Wenn man Colombos Qualität als Industriedesigner im Kontext seines problemlösungsorientierten Ansatzes betrachtet, kann man seine Leistung als wegweisend bezeichnen. Es gelingt ihm, eine Reihe von interessanten Objekten mit gut durchdachten Lösungsansätzen zu kreieren.
Seine Form- und Farbgebung ist stark beeinflusst von der Populärkultur der Sechzigerjahre. Die Verwendung von Kunststoffen in knalligen Farben und die leicht organisch anmutende Attitüde sind es, die seinen Entwürfen die Anmut seiner Zeit verleihen. Seine Utopie des Wohnens ist geprägt von Visionen aus Science-Fiction und der Romantisierung der Zukunft.
Die Total Furnishing Unit, die als Auftragsarbeit für die Überblicksschau Italy: The New Domestic Landscape 1971 – 1972 geschaffen wurde, wird innerhalb einer Reihe von Positionen des Radical Design gezeigt.
Colombo konzipiert seine Total Furnishing Unit als „funktionierendes“ Objekt, das auf verschiedene Probleme des Wohnens funktionsgerecht von der Küche bis zum
Badezimmer eingeht. Colombos Objekt ist stark von den Idealen des Pop- und Space-Age-Designs geprägt und erscheint neben den Objekten seiner Kollegen wie aus einer anderen Epoche.
Im Zentrum stehen die Neuordnung des Wohnraums und die Kritik an der italienischen Möbelproduktion. Colombo fordert, sich vom Entwurf einzelner Möbel abzuwenden und diese zu immer komplexeren Wohneinheiten und Wohnsystemen zusammenzufassen. Obwohl Colombo sich vehement von der Moderne distanziert, scheint sein universeller Lösungsansatz des Anti- Designs nicht mehr als ein auf Le Corbusier zurückgreifendes modulares System zu sein.
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Joe Colombos Designverständnis geht nie über Pop hinaus. Sein früher Tod und seine intensive Suche nach innovativen, problemlösungsorientierten Entwürfen machen ihn zur Legende auf dem Gebiet des Industriedesigns. Dennoch hält er dem Vergleich mit Größen des italienischen Designs, wie Ettore Sottsass jr., nicht stand. Joe Colombos Design kommt frei aus seiner Hand. Es trägt in Form und Materialität die offensichtlichen Züge der Populärkultur, jedoch folgt es im gleichen Zug der stark konservativen Schule des Funktionalismus und ist dennoch nicht mehr als die Neudefinition der „Wohnmaschine“.
Inhaltsverzeichnis
- I. Beschreibung der Total Furnishing Unit
- 1. Aufbau der Total Furnishing Unit
- 1.1. Das Bed-and-Privacy-Modul
- 1.1.1. Die zentrale Steuerungseinheit
- 1.1.2. Zugänge zum Privacy-Bereich: Tür 1 und Tür 2
- 1.1.3. Die Bed-Einheit
- 1.2. Das Cupboard-Modul
- 1.3. Das Bathroom-Modul
- 1.3.1. Das Innere des Bathroom-Moduls
- 1.4. Das Kitchen-Modul
- 2. Microenvironment + Microevent: der Film zur Total Furnishing Unit
- II. Joe Colombos Gestaltungsphilosophie
- 1. Gestaltung nach Farbe, Form und Materialität
- 2. Die Dynamisierung des Wohnraums und die Konzeption des Open Space
- 3. Die Philosophie der Ausstattung (l'arredamneto) und die Konzeption eines modularen Systems
- 3.1. Die Ausstattung als Überwindung des traditionellen Möbels
- 3.2. Der Entwurf multifunktionaler Systeme als universelle Lösung
- 4. Maschinenästhetik und Technikmotive
- 4.1. Audiovisuelle Medien als technisches Leitmotiv
- 4.2. Der Computer als Technikmotiv und das „programmierbare“ Möbel
- 4.3. SPACE AGE IS HERE – Das Spaceshuttle und der Satellit als führende Technikmotive
- 4.4. Inszenierte Technikwelten – James Bond und 2001: Odyssee im Weltraum
- III. Joe Colombos Weiterentwicklung von Le Corbusiers Wohnkonzepten
- 1. Die Neudefinition der „Wohnmaschine“
- 2. Die Konzeption eines neuen Möbels gemäß Typisierung und Standardisierung, Funktionalität, Reduktion und Materialität
- IV. Italienisches Nachkriegsdesign (1945 – 1972) – die Einordnung der Total Furnishing Unit in den designhistorischen Kontext
- 1. Die Anfänge des Nachkriegsdesigns – Vom Unikat zur Serie
- 1.1. Kulturelle Ereignisse vor 1945
- 1.2. Wiederaufbau: Der Bedarf an industriellen Fertigungsmethoden und die Etablierung des Bel Design (1945 – 1950)
- 1.3. Die Methodische Nähe zur Architektur
- 1.4. Die Hauptströmungen
- 2. Industrie und Produktion in den Fünfzigerjahren La Linea Italiana und das Bel Design
- 2.1. Der Stile Olivetti
- 2.1.2. Arflex, Kartell: Design zwischen Industrie und Handwerk
- 3. Die Sechziger Jahre
- 3.1. Pop Design. Kultur und Menschenbild
- 3.2. Space Age is here
- 3.3. Anti- und Radical-Design
- 3.3.1. Die Kultur des Sitzens in den Sechzigerjahren
- 3.3.2. Kunststoff als die neuen Materialien
- 3.4. Radical Design: Archizoom, Superstudio, UFO, Gruppo 9999 und Sturm
- 6. Anti-Design für das Design: Joe Colombo im Kontext der Designgeschichte: ein Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die „Total Furnishing Unit“ von Joe Colombo, ein multifunktionales Wohnmodul, das 1971 für die Ausstellung „Italy: The New Domestic Landscape“ entworfen wurde. Die Arbeit beleuchtet Colombos Gestaltungsphilosophie, insbesondere seine Konzeption des modularen Wohnens und die Integration von Technik und Design.
- Die „Total Furnishing Unit“ als Beispiel für Colombos visionäres Wohnkonzept
- Colombos Auseinandersetzung mit den Prinzipien des industriellen Designs und der Massenproduktion
- Die Rolle von Technik und Medien im Wohnraum des 20. Jahrhunderts
- Die Einordnung der „Total Furnishing Unit“ in den Kontext des italienischen Nachkriegsdesigns
- Colombos Beitrag zur Weiterentwicklung der „Wohnmaschine“ im Sinne von Le Corbusier
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine detaillierte Beschreibung der „Total Furnishing Unit“, wobei der Aufbau des Wohnmoduls, die einzelnen Module und ihre Funktionen sowie die Materialien und die Farbgestaltung im Fokus stehen. Das zweite Kapitel beleuchtet Colombos Gestaltungsphilosophie mit einem Schwerpunkt auf seiner Idee eines modularen, flexiblen Wohnens, der Integration von Technik und Design sowie seinen Inspirationen aus der Popkultur und dem Space Age. Das dritte Kapitel setzt sich mit Colombos Weiterentwicklung von Le Corbusiers Wohnkonzepten auseinander und analysiert, wie Colombo die Idee der „Wohnmaschine“ neu definiert. Das vierte Kapitel ordnet die „Total Furnishing Unit“ in den Kontext des italienischen Nachkriegsdesigns ein und betrachtet die Entwicklung des Designs von den Anfängen des Wiederaufbaus bis zu den progressiven Strömungen der 1960er Jahre.
Schlüsselwörter
Joe Colombo, Total Furnishing Unit, Italienisches Nachkriegsdesign, Wohnmaschine, Modulares Wohnen, Technik und Design, Pop Design, Space Age, Le Corbusier, Industrielles Design, Massenproduktion
- Arbeit zitieren
- Alexandra Forciniti (Autor:in), 2009, Die „Total Furnishing Unit“ (1971-1972) von Joe Colombo und die Neudefinition der Wohnmaschine, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144117