Diese Arbeit versucht Antworten und Orientierung auf folgende Fragen zu geben: Welches ist der moralische Status, welches sind die moralischen Rechte zukünftiger Generationen und welche Arten oder Merkmale von Institutionen könnten dazu beitragen, die Vertretung ihrer Interessen in politischen Prozessen zu erweitern?
Diese Arbeit soll dazu dienen, zentrale Aspekte und Argumente des moralischen Status sowie der Institutionalisierung der Repräsentation zukünftiger Generationen anhand von Texten der politischen Philosophie zu beleuchten und dabei herauszustellen, welche der Optionen der politischen Praxis zugänglich und wünschenswert scheinen.
Im Zuge der Beantwortung dieser Fragen soll klar werden, dass eine politische Berücksichtigung zukünftiger Generationen sowohl geboten als auch, wenn auch nur eingeschränkt, in verschiedenen Formen auf legitime Weise möglich ist. Die deutschsprachige Literatur der letzten Jahre, insbesondere durch Jörg Tremmel und Michael Rose, hat sich auf die politische Repräsentation zukünftiger Generationen und die damit zusammenhängenden theoretischen Debatten der Moralphilosophie und politischen Theorie fokussiert.
Die englischsprachige Literatur hingegen ist, in der Gestalt des Longtermism, dazu übergegangen vor allem auch dezidiert unpolitische Institutionen und Organisationen in den Blick zu nehmen, um langfristige und existentielle Risiken in den Fokus zu rücken. Genannt werden muss auch, dass die Literatur zu intergenerationeller Gerechtigkeit besonders in WEIRD-Staaten geschaffen und kommentiert wird. Dies impliziert auch dementsprechende Perspektiven, die anfälliger dafür sind, für manche intergenerationellen Probleme soziokulturelle und geographische blinde Flecken zu haben.
Zu erklären ist dies womöglich auch dadurch, dass Menschen, deren Einflussbereich auf die Zukunft meist beschränkt ist und deren Lebensinhalte zentral um die Erfüllung eigener Grundbedürfnisse kreisen, weniger Anhaltspunkte und Möglichkeiten haben, über die debattierten Fragen nachzudenken oder nachdenken zu müssen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Warum zukünftige Generationen repräsentieren?
- Zentrale Begriffe
- Moralphilosophische Einwände
- Das epistemische Problem
- Das Nichtidentitätsproblem
- Moralischer Status und moralische Rechte
- Der moralische Status zukünftiger Generationen
- Menschenrechte für zukünftige Generationen?
- Was schulden wir zukünftigen Generationen?
- Allgemeine Pflichten gegenüber zukünftigen Generationen
- Die Pflicht zur politischen Repräsentation
- Wie zukünftige Generationen repräsentieren?
- Defizite der Zukunftsorientierung gegenwärtiger politischer Institutionen
- Systematische Gegenwartspräferenz
- Reale Beispiele der politischen Repräsentation zukünftiger Generationen
- Herausforderungen und Leitlinien der Repräsentation zukünftiger Generationen
- Proxy-Repräsentation
- Legitimität und Mandat
- Politische Institutionen zur Repräsentation zukünftiger Generationen
- Ombudspersonen und Zukunftsräte
- Prozedurale Optionen
- Konstitutionelle Verankerung und prozessstandschaftliche Justiziabilität
- Resümierender Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, den moralischen Status zukünftiger Generationen zu beleuchten und die Frage zu beantworten, inwiefern und auf welche Weise ihre Interessen in politischen Prozessen repräsentiert werden können.
- Der moralische Status zukünftiger Generationen
- Die Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen zukünftiger Generationen
- Die Rolle von Menschenrechten bei der Absicherung von Rechten zukünftiger Generationen
- Defizite gegenwärtiger politischer Institutionen im Hinblick auf die Berücksichtigung zukünftiger Generationen
- Optionen zur Institutionalisierung der Repräsentation zukünftiger Generationen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Frage nach der Repräsentation zukünftiger Generationen in Bezug auf die aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel und Künstliche Intelligenz heraus. Kapitel 2 behandelt den moralischen Status zukünftiger Generationen und die Frage nach ihren moralischen Rechten. Hierfür werden zunächst zwei häufig vorgebrachte Einwände widerlegt und der moralische Status zukünftiger Generationen beschrieben. Die Konzeption der Menschenrechte wird als Basis für die Bestimmung von Rechten zukünftiger Generationen diskutiert. Kapitel 2 endet mit der Begründung der Pflicht zur politischen Repräsentation zukünftiger Generationen.
Kapitel 3 beleuchtet die Defizite gegenwärtiger politischer Institutionen im Hinblick auf die Berücksichtigung zukünftiger Generationen. Die systematische Gegenwartsfixierung moderner Demokratien sowie die Unzulänglichkeiten historischer Beispiele für die Repräsentation zukünftiger Generationen werden analysiert. Im Folgenden werden generelle Herausforderungen der Repräsentation zukünftiger Generationen und mögliche Lösungsansätze, wie das Konzept der Proxy-Repräsentation, diskutiert. Verschiedene Optionen zur Institutionalisierung der Repräsentation werden vorgestellt, wobei die konstitutionelle Verankerung und prozessstandschaftliche Ein-klagbarkeit der Rechte zukünftiger Generationen als besonders bedeutsam herausgestellt werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen der politischen Philosophie, insbesondere die Frage der intergenerationellen Gerechtigkeit und der politischen Repräsentation zukünftiger Generationen. Hierbei werden zentrale Begriffe wie moralische Rechte, Menschenrechte, Proxy-Repräsentation, politische Institutionen und Generationengerechtigkeit beleuchtet.
- Arbeit zitieren
- Gabriel Hanrieder (Autor:in), 2023, Generationengerechte politische Institutionen. Das Warum und Wie der politischen Repräsentation zukünftiger Generationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1426722