beide Klassifizierungen beinhalteten den Aspekt intra-personeller Konflikte. Diese können sich individuell und situationsabhängig sehr dynamisch weiter entwickeln. Der hohe personelle Einfluss auf die Entscheidungen, ob es zu einem offenen Konflikt kommt bzw. wie mit der Problemstellung in Zukunft umgegangen wird, macht eine Vorhersage über den Verlauf und dem entsprechend eine genauere Einteilung sehr schwierig.

Zu den bestehenden, verhaltenspsychologischen Grundlagen der Problemstellung kommen nun auch noch Gruppenfaktoren, die auf das Individuum einwirken. Selbst bei intra-personellen Konflikten bestimmen Normen und Erwartungen der Umwelt signifikant die Entscheidung des Einzelnen und damit auch wie mit dem Konflikt in Zukunft umgegangen wird. Ohne zu tief in die Entwicklung von Konflikten einzusteigen hat dieser Einfluss natürlich auch Auswirkungen auf die Konfliktschemata. Auch bei bereits entstandenen Konflikten, also inter-personellen Konflikten beeinflusst das eigene Verhalten im starken Maße auch das der anderen Konfliktteilnehmer. Strategisches Denken, Verhinderung von Einflussnahme des Kontrahenten und Minimierung der eigenen Verluste sind in besonders kompetitiven Situationen oder bei Überforderung der Einzelperson zu beobachten (Rosenstiel, 2005, S.142ff.).

Eine weitere Dimension in der Betrachtung von Konfliktarten stellt der Einfluss einer Gruppe dar. So sind Attribute wie Kohäsion und Dependenz wichtige Faktoren für die Einteilung der Konflikte. Unter Dependenz versteht man in diesem Kontext die Abhängigkeit des einzelnen von einem Verbleib in der Gruppe (vgl. Rosenstiel, 2005, S. 141ff.). Konflikttypen werden signifikant von der Akzeptanz von Entscheidungen innerhalb einer Gruppe beeinflusst.

Ein deutliches Bild dafür bietet das Model nach Jackson (1965, S.305), der mit der Illustration (Abb. 10, siehe Anhang) eine zentrale Kernaussage unterstreicht: Es existiert eine deutliche Tendenz, dass die Gruppe einen sozialen Rahmen vorgibt. Ein gewünschtes/ erwartetes Verhalten wird in einem gewissen Maße akzeptiert, sowohl Abweichungen nach oben als auch nach unten haben Auswirkungen auf das Individuum. Die vielschichtige Wechselwirkung innerhalb einer Gruppe führt an dieser Stelle zu weit (vgl. Rosenstiel, 2005, S.144f.).

3. Ursachen

Die Suche nach Ursachen ist der am intensivsten betrachtete Aspekt der Konfliktforschung. Denn sobald die Hintergründe einer Konfliktsituation erkennbar sind, kann auf dieser Grundlage effektiv mit der Problematik umgegangen werden. Da allerdings besonders die Ursachen sehr unterschiedliche sein können, gibt es auch hier keine „best practice“, also keinen Ansatz, der für alle Konfliktarten problemlos die Ursachen beschreibt. Letztlich basieren Konflikte immer auch auf personenspezifischen, individuellen Einstellungen, die keineswegs eine Regelmäßigkeit aufweisen müssen.

3.1. Generelle Betrachtung

Eine Klassifizierung der Konfliktursachen stand im Laufe der 1970er Jahre im Mittelpunkt der Konfliktforschung. Als Teil dessen stellten Dubrin (1974), Ducan (1975), Dessler (1976) und Dorow (1978) eine Liste an Ursachen auf, die für Konfliktentstehung verantwortlich sind. Als Kernpunkt aller Autoren stand die Abhängigkeit von gleichen Ressourcen (Informationen, Personen, Finanzen), eine (beidseitige) Abhängigkeit ist in den meisten sozialen Interaktionen zwischen Individualpersonen oder Gruppen innerhalb einer Organisation zu erkennen. In Verbindung mit dem nächsten Aspekt, nämlich dem Ungleichgewicht in der inter- gruppen Abhängigkeit, also dem ungleichen Machtverhältnis, liegt das zentrale Konfliktpotential nach Auffassung der Autoren. Je stärker Abhängigkeiten und je stärker die Ungleichheit des Machtverhältnisses desto wahrscheinlicher ist in einem kompetitiven Umfeld der Einsatz von Drohmöglichkeiten und die Einflussnahme auf Andere (vgl. Rosenstiel, 2005).

Zu den genannten Faktoren kommt der Faktor der Gruppendominanz. Zusammen mit der Tatsache, dass eine statusniedrigere Gruppe einer statushöheren Gruppe Anweisungen erteilt, sorgen hierarchische Organisationsformen offenbar durch die klare Strukturierung ihrerseits für Konfliktpotential. Zu den weiteren Ursachen zählen Teilung der Verantwortung für ein Projekt, Abweichung von allgemein geltenden Regeln seitens einer anderen/ konkurrierenden Gruppe, ein falsch ausgelegtes Belohnungssystem (welches Individualleistungen fördert) und die Mehrdeutigkeit sowie unklare Abgrenzung von Kompetenzräumen.

Eine weitere eher betriebswirtschaftliche Annahme der Konfliktentstehung wird in Rosenstiel (2005) aufgegriffen: die Knappheit der Ressourcen. Generell spiegelt sich dieses Problem in den Modellen der Volkswirtschaftslehre und Mikroökonomie wieder, in der zum einen von der Endlichkeit an bestehenden Ressourcen ausgegangen wird und zum anderen das menschliche Verhalten durch das Axiom der Unersättlichkeit (dem stetigen Streben nach mehr) erklärt wird. In einer Organisation ist die Real- ausgangsposition oft das so genannte Nullsummenspiel, bei dem die Gewinne der einen Seite automatisch die Verluste der anderen darstellen. Eine derartige Reallokation von Ressourcen ist der zentrale Verursachungsgrund für Konflikte (nach Rosenstiel, 2005).

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Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Entscheidung und Konflikt
Untertitel
Eine arbeitspsychologische Betrachtung von Konfliktsituationen und Lösungsansätzen
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
28
Katalognummer
V142189
ISBN (eBook)
9783640529391
ISBN (Buch)
9783640529278
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entscheidung, Konflikt, Arbeits- und Organisationspsychologie, Konfliktmanagement, Betriebswirtschaftslehre, Psychologie, Konfliktursachen, Konfliktfolgen
Arbeit zitieren
Dr. Tobias Fritsch (Autor:in), 2006, Entscheidung und Konflikt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142189

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