Mit dem Aspekt des „Dramatischen“ existiert in der Instrumentalmusik bereits ein
Konzept, mit dem literarische Strategien scheinbar erfolgreich auf die Interpretation von Tonkunst übertragen worden sind. Die Deutung musikalischer Vorgänge als Abfolge von Handlungen, die auseinander erwachsen („die Dominante wird zwar durch einen Vorhalt retardiert, führt aber anschließend wie erwartet zur Tonika“), und Charakteren, die miteinander agieren („durch die Einführung eines kantablen Seitenthemas wird der harsche Anfang etwas abgemildert“), hat sich in der Musikwissenschaft jedenfalls in den geradezu paradigmatisch als „dramatisch“ ausgerufenen Gattungen – der Sonate, dem Konzert, der Sinfonie – fast schon als Gemeinplatz eingebürgert. Der Begriff des Narrativen jedoch hat in der musikwissenschaftlichen Diskussion sehr viel mehr Widerspruch gezeitigt hat als der des Dramatischen. Dabei ist er als Pendant zur ebenfalls aus der Literaturwissenschaft stammenden Anleihe des „Dramatischen“ zunächst in gleichem Maße legitimiert – genauso übrigens wie weitere Begrifflichkeiten, die eine solche Perspektive einnehmen, wie etwa jener der musikalischen Prosa. Man muss aber sehen, ob dieser Vergleich auch einer genaueren Überprüfung standhält.
Genau das soll in dieser Arbeit versucht werden: nach einer bündigen Darstellung der Theorie des Narrativen in der Instrumentalmusik und ihrer Abgrenzung gegenüber anderen Begrifflichkeiten soll gezeigt werden, dass narrative Formkonzepte durchaus zum besseren Verständnis eines derart
vielschichtigen Werkes wie des 2. Satzes Andante con moto aus Beethovens 4. Klavierkonzert in G-Dur führen können. Hier muss sogleich vorausgeschickt werden, dass mir dieses Konzept ebensowenig grundsätzlich zur Beschreibung eines jeden beliebigen musikalischen Werkes geeignet scheint, wie der gesamte Satz als „Narration“ bezeichnet werden kann. Dieser zeichnet sich jedoch durch ganz bestimmte musikalische Formstrukturen aus, die in einer Beschreibung,
welche an ein genau definiertes Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik anknüpft, sehr wohl gut aufgehoben sind. Eine klare theoretische Abgrenzung scheint hier sinnvoller zu sein, als sich immer wieder mit Erklärungen im Einzelnen zu begnügen, warum das Andante con moto als „szenisch“, „opernhaft“, „rhetorisch“ oder gar „programmatisch“ zu verstehen sei – denn auch wenn das eine oder andere beim Hören unmittelbar einleuchtet, ist damit noch keine befriedigende Begründung erreicht.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik
- Harmonisch-thematische Analyse
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die narrative Struktur im zweiten Satz (Andante con moto) von Beethovens 4. Klavierkonzert op. 58 G-Dur. Ziel ist es, aufzuzeigen, inwiefern narrative Formkonzepte zum Verständnis dieses vielschichtigen Werkes beitragen können. Die Arbeit beleuchtet die Debatte um die "absolute Musik" und deren Grenzen.
- Das Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik
- Die Abgrenzung des Narrativen von anderen Interpretationsansätzen (Dramatisches, Programmatisches)
- Harmonisch-thematische Analyse des Andante con moto
- Die Rolle von Charakteren und Handlungen in der musikalischen Gestaltung
- Die historische Einbettung der Debatte um "absolute Musik"
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung wirft die Frage auf, inwieweit literarische Assoziationen und dramatische Techniken zum Verständnis von Instrumentalmusik beitragen. Sie referiert verschiedene Interpretationen des Andante con moto aus Beethovens 4. Klavierkonzert und stellt die Frage nach der Legitimität narrativer Ansätze in der Musikinterpretation in den Kontext der Debatte um "absolute Musik" und formalistisch-positivistische Analysen.
Das Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik: Dieses Kapitel untersucht den Begriff des Narrativen in der Instrumentalmusik und grenzt ihn von anderen Begriffen wie dem Dramatischen ab. Es argumentiert, dass der Mensch generell dazu neigt, zeitliche Abfolgen als Geschichten zu interpretieren, und diskutiert die Idee der "absoluten Musik" im Kontext der Geschichte des Musikverständnisses. Der Text betont die anthropomorphe Vorstellung, musikalische Ereignisse als Charaktere und Handlungen zu begreifen, und verweist auf die historische Kontroverse um die "absolute Musik" und ihre Abhängigkeit von der Sprache.
Schlüsselwörter
Narrativ, Instrumentalmusik, Beethoven, Klavierkonzert op. 58, Andante con moto, absolute Musik, Dramaturgie, Harmonische Analyse, Musikalische Interpretation, Form, Geschichte des Musikverständnisses.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Narrative Strukturen im Andante con moto von Beethovens 4. Klavierkonzert op. 58
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die narrative Struktur im zweiten Satz (Andante con moto) von Beethovens 4. Klavierkonzert op. 58 G-Dur. Sie fragt, inwieweit narrative Formkonzepte zum Verständnis dieses Werkes beitragen.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, aufzuzeigen, wie narrative Ansätze das Verständnis des Andante con moto bereichern können. Sie beleuchtet die Debatte um "absolute Musik" und deren Grenzen im Kontext der musikalischen Interpretation.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt das Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik, die Abgrenzung des Narrativen von anderen Interpretationsansätzen (wie Dramatischem oder Programmatischem), eine harmonisch-thematische Analyse des Andante con moto, die Rolle von Charakteren und Handlungen in der musikalischen Gestaltung und die historische Einbettung der Debatte um "absolute Musik".
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel zum Konzept des Narrativen in der Instrumentalmusik, ein Kapitel zur harmonisch-thematischen Analyse und eine Zusammenfassung. Der Inhaltsverzeichnis bietet einen detaillierten Überblick.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung diskutiert den Beitrag literarischer Assoziationen und dramatischer Techniken zum Verständnis von Instrumentalmusik. Sie referiert verschiedene Interpretationen des Andante con moto und stellt die Frage nach der Legitimität narrativer Ansätze im Kontext der Debatte um "absolute Musik" und formalistisch-positivistische Analysen.
Was wird im Kapitel zum Narrativ in der Instrumentalmusik behandelt?
Dieses Kapitel untersucht den Begriff des Narrativen in der Instrumentalmusik und grenzt ihn von anderen Begriffen wie dem Dramatischen ab. Es diskutiert die Idee der "absoluten Musik" und die anthropomorphe Vorstellung, musikalische Ereignisse als Charaktere und Handlungen zu begreifen. Die historische Kontroverse um die "absolute Musik" und ihre Abhängigkeit von der Sprache wird ebenfalls thematisiert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für diese Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Narrativ, Instrumentalmusik, Beethoven, Klavierkonzert op. 58, Andante con moto, absolute Musik, Dramaturgie, Harmonische Analyse, Musikalische Interpretation, Form, Geschichte des Musikverständnisses.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für alle, die sich für Beethovens Musik, Musikinterpretation, Musiktheorie und die Geschichte des Musikverständnisses interessieren, insbesondere für Studierende der Musikwissenschaft.
- Arbeit zitieren
- B. A. Bruno Desse (Autor:in), 2009, Narratives im 2. Satz von Beethovens 4. Klavierkonzert op. 58 G-Dur , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144078