Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Vorgeschichte der großen Säkularisation
2.1 Die Französische Revolution
2.2 Napoleon Bonaparte als Umgestalter Europas
3. Die Säkularisation in Deutschland
3.1 Die Bestimmung der Säkularisation als Entschädigungsprinzip
3.2 Die ersten Klostersäkularisationen
3.3 Die unmittelbaren Folgen der Säkularisation
3.4 Reaktionen seitens der Bevölkerung
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Verwendet man heute den Begriff der Säkularisation, oder der Säkularisierung wie er manchmal synonym verwendet wird, meint man meistens die große Säkularisation der Kirchen und Klöster im Jahre 1803. Tatsächlich vollzog sich aber der "Übergang von geistlichem Eigentum und Hoheitsrechten in weltlichen Besitz“1 schon im Mittelalter bei den Karolingern und in der Reformationszeit im Zuge des Dreißigjährigen Krieges und auch später im 20. Jahrhundert bei der Vermögenssäkularisation in der Sowjetunion und ihrer Blockstaaten kam es wieder zur Enteignung kirchlichen Wertguts. Keine dieser kann aber in ihrem Ausmaß der Auswirkungen und ihrer Durchführung mit der großen Säkularisation von 1803 verglichen werden. Seit nämlich die katholische Kirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die „Verweltlichung“, also der zwangsweisen Überführung großer Teile ihres rechtmäßig erworbenen Vermögens auf weltliche Erbfürsten, um ihre frühere weitgehende wirtschaftliche Selbständigkeit gebracht wurde, fand sich im Gegenzug der staatliche Souverän bereit, die fortan bestehende finanzielle Abhängigkeit der Kirche durch gewisse konkordatäre Leistungen, aber auch durch die Gewährung des Rechtes auf Kirchensteuern beheben zu wollen. Diese Leistungen bzw. Dotationen werden heute noch, 200 Jahre später, gewährleistet. In dieser Seminararbeit soll auf die Entwicklung der großen Säkularisation von 1803 eingegangen werden. Dabei soll ein Augenmerk auf die ersten Enteignungen der Kirchen und Klöstern und ihren unmittelbaren Folgen gelegt werden. Reaktionen seitens der Bevölkerung sollen eine differenzierte Betrachtungsweise aufzeigen und ein abschließendes Fazit soll schließlich ein Resümee aus heutiger Zeit geben.
2. Der Beginn der großen Säkularisation
2.1 Die Französische Revolution
Mit dem Sturm auf die Bastille am 14.07.1789 brach die Französische Revolution aus. Weil man in dem Staatsgefängnis ein Waffenlager vermutete, griff die aufgewühlte Menge zu ihren Waffen und attackierte die Festungsbesatzung, die schon nach kürzester Zeit ihren Angreifern nicht Stand halten konnte. Von da an begann sich die Revolution im ganzen Land auszuweiten. Die Errungenschaften der Aufklärung wie sie in den Jahren zuvor immer mehr Anklang in der Bevölkerung fanden, sollten die bisherige monarchische Regierungsform ersetzen. Als der Klerus auf seine Privilegien in der Nationalversammlung am 04.08.1789 zugunsten der französischen Bürger und Bürgerinnen verzichtete, kam es schließlich zum Zusammenbruch der gesamten mittelalterlichen Feudalordnung.2 Ständeunterschiede zwischen dem Adel, dem Klerus, den Bürgern und Bauern gehörten nun der Vergangenheit an und die Bürger- und Menschenrechte Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit, die auch bis heute noch in Frankreich gelten, garantierten fortan jedem Bürger ein Recht auf Gleichberechtigung. Mit der Auflösung der alten Regierungsform entschwand jedoch auch „die mit diesem Regierungssystem aufs engste verflochtene gallikanische Kirche“3, die seit 1516 Staatskirche gewesen war. Es galt der Ausspruch Kants, der schließlich zum Wahlspruch der Aufklärer wurde, dass der Mensch sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien müsse, was sich aber nur dann ereignen könne, wenn er Mut habe, seinen eigenen Verstand zu benutzen ohne sich dabei einer Leitung eines anderen, wie zum Beispiel des Königs oder der Kirche, zu bedienen. Am 02. November erklärte die Nationalversammlung, auf Vorschlag des Bischofs Charles Maurice de Talleyrand, das gesamte Kirchengut als Nationaleigentum. Durch dieses Unterfangen sollte die Finanznot des Staates gedeckt werden, es fand aber nur bei den Klerikern Anklang, die eine gesamte Umstrukturierung der französischen Kirche anstrebten. Die anderen Geistlichen protestierten lautstark dagegen. Durch das Klosteraufhebungsdekret der Konstituierenden Versammlung vom 13. Februar 1790 wurden schließlich sämtliche Klöster und Orden, die keinem karitativen Zweck dienten, aufgelöst. So kam es, dass die Mönche vertrieben, die Bibliotheks- und Kunstschätze versteigert und die Klostergebäude teils entfremdet, entwendet und zerstört wurden. Zum Eklat kam es jedoch erst, als die Zivilkonstitution des Klerus vom 12. Juli 1790 die kirchliche Verwaltung der staatlichen einordnete und einen Eid auf die Zivilkonstitution von allen Geistlichen verlangte. Ein Widerstand, der „zu blutigen Verfolgungen, in deren Verlauf etwa 40.000 Priester eingekerkert, deportiert oder hingerichtet wurden“4, war die Folge. Unter der Diktatur Maximilien Robespierres, der nach Georges- Jacques Danton und Jean Paul Marat, an die Macht kam wurde das Christentum im November des Jahres 1793 in Frankreich abgeschafft. Ersetzt wurde dieser durch den Kult der Vernunft, durch ihn sollte „die Revolution selbst zu einem religiösen Erlebnis werden“5, der sich u.a. „in rituellen, symbolischen Handlungen wie dem Bruderkuss, dem feierlichen Bürgereid, dem Errichten von Freiheitsbäumen […] sowie patriotischen Prozessionen“6 zeigte sowie dem französischen Revolutionskalender, der seit dem ersten Tag der Befreiung, dem 15. Juli 1789, den gregorianischen Kalender ablöste. Obwohl der Vernunftkult anfangs noch recht viel Anklang fand, regte sich aber in weiten Teilen der Bevölkerung jedoch auch ein „Widerstand gegen die völlige Verdrängung der traditionellen Religiosität.“7 Nach dem Tode Robespierres am 28. Juli 1794 ging die Herrschaft an ein fünfköpfiges Direktorium über, die dann den katholischen Klerus zwar wieder tolerierte, aber „die grundsätzliche Trennung von Kirche und Staat zum Gesetz erhoben“8 hatten.
2.2 Napoleon Bonaparte als Umgestalter Europas
Eine deutlichere Akzeptanz der katholischen Kirche fand erst bei Napoleon Bonaparte statt. Der junge General, der durch einen Staatsstreich am 09. November 1799 das Direktorium stürzte und somit das Ende der französischen Revolution herbeiführte, wurde mit seinen 30 Jahren der erste Konsul Frankreichs und somit zum Alleinherrscher des Landes ernannt. Napoleon betrachtete die Religion als politischen Faktor und beschloss deshalb am 15. Juli 1801 ein Konkordat mit Papst Pius VII. abzulegen das beinhaltete, dass die katholische Kirche zwar nicht Staatskirche, aber „dass die katholische, apostolische, römische Religion das Bekenntnis der großen Mehrheit der französischen Bürger sei und wiederhergestellt werde.“9 Bedingung des Konkordats war der Verzicht der katholischen Kirche auf das eingezogene Kirchengut, das durch die Nationalversammlung als Nationaleigentum erklärt wurde, wofür aber im Gegenzug der Staat künftig die Besoldung der Pfarrer übernehmen sollte.
Mit der Ausweitung Frankreichs und seinen Grenzen wurden überall die Errungenschaften der Revolution eingeführt, wohin die französischen Truppen auch vordrangen. Nicht einmal durch die Koalitionskriege, an denen vor allem die Großmächte Großbritannien und Russland teilnahmen, konnte die Ausbreitung Frankreichs in Europa gestoppt werden. So kam es schließlich dazu, dass durch die Verschiebung der Ostgrenze Frankreichs bis hin zum Rhein deutsche Fürsten ihre Besitzungen links der Flussseite abtreten mussten. Verheerende Verluste auf Seiten der österreichischen Truppen und in Bayern während des zweiten Koalitionskrieges führten schließlich rasch zu Friedensverhandlungen und zum Friedensvertrag von Campo Formio und Lunéville.10
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1 Binder, Sakularisation, 1998, 597.
2 Franzen, Kleine Kirchengeschichte, 252008, 335.
3 Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, 162008, 423.
4 Franzen, Kleine Kirchengeschichte, 252008, 336.
5 Ebd., URL 1.
6Ebd.,URL1.
7 Ebd., URL 1.
8 Franzen, Kleine Kirchengeschichte, 252008, 336.
9 Ebd., 337.
10 Binder, Sakularisation, 1998, 598.