Die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland befindet sich durch die Einführung des Verfahrenslotsen nach § 10b SGB VIII im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) im Umbruch. Die Herausforderung besteht darin, eine inklusive Teilhabe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung zu gewährleisten, indem bisherige Leistungssysteme zusammengeführt werden. Diese Arbeit betrachtet kritisch, ob die öffentliche Jugendhilfe dieser Gesamtzuständigkeit gerecht werden kann.
Die Reform des SGB VIII 2021 markiert einen Paradigmenwechsel, indem sie junge Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf umfassend stärken will. Der Verfahrenslotsen soll sicherstellen, dass Hilfeleistungen aus einer Hand erfolgen und eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe etabliert wird. Diese Veränderungen werfen jedoch viele Fragen auf, die diese Arbeit beleuchten will.
Die steigende Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit seelischer Behinderung, die Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen, stellt die öffentliche Jugendhilfe vor Herausforderungen. Demographischer Wandel, Fachkräftemangel und knappe Ressourcen verschärfen die Situation. Ob die Jugendhilfe diesen Herausforderungen gewachsen ist und bisherige Exklusionsmechanismen bestehen, sind zentrale Fragen.
Die übergeordnete Forschungsfrage lautet: Welche Aufgaben wird der Verfahrenslotse bei der Zusammenführung der Leistungsträger übernehmen? Um dies zu beantworten, formuliert die Arbeit weitere Unterfragen, die die Komplexität des Themas erhellen.
Die Arbeit setzt auf empirische Sozialforschung, durch Expert*inneninterviews mit ausgewählten Jugendämtern. Dieser Ansatz ermöglicht es, den Transfer von der Theorie des Verfahrenslotsen in die Praxis zu analysieren und aktuelle sowie zukünftige Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe zu identifizieren.
Die Struktur der Arbeit bietet einen systematischen Einblick in das komplexe Thema. Nach der einführenden Darstellung werden die Begriffe Behinderung und Inklusion erläutert. Es folgt die Analyse des aktuellen rechtlichen Rahmens und der Geschichte der Inklusion. Das zweite Kapitel fokussiert auf das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, insbesondere die Einführung des Verfahrenslotsen. Das dritte Kapitel widmet sich der Forschungsmethodik und der Interviewauswertung. Die Arbeit schließt mit einem Resümee und einem Ausblick, der auf weiterführende Forschungen hinweist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Hinführung zum Thema
- 1.2 Forschungsstand
- 1.3 Problemdarstellung
- 1.4 Forschungsfrage
- 1.5 Methodisches Vorgehen
- 1.6 Aufbau der Arbeit
- 2. Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung
- 2.1 Behinderungsbegriff
- 2.2 Inklusion- ein Definitionsversuch
- 2.3 Geschichtlicher Exkurs
- 2.4 Aufteilung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung im Rechtssystem
- 2.4.1 § 35a SGB VIII
- 2.4.2 § 99 SGB IX
- 3. Auf dem Weg zur inklusiven Kinder- und Jugendhilfe
- 3.1 Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
- 3.2 Verfahrenslotse nach § 10b SGB VIII
- 3.3 Case Management- eine Methode der Sozialen Arbeit
- 3.4 Weitere zukünftige Herausforderungen
- 4. Qualitative Sozialforschung
- 4.1 Forschungsinteresse
- 4.2 Forschungsmethodik
- 4.3 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse
- 4.3.1 Fachkräftemangel
- 4.3.2 Qualifikation des Verfahrenslotsen
- 4.3.3 Strukturelle Rahmenbedingungen in der öffentlichen Jugendhilfe
- 4.4 Zusammenfassung
- 5. Resümee und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der Reform des SGB VIII und der damit einhergehenden Einführung des Verfahrenslotsen nach § 10b SGB VIII. Der Fokus liegt auf der Analyse der Herausforderungen und Chancen dieser Neuerung für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe. Ziel ist es, die aktuelle Situation, den Bedarf und die Umsetzung des Verfahrenslotsen im Kontext des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) zu beleuchten.
- Die Bedeutung von Inklusion und Teilhabe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung im Kontext der UN-BRK
- Die Rolle des Verfahrenslotsen im Rahmen des KJSG zur Stärkung der Inklusion in der Kinder- und Jugendhilfe
- Herausforderungen und Chancen der Implementierung des Verfahrenslotsen in der Praxis
- Die Bedeutung von qualifiziertem Personal und strukturellen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung des Verfahrenslotsen
- Zukünftige Herausforderungen und Perspektiven für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe im Kontext des Verfahrenslotsen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Bachelorarbeit ein, beleuchtet den aktuellen Forschungsstand und die Relevanz des Themas für die Soziale Arbeit. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Aspekte von Behinderung und Inklusion sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung beleuchtet. Kapitel 3 beschäftigt sich mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) und der Einführung des Verfahrenslotsen als zentrales Element der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. Das vierte Kapitel analysiert die Ergebnisse der qualitativen Sozialforschung, die im Rahmen dieser Bachelorarbeit durchgeführt wurde. Dieses Kapitel beleuchtet die Herausforderungen und Chancen, die mit der Einführung des Verfahrenslotsen verbunden sind.
Schlüsselwörter
Inklusion, Kinder- und Jugendhilfe, Verfahrenslotse, § 10b SGB VIII, Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), UN-BRK, qualitative Sozialforschung, Fachkräftemangel, strukturelle Rahmenbedingungen
- Quote paper
- Bianca Becker (Author), 2023, Auf dem Weg zur inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. Die Einführung des Verfahrenslotsen nach § 10b SGB VIII, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1438493