Das kausale Denken ist ein Vorgang, der sowohl in erziehungswissenschaftlicher Hinsicht, aber auch im alltäglichen Zusammenhang und damit für jeden Menschen eine zentrale Rolle kognitiver Fähigkeiten darstellt. Hierbei stellt sich die Frage, wann und wie sich das kausale Denken bei Menschen allgemein und im individuellen Kontext entwickelt. Die Professorin für Erziehungswissenschaften an der University of Cambridge Usha Goswami stellt fest, dass be-reits kleine Kinder sich Ereignisse merken, die in kausalem Zusammenhang stehen, und Erei-gnisse vergessen, bei denen ein solcher Zusammenhang nicht gegeben ist. Außerdem erklärt sie, dass junge Kinder kausale Erklärungen für physikalische Ereignisse suchen, dass sie sich mit Hilfe von Informationen über den Ausgangsstatus die Ursachen „unmöglicher“ Ereignisse erklären können und dass sie die kausalen Absichten anderer nachvollziehen können. Schließ-lich expliziert die Professorin, dass diese kausale Vorprägung einen starken Einfluss auf das begriffliche Lernen in der frühen Kindheit hat und dass die Suche nach Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zur Erklärung von Merkmalsbündeln innerhalb von Kategorien eine enor-me Menge an konzeptioneller Information erzeugt. Beispielsweise nutzen kleine Kinder aus-sagekräftige Unterschiede wie den zwischen selbst und fremd verursachter Bewegung, um die Welt in verschiedene Kategorien und Arten zu unterteilen, und gemeinsame Kernstrukturen bzw. Kernfunktionen, um konzeptionelles Wissen über biologische Arten und Artefakte auf-zubauen. Sie stellt letztendlich heraus, dass das Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen von frühester Kindheit an eine wichtige Rolle bei der Interpretation, Re-präsentation und Speicherung von physikalischen Ereignissen spielt, mit den das Kind kon-frontiert wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Entdeckung des kausalen Denkens bei Kindern
1.1 Das Prinzip der kausalen Priorität
1.2 Das Prinzip der Kovariation
1.3 Das Prinzip der zeitlichen Kontiguität
1.4 Das Prinzip der Ähnlichkeit
2. Zu den vorgeführten Experimenten:
2.1 Allgemeine Hinweise zur Durchführung von Experimenten mit Kindern:
2.2 Beschreibung der durchgeführten Experimente
1. Entdeckung des kausalen Denkens bei Kindern
Das kausale Denken ist ein Vorgang, der sowohl in erziehungswissenschaftlicher Hinsicht, aber auch im alltäglichen Zusammenhang und damit für jeden Menschen eine zentrale Rolle kognitiver Fähigkeiten darstellt. Hierbei stellt sich die Frage, wann und wie sich das kausale Denken bei Menschen allgemein und im individuellen Kontext entwickelt. Die Professorin für Erziehungswissenschaften an der University of Cambridge Usha Goswami stellt fest, dass bereits kleine Kinder sich Ereignisse merken, die in kausalem Zusammenhang stehen, und Ereignisse vergessen, bei denen ein solcher Zusammenhang nicht gegeben ist. Außerdem erklärt sie, dass junge Kinder kausale Erklärungen für physikalische Ereignisse suchen, dass sie sich mit Hilfe von Informationen über den Ausgangsstatus die Ursachen „unmöglicher“ Ereignisse erklären können und dass sie die kausalen Absichten anderer nachvollziehen können. Schließlich expliziert die Professorin, dass diese kausale Vorprägung einen starken Einfluss auf das begriffliche Lernen in der frühen Kindheit hat und dass die Suche nach Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zur Erklärung von Merkmalsbündeln innerhalb von Kategorien eine enorme Menge an konzeptioneller Information erzeugt. Beispielsweise nutzen kleine Kinder aussagekräftige Unterschiede wie den zwischen selbst und fremd verursachter Bewegung, um die Welt in verschiedene Kategorien und Arten zu unterteilen, und gemeinsame Kernstrukturen bzw. Kernfunktionen, um konzeptionelles Wissen über biologische Arten und Artefakte aufzubauen. Sie stellt letztendlich heraus, dass das Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen von frühester Kindheit an eine wichtige Rolle bei der Interpretation, Repräsentation und Speicherung von physikalischen Ereignissen spielt, mit den das Kind konfrontiert wird (vgl. Goswami 2001, S. 167).
Kausale Transformation (vertrauter) Objekte
Bei der Fokussierung auf kausale Informationen handelt es sich also um einen für die kognitive Entwicklung von Kindern entscheidenden Mechanismus. Diese Konzentration auf kausale Zusammenhänge zahlt sich mit der (natürlich unbewussten) Orientierung des Kindes an den wissenschaftlich anerkannten kausalen Prinzipien aus. Viele empirische Belege in Form von Experimenten zeigen, dass das kausale Denken von Kindern (schon in erstaunlich frühem Alter) sehr wohl in Einklang mit diesen Prinzipien. Das Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen wurde unter anderem von den amerikanischen Psychologinnen Rochel Gelman, Merry Bullock et al. (1980) untersucht. Sie führten beispielsweise Experimente durch, bei denen drei- und vierjährige Kinder Dreierbildfolgen ergänzen sollten. Hierbei gab es ein Urzustandsbild, ein Bild eines Transformationsverursachers, ein Bild des Transformationszustands (z.B. unversehrte Tasse - Hammer - Scherben/zerbrochene Tasse). Abwechselnd standen die Kinder mal vor der Aufgabe das fehlende Bild von Urzustand, Transformator oder Transformation zu erraten, wobei sich auch die Reihenfolge so ändern konnte, dass die Transformation am Anfang und Urzustand am Ende zu finden war. Schließlich fiel es den Vierjährigen und über drei Viertel der Dreijährigen leicht, Verursacher egal in welcher Richtung ausfindig zu machen. Beim Fehlen des ersten oder letzten Bildes hatten gerade die jüngeren Kinder größere Probleme.
Kausale Prinzipien
Die oben bereits angesprochenen Prinzipien sind also wissenschaftliche Schlussfolgerungen vieler Experimente, um allgemeine Kausalverhaltensweisen zu erklären. Diese vier Prinzipien sind die folgenden:
1.1 Das Prinzip der kausalen Priorität
- Ursachen gehen ihren Wirkungen voraus oder treten gleichzeitig mit ihnen auf. Das heißt, wenn A Ursache von B ist, gilt temporär: A à B oder A|B (Gleichzeitigkeit), aber nicht B à A.
Merry Bullock und Rochel Gelman (1997) experimentierten hierzu mit einem „Kastenteufel“, der offensichtlich aus einem Apparat hervorschnellte, wenn man eine Murmel vorher (zur Verdeutlichung der Priorität auch danach) in einen von zwei Schächten entließ. Der kausal relevante Schacht wurde nun sogar noch abgetrennt. Die Kinder reagierten dem umschriebenen Prinzip der zeitlichen (weniger der räumlichen) Priorität folgend. Die Murmel im Schacht B konnte für sie den Teufel auslösen, selbst wenn der Schacht nicht mit dem Teufelkasten verbunden war, aber dass eine Murmel nach dem Springen des Teufels diesen hervorgerufen haben soll, erschien selbst kleinen Kindern absurd.
1.2 Das Prinzip der Kovariation
- Echte Ursachen kovariieren regelmäßig und vorhersagbar mit ihren Effekten. Das heißt, wenn A und B auf Grund des Sachverhalts zunächst als Ursachen für C in Frage kommen, dann gilt beispielsweise: A à C; A + B à C; B à C(C nicht); A + B à C; A à C. Folglich ist A die tatsächliche Ursache für C.
T. R. Shultz und R. Mendelson (1975) hatten hierzu einen Hebel-Licht-Mechanismus entwickelt, der das oben erläuterte Schema einfach anwendet. Zwei Hebel lösten augenscheinlich das Leuchten einer Lampe aus, wobei den drei- bis vierjährigen Kindern nach mehreren Abläufen (z.B. Hebel 1 à Licht; Hebel 1 und 2 à Licht; Hebel 2 à kein Licht; Hebel 1 à Licht) klar wurde, dass nur Hebel 1 das Licht ausgelöst hatte, während er mit Hebel 2 nicht mit dem Licht kovariierte.
R. S. Siegler und R. M. Liebert stießen bei einem vergleichbaren „Computer“-Experiment zur Kovariationsuntersuchung, welches hier im einzelnen nicht beschrieben werden soll, auf ein weiteres wichtiges Kausalprinzip, welches sie gemeinsam mit der Kovariation überprüften: die zeitliche Kontiguität (in diesem Fall eine fünfsekündige Pause bis zur Wirkung) konnte Kinder bei seiner Anwesenheit stärker leiten.
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- Robert Leuck (Author), 2005, Die Entwicklung des kausalen Denkens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142260
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