Bielefeld - eine mittelalterliche Doppelstadt


Hausarbeit, 2003

35 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINS Einleitung

ZWEI Die Altstadt
Bielefelder Vor- und Frühgeschichte
Deutsche Stadtgründungen im 13. Jahrhundert
Die Gründung der Stadt Bielefeld
Die Anfänge der Stadt

DREI Die Neustadt
Die Bildung von Doppelstädten
Die Umstände der Entstehung der Neustadt
Eine neue Stadt entsteht
Die Gestalt der Neustadt

VIER Von der Doppelstadt zur vereinigten Stadt
Das Verhältnis der beiden Städte
Die Zusammenlegung der Städte

FÜNF Fazit

SECHS Quellenangaben
Literatur
Abbildungen

SIEBEN Anhang
E-Mail von Brigitte Brand
Stadtplan der Bielefelder Innenstadt

EINS ║ Einleitung

Im nordrhein-westfälischen Bielefeld ist das Interesse am Mittelalter durch die in jüngster Zeit stattgefundenen und inzwischen auch abgeschlossenen Ausgrabungen an der Straße Welle zu mehr Leben erwacht (Im Anhang befindet sich ein aktueller Stadtplanausschnitt, in dem die Bielefelder Innenstadt abgebildet ist. Der Ausschnitt soll die räumliche Einordnung von Straßen und wichtigen Orten erleichtern.).

Bielefeld ist keine Stadt, in der sich noch eine nennenswerte Zahl historischer Gebäude erhalten hat. Auch von der Stadtmauer ist nur noch ein kleiner Rest im Stadtbild zu entdecken. Nach den Zerbombungen im Zweiten Weltkrieg lag vieles offen, was schnell durch den Wiederaufbau zerstört zu werden drohte. Zwar wurde zu dem Zeitpunkt einiges gesichert, aber eben auch nicht in einem befriedigendem Umfang (Bérenger 2001, S. 5 – 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Lage der Ausgrabungen an der Welle

Nun bot sich im Jahr 2000 durch die beginnenden Bauarbeiten für ein Wohn- und Geschäftshaus auf einem ehemaligen Parkplatz in der Bielefelder Innenstadt eine neue Chance, etwas Licht in die frühere Geschichte von Bielefeld zu bringen: historische Bausubstanz wurde gefunden. Ein Baustopp sowie die Möglichkeit von auf zwei Jahre begrenzten Ausgrabungen eröffnete die Chance, auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern mehr über das Bielefeld des Mittelalters zu erfahren (Brand 2003, Wir über uns (Internet)).

Das wird um so wichtiger, da auch schriftliche Quellen nur in begrenztem Maße vorhanden sind. So fehlt zum Beispiel von einer Gründungsurkunde für die Stadt jede Spur (Vogelsang 1980, S. 39).

Wie wichtig die Ausgrabungen an der Welle für die Stadt und ihre 325.000 Einwohner sind, wird durch den Umgang mit den Grabungsergebnissen dokumentiert. Neben der geplanten Präsentation in Museen in Bielefeld und Herne (Brand 2003, Was bleibt? (Internet)) wird auch im neu entstehenden Welle-Haus auf der ehemaligen Grabungsfläche ein 30 Meter breiter Streifen mit Stadtmauer, Gebäuden und dem früheren Sumpfgebiet vor der Stadtmauer bestehen und für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben. Die frühere Parzellierung der Grundstücke soll sich in der Gestaltung des Asphalts der Welle wiederfinden (Uthmann 2003).

Auch die öffentlichen Führungen, die von Zeit zu Zeit während der Ausgrabungen stattgefunden haben, waren sehr gut besucht.

Unter Einbringung der neuen, durch die Grabungen erzielten Ergebnisse soll der Schwerpunkt der Arbeit bei der strukturellen Entwicklung der Stadt im späten Mittelalter liegen. Hier liegt mit der Entstehung einer Doppelstadt mit einer relativ lang selbständig existierenden Neustadt ein besonderer Fall einer mittelalterlichen Stadterweiterung vor.

Ziel der Arbeit ist das Aufzeigen der Entstehung der Stadt Bielefeld, die Entwicklung hin zur Doppelstadt sowie das Nebeneinander und die spätere Zusammenlegung von Alt- und Neustadt. Einbezogen werden soll dabei der Zeitraum vom Anfang des 13. Jahrhunderts, wo die Gründung der Altstadt stattgefunden hat, bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts, als die beiden Städte vereint wurden.

Dabei wird im zweiten Kapitel zuerst Bezug genommen auf die Zeit vor der Stadtgründung. Anschließend gibt es einige allgemeine Informationen über Ursachen und Umstände von deutschen Stadtgründungen im 13. Jahrhundert, um eine Einordnung zu erleichtern. Im Anschluss daran folgt der Abschnitt über den speziellen Fall der Stadt Bielefeld. Der letzte Teil des Kapitels beschäftigt sich mit den Anfängen der gerade gegründeten Stadt. Dabei spielen zum Beispiel die Herkunft der Bevölkerung, die Struktur der Wirtschaft oder die Verwaltung der mittelalterlichen Stadt eine Rolle.

Im dritten Kapitel konzentriert die Arbeit sich auf die Neustadt. Hier folgt zunächst ein allgemein gehaltener Teil über die Bildung von mittelalterlichen Doppelstädten. Später wird dann auf die Entstehung der Bielefelder Neustadt neben der Altstadt eingegangen. Besondere Erwähnung finden hier die Bauvorhaben von Sparrenburg und Marienstift, da sie in der Entstehungsgeschichte der Neustadt eine besondere Rolle spielen. Im letzten Abschnitt geht es um eine allgemeine Charakterisierung der Bielefelder Neustadt, die in etwa analog zu dem der Altstadt zugeordneten Teil über die Anfänge der Stadt verläuft. Dadurch soll der Leser sich ein Bild über beide Teile der Doppelstadt machen können.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Weg von der Doppelstadt hin zur vereinigten Stadt. Dabei wird zunächst versucht, das Verhältnis der beiden Städte zueinander so gut wie es die Quellen zulassen aufzuzeigen. Die Zusammenlegung von Alt- und Neustadt wird im darauffolgenden Abschnitt besprochen.

Im fünften Kapitel ist das Fazit enthalten, in dem ein Resümee gezogen und eine Antwort auf die Fragestellung gegeben wird.

ZWEI ║ Die Altstadt

Bielefelder Vor- und Frühgeschichte

Die Stadt Bielefeld liegt in der heutigen Region Ostwestfalen-Lippe am Teutoburger Wald. Bevor nördlich dieses Höhenzuges eine Stadt entstand, hat es an dieser Stelle schon vorher Siedlungen gegeben.

Spuren aus der Vor- und Frühgeschichte sind zwar nur spärlich, aber vorhanden. Ob sich Menschen hier dauerhaft niedergelassen haben, geht daraus nicht hervor. Jedoch lassen Funde von Gräbern und Münzen die Vermutung zu, dass der auch heute noch wichtige Pass im Teutoburger Wald im Südwesten der zukünftigen Stadtanlage bereits in der Jungsteinzeit als Handelsweg genutzt wurde (Bérenger 2001, S. 1).

Für die vorrömische Eisenzeit lassen sich bereits Siedlungsspuren nachweisen (Bérenger 2001, S. 2).

Im Zeitraum von 12 v. Chr. bis 9 bzw. 16 n. Chr., als die Römerkriege stattfanden, lässt sich die Anwesenheit von römischen Soldaten nachweisen. Münzfunde sowie ein nicht vollendeter römischer Wachposten im Bereich der späteren Sparrenburg bezeugen das (Bérenger 2001, S. 3 – 4).

Für die Zeit des 8. und 10. Jahrhunderts lässt sich eine Siedlung unter anderem durch Scherben nachweisen, die bei den jüngsten Ausgrabungen (2000 bis 2002) an der Welle in Bielefeld gefunden worden sind (Vogelsang 2001, S. 38). Auch ein Brunnen und der Fund von Schmiedeschlacke aus dem Hochmittelalter weisen auf eine Siedlung hin (Brand, Lammers 2001, S. 18). Gustav Engel versuchte sogar, aus dem Stadtgrundriss vier alte Höfe aus der Zeit vor der Stadtgründung herauszulesen (Engel 1952, S. 13). Verhältnismäßig sicher sagen kann man das aber eigentlich nur am Waldhof, der auch heute noch im Stadtbild zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2:Der Waldhof

Die erste schriftliche Erwähnung findet der Ort Bielefeld vermutlich im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts in der Lebensbeschreibung eines Paderborner Bischofs. Dabei geht es um eine Schenkung, die die Existenz von mindestens einem Hof belegt. Auch nach dem 2. Weltkrieg zu Tage gekommene Hausfundamente, die um das Jahr 1000 herum entstanden sind, lassen auf eine kleine Siedlung mit einigen Höfen schließen (Vogelsang 1980, S. 31 – 32).

Diese Siedlung war vermutlich noch nicht befestigt (Brand 2003, E-Mail).

Deutsche Stadtgründungen im 13. Jahrhundert

Im 13. Jahrhundert entstanden viele Städte. Die Zahl verzehnfachte sich in nur einem Jahrhundert. Einige wenige wurden als Fernhandelsstädte gegründet. Weitaus üblicher wurden Städte, die mit ihrem Markt das wirtschaftliche Zentrum eines landwirtschaftlich genutzten Raumes bildeten. Meist gingen sie aus einer bestehenden Siedlung hervor, die in vielen Fällen auch schon vorher einen Markt hatte. Oftmals ging einer Stadt auch eine Burg voraus.

Eine wichtige Rolle spielten auch Stadtgründungen im Zuge von Territorialpolitik. Um ihr Gebiet zu sichern, entschieden sich viele Territorialherren für den Bau von Städten. Auch wurden Städte als Residenz von Bischöfen oder Territorialherren genutzt (Planitz 1973, S. 161 – 179).

Die Gründung der Stadt Bielefeld

Wichtig für die Gründung der Stadt Bielefeld sind die Grafen von Ravensberg. Das Territorium der Familie war – wie damals üblich – räumlich nicht genau abgesteckt, sondern zeigte sich in einzelnen Besitztümern und Rechten. Große Teile des Familienbesitzes lassen sich von Beginn des 11. Jahrhunderts an im Raum Vechta, Bersenbrück, Wester- und Ostercappeln nachweisen. Die Grafen von Ravensberg bedienten sich verschiedener Mittel zur Sicherung und Ausdehnung ihres Gebiets: Zum einen gründeten sie Dörfer, in denen ihre Rechte uneingeschränkt galten. Weiterhin machten sie sich kirchlichen Besitz zu eigen. Als drittes Mittel zur Territoriumssicherung gründeten sie Städte (Vogelsang 1980. S. 33 – 34).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Netz der Handelswege

Bielefeld war nicht die einzige Stadt, die die Grafen gegründet hatten, aber die einzige, die sich vielversprechend entwickelte (weitere Städte waren zum Beispiel Vlotho, Vechta oder Haselünne).

Das mag an den günstigen Bedingungen gelegen haben. Bielefeld liegt wie schon erwähnt nordöstlich eines Passes an der Erhebung des Teutoburger Waldes, so dass sich hier mehrere mehr oder weniger bedeutsame Handelsstraßen kreuzten, so zum Beispiel eine von Münster über Herford weiter in den Norden und Osten verlaufende.

Lediglich die Versorgung mit Wasser war schwierig, da hierfür nur der Bohnenbach und der Voßbach zur Verfügung standen. In den Anfängen reichte das gerade zur Versorgung der Bewohner als auch zur Speisung der Stadtgräben aus (Vogelsang 1980, S. 36).

Die Gründung selbst erfolgte vermutlich im Jahr 1214. Eine Gründungsurkunde existiert wie oben schon erwähnt nicht mehr, aber 1214 ist in einer anderen schriftlichen Quelle von einem Richter in Bielefeld die Rede. Daraus lässt sich folgern, dass ein Gericht besteht, was wiederum nur in einer Stadt möglich war. Also ist Bielefeld spätestens 1214 Stadt geworden (Vogelsang 1980, S. 39). Genauer datieren lässt sich die vermutete Gründung der Stadt allerdings noch, wenn man die politische Situation beachtet. Am 27. Juli 1214 wurde im französischen Ort Bouvines eine Schlacht ausgetragen, bei der die mit Frankreich verbündeten Staufer gegen die mit England verbündeten Welfen gewannen. Die beiden Geschlechter kämpften schon vorher um die Herrschaft über Deutschland, die dann allerdings nach der Schlacht an die Staufer fiel (Microsoft Encarta 1999, Schlacht bei Bouvines). Obwohl die Grafen von Ravensberg geografisch eher dem Gebiet der Welfen zuzuordnen waren, ergriffen sie doch die meiste Zeit Partei für die in Bouvines siegreichen Staufer (Vogelsang 1980, S. 35). Das zahlte sich nach dieser Schlacht natürlich aus, denn nun herrschte die nötige politische Sicherheit für eine Stadtgründung, die es vorher noch nicht gab. Damit lässt sich die Stadtgründung höchstwahrscheinlich auf die zweite Hälfte des Jahres 1214 datieren (Vogelsang 1980, S. 39).

Insgesamt lässt sich sagen, dass Bielefeld sich im Spannungsfeld einiger, für das 13. Jahrhundert typischer Gründe für Stadtgründungen befindet. Das wichtigste Motiv war sicherlich die Territoriumssicherung. Das wurde aber kombiniert mit der Ausnutzung von Handelswegen. Die Existenz von Fernhandel lässt sich ja durch die Ausgrabungen an der Welle eindeutig nachweisen, wenn auch vor der Stadtgründung kein Markt an dieser Stelle bestanden hat. Des weiteren wurde die Stadt auch schon bald als Sitz der Grafen von Ravensberg genutzt. Dieses erfolgte allerdings erst nach dem Bau der Burg, die ungewöhnlicherweise offenbar erst nach der Stadtgründung erbaut wurde. Die Grafen verließen dabei ihren alten Herrschaftssitz auf der Ravensburg, die sich ca. 17 km westlich der Sparrenburg am Südhang des Teutoburger Waldes befindet (Vogelsang 1980, S. 33).

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Bielefeld - eine mittelalterliche Doppelstadt
Hochschule
Technische Universität Hamburg-Harburg  (Stadtplanung)
Veranstaltung
Stadtbaugeschichte 1
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
35
Katalognummer
V14269
ISBN (eBook)
9783638197243
Dateigröße
4706 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Entstehung und Zusammenwachsen von Alt- u. Neustadt unter Einbezug der bisherigen Grabungsergebnisse an der Welle
Schlagworte
Bielefeld, Doppelstadt, Stadtbaugeschichte
Arbeit zitieren
Jessica Volke (Autor:in), 2003, Bielefeld - eine mittelalterliche Doppelstadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14269

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