Am 15. Dezember 1995 hielt die europäische Fußballwelt den Atem an. Nicht dass an diesem Tage das Endspiel der Champions’ League stattgefunden hätte oder die Europameisterschaft entschieden worden wäre. An diesem Tage fällte der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung im Verfahren des belgischen Fußballspielers Bosman gegen seinen Verband. Und diese Entscheidung hatte es in sich, bedeutete sie doch einschneidende Veränderungen im so sicher geglaubten Gefüge des Transfergeschäftes der europäischen Profi-Ligen.
Mit dem Urteil wurde die bisherige Praxis der ”Transferentschädigungen” und der Einschränkungen bezüglich des Einsatzes ausländischer Spieler gekippt.
Damit gehörte eine Praxis der Vergangenheit an, die in Deutschland bisher – glaubt man jedenfalls den Aussagen der Funktionäre – problemlos funktioniert hatte. Während ein Großteil der betroffenen Spieler und ihr Berufsverband VdV (Vereinigung deutscher Vertragsspieler) jubelten, waren die Funktionäre des DFB und der Ligavereine mehrheitlich nicht von dem Urteil und seinen Auswirkungen angetan. Otto Rehagel sah die Zweiklassengesellschaft in der Bundesliga voraus, in der die reichen Klubs immer reicher und die armen Vereine immer ärmer würden. Man sprach von einer ”Katastrophe für den deutschen und europäischen Fußball”.
Natürlich wurde durch das Urteil nicht nur der Fußballsport betroffen, sondern auch andere Mannschaftssportarten wie Handball oder Basketball mussten und müssen ihre Spielbestimmungen der neuen Rechtslage anpassen.
Nun, es wird in Deutschland auch elf Jahre nach Bosman immer noch Fußball gespielt. Deutsche Vereinsmannschaften waren in dieser Zeit in der Champions’ League erfolgreich, die Nationalmannschaft war – nach einer Phase des Aufbaus – bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land außerordentlich erfolgreich und belegte einen guten dritten Platz. Das wirtschaftliche Gefüge der Bundesliga scheint nicht weiter auseinander gedriftet zu sein.
War der ”Katastrophenalarm” aus den Reihen der Urteilsgegner, in erster Linie also der Vereinsverantwortlichen und des Verbandes, eine übertriebene Reaktion auf das Urteil? Oder hat der Gerichtshof mit seiner Rechtsauffassung eine Chance für Veränderungen im Fußball, insbesondere im Management-Bereich, eröffnet?
Inhaltsverzeichnis
- ,,Bosman - Katastrophe oder Chance\"?
- Der Fall Bosman
- Der theoretische Ansatz der Arbeit
- Sport als Funktionssystem besonderer Art
- Anpassung an Umwelterwartungen
- Akteurkonstellationen
- Die Entwicklung von Transferbestimmungen und Ausländerbeschränkungen
- Der Weg zu Transferbestimmungen
- Ausländer in der Bundesliga
- Das Taktieren nach dem Urteil
- Neue Regelungen
- Die vermuteten Folgen des Bosman-Urteils
- Die Kritikpunkte
- Die Entwicklung des Ausländeranteils seit der Entscheidung
- Die Untersuchung
- Untersuchungsergebnisse
- Diskussion der Thesen gegen das Bosman-Urteil
- Verlust der lokalen Bindung
- Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene
- Steigerung der Spielergehälter
- Nachwuchsförderung
- Sportliches und finanzielles Gleichgewicht
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Auswirkungen des "Bosman-Urteils" auf die Entwicklung des deutschen Profi-Fußballs. Im Mittelpunkt stehen die Kritikpunkte und Thesen, die im Zusammenhang mit dem Urteil geäußert wurden. Die Arbeit untersucht, ob diese Thesen durch die Entwicklung des Fußballs seit dem Urteil bestätigt wurden und welche Auswirkungen sich daraus für die Zukunft des Fußballs ergeben.
- Analyse der Kritikpunkte am Bosman-Urteil
- Bewertung der Auswirkungen des Urteils auf die Entwicklung des deutschen Fußballs
- Untersuchung der Auswirkungen auf den Ausländeranteil in der Bundesliga
- Beurteilung der Entwicklung des sportlichen und finanziellen Gleichgewichts in der Bundesliga
- Identifizierung von Chancen und Risiken für die Zukunft des deutschen Fußballs
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 bietet eine Einleitung in das Thema und stellt die Relevanz des Bosman-Urteils für den deutschen Profi-Fußball dar. Kapitel 2 beschreibt den Fall Bosman und den Verlauf des Rechtsstreits, der zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs führte. Kapitel 3 erläutert den theoretischen Ansatz der Arbeit, der auf dem Modell der Akteur-Struktur-Dynamik von Schimank basiert. Kapitel 4 untersucht die Entwicklung von Transferbestimmungen und Ausländerbeschränkungen im deutschen Fußball vor und nach dem Bosman-Urteil. Kapitel 5 analysiert die vermuteten Folgen des Bosman-Urteils und diskutiert die Kritikpunkte an der Entscheidung. Die Arbeit untersucht dabei die Entwicklung des Ausländeranteils in der Bundesliga, die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Vereine auf internationaler Ebene, die Entwicklung der Spielergehälter, die Auswirkungen auf die Nachwuchsförderung und die Entwicklung des sportlichen und finanziellen Gleichgewichts.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind das Bosman-Urteil, Profi-Fußball, Transferbestimmungen, Ausländerbeschränkungen, Wettbewerbsfähigkeit, Nachwuchsförderung, sportliches und finanzielles Gleichgewicht, Akteur-Struktur-Dynamik.
- Arbeit zitieren
- Dimitrios Gavrilas (Autor:in), 2007, Wirkungen des „Bosman-Urteils“ auf die Entwicklung des deutschen Profi-Fußballs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/142974