Chancengleichheit gilt als die Maxime der aktuellen Bildungspolitik schlechthin. Hier gilt: was gut für den
Einzelnen ist, das nützt auch der gesamten Gesellschaft. Denn nicht genutzte kognitive Fähigkeiten bedeuten, aus ökonomischer Sicht, nicht verwendete Ressourcen und haben natürlich
psychologisch, sowie soziologisch, für die Benachteiligten und deren Familie lebenslange negative Konsequenzen. Spätestens seit der PISA-Studie aus dem Jahr 2000, welche uns für die nachfolgenden Betrachtungen als Indikator diente, wissen wir aber nicht nur, das Nachbesserungen im Hinblick auf den allgemeinen Bildungserfolg, das Personal und die Lehrpläne notwendig
geworden waren, sondern auch das in der BRD keineswegs jedem alle Türen offen standen, sondern das Teile unserer pluralistischen Gesellschaft unter höherer Last laufen müssen als andere. Doch
auch neuere Studien wie IGLU 2006 oder die vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) aus dem April dieses Jahres belegen die nach wie vor ungenügende
Korrelation der individuellen Fähigkeiten von Schülern und der getroffenen Bildungsentscheidung in Abhängigkeit natürlich auch vom jeweiligen sozialen Hintergrund. Hierbei drängt sich uns die
Frage auf, inwiefern die grundlegende Struktur, die Konzeption des deutschen Schulsystems solche belegten Benachteiligungen befördert und welche Änderungen notwendig wären, um diese zu
beseitigen. Da Bildung der wohl einzige Weg ist um dauerhaft Migranten, Bildungs- oder Sozialschwache in die Mitte der Bevölkerung zu integrieren liegt hier einer der wichtigsten Akzente für die Zukunft.
Außerdem werden ich die Wert-Erwartungstheorie von Hartmut Esser mit einbeziehen um die Frage zu beantworten, wieso trotz aller Reformen der letzten Jahrzehnte die unteren Gesellschaftsschichten weniger Kinder in die höheren Bildungseinrichtungen schicken als die mittleren und oberen Schichten.
Zu Beginn werde ich eine theoretische, problemorientierte Analyse des deutschen Schulsystems anstellen, wobei ich mich hauptsächlich der Frage widmen werde, wie das Schulsystem der BRD
in seinem Aufbau und seinen ihm zugrunde liegenden Ideen die Bildungschancen beeinflusst um schließlich, nach einem vergleichenden Blick auf das System des mehrmaligen PISA-Siegerlandes Finnland Rückschlüsse auf Studien- und Verbesserungsansätze zu ziehen, welche der Überwindung
der Ungerechtigkeit im Bildungswesen zuträglich sein könnten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Strukturelle Probleme im Schulsystem der BRD
3. Das Finnische Modell im Vergleich mit dem Deutschen
4. Fazit
5. Anhang
1. Einleitung
Chancengleichheit gilt als die Maxime der aktuellen Bildungspolitik schlechthin. Jedem Menschen soll, ohne Blick auf den sozialen oder finanziellen Status seiner Eltern die Möglichkeit gegeben sein, einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Schulabschluss zu erreichen, um damit hinterher sein Leben möglichst frei und gut gestalten zu können. Hier gilt: was gut für den Einzelnen ist, das nützt auch der gesamten Gesellschaft. Denn nicht genutzte kognitive Fähigkeiten bedeuten, aus ökonomischer Sicht, nicht verwendete Ressourcen und haben natürlich psychologisch, sowie soziologisch, für die Benachteiligten und deren Familie lebenslange negative Konsequenzen. Spätestens seit der PISA-Studie aus dem Jahr 2000, welche uns für die nachfolgenden Betrachtungen als Indikator diente, wissen wir aber nicht nur, das Nachbesserungen im Hinblick auf den allgemeinen Bildungserfolg, das Personal und die Lehrpläne notwendig geworden waren, sondern auch das in der BRD keineswegs jedem alle Türen offen standen, sondern das Teile unserer pluralistischen Gesellschaft unter höherer Last laufen müssen als andere. Doch auch neuere Studien wie IGLU 2006 oder die vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) aus dem April dieses Jahres belegen die nach wie vor ungenügende Korrelation der individuellen Fähigkeiten von Schülern und der getroffenen Bildungsentscheidung in Abhängigkeit natürlich auch vom jeweiligen sozialen Hintergrund. Hierbei drängt sich uns die Frage auf, inwiefern die grundlegende Struktur, die Konzeption des deutschen Schulsystems solche belegten Benachteiligungen befördert und welche Änderungen notwendig wären, um diese zu beseitigen. Da Bildung der wohl einzige Weg ist um dauerhaft Migranten, Bildungs- oder Sozialschwache in die Mitte der Bevölkerung zu integrieren liegt hier einer der wichtigsten Akzente für die Zukunft.
Außerdem werden wir die Wert-Erwartungstheorie von Hartmut Esser mit einbeziehen um die Frage zu beantworten, wieso trotz aller Reformen der letzten Jahrzehnte die unteren Gesellschaftsschichten weniger Kinder in die höheren Bildungseinrichtungen schicken als die mittleren und oberen Schichten.
Zu Beginn wollen wir eine theoretische, problemorientierte Analyse des deutschen Schulsystems anstellen, wobei wir uns hauptsächlich der Frage widmen werden, wie das Schulsystem der BRD in seinem Aufbau und seinen ihm zugrunde liegenden Ideen die Bildungschancen beeinflusst um schließlich, nach einem vergleichenden Blick auf das System des mehrmaligen PISA-Siegerlandes Finnland Rückschlüsse auf Studien- und Verbesserungsansätze zu ziehen, welche der Überwindung der Ungerechtigkeit im Bildungswesen zuträglich sein könnten.
Hierbei beschränken wir uns hauptsächlich auf die Schulbildung, wobei der Zusammenhang zwischen Vorschulbildung, Schulbildung und Hochschulbildung evident ist. Genauere Ausführungen zu diesem Thema würden jedoch den Rahmen unsere Arbeit sprengen und können deshalb an dieser Stelle nicht einbezogen werden.
2. Strukturelle Probleme im Schulsystem der BRD
Der Erfolg der deutschen Schulkinder hängt viel stärker von ihrer sozialen Herkunft ab als in vielen anderen Ländern (Solga 2008a: 2). Offenbar ist, das die Institutionen, welche das Schulsystem tragen das Ausmaß dieser Ungleichheit erheblich mitbestimmen - eine Sphäre, in welche die Politik direkt und erfolgversprechend eingreifen könnte. Umso wichtiger ist es, die Phänomene und sozialen Verwerfungen, die das jetzige System hervorbringt, offen zu legen. Hierbei sticht ein Merkmal besonders heraus: es ist das der Bildungsentscheidung am Ende der Grundschule, das heißt in Deutschland entweder Gymnasium oder Real- bzw. Hauptschule. Die Idee, das Kinder im Alter von zehn Jahren eine Entscheidung von größter Tragweite treffen sollen, ist abwegig. Deshalb übernehmen dies Eltern und Lehrer. Und genau hier liegt ein Gutteil der Problematik. Folge davon ist eine Vielzahl von Schülern, welche wegen der Fehleinschätzung ihrer kognitiven Fähigkeiten die falsche Schulform besuchen. Die Leid tragenden sind natürlich jene, die entweder steten Überforderungen auf dem Gymnasium ausgesetzt sind oder deren Anlagen durch permanente Unterforderung sich nicht in dem Maße entwickeln können, wie es möglich wäre. Diese Verkümmerung der Anlagen ist dann häufig eine lebenslange Hypothek und nur schwerlich wieder aufzuholen. Es wird hier klar, dass der Durchlass im System von oben nach unten wesentlich leichter sich vollzieht als der umgekehrte. All dies gewinnt nochmals an Bedeutung, zieht man folgenden Aspekt noch hinzu. Ein Ergebnis der dritten PISA-Studie war, dass die Lehrpläne den Erwartungen an die Schüler angepasst werden. Das ist in gewissem Maße logisch und unvermeidbar. Wenn man sich aber beschaut, dass 58% der Hauptschüler nur zwei Stunden pro Woche Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern bekommen, während der Anteil der Gymnasiasten hier nur 17% beträgt, so wird klar, dass das System nachträglich die bereits sehr früh abgestempelten Schüler durch Minderförderung zu dem macht, als das man sie erkannt zu haben glaubte, was dem Muster der selbst-erfüllenden Prophezeiung entspricht (Baumert, zitiert nach Solga 2008a: 3). Ich folgere hieraus, das nicht die Herkunft per se die Ursache für Bildungsunterschiede ist, sondern die Niveauunterschiede der Schulformen, deren Besuch wiederum oft von der sozialen Stellung der Eltern abhängt. Dies ist ein klares und eindeutiges Strukturproblem im deutschen Schulwesen, das nur durch eine Strukturänderung zu beheben ist. Ein weiteres Problemfeld stellt sicherlich das System der Halbtagsschulen dar: Eltern und außerschulische Aktivitäten haben in ihm eine größere Bedeutung als bei Ganztagsschulen. Die Eltern sind hierbei natürlich auch eine Art Lehrer, was bei weniger Gebildeten nachweislich zum Nachteil der Kinder ist. Der Grund hierfür: Eltern mit geringer Bildung messen zum einem außerschulischen Aktivitäten, welche nach PISA sehr förderlich für den Erwerb bestimmter Kompetenzen sind, weniger Bedeutung bei und können zudem noch selbst weniger Bildung vermitteln, da ihnen das kulturelle Kapital fehlt. Das hat natürlich auch Einfluss auf die Hausaufgaben, Vorträge, Lernhilfen und - mittel. So haben es auch begabte Kinder sehr schwer ein höheres Bildungsniveau als ihre Eltern zu erreichen, da das deutsche Schulsystem weniger als andere in der Lage ist diese familiären Effekte auszugleichen (Solga 2008a: 3). Daraus kann gefolgert werden das beim jetzigen System die Reproduktion von wenig Gebildeten befördert wird, unter anderem da ein Mangel an Schulzeit besteht, wofür die Einführung von mehr Ganztagsschulen ein Lösungsmodell wäre, auf dessen eingehende Betrachtung wir hier verzichten müssen.
Zudem kommt die Erscheinung der „sozial differenzierten Lernmilieus“ hinzu (Baumert, zitiert nach Solga 2008a: 3). Dieser Ausdruck meint, dass durch die frühe und klare Trennung des dreigliedrigen Schulmodells die Lern- und eben auch häufig die sozial Schwachen von den anderen getrennt werden, was einer Segregation nahe kommt. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass Schulen mit ungleicher sozialer Zusammensetzung insgesamt schlechter abschneiden, was die Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen noch weiter befördert, da die Kinder der besser gestellten Eltern von diesen zunehmend auf bestimmte Schulen schicken was längerfristig zu einer noch stärkeren Spaltung führen kann. So wird der Grundstein der inhomogenität der Gesellschaft schon vom Schulsystem aus gelegt. Gerade aber der Umgang mit „den anderen“ kann sehr positiv sein. Hier läge sicher ein interessanter Forschungsansatz, indem man untersucht, inwiefern genau der enge zwischenmenschliche Kontakt mit positiven Rollenmodellen, die zur Motivation, zum Ansporn und zum Vorbild dienen können, die schwächer gestellten Schüler beeinflusst.
Nebst zahlreichen anderen Aspekten, welche hier im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung noch erwähnt werden müssten, was wir hier aus Gründen des Umfanges nicht können, möchte ich auf einen weiteren noch gesondert eingehen. Die dritte IGLU-Studie (2006) offenbart nämlich auch die „Schichtunterschiede in der Wahrnehmung“(Bos et al. 2007, zitiert nach Solga 2008a: 4). Die Studie ermittelte einen sogenannten „kritischen Wert“, welcher das Leistungspotenzial eines Kindes im Lesen anzeigt. Dabei zeigte sich das Eltern, die selbst hoch qualifizierte Berufe ausüben ihre Kinder bereits bei einem Wert von 498 Punkten für gymnasialfähig befanden, während dieser Wert bei minder qualifizierten Eltern ganze 108 Punkte darüber, also bei 606 Punkten lag (Bos et al. 2007, zitiert n]ach Solga 2008a: 4). Das bedeutet eine ganz konkrete Ungleichbehandlung von Schülern mit demselben Leistungspotenzial nur aufgrund ihres psychosozialen Hintergrundes. Und: So ist die Wahrscheinlichkeit, dass - bei gleichen Lesekompetenzen und kognitiven Grundfähigkeiten des Kindes - Eltern aus der oberen Dienstklasse der Besuch eines Gymnasiums für ihr Kind für richtig halten, neunmal höher als für un-/angelernte Eltern und fast sechs mal höher als für Facharbeitereltern“ (Solga 2008a: 4). Erschreckend ist sicher auch, das diese Einschätzungen sich bei Lehrern in abgeschwächter Form wiederfinden. Hier liegt die Differenz bei 77 Punkten, die Kinder aus den oberen Dienstklassen werden auch hier deutlich bevorteiligt.
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- Arbeit zitieren
- Richard Prußas (Autor:in), Peter Andersohn (Autor:in), 2010, Ursachen sozialer Ungleichheiten der Bildungschancen im deutschen Bildungssystem im Vergleich mit dem finnischen Modell, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143469
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