Der Einfluss des Internets auf die Vermarktung von Musikprodukten


Magisterarbeit, 2009

104 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Fragestellung und Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau

2. Medienökonomische Grundlagen der Musikvermarktung
2.1 Definition des Begriffs Medienökonomie
2.2 Medien als Güter im Sinne der ökonomischen Theorie
2.3 Besonderheiten der Medienproduktion

3. Die Musikindustrie – Grundlagen
3.1 Begriff und Struktur der Musikindustrie
3.1.1 Die klassische Wertschöpfungskette
3.2 Die Musikindustrie in Zahlen
3.3 Das Urheberrecht

4. Das Internet
4.1 Grundlagen des Internets
4.1.1 Verbreitung
4.2 Technologische Voraussetzungen
4.2.1 MP3
4.2.2 P2P-Technik
4.2.3 Streaming
4.2.4 Zugangstechnologien
4.3 Besonderheiten der Internet-Ökonomie
4.3.1 E-Commerce
4.3.2 Content- Commerce
4.3.3 Veränderungen der klassischen Wertschöpfungskette

5. Auswirkungen moderner Technologien auf die Musikindustrie
5.1 Problemstellung
5.2 Illegale Downloads und Privatkopien
5.2.1 Rechtliche Situation
5.2.2 Gegenmaßnahmen der Musikindustrie
5.2.3 Musikportale mit Zusatznutzen
5.3 Das Internet als Vertriebs- und Vermarktungsweg
5.3.1 Digitaler Vertrieb
5.3.1.1 Kostenpflichtige Musikportale
5.3.1.1.1 iTunes
5.3.1.1.2 Musicload
5.3.1.2 Internet-Versandhandel
5.3.1.3 Internet-Radio
5.3.1.4 Mobile Angebote
5.3.1.5 Streaming-Angebote
5.3.1.6 Online-Portal der Musikindustrie
5.3.2 Digitale Vermarktung
5.3.2.1 Bundles
5.3.2.2 Versioning
5.3.3 Preismodelle
5.3.4 Neue Geschäftsmodelle und Akteure

6. Ausblick

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Medienökonomie als transdisziplinäres Lehr- und Forschungsprogramm

Abbildung 2: Klassische Wertschöpfungskette der Offline- Musikindustrie

Abbildung 3: Erweiterte Wertschöpfungskette des Musikmarktes

Abbildung 4: Struktur des Musikmarktes

Abbildung 5: Weltweiter Umsatz mit Tonträgern, 1998 – 2007

Abbildung 6: Zahl der Internetbenutzer per Festnetz weltweit

Abbildung 7: Internet-Nutzer nach Regionen in Prozent und in Millionen, 2008 - 2013

Abbildung 8: Weltweit: Haushalte mit Breitbandanschluss in Millionen, 2007 - 2013

Abbildung 9: UMTS- Mobilfunkgeräte und Nicht-UMTS-Mobilfunkgeräte gesamt in Millionen, 2005 - 2009

Abbildung 10: Ausgangssituation der Konvergenz dreier getrennter Wertschöpfungsketten

Abbildung 11: Die Entstehung des Multimedia-Marktes aus den drei Medien- und Kommunikationssektoren

Abbildung 12: Anteil der verschiedenen Nutzergruppen am E-Commerce-Umsatz/ an allen Online-Haushalten in Prozent

Abbildung 13: Wertschöpfungskette in der Musikindustrie nach der Digitalisierung

Abbildung 14: Aus dem Internet heruntergeladene Songs 2003 – 2008

Abbildung 15: Mit Musik bespielte Rohlinge und verkaufte CD-Alben, 2001 – 2008

Abbildung 16: Gespeicherte Musik auf Festplatten (PC / Laptop), MP3-Playern und Handys, 2005 - 2008

Abbildung 17: Wert von Musikpiraterie und Musikkopien zu Endverbraucherpreisen, in Mio. Euro

Abbildung 18: Probleme mit CD-Kopierschutzsystemen

Abbildung 19: Neue Geschäftsmodell-Varianten

Abbildung 20: Erlös aus Digitalverkäufen weltweit 2009

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Der weltweite Umsatz mit Musik-Downloads stieg im Jahr 2008 um 25 Prozent auf 3,7 Mrd. US-Dollar.“1 Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Musikindustrie im Wandel befindet. Lag zur Anfangszeit der Verbreitung von digitaler Musik im Internet der Fokus der großen Plattenfirmen ausschließlich auf der Bekämpfung illegaler Download-Plattformen, ist jetzt eine andere Entwicklung zu beobachten. Das Internet erlangt als Verbreitungsweg für Musikprodukte immer mehr an Wichtigkeit.

1.1 Fragestellung und Ziel der Arbeit

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der grundsätzlichen Frage, wie das Internet und dessen weltweit verstärkte Nutzung die Vermarktung von Musikprodukten im Allgemeinen beeinflusst hat. Unter dem Begriff des „Musikprodukts“ wird hier nicht das reine Musikstück verstanden, sondern viel mehr das auf das Musikstück aufbauende Endprodukt in Form von Tonträgern wie CD und DVD (Stähler 2001, S.264) und, in diesem Fall besonders relevant, immateriellen Datenformen wie MP3. Vermarktung bzw. Marketing wird vom deutschen Marketing-Verband wie folgt definiert: „Marketing im Sinne einer marktorientierten Unternehmensführung kennzeichnet die Ausrichtung aller relevanten Unternehmensaktivitäten auf die Wünsche und Bedürfnisse der Anspruchsgruppen.“2

Ziel der Arbeit ist es, die aktuelle Situation des Musikmarktes zu betrachten und den Stand der Dinge hinsichtlich der Einflussnahme des Internets aufzuzeigen und zu erläutern. Daneben soll geklärt werden, ob die Musikindustrie im Sinne der Marketing-Definition Schritte unternommen hat, um ihr Angebot den Bedürfnissen der Musikkonsumenten anzupassen.

Die Marktgegebenheiten der Musikindustrie haben sich durch die technologischen Neuerungen und deren kommerziellen Einsatz verändert. Es scheint, als habe die Musikindustrie durch diese Neuerungen, speziell durch die massive Verbreitung der Internetnutzung, besonders in einem Teilbereich, der Distribution und der eigenen Vermarktung von Musik, die Kontrolle über ihr Kerngeschäft verloren. In der Vergangenheit kam es daher zu deutlichen Umsatzrückgängen, die vor allem dadurch bedingt waren, dass es möglich geworden ist, Musikstücke in digitaler Form ohne Qualitätsverlust zu vervielfältigen und durch das Internet kostenlos zu verbreiten. Die fortschreitende Digitalisierung, die leichte Nutzbarkeit elektronischer Netzwerke und neue IuK- Technologien3 haben in zweierlei Hinsicht Einfluss auf die Herstellung, die Verbreitung und den Konsum von Informationsgütern im Allgemeinen und Musikprodukten im Besonderen. Denn hier sind sowohl die Wertschöpfungskette als auch die Musikprodukte selbst von der Digitalisierung betroffen. Daher sind die Effekte, die die Digitalisierung in der Musikindustrie erzielt hat, vielfältig. Sie betreffen neben den Herstellerkonzernen auch die Künstler und nicht zuletzt den Konsumenten.

1.2 Aufbau

In Kapitel 2 sollen die medienökonomischen Grundlagen von Musikvermarktung im Internet geklärt werden. In einem ersten Schritt wird der Versuch unternommen, das „Produkt Musik“ ökonomisch einzuordnen, d.h. der Frage nachzugehen, inwiefern Musik ein ökonomisches Gut ist.

Der nächste Teil, Kapitel 3, beschäftigt sich mit dem Vermarktungssystem von Musikkünstlern (und damit deren Musikprodukten4 ) vor der Einflussnahme durch elektronische und informationstechnische Weiterentwicklungen und das Internet. Die Struktur der Musikindustrie wird erläutert und es werden Zahlen zu den aktuellen Umsätzen präsentiert. Die „klassische“ Wertschöpfungskette der Musikindustrie wird beispielhaft vorgestellt und deren Abläufe erläutert. In einem Unterpunkt, Kapitel 3.3, wird das deutsche Urheberrecht beleuchtet, das für die Vermarktung von Musik, ob auf klassischem Weg oder über das Internet, eine zentrale Rolle spielt.

Kapitel 4 widmet sich dem Internet: Neben ein paar grundlegenden Informationen zur Geschichte des Internets werden auch Statistiken zur aktuellen Verbreitung geliefert. Zudem werden technologische Vorraussetzungen für Vertrieb und Vermarktung von Musik über das Internet beschrieben. Um die Abläufe besser einordnen und bewerten zu können, soll den Untersuchungen zu den Veränderungen in den Vermarktungsstrategien eine kurze Einführung in die spezielle Ökonomie des Internets vorangestellt werden. Ausgehend von der Aussage, dass „die zunehmende Vernetzung der Medien und Kommunikations-Sektoren [...] zur Erosion traditioneller Wertschöpfungsketten [führt]“ (Zerdick et al 2001, S.17), werden die Besonderheiten der Internet-Ökonomie vorgestellt. Anschließend werden die Auswirkungen der der neuen technologischen Entwicklungen auf die klassische Wertschöpfungskette der Musikindustrie aufgezeigt.

In Kapitel 5 stehen neue, moderne Vertriebs- und Vermarktungsstrategien und Systeme im Vordergrund, die durch das Internet stark unterstützt werden bzw. nur durch dessen Existenz erst möglich geworden sind. Zudem wird auf die Problematik des illegalen Downloads von Musik eingegangen. In den Unterpunkten „Digitaler Vertrieb“, „Digitale Vermarktung“, „Preismodelle“ und „Neue Geschäftsmodelle und Akteure“ wird die Situation der Musikindustrie detailliert anhand konkreter Beispiele beleuchtet.

Kapitel 6 gibt einen Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen. Kapitel 7 markiert mit dem Fazit den Schluss der Arbeit.

2. Medienökonomische Grundlagen der Musikvermarktung

Wenn man sich aus ökonomischer Sicht mit Medien beschäftigen will, muss zunächst abgeklärt werden, um welche Art von Gütern es sich bei Medien handelt. Kiefer liefert dazu eine kurze Einschätzung: „Da Medien überwiegend von Wirtschaftsunternehmen produziert werden und auf Medienmärkten angeboten werden, muss es sich um ökonomische Güter handeln.“ (Kiefer 2001, S.128). Mediengüter und -märkte weisen im Vergleich zu anderen Märkten Besonderheiten auf. Musik bzw. Musikprodukte gelten im Allgemeinen als Mediengüter bzw. Medienprodukte, also im Sinne der Überlegung auch als ökonomische Güter. Um die Vermarktungssituation dieser Güter einschätzen zu können, muss erst eine grundsätzliche Definition des Begriffs „Medienökonomie“ (Kapitel 2.1) sowie eine ökonomische Einordnung erfolgen (Kapitel 2.2). Hier wird auf verschiedenen ökonomische Fragen eingegangen: Was kennzeichnet Medien als Güter im ökonomischen Sinn und welchen Gutcharakter haben Medien? Im Unterpunkt 2.3 werden die Besonderheiten der Medienproduktion beschreiben.

2.1 Definition des Begriffs „Medienökonomie“

In der Literatur wird Medienökonomie sehr häufig unterschiedlich definiert, die folgenden Definitionen erscheinen der Verfasserin jedoch am treffendsten. Im Einleitungssatz zum Buch „Medienökonomik“ (Kiefer 2001) erklärt die Autorin Folgendes: „Zu dem Fachgebiet ‚Medienökonomie’ gibt es noch keine herrschende Lehre und abweichende Meinungen im Sinne von orthodoxer und heterodoxer Theorie, wie sie die Ökonomie z.B. kennt. Es gibt vereinzelte, mehr oder weniger akzeptierte, ignorierte oder umstrittene Ansätze, dieses Fach als Teildisziplin der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (PKW) zu entwickeln [...]“ (Kiefer, 2001, S.10). Da in dieser Arbeit der betriebswirtschaftliche Blickwinkel nicht im Vordergrund steht, erfolgt hier nur eine kurze Einordnung des Themas.

Eine knappe, gut verständliche Definition liefert Heinrich: „Medienökonomie untersucht, wie die Güter Information, Unterhaltung und Verbreitung von Werbebotschaften in aktuell berichtenden Massenmedien produziert, verteilt und konsumiert werden. Sie untersucht also die ökonomischen Bedingungen des Journalismus.“ (Heinrich 1994, S.19).

Eine etwas breitere Definition liefert Kiefer, die bereits auf die zwei unterschiedlichen Aspekte von Medienökonomie eingeht: „Bei der Medienökonomie handelt es sich [...] um eine Teildisziplin der PKW, die wirtschaftliche und publizistische Phänomene des Mediensystems kapitalistischer Marktwirtschaften mit Hilfe ökonomischer Theorien untersucht. Bei der Aufgabenbeschreibung ist [...] zwischen einer positiven und einer normativen Version von Medienökonomie zu unterscheiden. Positive Medienökonomie analysiert und erklärt die wirtschaftlichen und publizistischen Phänomene des Mediensystems, normative Medienökonomie entwickelt Gestaltungsoptionen mit Blick auf gesellschaftlich konzentrierte Ziele des Mediensystems." (Kiefer, 2001, S.41).

Diese Definition berücksichtigt sowohl die ökonomische Basis des Mediensystems als auch die Konsequenzen für das gesellschaftliche Leistungsvermögen der Medien unter dem Einfluss des marktwirtschaftlichen Mediensystems. Die gesellschaftlich konzentrierten Ziele des Mediensystems bestehen darin, dass Medien nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine öffentliche Aufgabe erfüllen sollen.

In dem Artikel „Medienökonomie als transdisziplinäres Lehr- und Forschungsprogramm“ heißt es: „Medienökonomie ist ein Lehr- und Forschungsprogramm, das die Grundlagen, Formen und Folgen der öffentlichen Kommunikation im Hinblick auf deren ökonomische Verfasstheit zum Inhalt hat. Im Zentrum der Medienökonomie steht das Zusammen- und Wechselspiel ökonomischer und publizistischer Faktoren. Die ökonomischen Strukturen, Leistungen und Funktionen der Kommunikation und ihrer Entwicklung werden im Hinblick auf ihren Einfluss auf die Herstellung von Öffentlichkeit [...] erforscht. Aufgrund des polymorphen disziplinären Zugriffs auf medienökonomische Phänomene stellt die Medienökonomie ein transdiziplinäres Konzept dar, in dessen Zentrum die Problemorientierung steht, die eine kritische Analyse und eine verantwortungsbewusste Bewertung der ökonomischen Grundlagen der öffentlichen Kommunikation erfordert.“ (Altmeppen, Karmasin 2003, S.43).

Abbildung 1 zeigt einige unterschiedliche an der Medienökonomie beteiligte Disziplinen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Medienökonomie als transdisziplinäres Lehr- und Forschungsprogramm5

Alle Definitionen gehen von der Tatsache aus, dass die Medienökonomie eine transdisziplinäre, also disziplin-übergreifende Medien-Theorie darstellt und eine eindeutige Definition daher schwierig bleibt.

2.2 Medien als Güter im Sinne der ökonomischen Theorie

Güter definieren sich im ökonomischen Sinne wie folgt: „Güter im Sinne unserer Wissenschaft sind [...] zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse als tauglich erkannte und für diesen Zweck verfügbare Dinge.“ (Kiefer 2001, S.128). Weiter müssen Güter drei Bedingungen erfüllen, um ein Gut im ökonomischen Sinne zu sein:

1. sie müssen direkt oder indirekt tauglich zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse sein
2. sie müssen auf eine Nachfrage treffen
3. sie müssen knapp sein, also einen Preis erzielen können

Medien erfüllen alle drei Bedingungen und sind deshalb im Sinne der ökonomischen Theorie als Güter zu verstehen. In der Regel werden Sachgüter und Dienstleistungen bzw. materielle und immaterielle Güter, verbundene und unverbundene Güter, öffentliche und private Güter, Güter mit externen Effekten und meritorische Güter unterschieden.6

Eine wichtige Unterscheidung findet speziell bei den Medien statt: Medien existieren als reine Dienstleistung (Theater, Konzert) und als Produkt mit Dienstleistungsfunktion (auf materiellem Träger wie einer CD). (Kiefer, 2001, S.143).

Laut Kiefer haben Medien mehrere Guteigenschaften:7

1. Medieninhalte sind immaterielle Produkte. Dies bedeutet, sie gehören in die Gruppe der Dienstleistungen, die unter anderem dadurch kategorisiert werden, dass Produktion und Verbrauch zeitlich und örtlich zusammenfallen und sie nicht lagerfähig sind. Um Medieninhalte zu einem handelbaren Gut zu machen, benötigen sie einen materiellen Träger (wie z.B. Papier) oder im Musikbereich eine CD).

2. Medieninhalte sind öffentliche Güter mit externen Effekten. Diese stehen im Gegensatz zu den privaten Gütern, die durch zwei Eigenschaften gekennzeichnet sind:

So muss erstens das so genannte Ausschlussprinzip praktizierbar sein. „Das bedeutet, Eigentumsrechte können definiert und durchgesetzt werden, vom Konsum kann also ausgeschlossen werden, wer nicht bereit (oder fähig) ist, den dafür geforderten Preis zu bezahlen.“ (Kiefer 2001, S.132). Nicht-ausschließbar bedeutet also in diesem Zusammenhang, dass es unmöglich bzw. mit hohen Kosten verbunden wäre, diejenigen von der Nutzung auszuschließen, die keinen Preis dafür bezahlen oder nicht dafür bezahlen wollen oder können. Sind öffentliche Güter (in diesem Fall digitale Musik) jedoch erst einmal produziert, ist es schwer, sie jemandem vorzuenthalten.

Zweitens muss bei Privatgütern Konsumrivalität herrschen. Dies bedeutet „ [...] wenn ein Gut von einem Individuum verbraucht, konsumiert wurde, steht es niemandem mehr zur Verfügung.“ (Kiefer 2001, S.132). Um als öffentliches Gut zu gelten, darf also keine Konsumrivalität herrschen Dies sieht Kiefer als gegeben an: „Alle Medien erfüllen das Kriterium der Nichtrivalität des Konsums mit Blick auf ihre Inhalte. Ein Fernsehprogramm kann von Hunderten oder Millionen Menschen konsumiert werden und ‚verbraucht’ sich nicht [...].“ (Kiefer 2001, S.146). Im Bezug auf digitale Musik bedeutet dies, dass ein Gut, in diesem Falle ein Musikstück, zwar von einem Konsumenten gehört, also verbraucht wird, es aber trotzdem noch für andere Konsumenten zur Verfügung steht, ohne dass diese von der vorherigen Nutzung beeinträchtigt werden. Konsumrivalität entsteht hier nur bei den Kopien auf einem materiellen Träger, nicht beim Inhalt. Dies bedeutet beispielsweise, dass eine von einem Konsumenten gekaufte Musik-CD keinem anderen Konsumenten mehr zur Verfügung steht, die Nachfrage nach dem Produkt aber z.B. durch eine Neupressung aufgefangen werden kann. Medien werden auch dann nicht zu privaten Gütern, wenn das „[...] Ausschlussprinzip durch den Träger oder die Verschlüsselung praktizierbar [...]“(Kiefer 2001, S.146) ist. Medien werden so zu einem sogenannten „Club-oder Mautgut“ (Beispiel: Pay-TV). Doch auch hier kann der Ausschluss zahlungsunwilliger „Freerider“8 nicht vollständig gelingen. Der „Freerider“ oder auch „Trittbrettfahrer“ profitiert von den zur Verfügung gestellten Gütern, ohne dafür eine Gegenleistung, in diesem Fall eine Bezahlung, zu leisten. Medieninhalte haben zudem als öffentliche Güter externe Effekte. Ein externer Effekt ist beispielsweise der von Medien beförderte Prozess der öffentlichen Meinungsbildung, in den die Medieninformation als Input in die Meinungsbildung einfließt. (Kiefer, 2001, S.156).

3. Medien sind zum Teil meritorische Güter, d.h. die Produktion und der Konsum dieser Güter gesellschaftlich erwünscht. Von ihrer Grundstruktur her sind meritorische Güter Güter mit positiven externen Effekten. „Das ökonomische Kriterium zur Abgrenzung meritorischer Güter von Gütern ohne Meritorik ist die mangelnde Übereinstimmung mit den bekundeten Konsumentenpräferenzen.“ (Kiefer, 2001, S.137). In der Regel bekundet ein Konsument seine Bedürfnisse und Präferenzen durch den Kauf eines bestimmten Gutes. Der Mechanismus, der den Produzenten dieses Gutes über die Präferenzen des Konsumenten informiert, ist das Preissystem. Der Wettbewerb soll nun die Anpassung des Angebots auf die Kundenpräferenzen sicherstellen. „Dieses Kriterium der Übereinstimmung des Güterangebotes mit den bekundeten Konsumentenpräferenzen ist bei meritorischen Gütern nun nicht erfüllt. Denn bei den meritorischen Gründen gelten die Konsumentenpräferenzen aus den verschiedensten Gründen als verzerrt, zum Beispiel weil der Konsument den Nutzen dieser Güter nicht beurteilen kann [...].“ (Kiefer 2001, S:136-137).

Um den Nutzen für die breite Masse an Konsumenten zu sichern, muss die Medienproduktion zumindest teilweise „[...] kollektiv organisiert und finanziert werden [...], da privatwirtschaftlich organisierte Medien die erwarteten meritorischen Leistungen kaum erbringen werden und können.“ (Kiefer 2001, S.147). Da angenommen wird, dass Medienprodukte, vor allem journalistischer und informativer Art, einen höherer Nutzen stiften können als die in der freien Marktwirtschaft bestehende Nachfrage widerspiegelt, greift der Staat durch Subventionen ein. Ein Beispiel dafür ist das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in Deutschland. Der höhere Nutzen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, die Medieninhalte produziert, ist die „Sicherung der staatsbürgerlichen Handlungskompetenz“. (Kiefer 2001, S.139), d.h. ein gut informierter Bürger „[...] trägt durch die Kenntnis und Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten auch zum effizienteren Funktionieren eines demokratischen Staatswesens bei.“ (Kiefer 2001, S.139).

4. Medien sind Güterbündel bzw. Kuppelprodukte

Kiefer begründet diese Aussage wie folgt: „Medien sind Kuppelprodukte in mehrfacher Hinsicht und der Begriff meint hier die bewusste Zusammenfügung und Gestaltung einzelner Güter zu einem Güterbündel, dem Kuppelprodukt.“ (Kiefer 2001, S.157). So sind zum Beispiel Medien, die sich zum Teil aus Werbung finanzieren, Kuppelprodukte aus einem redaktionellen und einem Werbeteil. Zudem sind sie Kuppelprodukte aus immateriellen Medieninhalten und materiellem Träger. Wichtig ist hierbei, dass „ [D]die Koppelung einer Kopie des Medieninhalts als öffentliches Gut mit dem Träger als Privatgut aus Medien erst ein marktfähiges Gut [macht].“ (Kiefer, 2001, S.157).

Medien sind häufig auch duale Güter. „Die Guteigenschaften des Kuppelprodukts sind auf dem Rezipienten- und auf dem Werbemarkt unterschiedlich. [...] Auf dem Werbemarkt ist der redaktionelle Teil kein ökonomisches Gut, da hier keine Nachfrage danach besteht [...].“ (Kiefer 2001, S.157). Medienunternehmen müssen zum einen die Bedürfnisse der Rezipienten, zum anderen die Bedürfnisse der werbetreibenden Wirtschaft befriedigen. Dieser Dualismus führt zu Zielkonflikten, wenn sich die Bedürfnisse der Rezipienten, z.B. redaktioneller Inhalte, nicht mit den Bedürfnissen der werbetreibenden Wirtschaft decken (zum Beispiel beim Umfang der Werbung).

Zusammenfassend lässt sich festhalten: „Medieninhalte sind immaterielle, öffentliche Güter mit externen Effekten und teilweise meritorischem Charakter. [...] Medienträger sind überwiegend materielle, also Sachgüter mit Privatguteigenschaften.“ (Kiefer 2001, S.155).

Einen wichtigen Punkt für den weiteren Verlauf der Arbeit formuliert Kiefer auf Seite 155: „Reine öffentliche Güter sind gar nicht marktfähig [...]. Der Markt versagt wegen des Freeriderverhaltens des Homo Oeconomicus9, dessen individuelle Kosten-Nutzen-Kalküle eine marktmäßige Finanzierung von Kollektivgütern verhindern [...].“ So wird die Produktion und Bereitstellung öffentlicher Güter nur dann finanzierbar, wenn selektive Anreize für den potentiellen Freerider geschaffen werden, die ihn zur Kostenübernahme bewegen.10

2.3 Besonderheiten der Medienproduktion

Die Produktion und die Distribution von Medien sind durch eine Reihe spezifischer Bedingungen geprägt. Wie auch bei der Vermarktung ergeben sich hier deutliche Veränderungen durch den technologischen Fortschritt. Auf diese soll im Folgenden eingegangen werden.

Allgemein gilt, dass ökonomische Güter in der Regel unter Einsatz von Produktionsfaktoren wie Arbeit, Kapital, Rohstoffen etc. hergestellt werden. Die so genannte „Produktivität“ misst das Verhältnis von Output (an Gütern) zu Input (an Produktionsfaktoren).Technologischer Fortschritt und die Techniken der Massenproduktion haben in den letzten Jahren vielfach zu deutlichen Produktivitätssteigerungen geführt, jedoch verlief die Entwicklung nicht in allen wirtschaftlichen Sektoren gleich. (Kiefer 2001, S.159). Die Frage ist, wie sich die Produktivitätsentwicklung in Medienunternehmen bzw. Musikunternehmen darstellt.

Medien gehören in den gesellschaftlichen Bereich der Kultur. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Kulturproduktion sind in der Literatur mit dem Begriff ‚ökonomisches Dilemma’ beschrieben worden. Der Hauptfaktor dieses Dilemmas ist der mangelnde Produktivitätszuwachs in diesem Sektor.“ (Kiefer 2001, S.163). Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass ein Künstler nach wie vor denselben Aufwand betreiben muss, um künstlerisch tätig zu sein. Der ‚Output’ kann nicht unbedingt durch den Einsatz von technischen Mitteln erhöht werden. Aber es gibt auch eine andere Möglichkeit der Produktivitätssteigerung: „Während im Bereich der Werke- Produktion die Möglichkeiten des Produktivitätszuwachses also begrenzt sind, [...] sieht das für den Bereich der Distribution z. T. völlig anders aus.“ (Kiefer 2001, S.162). Entscheidend dafür ist die Auflösung des so genannten „Uno actu-Prinzips“11. Ort- und Zeitbezug können bei digitalisierbaren Dienstleistungen aufgeweicht werden, d.h. die Dienstleistung wird nicht da konsumiert, wo sie produziert wird.

Der technologische Wandel hat bei der Medienproduktion Produktions- und Prozessinnovationen zur Folge. Zum einen können neuere und verbesserte Produkte durch effizientere Produktionsverfahren hergestellt werden, zum anderen eröffnen sich neue und effizientere Distributionsmöglichkeiten. Die Digitalisierung kann hier als entscheidender technologischer Sprung bezeichnet werden. In der Produktion zeichnen sich verschiedene Möglichkeiten ab: Schon heute arbeiten Musikkünstler mit einer Reihe von High-Tech-Systemen und spezieller Software bei der Erschaffung ihrer Musikstücke. „Außerdem nehmen die Möglichkeiten der Mehrfachverwertung immaterieller Werke ständig zu, deren Verbindung zum Träger sich lockert und die von einem Unikat zum Modulsystem werden.“ (Kiefer 2001, S.191). Zudem wurde die Vervielfältigung und Distribution medialer Produkte durch die Digitalisierung beschleunigt.

Die Vorteile der Digitalisierung wurden von Musik-Produzenten lange ausschließlich als Nachteil aufgefasst, da digitale Inhalte eine hohe Anfälligkeit gegenüber Raubkopien haben. Mittlerweile wurde jedoch auch in der Musikindustrie das Potential digitaler Musikprodukte erkannt. Auf diesen Sachverhalt wird in Kapitel 5 näher erläutert.

3. Die Musikindustrie - Grundlagen

In Kapitel 3 wird die Musikindustrie hinsichtlich des Begriffs, des Aufbaus und der Strukturen beleuchtet. Klassische Arbeitsabläufe werden erläutert und die allgemeine Wertschöpfungskette dargestellt. Aktuelle Verkaufszahlen und Umsatzdaten den Stand der Dinge. Zum Schluss wird auf das Urheberrecht eingegangen, das für die Musikindustrie von besonderer Relevanz ist.

3.1 Begriff und Struktur der Musikindustrie

Als Musik- bzw. Plattenindustrie werden Unternehmen bezeichnet, die Musik auf Tonträgern produzieren, verwerten, bewerben, verteilen und vertreiben. Der Begriff der „Industrie“ setzt voraus, dass die Musik industriell produziert wird und Tonträger massenhaft mit maschinellen Verfahren hergestellt werden.

Seit Beginn der 1980er Jahre ist innerhalb der Musikindustrie ein Konzentrationsprozess zu beobachten. Das bedeutet, dass durch einen stetigen Aufkauf untereinander und durch Insolvenzen kleinerer Firmen mittlerweile eine relativ geringe Anzahl an Herstellern übriggeblieben ist. Die größte Rolle im internationalen Musikgeschäft spielen die so genannten ‚Big Four’: die „Warner Music Group“ (WMG), die „Vivendi-Universal Music Group“ (UMG), „Sony BMG“ und „EMI“. Diese als ‚Majors’ bezeichneten Hersteller kontrollieren als Oligopolgruppe12 über 70 % des weltweiten Musikmarktes.13 Durch diese Zusammenschlüsse decken die Majors meist alle Bereiche der Wertschöpfungskette der Musikindustrie ab. „Dies umfasst die vertikale und horizontale Integration über alle Marktstufen, von der Entdeckung und Entwicklung der Künstler bis zur Distribution des Endprodukts innerhalb eines Konzerns. Die Majors, mit Ausnahme von EMI, sind alle international agierenden Medien- und Elektronikkonzernen angeschlossen, wodurch Synergien bei der Vermarktung der Musikprodukte sowie bei den Abspielgeräten realisiert werden. Ein Beispiel aus der Branche sind die 2003 fusionierten Konzerne Sony Music und BMG. Deren Mutterkonzerne Sony und Bertelsmann vereinen nach der Fusion einen der weltweit größten Musik-Unterhaltungs-Gerätehersteller sowie mit der RTL Group den größten europäischen TV-Konzern. Die Musik-Show ‚Deutschland sucht den Superstar’ von RTL und die anschließende Vermarktung der Gewinner durch BMG sind Beispiele für die erfolgreiche Synergienutzung.“(Etzold 2006, S.11).

Die Majors verfügen in der Regel über eine Reihe von Sub- bzw. Tochter-Labels. Der Begriff „Label“ bezeichnet im allgemeinen Marketingjargon eine Marke oder ein Markenzeichen. In der Musikindustrie bezeichnet der Begriff darüber hinaus auch einen Tonträgerproduzenten. Ein Label ist also in der Musikindustrie die Marke, unter der Musikprodukte vertrieben werden. In der Regel verkörpert ein Label eine bestimmte Musikrichtung oder einen bestimmten Stil, dem alle Veröffentlichungen des Labels zugeordnet werden können. Die Majors veröffentlichen ihre Produkte in der Regel unter einer Vielzahl verschiedener Labels, die jeweils eine Sparte oder Musikrichtung abdecken. So dringen die Majors auch in Bereiche vor, die sonst eher von den so genannten „Independents“ abgedeckt werden. Diese unabhängigen Plattenfirmen bilden eine Art Gegenpol zu den „Big Four“. Sie definieren sich über eine andere Konsumentengruppe und ihr Grundgedanke besteht darin, neuen Musikrichtungen zu mehr Präsenz zu verhelfen und neue Trends zu entwickeln und aufzuspüren.

3.1.1 Die klassische Wertschöpfungskette der Musikindustrie

Bis ein Musikprodukt in Form einer CD, Schallplatte oder als Musikstück im Radio den Konsumenten erreicht, durchläuft das Produkt eine Reihe von Stationen und Bearbeitungsschritten. Im Folgenden soll die klassische Wertschöpfungskette der Musikindustrie, wie sie vor der Einflussnahme durch die Vermarktungsmöglichkeiten über das Internet Gültigkeit hatte, dargestellt werden.

Abbildung 2 zeigt die klassische Wertschöpfungskette der Musikindustrie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Klassische Wertschöpfungskette14 der Offline-Musikindustrie15

Im Zentrum der Wertschöpfungskette stehen Produktion, Vermarktung und Vertrieb von Tonträgern. Die Wertschöpfungskette muss mit einem kreativen Schaffensprozess seitens eines Komponisten, Texters oder Musikers beginnen. Ziel dieses Schaffungsprozesses ist im Falle der Musikindustrie eine Komposition bzw. ein Audiostück oder Lied. Für die Musikunternehmen beginnt bei dieser Struktur die Wertschöpfung bei der Finanzierung des Künstlers. Ein für diesen Punkt wichtiger Bereich in einem Musikunternehmen ist das so genannte Artist& Repertoire-Management. Das A&R-Management. hat die Aufgabe, neue Künstler für das Unternehmen zu entdecken und dann gezielt zu fördern. Diese Förderung beinhaltet die Betreuung des Künstlers und die Übernahme der Produktionskosten. Durch die Finanzierung der Produktion erhält das Unternehmen in der Regel die Verwertungsrechte.

Im nächsten Schritt muss das künstlerische Werk im Rahmen der Musikverwertung urheberrechtlich geschützt werden. Dies geschieht durch die Musikverlage und so genannte Verwertungsgesellschaften, in Deutschland z.B. durch die GEMA und die GVL.

Plattenfirmen erwirtschaften mit diesem Modell ihre Umsätze aus zwei wesentlichen Erlösquellen. „Zum einen werden direkte Erlöse aus dem Verkauf der Produkte an den Handel generiert. Zum anderen werden indirekte Erlöse aus der Weiterlizenzierung von Musik erzielt. Im Fall indirekter Erlöse treten die Plattenfirmen als ‚Musikverlage’ auf.“ (Wetzel 2004, S.229). In der Regel führt der Hersteller in Personalunion die Aufgaben des Musikverlags für sein Repertoire durch und erteilt die nötigen Lizenzen. „Die Unternehmen können diese Lizenzen entweder eigenständig verwerten oder, wie es der Regelfall ist, diese Rechte an Verwertungsgesellschaften abtreten.“ (Wetzel 2004, S.229).

Aufgabe der Verwertungsgesellschaften ist es, die Urheber– und Leistungsschutzrechte der Musikschaffenden16 in deren Auftrag zu verwalten. Die Hauptaufgaben der GEMA bestehen darin, die Nutzung von Musik für den Konsumenten leicht erwerbbar zu machen und anschließend die gezahlten Lizenzbeträge an die Musikschaffenden abzuführen. Die GVL nimmt die so genannten Zweitverwertungsrechte für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller17 wahr. „Sie zieht hierfür auf der Basis der von ihr aufgestellten Tarife und abgeschlossenen Verträge die Vergütungen ein und verteilt sie an ihre Berechtigten. Bei der öffentlichen Wiedergabe führt die GEMA das Inkasso18 für die GVL mit durch.“19 Die Tätigkeitsbereiche der GEMA und der GVL sind also im Kern gleich, der Unterschied besteht jedoch darin, dass die GEMA die Verwertungsrechte der Urheber wahrnimmt, die GVL die der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller.

Im nächsten Schritt erfolgt die Produktion des so genannten ‚Mastertapes’ in einem Musikstudio. Verschiedene Teile eines Musikstückes wie etwa die Ton-oder Gesangsspur werden hier zusammengefasst und erstmals auf einem Tonträger gespeichert. Dieser kann im Anschluss vervielfältigt werden.

Ist die Produktion des Tonträgers abgeschlossen, rollt die Marketing-Maschinerie an. Vor und während der Veröffentlichung sorgt das Unternehmen, etwa durch Werbung, dafür, dass das Werk zum einen in den verschiedenen Medien wie Radio, Print und Fernsehen wahrgenommen und so die Erstverwertung angekurbelt wird. Zum anderen kümmert es sich durch andere Marketingmaßnahmen, wie z.B. das das Versenden sogenannter Promotion-CDs, um die öffentliche Wiedergabe (also die Zweitverwertung) z.B. im Radio oder in Diskotheken.

Die Distribution der Tonträger erfolgt in der klassischen Wertschöpfungskette über den Groß- und Einzelhandel (z.B. Elektronikmärkte, Kaufhäuser und kleinere Musikgeschäfte) oder den Direktversand (z.B. Versandhäuser).

Eine etwas detaillierte Darstellung der Wertschöpfungskette liefern Zerdick et al (Abbildung 3):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Erweiterte Wertschöpfungskette des Musikmarktes20

Die erweiterte Darstellung verbindet drei Perspektiven miteinander: die funktionale, die juristische und die institutionelle. Durch die Zuordnung von Funktionen und institutionellen Akteuren verdeutlicht die die Darstellung die enge strukturelle Koppelung der Wertschöpfungskette des Musikmarktes mit anderen Wertschöpfungsketten wie z. B. der Autoren, der Kopierwerke etc. (Zerdick et al 2001, S.65).

Zusammenfassend wird deutlich: Der Weg des Musikproduktes führt hier also in jedem Fall über eine Plattenfirma, die das Produkt weiter vertreibt. Der Konsument kann an keiner Stelle der Wertschöpfungskette direkt eingreifen. Die Unternehmensfunktionen des Labels enden bei der Zweitverwertung.

Diese Tatsache verdeutlicht Abbildung 4, die die Struktur des Musikmarktes noch einmal aufgreift:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Struktur des Musikmarktes21

Die Plattenfirma bzw. das Label wird hier als ‚Makler’ bezeichnet, der das Produkt über verschiedene Kanäle zum Konsumenten bringt. Hier wird noch eine weitere Verdienstquelle des Plattenunternehmens mit aufgenommen: Konzerte und Live-Events, an denen das Label natürlich auch finanziell beteiligt ist.

Vor allem die Vermarktung erfordert einen hohen Kapitaleinsatz, z.B. Promotion- oder Konzertauftritte des Künstlers. Bei der Werbung für neue Alben fallen ebenso hohe Kosten für das Marketing an und dabei ist es für ein Musikunternehmen nie wirklich absehbar, ob das Album den gewünschten Erfolg bei den Konsumenten und damit auch den notwendigen wirtschaftlichen Erfolg bringt. Zudem ist die Lebenszyklus eines Albums begrenzt: „Zudem werden den Alben Lebenszyklen von höchstens 2 Jahren prognostiziert, bei Singles ist die Lebensdauer auf mehrere Wochen beschränkt. [...] Der normale Ablauf der Tonträgerproduktion und die Veröffentlichung findet in diesem Zyklus statt, zur Mitwirkung werden die Künstler vertraglich festgelegt. Im bisher gut funktionierenden Geschäftsmodell wird mit von A&R-Managern entdeckten Künstlern zunächst ein CD-Album produziert, um daraus zwei bis drei Singles auszukoppeln, bevor das komplette Album veröffentlicht wird.“ (Etzold 2001, S.19). So wird klar, wie wichtig die Rolle der Musikunternehmen bisher gewesen ist. Auch heute spielt ein Musikunternehmen eine große Rolle beim Vertrieb und bei der Vermarktung von Musikprodukten. Durch die Erweiterung der Wertschöpfungskette durch die Digitalisierung sind mittlerweile aber auch andere Akteure an diesen Geschäftsfeldern beteiligt.

3.2 Die Musikindustrie in Zahlen

Im Folgenden wird die derzeitige Situation des Musikmarktes hinsichtlich Umsatz und Absatz dargestellt.

Schon seit Jahren hat die Musikindustrie weltweit mit Umsatzrückgängen zu kämpfen.

Abbildung 5 verdeutlicht diese Umsatzentwicklung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Weltweiter Umsatz mit Tonträgern 1/2, 1998 – 200722

Wie in der Abbildung ersichtlich, wurden 2007 weltweit Musikprodukte im Wert von 29,9 Milliarden US-Dollar verkauft, dies entspricht einem Umsatzrückgang von 5,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2006.

Interessant ist, dass 2007 die Zahl der weltweit verkauften Musikprodukte mit 2,95 Milliarden leicht über der des Vorjahres (2,93 Milliarden) lag. Dies führt der Bundesverband der Musikindustrie vor allem auf die gestiegene Anzahl verkaufter Singles von 931 Milliarden im Jahr 2006 auf 1,2 Milliarden 2007 zurück. Dieser Zuwachs liegt im Wesentlichen daran, dass die Anzahl der Musikdownloads in diesem Bereich gestiegen ist. Allerdings kann der Downloadmarkt aufgrund der geringeren Stückpreise die Rückgänge im physischen Geschäft nicht kompensieren. (Zahlen: „Jahresbericht Musikindustrie 2008“, S.58).

Die Musikindustrie ist schon seit langem auf der Suche nach wirksamen Mitteln, der Krise zu begegnen und die Umsätze wieder zu steigern. Dabei ist es aus heutiger Sicht unerlässlich, den weltweiten verfügbaren Online-Markt für sich zu erschließen. In den letzten Jahren hat die Musikindustrie im Wesentlichen zwei Strategien zur Verbesserung der Situation verfolgt. Zum einen wurden neue Vertriebs- und Vermarktungswege erschlossen, um den eigenen Absatz im Online-Geschäft zu erhöhen. Zum anderen geht sie weiter gegen den illegalen Download von Musik aus dem Internet vor. Beide Strategien werden in Kapitel 5 detailliert beleuchtet.

3.3 Das Urheberrecht

Das Urheberrecht ist mit der Entwicklung des Musikmarktes eng verbunden. In diesem Kapitel wird das deutsche Urheberrecht im Hinblick auf für die Musikindustrie relevante Tatsachen erläutert. Auf weiterhin existierende Probleme mit dem Urheberrecht und die bislang vollzogenen Neuerungen wird in Kapitel 5.2 eingegangen.

Da, wie in Kapitel 2.2 erwähnt, Musikprodukte als immaterielle Güter betrachtet werden, kommt zum Schutz der Rechte des Künstlers das Urheberrecht zur Anwendung, den dieses schützt Immaterialgüter auf kulturellem Gebiet.

Das Urheberrecht hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits 1965 trat das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“, kurz Urheberrechtsgesetz (UrhG), in Kraft. Dieses Gesetz macht den Schöpfer automatisch zum geistigen Eigentümer eines Werkes. Somit verfügt er über sämtliche Nutzungs- und Verwertungsrechte an seiner Kreation. Die Entscheidung, inwiefern sein Werk vervielfältigt, veröffentlicht und verbreitet obliegt allein dem Schöpfer.23 Zudem kann der Urheber über die so genannten „Nutzungsrechte“ seines Werkes verfügen: „Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen.“(UrhG, § 31) Dafür muss ihm eine angemessene Vergütung gezahlt werden. (UrhG, § 32)

[...]


1 Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes der Musikindustrie, verfügbar unter: http://www.musikindustrie.de/presse_aktuell_einzel/back/82/page/5/news/weltweiter-umsatz-mit-digitaler-musik-steigt-um-25-prozent-auf-37-mrd-us-dollar-deutscher-downlo/.

2 Quelle: http://www.marketingverband.de/deutscher-marketing-verband/wir-ueber-uns.html.

3 Informations- und Kommunikationstechnologien.

5 Grafik entnommen aus: Altmeppen, Karmasin 2003, S.35.

6 Auf die einzelnen Begrifflichkeiten wird im Folgenden genauer eingegangen.

7 Vgl.: Kiefer, S.147 ff.

8 Die sogenannten „Freerider“ spielen im Hinblick auf die Verbreitung von Medieninhalten im Internet eine wichtige Rolle. Auf Gegenmaßnahmen gegen dieses Verhalten wird in Kapitel 5 eingegangen.

9 Der Begriff Homo Oeconomicus steht in den Wirtschaftswissenschaften für einen Nutzenmaximierer, der eigeninteressiert und rational handelt, seinen eigenen Nutzen maximiert, feststehende Präferenzen hat und über (vollständige) Information verfügt.

10 Welche Anreize das im Falle der Musikindustrie sein können wird in Kapiteln 5.2.3 und 5.3 beschrieben.

11 Produktion und Konsum der Dienstleistung fallen zusammen.

12 Das Oligopol bezeichnet in der Mikroökonomik eine Marktform, bei der es zwar viele Nachfrager, aber nur wenige Anbieter gibt.

13 Etzold 2006, S.11.

14 Werkmeister 2005, S. 5.

15 Der Begriff „Offline-Musikmarkt“ existiert in der Literatur nicht. Die Verfasserin hat diesen Begriff gewählt, um den klassischen Musikmarkt von dem durch das Internet beeinflussten Musikmarkt abzugrenzen.

16 Musikschaffende sind unter anderem Komponisten, Textschreiber und Musikverleger.

17 Ausübende Künstler sind laut GVL Musiker, Sänger, Tänzer, Schauspieler und alle sonstigen Werkinterpreten. Tonträgerhersteller sind Schallplatten- bzw. CD-Firmen und sonstige Tonträger-Produzenten mit eigenem Label.

18 Inkasso: das Eintreiben von Gebühren oder Beiträgen. (Anmerkung der Verfasserin)

19 Entnommen von: GVL-Homepage, verfügbar unter https://www.gvl.de/.

20 Grafik entnommen aus: Zerdick et al 2001, S.64.

21 Grafik entnommen aus: Burgard/Krewenka 2003, S.9.

22 Grafik entnommen aus: „Jahreswirtschaftsbericht Musikindustrie 2008“, S.58.

23 Siehe § 12ff UrhG., verfügbar unter: http://www.gesetze-im- internet.de/urhg/BJNR012730965.html.

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss des Internets auf die Vermarktung von Musikprodukten
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Informationswissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
104
Katalognummer
V144099
ISBN (eBook)
9783640543540
ISBN (Buch)
9783640543441
Dateigröße
1738 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internet, Musikindustrie, Marketing
Arbeit zitieren
Nadine Krewenka (Autor:in), 2009, Der Einfluss des Internets auf die Vermarktung von Musikprodukten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144099

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der Einfluss des Internets auf die Vermarktung von Musikprodukten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden