Burg Linn in Krefeld

Eine Wasserburg im hohen und späten Mittelalter


Seminararbeit, 2007

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Themeneinführung

2 Burg Linn – Eine Wasserburg im hohen und späten Mittelalter
2.1 Geschichte
2.1.1 Burg Linn
2.1.2 Dorf und Stadt Linn
2.1.3 Stadt Krefeld
2.2 Burg Linn im Mittelalter
2.2.1 Herrschaften und Besitzer
2.2.2 Schlachten und Kämpfe
2.3 Architektur
2.3.1 Lage
2.3.2 Baumaterial
2.3.3 Bauphasen
2.3.4 Taktischer Bau
2.4 Vergleich mit der klassischen Wasserburg des Mittelalters

3 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Themeneinführung

Die Burg Linn zieht bis heute die Anwohner des Niederrheines in ihren Bann. Besichtigungen, Führungen, Ausstellungseröffnungen, Archäologie für Kinder und historische Musikvorführungen sind nur eine Auswahl der Angebote des Niederrheinmuseums auf der Burg Linn. Ihre weitläufige Anlage mit den Wassergräben, der Stadtmauer, den alten Gebäuden von Linn und der Vorburg bieten Eindrücke, die einen Spaziergang lohnen, verknüpft mit einer Besichtigung der historischen Ruinen und Denkmäler in der näheren Umgebung. Währenddessen denkt der Wanderer unweigerlich über verschiedene Fragen nach. Warum steht hier eine Wasserburg? Die Stadt hat keinerlei Bedeutung heutzutage und ist nach wie vor umgeben von grüner Landschaft. Die Burg liegt an keiner wichtigen Wasser- oder Handelsstraße. Warum heißt Krefeld nicht Linn? Weshalb ist Linn ein kleiner Stadtteil von Krefeld geworden? Wie konnten die Burg und die anderen historischen Gebäude bis heute überdauern, obwohl Linn im Angriffsbereich des Ersten und Zweiten Weltkrieges lag? Die ersten Industriewerke, welche militärische Hauptziele sind, befinden sich keine 20km entfernt von der Stadtmitte Linns. Auf der Burg ärgert man sich über den engen Aufgang des Turmes. Hätte dieser nicht anders gebaut werden können? Wieso hat die Burgmauer hervorstehende Ecken und keinen geraden Verlauf? Welche Linner haben wohl auf der Burg gelebt? Wurden in Linn auch Kriege ausgefochten? Wie alt sind überhaupt die Burg und die Stadt? Welche Bedeutung hatte Linn im Mittelalter? Fragen über Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind, aber viele Besucher Linns interessieren. Ein Historiker würde tiefer gehende, präzisere Fragen stellen. Manche Fragen können bis heute nicht abschließend beantwortet werden, und andere Fragen müssen im Rahmen dieser Arbeit unbeantwortet bleiben. Der Schwerpunkt liegt in der Herausstellung der Bedeutung und Entwicklung der Burg Linn im hohen und späten Mittelalter. Die Zeitspanne umfasst in etwa die Jahre 1200 bis 1600. Ohne diese Darstellung kann nicht die zentrale Frage beantwortet werden, ob Linn eine neue Dimension im Burgenbau des Mittelalters war. Um diese Frage belegen zu können, werden die Geschichte der Burg, der Stadt Linn und der Stadt Krefeld erläutert. Darüber hinaus muss veranschaulicht werden, welche Bedeutung die Burg hatte, wer ihre Besitzer und Herrscher waren, und welche Schlachten dort ausgefochten wurden. Passend dazu werden die Architektur und die taktischen Raffinessen der Burg beschrieben. Um festzustellen, ob Linn eine klassische Wasserburg des Mittelalters war, wird ein Vergleich mit den grundlegenden Architekturmerkmalen der Wasserburgen gezogen.

Maßgeblich für die Erforschung, den Erhalt und den Wiederaufbau der Burg waren Prof. Dr. Albert Steeger und, ihm nachfolgend, Prof. Dr. Renate Pirling.[1] Der erste Museumsführer wurde 1937 von Heinrich Schmidt veröffentlicht.[2] Ein Handbuch über Burg und Stadt Linn erschien von Johanna Klümpen-Hegmann 1988. In ihrer Publikation sind alle überlieferten Quellen zur Geschichte Linns aufgeführt und ausgewertet worden, die von ihr eingesehen werden konnten.[3] Teilweise sind in ihrem Werk Kopien der Quellen abgedruckt. Johanna Klümpen-Hegmann bezieht sich zum Beispiel auf Linner Stadtrechnungen aus drei Jahrhunderten, die sie ausführlich analysiert. In ihrem Handbuch werden detailliert die Geschichte und die Entwicklung von Burg und Stadt Linn herausgearbeitet. Aus dieser Sekundärquelle entnehme ich schwerpunktmäßig die Belege für meine Aussagen. Eine Schwäche des Buches sind die fehlenden Erläuterungen der in den Quellen auftauchenden Personen und verschiedene widersprüchliche Angaben in den einzelnen Kapiteln. Zum Beispiel nennt sie zuerst Heinrich von Kethusen als ersten Amtmann von Linn und später Dietrich von Wissel.[4] Die Forschungen zu Linn werden unterstützt vom Krefelder Heimatverein, von dessen Veröffentlichungen ich drei für meine Arbeit verwandt habe, und der Arbeitsgemeinschaft Flachsmarkt. Für die neuesten Forschungsergebnisse ist der heutige Museumsleiter Dr. Christian Reichmann verantwortlich, der zuletzt 1994 aktuelle Untersuchungen zur Linner Baugeschichte veröffentlichte.[5] Die Erforschung der Burg Linn kann als abgeschlossen betrachtet werden, sofern bei Ausgrabungen oder bei Archivöffnungen keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden können. In der Umgebung der Burg werden bis heute neue archäologische Funde geborgen wie zuletzt in Krefeld-Gellep spätantike Gräber mit Kreisgräben.

2 Burg Linn: Eine Wasserburg im hohen und späten Mittelalter

2.1 Geschichte Linns

2.1.1 Burg Linn

Die Burg Linn, die, nach Christian Schmidt, „die bedeutendste der niederrheinischen Wasserburgen“[6] ist, wurde von Prof. Dr. Alfred Steeger auf das Ende des 12. Jahrhunderts datiert.[7] Prof. Dr. Alfred Steeger legte 1949 steinerne Fundamente frei, die zu einem romanischen Wohnturm gehörten.[8] Unter diesen fand er zudem hölzerne Überreste, die bis heute nicht datierbar sind, aber als zur Linner Urburg gehörend bezeichnet werden. Diese Urburg diente vermutlich als Fliehburg, zum vorübergehenden Aufenthalt bei Hochwasser und als Schutz vor Überfällen und Krieg.[9] Eine schriftliche Quelle ist aus dem Jahre 1299 erhalten, in der Verhandlungen über das „castrum Lynne“ beschrieben werden. Fest steht, dass der Wohnturm auf einer Motte errichtet wurde.[10] Heute geht man von vier Ausbaustufen aus, die zwischen 1150 und 1450 erfolgten.[11]

Die ersten Herrscher, die in den Quellen genannt werden, waren Gerlachus de Linne und sein Neffe Otto von Linn. Sie trugen 1188 die ihr Allodium dem Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg zu Lehen auf, der sein Territorium mit vielen Burgen und Herrschaften absichern wollte.[12] Die Machtverhältnisse änderten sich zu diesem Zeitpunkt nicht, sondern erst mit dem Ende des Linner Geschlechts nach 1264. Insgesamt 400 Jahre blieb Linn im kurkölnischen Besitz und die Burg wurde mit der Zeit umgebaut und erweitert. Dennoch wechselten die Herrscher über Burg und Stadt durch Belagerungen und Kriege beständig. Die Burg hatte die Aufgabe das Gebiet gegen die Herren der umgebenen Territorien abzusichern. Linn wurde mit der Zeit ein Sinnbild der Präsenz des Landesherren und zum Rückhalt des territorialen Machtanspruches.[13] Allerdings war sie nach den Vorfällen um Hermann von Strünkede lediglich Sitz des Amtmannes ohne höfisches Leben. Ohne Sitz eines Territorialfürsten verlor sie zusehends an Bedeutung und wurde eine Burg unter vielen am Niederrhein. Im 17. Jahrhundert war die Burg den waffentechnischen Entwicklungen nicht mehr gewappnet, die ihren militärischen Wert sinken ließ, trotz weiteren Befestigungsmaßnahmen der Hessen.[14]

Die Burg wurde in ihrer Geschichte durch Belagerungen und Beschuss mit Ausnahmen, wie zum Beispiel der Zerstörung der Mauern, nur leicht beschädigt. Erst im spanischen Erbfolgekrieg brannte sie 1702 und 1704 aus und wurde nicht wieder instand gesetzt. Datiert werden konnten diese Brände durch eine Eiche, die im äußeren Wehrgang aus der Asche gewachsen ist.[15] Im Laufe des Jahrhunderts verfiel die Burg. Der Bergfried wurde bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts als Verlies genutzt. Das Back- und Brauhaus wurde 1770 zum Jagdschloss ausgebaut. Pläne einer Rekonstruktion und dem Bau eines Museums konnten auf Grund des Zweiten Weltkrieges erst 1955 durch Alfred Steeger verwirklicht werden. Die Burg entspricht heute dem Bild des 13. Jahrhunderts.

2.1.2 Dorf und Stadt Linn

Eine erhaltene Kaiserswerther Urkunde aus dem Jahre 1090 erwähnt zum ersten Mal den Namen und Ort Linn. Bezeichnet wurde mit Linn eine kleine Siedlung am Mühlenbach, aus der Kaiserswerth Einkünfte bezog. Durch archäologische Funde im Ortsteil „Am Steinacker“ ist Linn vermutlich viel älter einzuordnen als die schriftlichen Quellen beweisen.[16] Manche Funde stammen sogar aus der Eisenzeit.[17] Zum Beispiel lässt sich der Nachbarort Oppum auf das siebte Jahrhundert datieren. Der Name Linn leitet sich vermutlich von dem Herren Gerlachus de Linne ab, der in einer Urkunde von 1186 erwähnt wurde.[18] Wahrscheinlicher ist allerdings kann, dass sich die Familie als „de Linne“ bezeichnete. Viele Flüsse und Bäche wurden in vorrömischer Zeit „Lun, Lün, Len oder Lin“ genannt. Auch der germanische Begriff „Linwa“, der „langsam fließen“ bedeutet, spricht für diese Annahme, die allerdings nicht bewiesen werden kann.[19] Zu der Siedlung gehörte die „Alde Kerk“, eine Kirche mit Friedhof, die 1989 wiederentdeckt und vermutlich 650 zum ersten Mal errichtet wurde.[20] Nach einer lokalen Überlieferung soll die Kirche 1279 durch ein Hochwasser zerstört und aufgegeben worden sein.[21] Sie diente als Gruft der Herren von Linn. Zu dem Einzugskreis der Kirche gehörten die Nachbarorte Heulesheim, Stratum und Gellep, die heute als Stadtteile zu Krefeld gehören. Dem Land Linn angeschlossen waren die Dörfer Bockum, Lank, Büderich, Heerdt, Fischeln und Willich. Durch den Bau der Linner Burg verlagerte sich der Ort Linn um einen Kilometer nach Westen, obwohl das alte Siedlungsgebiet zwischen Sandberg und Steinacker als einziges nahezu überschwemmungsfrei war, abgesehen von dem Platz der Kirche. Mit dem Bau der Burg wurden ebenso die zwei Höfe „Drencke“ und „Beke“ an angesiedelt.[22] Die Verlegung des Ortes ist der zentrale Wendepunkt der Geschichte von Linn, die zu den Gründerstädten zählt. Anstelle der „Alte Kerk“ wurde die Linner Pfarrkirche St. Margarete errichtet. Die gotische Kirche ist der heiligen Margarete von Antiochia gewidmet, die die Schutzheilige der Bauern und der Fruchtbarkeit ist.[23] Margarete zählt zu den drei weiblichen der 14 Nothelfer. Die später gebaute Burgkapelle ist den anderen beiden weiblichen Nothelfern Katharina und Barbara gewidmet.

Die Vorburg wurde Teil des Ortes und um die Vorburg herum entstand Linn. Zum Beginn des 14. Jahrhunderts wurde Linn zur Stadt, da in einer Urkunde aus dem Jahre 1314 städtische Schöffen aus Linn genannt sind.[24] Eine Urkunde aus dem Jahre 1415 weist für die gesamte Linner Umgebung auf die Flur an „der Alder Kircken“ hin.[25] Eine Grenze zu den Nachbarländern wurde nach mehreren Konflikten im 15. Jahrhundert mit einer Landwehr markiert. Zur damaligen Zeit wurden Städte mit Privilegien ausgestattet, die von wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung waren. Diese Stadtrechte sind in den Wirren der hessischen Besatzung, verloren gegangen.[26] Linn war von strategischer Bedeutung für die Klever Herren, da das Gebiet die Eckbastion des Territoriums war und dem Kölner Erzbischof Verteidigungsbereitschaft signalisieren sollte, der Linn mit Kleve unrechtmäßig zurückforderte.[27]

Mit der Stadtrechtsverleihung war die Stadtbefestigung verbunden, deren Kosten von der neuen Stadt getragen werden mussten. Die Erhaltung der Verteidigungskraft wurde mit dem Gewinn aus dem Biermonopol finanziert. Dies zeigt, dass Linn weiterhin keine positive wirtschaftliche Entwicklung machte. Das wöchentliche Marktrecht ändert dies nicht, obwohl Linn zu einem wichtigen Umschlageplatz für Kohle wurde.[28] Zudem durfte der Stadtherr von Linn Akzisen erheben, die eine Art Verbrauchssteuer auf Gegenstände des täglichen Bedarfs waren.[29] Das Wegegeld fiel zum Beispiel unter die Akzisenordnung.

[...]


[1] Museum Burg Linn, S. 7 f.

[2] Die Burg Linn, S. 1-8

[3] Linn: Burg und Stadt, S. 525-540

[4] ebd., S. 72 und 78

[5] Neue Untersuchungen zur Linner Baugeschichte, S. 131-148

[6] Die Burg Linn, S. 1

[7] Linn: Burg und Stadt, S. 29ff.

[8] DTV, Bd.1, S. 156 Romanik: erste große europäische Kunstepoche 1000-1200 n. Chr.

[9] Die Burg Linn 1937, S. 5 und Pieper, S. 670 (Fluchtburg)

[10] Pieper, S. 675; Motte: künstlich aufgeschütteter Hügel

[11] Linn: Burg und Stadt, S. 35-45; s.a. Abschnitt Bauphasen

[12] Pieper, S. 664; Allodium: Eigenbesitz eines Adligen an seiner Burg, Land und Leuten; Philipp I. von Heinsberg, 1130-1191, Kölner Erzbischof und Erzkanzler von Italien; Neue Untersuchungen der Linner Baugeschichte, S. 145: Otto von Linn: 1171-1219

[13] Linn: Burg und Stadt, S. 35

[14] Lexikon der Kunst, S. 723

[15] Museum Burg Linn, S. 11

[16] Linn: Burg und Stadt; Quellenverzeichnis

[17] DTV, S. 21; Eisenzeit: Mitteleuropa von 800 v. Chr. bis ca.60 v. Chr.

[18] Linn: Burg und Stadt, S. 24

[19] ebd., S. 22

[20] Museum Burg Linn, S. 3

[21] Linn: Burg und Stadt, S. 28

[22] Museum Burg Linn, S. 4; „Drencke“: Tränke, „Beke“: Bach

[23] DTV, Bd.1, S. 213; Gotik: 1220-1530, Merkmale spitzzulaufende Fenster, Bögen und Decken

[24] Linn: Burg und Stadt, S. 24

[25] ebd., S. 25; Flur: nutzbare Landfläche

[26] ebd., S. 48 ff.

[27] ebd., S. 59

[28] Die Burg Linn 1937, S. 1

[29] Linn: Burg und Stadt, S. 53

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Burg Linn in Krefeld
Untertitel
Eine Wasserburg im hohen und späten Mittelalter
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Professur für mittelalterliche Geschichte)
Veranstaltung
Burgen und Festungen im Mittelalter
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V143082
ISBN (eBook)
9783640526277
ISBN (Buch)
9783640526109
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Burg, Linn, Krefeld, Eine, Wasserburg, Mittelalter
Arbeit zitieren
Andreas Bönner (Autor:in), 2007, Burg Linn in Krefeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143082

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