Im Werk Thomas Hoeps' zeigen sich Bilder des Wahns nicht nur als Formen der Flucht aus einer als bedrohlich empfundenen Wirklichkeit, sie zeugen ebenso von einem Zerstörungspotential, einer destruktiven Kraft, die sich gegen eine Realität richtet, die aus den Fugen geraten ist. Zerr- und Wahnbilder – so die These dieser Arbeit – bestimmen das Wesen und sind strukturbildend für die Literatur Thomas Hoeps'.
Als Verarbeitung und Ausdruck von wahrgenommener Lebenswelt erweist sich Literatur als sehr sensibler Gradmesser für den zeitgeschichtlichen Wandel. So ist für die Ausformung verschiedener Stilarten von Literatur der jeweilige Entstehungskontext maßgeblich, generieren sich realistische oder fantastische Wirklichkeitsdarstellungen aus den spezifischen Bedingungen des Schaffensprozesses. Auch Bilder des Wahns und der verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung, wie sie in dieser Arbeit als sinnstiftende Komponenten im Werk Tomas Hoeps' untersucht werden sollen, sind begründet in der Deutung und Bewertung der Lebensumstände.
Dabei sind Zerrbilder dem Verfremdungsprinzip des Grotesken zuzuordnen, das nach Christian W. Thomsen "Ausdruck einer künstlerischen Schaffenshaltung ist, die in vielen Lebensbereichen eine existentielle Bedrohung durch nur partiell kontrollierbare und rationalisierbare Faktoren empfindet". In den 80ern des 20. Jahrhunderts wurde der militärische Konflikt zwischen den West- und Ostblockstaaten mit dem Szenario eines weltweiten Atomkrieges in der Gesellschaft als so bedrohlich wahrgenommen, dass auch in der Literatur Ausdrucksformen für diese krisenhafte Situation gesucht wurden. Vorstellungen von einer ökologischen Katastrophe trugen zudem noch dazu bei, insgesamt eine Endzeitstimmung zu evozieren, für die das Groteske als geeignetes Instrument der Verarbeitung angesehen werden kann. Das Groteske beschreibt Thomsen folglich als "Ausdruck einer künstlerischen Schaffenshaltung, die in vielen Lebensbereichen eine existentielle Bedrohung durch nur partiell kontrollierbare und rationalisierbare Faktoren empfindet". Gestaltete Ästhetik wird hier dem Bewusstsein einer krisenhaften Zeit entgegengesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung..................................................................................................................... 1
1. Thomas Hoeps als Schriftsteller der Jahrtausendwende................................................ 3
2. Das desorientierte Individuum.................................................................................. 11
2.1 Fifty ways to kill your Schrankwand................................................................... 11
2.2 Tomorrow never knows...................................................................................... 13
2.3 Pfeifer bricht aus................................................................................................ 18
Fazit........................................................................................................................... 23
Literaturverzeichnis..................................................................................................... 24
Primärliteratur......................................................................................................... 24
Sekundärliteratur..................................................................................................... 25
Einleitung
Als Verarbeitung und Ausdruck von wahrgenommener Lebenswelt erweist sich Literatur als sehr sensibler Gradmesser für den zeitgeschichtlichen Wandel:
„Das Datum eines jeden Gedichts oder literarischen Werkes ist ihm innerlich zu eigen, es ist der Zeitkern, um den herum es sich kristallisiert. Die Bedeutung literarischer Texte - ihre Fähigkeit, menschliche Erfahrung zu bezeugen und im Leben ihrer Leser nachzuhallen - ist nicht von der Einzigartigkeit ihres Augenblicks, von ihrem wesentlich geschichtlichen Charakter als zufällige Vorkommnisse, zu lösen.“ [1]
So ist für die Ausformung verschiedener Stilarten von Literatur der jeweilige Entstehungskontext maßgeblich, generieren sich realistische oder fantastische Wirklichkeitsdarstellungen aus den spezifischen Bedingungen des Schaffensprozesses. Auch Bilder des Wahns und der verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung, wie sie in dieser Arbeit als sinnstiftende Komponenten im Werk Tomas Hoeps´ untersucht werden sollen, sind begründet in der Deutung und Bewertung der Lebensumstände.
Dabei sind Zerrbilder dem Verfremdungsprinzip des Grotesken zuzuordnen, das nach Christian W. Thomsen „Ausdruck einer künstlerischen Schaffenshaltung ist, die in vielen Lebensbereichen eine existentielle Bedrohung durch nur partiell kontrollierbare und rationalisierbare Faktoren empfindet“ [2] In den 80ern des 20. Jahrhunderts wurde der militärische Konflikt zwischen den West- und Ostblockstaaten mit dem Szenario eines weltweiten Atomkrieges in der Gesellschaft als so bedrohlich wahrgenommen, dass auch in der Literatur Ausdrucksformen für diese krisenhafte Situation gesucht wurden. Vorstellungen von einer ökologischen Katastrophe trugen zudem noch dazu bei, insgesamt eine Endzeitstimmung zu evozieren, für die das Groteske als geeignetes Instrument der Verarbeitung angesehen werden kann. Das Groteske beschreibt Thomsen folglich als „Ausdruck einer künstlerischen Schaffenshaltung, die in vielen Lebensbereichen eine existentielle Bedrohung durch nur partiell kontrollierbare und rationalisierbare Faktoren empfindet“[3]. Gestaltete Ästhetik wird hier dem Bewusstsein einer krisenhaften Zeit entgegengesetzt:
Widerstand der Ästhetik – wenn sich die literarische Entwicklung der Bundesrepublik in den 80er Jahren auf diese Formel bringen lässt, dann gewiss deshalb, weil in die Werke das Bewusstsein einer Krise Eingang gefunden hatte. Die Zukunftshoffnungen der 60er Jahre waren ebenso in den Hintergrund gerückt wie die Ich-zentrierte Wahrnehmungsperspektive der „neuen Subjektivität“. [4]
Fokussierungen auf eine möglicherweise bessere Zukunft oder das Innenleben und die Selbstsicht von Individuen werden nicht mehr als hinreichend empfunden, um die Erfahrungen einer als bedrohlich empfundenen Welt zu verarbeiten. Und auch eine Rückbesinnung auf literarische Traditionen zeigt sich nicht länger als adäquate Reaktion auf die Krisen der Zeit. Es ergibt sich ein „Widerspruch zwischen den nostalgischen Erwartungen an die Kunst und deren faktischen Aufgaben im Zeitalter der Atombombe“[5], der ebenso mittels des Grotesken überwunden werden kann.
Zu diesen Darstellungen verzerrter Wirklichkeitswahrnehmung gesellen sich ganz homogen bildhafte Skizzen wahnhafter Vorstellungen, die sich von der Realität lösen. Dabei ist der Begriff des Wahns aufgrund der Veränderung seiner Bedeutung im Verlaufe der sprachgeschichtlichen Entwicklung nur schwer eindeutig festzulegen. Während im heutigen Sprachgebrauch Wahn als „falsche, trügerische Vorstellung“ bzw. „krankhafte Einbildung“ verstanden wird, [6] ist es etymologisch auf das alt- und mittelhochdeutsche „wân“ zurückzuführen. [7] So gibt „Matthias Lexers mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch“ als semantische Umgebungen für „wân“ sowohl „tumber wân“ mit der Bedeutung der törichten Verblendung als auch „vester wân“ für „feste Überzeugung“ an. [8] Und im Herkunftswörterbuch des Dudenverlags wird als Bedeutung für das Wort „wân“ „Meinung, Hoffnung, Verdacht“ [9] angegeben. Diese Arbeit folgt bei der Verwendung des Begriffs „Wahn“ dem heute üblichen Sprachgebrauch. Insbesondere die Realitätsferne und das Trügerische werden als relevante semantische Merkmale des Begriffs Wahn gesehen.
Im Werk Thomas Hoeps´ zeigen sich Bilder des Wahns nicht nur als Formen der Flucht aus einer als bedrohlich empfundenen Wirklichkeit, sie zeugen ebenso von einem Zerstörungspotential, einer destruktiven Kraft, die sich gegen eine Realität richtet, die aus den Fugen geraten ist. Zerr- und Wahnbilder - so die These dieser Arbeit – bestimmen das Wesen und sind strukturbildend für die Literatur Thomas Hoeps´.
1. Thomas Hoeps als Schriftsteller der Jahrtausendwende
Thomas Hoeps wurde am 30. Dezember 1966 in Krefeld geboren. Er besuchte das Krefelder Fichte-Gymnasium und nahm 1986 nach dem Abitur das Studium der Fächer Germanistik und Informationswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf auf. 1992 schloss er sein Studium mit dem Magister ab. [10]
Von 1993-2001 besuchte Hoeps einen Promotionsstudiengang an der Technischen Universität Dresden und promovierte dort mit einer Dissertation zu „Arbeit am Widerspruch: `Terrorismus in deutschen Romanen und Erzählungen (1837-1992)´"[11].
Er arbeitete „von 1986 bis 1994 als freier Kulturjournalist u. a. für die Westdeutsche Zeitung“[12]. Zudem war er „von 1993 bis 1994 als wissenschaftliche Hilfskraft im Forschungsprojekt `Der Bund rheinischer Dichter im Kontext kultureller Sammlungsbewegungen´“ [13] an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig und gab von 1994 bis 1996 Kurse für journalistisches Schreiben an der Heinrich-Heine-Universität und an der TU Dresden. Freiberuflich organisierte und koordinierte er von 1997-2004 zahlreiche Literaturveranstaltungen in Nordrheinwestfalen.
Für seine Werke erhielt er neben anderen Auszeichnungen 1995 den Literaturförderpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf, 1998 den Literaturpreis der Moerser Gesellschaft und 1999 den Nettetaler Literaturpreis. [14] Von 2002-2004 war er Geschäftsführer des Bereichs „Kultur des Kulturraum Niederrhein e.V.“[15]. 2004 wurde er Leiter des Städtischen Kulturbüros in Mönchengladbach. [16] Und im Dezember 20202 übernahm er die Leitung des Niederrheinischen Literaturhauses der Stadt Krefeld.
Thomas Hoeps arbeitet nach wie vor als Schriftsteller und veröffentlicht neue Texte. Damit erweist er sich als ein Autor der Gegenwartsliteratur, wobei es jedoch bei einem Werk, das mehrere Jahrzehnte umspannt, kaum möglich ist, alle seine Schriften der Gegenwartsliteratur zuzurechnen. [17] Hoeps´ literarisches Schaffen erfuhr zum ersten Mal in den frühen 90ern eine größere Öffentlichkeitswirksamkeit. Der Beginn seiner Schriftstellertätigkeit fiel in eine Zeit, die maßgeblich geprägt wurde von der außerordentlichen politischen Zäsur der deutschen Wiedervereinigung. Mit der Wiedervereinigung ergaben sich auf allen Ebenen des gesellschaftlichen und politischen Lebens Veränderungen, die nicht ohne Auswirkungen auf die Literatur bleiben konnten. [18] Einen ganz offensichtlichen Einfluss hatte dieser tiefgreifende Einschnitt in das deutsche Staatssystem auf Thomas Hoeps insofern, als das historische Ende der BRD es ihm in seiner Dissertation „Arbeit am Widerspruch“ [19] ermöglichte, einen abschließenden Überblick darüber zu geben, wie der systemfeindliche Terrorismus in der Bundesrepublik literarisch verarbeitet wurde. Mit dem Ende der Ära der BRD und der ideologischen Rivalität zur DDR ergab sich aber auch die Unsicherheit, wie sich eine gesamtdeutsche Gesellschaft entwickeln würde.
Ästhetisch beeinflusst wurde diese Zeit von Diskussionen über den Begriff der Postmoderne. Hatte sich die Literatur in den sechziger Jahren im Zuge der Studentenbewegung der Aufgabe verschrieben, politisch zu wirken und gesellschaftliche Realitäten zu verändern, so setzten sich in den siebziger Jahren in einer Gegenbewegung zu einer objektivierten und von außen vorgegebenen Funktion von Literatur wieder eine subjektive Sicht und die Betonung der gänzlich individuellen Wahrnehmung von Wirklichkeit durch. Im gleichen Zuge wuchs das Interesse an der ästhetischen Ausgestaltung und des spielerischen Umgangs mit literarischen Formen. [20] Die Dichtung der Moderne charakterisiert sich nach Schmitz-Emans nach durch die unumstößliche Erfahrung von Bedeutungslosigkeit:
„Der Nicht-Sinn hat den `Schauplatz der Bedeutung´ betreten und sich auf ihm breitgemacht; jeder bedeutungsstiftende Vorgang wird begleitet von einem irreduziblen Moment an Sinnlosem, jede Deutung stößt schließlich auf etwas, das sich ihr verschließt, weil es eben nichts an ihm zu deuten gibt“[21].
Die Ausbildung des Begriffs „Postmoderne“ in Abgrenzung zur Moderne lässt sich spätestens seit den 60ern des 20. Jahrhunderts nachvollziehen. [22] Doch bezeichnet dieser Begriff „höchst Unterschiedliches“[23]. So findet er seine Verwendung in der Musik, Literatur, in der Kino- und Theaterproduktion, ja, in der Kunst im Allgemeinen, aber auch bei der Beschreibung gesellschaftlicher Prozesse. [24] Und so weit, wie sein Verwendungsbereich ist, so different ist auch seine Bedeutung, was letztlich eine klare Festlegung des Terminus erschwert. Reinhard Baumgart stellt in Bezug auf die Theoriebildung der Postmoderne sogar fest:
Phänomene, die seit Jahrzehnten, Jahrhunderten, ja Jahrtausenden bekannt sind, wenn auch unter pompös altmodischen Namen (Epigonalität, Synkretismus, Eklektizismus, Manierismus, Historismus etc.) geraten in immer kompliziertere Theoriemaschinen, die sie zur Unkenntlichkeit verpackt und beschildert verlassen. [25]
Gemeinsam ist dem Gebrauch des Begriffs der „Postmoderne“ die Infragestellung von künstlerischen Normen, Formen und Kategorien, die sich in der Moderne etabliert haben. Dies resultiert in einer Offenheit für neue Genrebildungen und stetig veränderte Perspektiven, was geradezu eine Beliebigkeit der ästhetischen Produktionsprozesse nach sich zieht:
In den siebziger Jahren, diesen nach wie vor undeutlichsten, diffusesten unter den Nachkriegsjahrzehnten, herrschte in der Literatur ein kaum bewusster Eskapismus in Fragen der Ästhetik. Ob politisch oder apolitisch motiviert, ob im Faktenroman oder autobiographischen Erguß: eine neue Unschuld und Unmittelbarkeit begann drauf loszuschreiben, als hätte es das kritische Produktionsbewusstsein der Moderne nie gegeben. Deren Distanz zum Publikum, ihre Arroganz und ihr Leiden in der splendid isolation, das alles wird nun kassiert, bis hin zur Nullösung von Verständigungstexten, in denen jeder Sender oder Empfänger spielen kann. [26]
Diese Abkehr von bekannten literarischen Traditionen äußert sich bei Hoeps in einem äußerst variantenreichen crossing over. Textgattungen werden miteinander kombiniert, Audiotexte zur Intensivierung von Aussagen verwendet und Bilder und Texte in ein wechselseitiges Referenzsystem gesetzt.
So zeigt die von dem Fotografen Philip Lethen und Thomas Hoeps erarbeitete Ausstellung „Bacon-Notate“ fotografische und lyrische Reaktionen auf die Gemäldewelt des britischen Malers Francis Bacon (1909-1992). Hoeps´ Lyrik und Lethens Fotografien schaffen dabei in wechselseitiger Befruchtung einen neuen künstlerischen Gesamtkontext. Im Vorwort des Ausstellungsbandes „Bacon-Notate“ wird hierzu formuliert:
„Die Bacon-Notate bieten weder eine Beschreibung der Gemälde Francis Bacons noch einen Kommentar zu seinem Werk. Die Bildwelten des Malers sind vielmehr die Quelle zu einer intermedialen ästhetischen Kommunikation, in der Motive aufgegriffen und in anderem Kontext weiterentwickelt oder neu definiert werden.“ [27]
Es handelt sich hierbei somit um einen zweifachen Medienwechsel, wobei das neu geschaffene Medium nicht nur die Vorlage kommentiert, sondern einen ästhetischen Eigenwert erlangt. [28] Die „medialen Leistungen des Bildes“ [29] sind andere als die eines Textes und auch zwischen Fotografien und Gemälden ergeben sich erhebliche Unterschiede bezüglich der ästhetischen Ausgestaltung. Versteht man Literatur als Kommunikation, so liegt die Einbettung von Texten in externe ganzheitlichere kommunikative Zusammenhänge sehr nahe. Oliver Jahraus formuliert hierzu:
„Nur weil der Text intern Sinn prozessiert, kann er extern in einen Sinn integriert werden. Umgekehrt gilt aber gerade deswegen auch: Weil der Text intern Sinn prozessiert, muss er auch gleichzeitig in einen externen Prozess integriert sein, weil anders diese interne Prozessierung nicht möglich ist.“ [30]
Ein weiteres Beispiel für eine Literatur, die multiperspektivische Zugänge ermöglicht, ist Hoeps´ Werk „Tomorrow never knows“, das zugleich als Erzählung und als Hörspiel erschienen ist. Durch die Verknüpfung von Musik und Text im Hörspiel wird die Rezeption um eine Dimension bereichert: „Durch die Kombination kann eine gegenseitige Intensivierung entstehen, die über ein reines Nebeneinander der Medien hinausgeht“[31]. Und auch der Einsatz der Stimme im Vortrag des Hörspiels ist hier relevant. Tempo, Dynamik, Lautstärke und Intonation erweitern die Ausdrucksmöglichkeiten, intensivieren die Sinnlichkeit der Rezeption und vergrößern die Deutungsvielfalt. Hoeps zeigt sich hierin deutlich als ein Autor der Postmoderne.
Das Prinzip der Grenzüberschreitung bezieht sich bei Hoeps ebenso auf die Einhaltung von Gattungskriterien. In „Die letzte Kur“ gestaltet er einen Kriminalroman, in dessen Zentrum acht Kurzgeschichten stehen, die im Roman anlässlich eines Kurzkrimi-Wettbewerbs vorgetragen und auf diese Weise in die Geschichte integriert werden. Dieses Verfahren ist sicher nicht als neuartig zu bezeichnen, fügt sich aber sowohl in die grundsätzlich im Werk Thomas Hoeps´ auszumachende Methodik des crossing-over als auch in die Merkmale der Postmoderne ein.
In den 1990ern kam in Deutschland als Ausläufer postmoderner Literatur die Popliteratur auf. Neben der thematischen Orientierung an populären Themen wie Musik, Medien, Freizeitgestaltung und Konsumverhalten kennzeichnet sich die Popliteratur insbesondere durch die „Inszenierungsstrategien von Popautoren und ihrer Literatur“[32]. Hierzu gehören insbesondere die mediale Gestaltung und Vermarktung der Literatur. Auftritte im Internet und im Fernsehen, die bunte Umschlaggestaltung der Bücher, „die Eingängigkeit der Erzählweise und die scheinbare Oberflächlichkeit“ lösten eine „fast ausnahmslos ablehnende Rezeption durch die etablierte Literaturkritik“ aus. [33] Der sehr schnelle kommerzielle Erfolg junger Popliteraten wie Benjamin von Stuckrad-Barre nährten noch die Zweifel an der Qualität dieser Literatur. Insbesondere wurde der Popliteratur vorgeworfen, dass sie politisch gehaltlos sei. [34] Diese Eigenschaft von Literatur ist bei Thomas Hoeps in keinem Fall zu beobachten. Wie später noch herauszuarbeiten sein wird, zeigen seine Werke durch die Beobachtung und Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse, insbesondere des bürgerlichen Milieus, eine deutliche politische Wirkung.
Inszenierungsmethoden der Popliteratur zeigt um die Jahrtausendwende aber auch Thomas Hoeps. Veranstaltungsorte wie Weinhandlungen, Cafés oder die Krefelder Mediothek sowie Auftritte mit seinem Ko-Autor Jacques Toes in schwarzem Anzug, mit Melone und Regenschirm erschaffen ebenso einen Eventcharakter wie die immer auf Interaktion mit dem Publikum ausgerichtete Vortragsweise. [35] Lesungen werden durch die Schaffung von Ritualen und die Gestaltung von Atmosphäre und Kommunikation zu als gewinnbringend empfundenen Freizeiterlebnissen.
Zu Beginn des Jahrtausends fand die Popliteratur in Deutschland bereits ihr jähes Ende, was von Degler und Paulokat damit begründet wird, dass mit dem Anschlag vom 11. September 2001 ein politischer Wandel eintrat und die 2008 eintretende Wirtschaftskrise die ökonomischen Voraussetzungen für die mediale Vermarktung nahmen. [36] Elemente der Popliteratur, insbesondere bezüglich der medialen Vernetzung und Vermarktungsstrategien, sind jedoch bis zur heutigen deutschen Gegenwartsliteratur festzustellen.
Trotz des deutlichen Prosaschwerpunktes in Hoeps´ Werk begannen seine literarischen Veröffentlichungen mit einem Band, der neben Kurzprosa auch lyrische Texte enthält. In „gib dem onkel die hand (, die schöne!)“ [37] zeigt sich eine ausdrucksstarke, sprachgestaltende sowie klang- und rhythmikbewusste Lyrik, die einen deutlichen Hang zum Lokalkolorit aufweist, auf die unmittelbare Umwelt und Erfahrungswerte des Autors rekurriert. Thematische Schwerpunkte ergeben sich in der Rezeption von Musik, TV- und Zeitungsmedien sowie existierenden, ganz konkreten Orten in Krefeld und Düsseldorf. In der Auseinandersetzung mit diesen Themen hinterfragt und kritisiert sie insbesondere bürgerliche Gesellschaftsphänomene, wie sie sich insbesondere im Konsumverhalten, Traditionsbewusstsein und hierarchischen Strukturen äußern. Insofern lässt sie sich sicherlich als politische Lyrik bestimmen. Denn auch wenn „alle Lyrik politische Relevanz besitzt: Warnung, Protest, Agitation repräsentiert die politische Lyrik jedenfalls unmittelbar und unverhüllt“[38]. Und die Ablehnung hochgehaltener sozialer Normen, die als heuchlerisch und bedrückend empfunden werden, wird in „gib dem onkel die hand (, die schöne!)“ sehr deutlich. Insofern ist sie als gesellschaftsverändernde, politische Lyrik zu bestimmen. Hierzu tragen auch Ansätze der Montage bei, die in Zitaten, Verweisen, Wechsel von Perspektiven und Schrifttypen sowie Bildreferenzen zu erkennen sind und die Vernetztheit der heutigen Gesellschaft versinnbildlichen. [39]
Der Schwerpunkt der literarischen Produktion liegt bei Thomas Hoeps allerdings deutlich im Bereich der Prosa. So umfasst sein Werk Kurzgeschichten, Erzählungen und Romane. Kurzgeschichten spielten in der deutschen Literatur seit 1945 eine ganz besondere Rolle. Gerade in Krisensituationen liegt die Verwendung der Kurzgeschichte als literarisches Ausdrucksmittel nahe, da „der für sie charakteristische Zwang zum komprimierten Ausdruck hier ein Äquivalent im Erleben des Protagonisten - nämlich seinem Eindruck eines `verdichteten´, in seiner ganzen Fülle erfahrbaren Daseins – besitzt“[40]. Das in der Regel personale Erzählverhalten in der deutschen Kurzgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg lässt den Leser die „Unsicherheit oder auch Ratlosigkeit des Erzählers angesichts der komplexen Wirklichkeit“ [41] erkennen. Solche Krisensituationen bestimmen entsprechend in Hoeps´ Kurzgeschichten die Erzählsituation, ergeben aber auch in seinen Romanen und Erzählungen die Ausgangssituation für die weitere Entfaltung. Es sind die Individuen, die sich mit der Werteorientierung der Gesellschaft nicht identifizieren, die aufgrund ihrer Vorgeschichte ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden oder sich wegen psychischer Beeinträchtigungen in Parallelwelten begeben.
Gerade die Unzufriedenheit mit der wahrgenommenen Welt lässt in ihnen Gegenentwürfe zum bestehenden Leben aufkommen. In der anti-utopischen Erzählung „Systemsieg“ [42] verfolgt das ganze politische Staatssystem die Idee, die Welt müsse vom Menschen befreit werden, nur die systematische Selbstvernichtung könne die Erde vor der Zerstörung bewahren. In dem vermeintlichen Ideal einer Welt ohne Menschen wird Kritik an den realen Verhältnissen deutlich; andererseits wird dieses Ideal in dieser Erzählung aber auch ad absurdum geführt. Eine Funktion der Utopie des 20. Jahrhunderts wird darin gesehen, als „analytisches Kontrastnarrativ zu bestehenden politisch-sozialen Verhältnissen, entweder in Form eines Vorbilds oder eines Schreckbilds“ [43] zu dienen. Die geplante Abschaffung des Menschen ist zweifellos ein vorgeführtes Schreckbild. Die anti-utopische Erzählung Hoeps´ ist Ausdruck einer als krisenhaft empfundenen Umwelt und zeigt somit konkrete Bezüge zu komplexen gesellschaftlichen Entwicklungen.
Konkrete Bezüge zur erfahrenen Umwelt zeigen sich aber auch darin, dass der Autor seinen persönlichen Lebensraum in mannigfacher Weise verarbeitet. In seiner Lyrik werden existierende Gaststätten und Schauplätze behandelt und die mit Jac Toes verfassten Krimis spielen im deutsch-niederländischen Grenzraum. Deutlich lässt sich hier eine Nähe zur Biographie und Lebenswelt des Autors feststellen. Gerade die geographischen Bezüge entfalten den Raum und die Parameter für die Ausgestaltung der Handlung. Franco Moretti vertritt die Auffassung, „daß die Geographie eine entscheidende Rolle beim Zustandekommen von Literatur spielt: als aktiv und konkret einwirkende Kraft, die in Texten und ihren Querverbindungen sowie den Erwartungshaltungen ihre Spuren hinterläßt“[44]. Literatur entfaltet sich hier aus dem realen täglichen Leben. Wie Jean Paul es ausdrückt, werden hier die dargestellten Objekte „für die Dichtkunst aus der Wirklichkeit, nicht für die Wirklichkeit aus der Dichtkunst“ [45] bewiesen. An der Fiktivität der Werke ändert dies nichts, denn die Erzählwelt beruht auf einem entworfenen fiktionalen Referenznetz, so „dass die fiktive Welt des Erzzählwerks eine homogene Ontologie hat“[46], alle Darstellungen in ihr in diesem Kontext fiktiv sind.
Und als Ausdruck konkreter Lebenswirklichkeit zur Jahrtausendwende ist es nicht verwunderlich, dass in Hoeps´ Werk auch die Frage der kulturellen Identität eine große Rolle spielt. Sowohl die Erfahrungen eines multikulturellen Lebensraums als auch die Nähe zur niederländischen Grenze prägen sein Werk. Gedichttitel wie „Cevapcici“ oder „Taverna Z.“ und ebenso die intensive Behandlung von Störfeldern, die beim deutsch-niederländischen Austausch aufgrund kultureller Unterschiede auftreten können, zeugen von einer literarischen Produktion im Spannungsfeld zwischen kultureller Identität und dem Anspruch von Integration. [47]
2. Das desorientierte Individuum
2.1 Fifty ways to kill your Schrankwand
Das desorientierte Individuum ist wahrlich kein literarischer Gegenstand, der mit der Postmoderne aufgekommen wäre. So schreibt Leo Kreutzer schon über Alfred Döblins frühe Prosa der Moderne: „Der Dunkelheit und Unbegreiflichkeit der Umwelt entspricht in diesen frühen Erzählungen, auf der Subjektseite, eine bis zum Pathologischen gehende Verwirrung des Sensoriums und Verstandes, zumindest die Disposition dafür. Auch das bleibt im Bereich literarischer Konvention.“ [48]
Die Krise des Individuums ist auch schon in der Moderne kein neues Motiv, sondern lässt sich in der Literatur spätestens wiederfinden, seit der Mensch mit der Aufklärung in eine Unsicherheit über die Bestimmung des Menschen entlassen wurde. Einen Höhepunkt fand die Darstellung dieser Krisenhaftigkeit mit dem poetischen Nihilismus um 1800; sie wird aber bis heute in der Literatur als Ausdruck einer gestörten Identität verwendet.
Beispielhaft wird dies in Hoeps´ „Fifty ways to kill your Schrankwand“[49], veröffentlicht in „gib dem onkel die hand (, die schöne!)“, vorgeführt. Die Kürze des Textes, die metaphorisch verdichtete Sprache und die auf die persönliche Innensicht fokussierte Darstellung erzeugen die Wirkung des Lyrischen, der Verzicht auf metrisch gebundene Sprache, die chronologische Handlungsbeschreibung und die Fülle der wiedergegebenen Aktionen lassen jedoch den Ich-Erzähler erkennen. Anlässlich der Bild und Text vereinenden Hochzeitsanzeige „Brautpaar der Woche“, die dem Text in einer anonymisierten Form vorangestellt ist, kommt es in dieser Kürzestgeschichte zu einem Wutausbruch des Erzählers. [50] Durch diese Anzeige scheint der Erzähler die Eingebung zu bekommen, die Sinnbilder einer bürgerlich normierten Gesellschaft in einem Amoklauf zu zerstören.
In der Anzeige wird das Foto des Hochzeitspaares abgebildet und die Bildunterschrift informiert über die Herkunft, das Alter und die Berufe der Hochzeitsleute. Zudem werden die regionalen Bezüge zum örtlichen Fanfaren- und Musikzug sowie dem Pfarrorchester herausgestellt. Abschließend werden die Lüneburger Heide und Fuerteventura als Zielorte der Flitterwochen ausgewiesen. Diese vollständige Erfüllung bürgerlicher Normalität scheint den Erzähler in den Wahnsinn zu schicken. Als er in einer Einkaufspassage ein Beil im Sonderangebot sieht, erkennt er, dass ihm die Aufgabe zugewiesen worden ist, die Möbel-abteilung zu erstürmen: „Da erfüllte mich große Kraft, und in mir stand das Wissen auf“ (S. 30)[51]. Eine Wohnzimmerschrankwand, diverse Sesselgarnituren sowie Zugluft-Stopper in Dackelgestalt werden mit dem Beil und einer zusätzlich mitgenommenen Handkreissäge in Einzelteile zerlegt, wobei der Erzähler offensichtlich seine Aggressionen auslebt: „Roter Schutzlack spritzte“ und „allein der zweite Hieb trennt schon rund zwanzig kleine Butzenscheiben aus der […] Glasvitrine“. [52]
Die Tat des Erzählers erweist sich als religiös motiviert und gerechtfertigt, denn das Beil in der Auslage wird von ihm als „großes Zeichen“ erkannt, das Tatwerkzeug ist mit einer „geweihten Schneide“ ausgestattet und die Ausführung seiner Tat wird als Erfüllung einer Prophezeiung gesehen. Der Bezug zum Übernatürlichen wird noch dadurch verstärkt, dass der Erzähler „Blitze und Donner“ sowie „Feuer und Rauch“ wahrnimmt, als er sich zu seiner Tat entschließt. [53] In seinem Wahn glaubt der Erzähler, bürgerliche Normen korrigieren und ihre Abbilder nicht nur zerstören, sondern richten zu müssen:
„Behende sprang ich dann von Sesselgarnitur zu Sesselgarnitur, wobei die Säge manches krank Verwucherte schnell richtete, köpfte eben noch elf Zugwinddackelwürste und ließ mich ohne Gegenwehr von zwei Tablettn [sic est!] abführen. Die Geschichte aber wird mich freisprechen.“ (S. 31).
Die bürgerliche Alltagswelt wird in ihrer `Verwucherung´ als krank und gerade nicht normal betrachtet; der Erzähler fühlt sich einer höheren Macht verpflichtet, die Götzen eines unnatürlichen Glaubens zu beseitigen. Es ist ihm durchaus bewusst, dass die zeitgenössische, vom bürgerlichen Milieu durchdrungene Welt ihn für schuldig ansehen wird. Er ist aber überzeugt davon, dass die historische Retrospektive zu dem Schluss kommen wird, dass er keine andere Wahl hatte, als Gewalt anzuwenden. Diese Betrachtung erinnert an die Sichtweise von Diktatorenmördern, die wegen ihres Verstoßes um ihre Bestrafung wissen, ihre Tat aus einer abstrakten Perspektive heraus aber als gerechtfertigt erachten. Das hier deutlich werdende Bild des Wahns zeigt die Desorientierung hinsichtlich bestehender Normierungen.
2.2 Tomorrow never knows
In „Tomorrow never knows“ [54] berichtet ein Ich-Erzähler davon, wie es in seinem Leben zu einem kritischen Umschwung kam, in dessen Folge sich seine Perspektive gänzlich verändert und er es sich zum Ziel gesetzt hat, die Menschen von seiner Lebensphilosophie zu überzeugen. Dabei hat dieser Bericht die Form einer dialogischen Erzählhaltung: „Nehmen Sie doch Platz. Nur eine Sekunde. […] Finden Sie nicht auch, daß mit etwas guter Musik ein Gespräch ganz anders verläuft?“ (S. 85). In diesem Gespräch bleiben die Beiträge des Gesprächspartners ungenannt und können nur durch die Sprechakte des Erzählers erschlossen werden. Eingeteilt ist dieses Gespräch in die Kapitel 1. bis 7. Tag, wobei das letzte Kapitel nur noch aus einem Schlusssatz besteht. Relativ schnell wird dem Leser bewusst, dass dieses Gespräch in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt zwischen dem Erzähler und einem Psychiater stattfindet. Andeutungen hierauf äußert der Erzähler, wenn er auf den Beruf seines Gegenübers eingeht: „Ich kann mir vorstellen, das wird in Ihrem Beruf der erste Gedanke sein, die Mutter, der Vater“ (S. 88). Zudem nennt er seinen Gesprächspartner „Doktor“ (S. 96). Sobald dem Leser jedoch klar geworden ist, dass der Erzähler Insasse einer Nervenklinik ist, wird es für ihn auch fraglich, ob der Erzähler tatsächlich einen Gesprächsteilnehmer hat oder sich diesen nur einbildet.
Die Intention des Erzählers in diesem Gespräch ist offensichtlich. Er möchte den Psychiater davon überzeugen, dass er gesund ist und nicht in diese Heilanstalt gehört, die der Erzähler selbst als „Irrenblock“ (S. 97) bezeichnet: „Also, wie kann ich Ihnen beweisen, daß es sich bei meiner – bei meinem Hiersein um einen Irrtum handelt?“ (S. 87). Der gesamte Verlauf der Konversation ist geprägt von dem Bemühen des Erzählers, sich zu rechtfertigen, führt allerdings bei ihm zu einem immer stärker werdenden emotionalen Druck, der ihn letztlich seinen kranken Geisteszustand offenbaren und zwei im Wahn begangene Morde gestehen lässt. Vorausdeutungen auf den Krankheitszustand und die Gewalttaten des Erzählers bauen einen Spannungsbogen auf, der mit dem vollen Geständnis des Geisteskranken seinen Höhepunkt erreicht. Erzählhaltung, Thema und Aufbau erinnern stark an Edgar Allan Poes Short Story „The Tell-Tale Heart“ (1843), in welcher ein wahnsinniger Mörder zunächst versucht zu beweisen, dass er nicht geisteskrank ist, indem er von seinen exakt funktionierenden Sinnen berichtet:
„True! - nervous - very, very dreadfully nervous I had been and am; but why will you say that I am mad? The disease had sharpened my senses - not destroyed - not dulled them. Above all was the sense of hearing acute. I heard all things in the heaven and in the earth. I heard many things in hell. How, then, am I mad? Hearken! and observe how healthily - how calmly I can tell you the whole story.“ [55]
Schließlich gesteht er jedoch gegenüber zwei Polizisten aufgrund seines überreizten Nervenzustandes seinen Mord. Der Wahnsinn des Mörders wird offensichtlich. In beiden Prosatexten scheitert der Erzähler, seine kommunikativen Ziele erfüllen sich nicht.
Seine Rechtfertigungsrede beginnt der Erzähler in „Tomorrow never knows“ damit, sich selbst als gänzlich normal zu beschreiben: „Ich bin vollkommen in Ordnung; ein vollkommen ruhiger, ausgeglichener Mensch.“ (S. 85). In der Folge erklärt er aber sein doch verändertes, aufgeregtes Verhalten damit, dass er sich als musischer Mensch „in den letzten Monaten beim Radiohören aufregen mußte“ (S. 86). Das Zusammenstellen von Musikstücken, die bei ihm komplett unterschiedliche Gefühlswelten hervorriefen, sei für seine Aufgebrachtheit verantwortlich. Und eigentlich müssten die Programmredakteure der Radiosender in die Nervenanstalt und nicht er (S. 86). Die Programmredakteure hätten kein „Fingerspitzengefühl“ (S.86): „Stücke, deren Rhythmus, deren Stil, deren Stimmung Lichtjahre auseinanderlagen, werden da gnadenlos aneinandergeschnitten, neinneinnein!, übereinandergeschnitten“ (S. 86). Und dieser Mangel an Taktgefühl hat entscheidenden Einfluss auf die Gedankenwelt des Erzählers:
„…- plötzlich reißt so ein primitiver Jingle einen in das Nichts hinein – aus der ganzen Fülle der Gedanken heraus in das Nichts. Diese Leere, diese unglaubliche Leere, die einen da von einer Sekunde zur andern eiskalt anfaßt. Allein der Gedanke an diesen, an diesen Sturz in das Chaos – das Nichts ist die Grundlage des Chaos -, allein der Gedanke daran lässt mich schaudern. Sie nicht auch?“ (S. 87).
Es ist die für den Erzähler situationsunangemessene Musik, die ihn das Nichts wahrnehmen lässt und ihn in eine Identitätskrise stürzt, die er nur durch die hybride Vorstellung, er sei der Heilsbringer der Menschheit, wieder aufheben kann.
Der Wahn schützt ihn vor einer Welt, in der er vollkommen überfordert ist. Das Arbeitsleben erscheint ihm wie ein täglicher Kampf ums Überleben: „Da draußen – da draußen wird jeden Tag neu abgerechnet. Jede noch so kleine Transaktion entscheidet über Gewinn oder Verlust, hopp oder top, hire oder fire“ (S. 123). Und im Miteinander der Kollegen erblickt er nur die Intention, den anderen möglichst schnell als Konkurrent auszuschalten: „Im Team, da wartet man darauf, dem Kollegen nicht zur, sondern schleunigst in die Seite zu treten“ (S. 123). Eine deutlich verzerrte, paranoide Sichtweise lässt ihn die Welt als Ort ständiger Bedrohung erblicken. Die Sicht von der Welt, die andere Menschen vertreten, ist für ihn nur ein „Lügenkonstrukt“ (S. 122), von dem sie seine `Musiktherapie´ befreien könnte. Zerr- und Wahnbild bedingen hier einander.
In dem Bericht gegenüber seinem Gesprächspartner stellt der Erzähler sich als einen in seiner beruflichen Tätigkeit sehr erfolgreichen Geschäftsmann dar. Mit Mitte dreißig sei er der Älteste in seinem Team, aber aufgrund seiner Verhandlungskompetenzen auch eine Spitzenkraft (S. 99f.). Zum Jahresabschluss wurde sein ganzes Team vom Chef zu einem Symphoniekonzert eingeladen. Und in diesem Konzert ereignet es sich, dass eine Tonabfolge in ihm die Erinnerung an die Begegnung mit einer Frau evoziert, einer Anwältin, die er geschäftlich kennen gelernt hat (S. 101). Die Konzertmusik kreiert aus der Erinnerung einen Traum, der die Beziehung zu der Frau weiterspinnt. Traum- und reale Welt werden zu verschiedenen Ebenen des Erlebens.
Schon bald wird dem Erzähler jedoch bewusst, dass das reale Leben den musikalischen Entwürfen nicht mehr entspricht, er sich von der Anwältin befreien musste, um wieder frei für die schöpferische Kraft der Musik zu sein. Erst ein Konzert des Gitarristen Capar Bröcksmann erlöst ihn von der Last der Realität, seiner wahren Beziehung zu der Anwältin: „Dieser dort oben war mein herbeigeflehter Voodoomeister, der mich retten würde […] und jedes stählerne Aufkreischen der Gitarre trieb eine Kreissäge durch ihren starren Leib, bäumte sich immer wieder auf gegen jeden Widerstand ihrer Knochen, bis er endlich brach“ (S. 109f.).
Nur „ein solcher heftiger musikalischer Ritualmord“ (S. 111) verschafft dem Erzähler eine ungeahnte Freiheit und lässt ihn eine Liebe erfahren, „die einen niemals verletzen kann, weil man selbst – eins mit der Musik – ihr Schöpfer ist und allmächtig über sie in jedem Augenblick selbst bestimmen kann“ (S. 111). Musik wird für ihn zu einem allmächtigen Instrument des Weltverständnisses und der Lebensplanung. Dabei ist dieses musikalische Potential nicht auf ein bestimmtes Genre eingeschränkt. Nach der Vorstellung des Erzählers vermag jede Art von Musik, einen Schatz an Lebensprojekten zu beinhalten und den Menschen die ultimative Wahrheit zu offenbaren.
In dieser Vorstellungswelt des Erzählers wird sein religiöser Anspruch erkennbar: „…, sagen Sie, hatte nicht selbst Jesus zuweilen Zweifel und Furcht, große Furcht sogar, seiner Aufgabe nicht gewachsen zu sein? […] Und das Urprojekt sozusagen, all diese Projekte aus der Musik herauszufiltern, das ist es, verstehen Sie das, das ist es, was mich hierhergebracht hat“ (S. 112). Es setzt ein religiöser Wahn ein, der ihn Gewalttaten begehen lässt.
Die Interdependenz von Musik und Religion findet seinen Ausdruck in der häufigen Bezugnahme auf den Text des Beatle-Songs „Tomorrow never knows“, der der Erzählung auch den Titel gegeben hat. Mit ihm „schlossen die Beatles 1966 ihr Album Revolver ab“. Der Songtext selbst enthält Zitate aus dem Tibetischen Totenbuch, was die religiöse Konnotation verdeutlicht. [56]
Aus dem Lied der Beatles leitet der Erzähler seine religiöse Wahrheit ab: „Wenn du es nicht schaffst, play the game `existence´ to the end, of the beginning, of the beginning, und das ist der einzige Vers, den die Wahrheit wiederholt, of the beginning, of the beginning,…“ (S. 127). Sein Ziel ist es, möglichst viele Menschen der Wahrheit näherzubringen. Somit stellt es sich auch als vollkommen konsistent dar, dass am Ende von Kapitel 6 seine letzten Worte zu seinem Therapeuten lauten: „…laß mich frei. Und folge mir. Lerne durch mich. Befreie dich, und folge mir, hilf mir bei meiner Aufgabe, du bist auserwählt, auserwählt, turn off your mind, relax und float down-stream, it is not dying , it is not dying…“ (S. 128). Das abschließende 7. Kapitel besteht nur noch aus dem Liedzitat „…of the beginning, of the beginning, of the beginning…“ (S. 129). Das Leben erscheint hier als eine zirkuläre Bewegung, innerhalb derer uns immer wieder die Chance gegeben wird, die Wahrheit zu erkennen. Das Wahnbild des Erzählers besteht darin, dass er davon überzeugt ist, den Menschen dabei helfen zu müssen, den richtigen Weg zu gehen und die Wahrheit zu finden. Für diesen Wahn geht er auch über Leichen.
Immer wieder verliert der Erzähler die Geduld, korrigiert aber sein Verhalten, weil er sein Ziel vergegenwärtigt. So vergleicht er zunächst die weiblichen Angestellten der Heilanstalt, in der er sich befindet, mit KZ-Wärterinnen (S. 93). Doch unmittelbar danach wird ihm bewusst, dass sein Verhalten nicht förderlich für sein Ziel ist: „…, vielleicht ging das jetzt wieder ein wenig zu weit. Ich nehme das besser zurück, ich – “ (S. 93). Hier agiert der Erzähler sehr reflektiert. Und gerade sein argumentatives Vorgehen gegenüber seinem Gesprächspartner unterstreicht seine kognitiven Fähigkeiten. Zugleich wird aber im Verlauf der Geschichte immer deutlicher, dass seinem vorhandenen logischen Denken eine emotionale Last gegenübersteht, die er nicht mehr bewältigen kann: „Wir sollten doch besser kooperieren, damit diese – unselige Geschichte, aber man darf mich nicht einfach so reizen, das Radio wegnehmen wie einem ungezogenen Kind, wo ich es gerade jetzt so sehr brauche, das muß dieses – Flintenweib gespürt haben“ (S. 93f.). Im Verlauf der Rechtfertigungsrede entwickelt sich eine immer größere Diskrepanz zwischen Verstand und Emotionalität. Die Notwendigkeit des Verhandelns ist dem Erzähler zwar bewusst, er kann jedoch seine Aggressionen nicht mehr unterdrücken. Sie brechen aus ihm heraus und treiben ich zu einem Geständnis. Das Gegenteil des Ziels wird erreicht.
Zunächst räumt er nur geringe Fehltaten ein: „Nein, ich möchte mit Ihnen nicht über den Nachbarsjungen sprechen, es war doch nur ein kleiner Ausrutscher“ (S. 94). Er habe dem Jungen nur ein paar Ohrfeigen gegeben, weil dieser ihm wertvolle Schallplatten gestohlen hätte (S. 118). Im nächsten Schritt gesteht er zwar, den Mord an der Anwältin begangen zu haben:
„… ich mußte mir den Raum zum Atmen zurückholen, mir den Raum zum Leben zurückholen; sie mußte weg, weg von mir. Ich mußte sie töten, verstehen Sie, ich mußte sie ein für allemal töten, ihr den Pflock ins Herz treiben, die Kehle durchschneiden, den Knebel in den Hals drücken, nein, nein - - Schluß!“ (S. 105). Dieses Geständnis widerruft er am nächsten Tag wieder. Schließlich gesteht er aber den Mord an dem Jungen ein, der „einfach nicht stark genug für die Wahrheit“ (S. 125) gewesen sei. Den missionarischen Auftrag glaubt der Erzähler nur noch dadurch erfüllen zu können, dass der Junge in ein neues Leben eintritt. Denn „in diesem von Anfang an verpfuschten Leben wäre er nicht mehr weitergekommen“ (S. 127). Und das gleiche Motiv des - wenn auch noch gescheiterten - Missionierungsversuchs wird in der Folge auch für die nun endgültig eingestandene Tötung der Anwältin deutlich: „Ich habe ihre Existenz einfach beendet, ohne zu wissen, wie sie die Wahrheit aufgenommen hätte, ob ich sie erkannt hätte, ob sie in sie hätte eingehen können“ (S. 127f.). Reue zeigt er hier angesichts seines gescheiterten Bekehrungsversuchs und seines noch fehlenden Verständnisses dafür, wie die Menschen zur Erleuchtung zu bringen sind.
„Wie das – wie das Blut – während die Musik aus dem Kopfhörer nach draußen hallte und zischte, Tropfen für Tropfen beinahe lautlos auf das Parkett fiel, und heute - - höre ich dieses Tropfen in furchtbarer Lautstärke. Wie die langsamen, regelmäßigen Schläge einer Totentrommel“ (S. 128).
Fürsorge für die Menschheit gibt der Erzähler als Grund für seine Morde an. In Wirklichkeit treibt ihn aber die verzerrte Wahrnehmung einer Welt an, die er zwar in ihren Grundzügen richtig beschreibt, aber in seinem Wahn als Groteske des Normalen erkennt. So charakterisiert er seinen Gesprächspartner folgendermaßen:
„Ich aber kenne Leute wie Sie. Abends fahren Sie in Ihrem Hochsicherheitsvolvo die Umgehungsstraße entlang nach Hause – in Ihr geräumiges und dabei doch so gemütliches Einfamilienhaus am Stadtrand. Dann unterschreiben Sie stolz die mit `sehr gut´ benoteten Klassenarbeiten Ihrer Kinder und schicken sie mit einem netten Spruch ins Bett. Dann lassen Sie sich das Essen von Ihrer Frau servieren – die natürlich eine hervorragende Köchin ist und überhaupt den ganzen Betrieb aufrechterhält – wenn meine Frau nicht wäre, bei meinen Überstunden, so wird Ihre immer gleich langweilige Geschichte beginnen, die Sie auf den immer wieder gleich langweiligen Stehpartys erzählen…“ (S. 121).
Der Erzähler kann den Alltag des Therapeuten nicht kennen und greift hier zurück auf sein Bild eines bürgerlichen Milieus, das geprägt ist von Sicherheitsbedürfnis, Kontinuität und Ritualen, dem das Außergewöhnliche und Geniale aber fremd bleiben wird. Der Versuch, immer „in der Mitte von allem zu bleiben“ (S. 114), gestattet keine tiefere Erkenntnis. Ihm aber ist die Erleuchtung durch die Musik zuteil geworden, wodurch er sich über das Mittelmaß der Menschen erhebt. Seine Verachtung gegenüber dem bürgerlichen Mittelmaß zeigt sich nicht zuletzt in seiner Einstellung zum Bildungsbürgertum, das doch eigentlich über ein kulturelles Interesse in die Lage versetzt sein sollte, seine Sicht von der Musik als sinnstiftendes Medium nachzuvollziehen. Doch er sieht in diesen Menschen nur das „depressive Kulturpublikum“, eine „amorphe, nur von schwarzem Stoff zusammengehaltene Masse versunkener Körper“ (S. 100). Der Erzähler kann die bürgerliche Werteordnung nicht als Maßstab für sein Verhalten akzeptieren und begibt sich in seinem Wahn in eine Isolation, die ihn von den Menschen entfremdet. Seine vollkommene Desorientierung wird deutlich, wenn er glaubt, er könne die geschlossene Heilanstalt, in der er sich befindet, einfach wieder verlassen und seiner Mission weiter folgen: „Ich werde jetzt dort zur Tür hinausgehen – und sie werden mich nicht daran hindern. Sie werden mich nicht daran hindern! Sie nicht!“ (S. 119). Er sieht sich als Messias, der seine missionarische Aufgabe auch gegen den Widerstand der Menschen zu erfüllen hat.
2.3 Pfeifer bricht aus
In Hoeps´ 1998 erschienenem Roman „Pfeifer bricht aus“ [57] wird die geistige Entwicklung des Protagonisten Pfeifer aus einer desillusionistischen Perspektive geschildert. Damit zeigt dieser Text Ähnlichkeiten zum Anti-Bildungsroman und entspricht nicht der herkömmlichen Form des Romans. Der typische „Held des Romans ist ein einzelnes Individuum, welches sich dialektisch reflektierend“ [58] darum bemüht, die eigene Subjektivität mit der erlebten Außenwelt auszusöhnen. Die Bemühungen Pfeifers, in seiner kleinbürgerlichen Umgebung einen bedeutungsvollen Platz in der Gesellschaft zu erringen, scheitern. Schein und Wirklichkeit zeigen eine Diskrepanz auf. „Schein ist eine Kategorie gesellschaftlichen Verhaltens“[59], doch Pfeifers Anpassungsversuche führen nicht zu Anerkennung und Aussöhnung mit der Gesellschaft, sondern zu einem Ausbruch aus dem System.
Der Roman setzt ein mit der Szene, die das Ende seiner Filmkarriere darstellt und zugleich den Schluss der Geschichte darstellt. Alle 14 Tage präsentiert Pfeifer in einer Quiz-Show, die von Show-Master Nöhle moderiert wird, die Siegerlose der Lotterie. Dabei trägt er wechselnde historische Postuniformen. „Pfeifer wird das Deppenmikro angereicht“ und bei der Übergabe der Lose an den Moderator kommentiert er die Uniform „mit Stimme im Seniorenbruch“, bis „der Mitleidsapplaus“ einsetzt (S. 5). Pfeifers Äußeres veranschaulicht, wie sehr er unter der öffentlichen Vorführung leidet. Vor jeder Show sind „minutenlang die Augenränder wegzuschminken“. Ihm ist bewusst, dass er sich mit seiner Teilnahme an der Show demütigt, aber die häusliche Tristesse bei seiner Frau Lisbeth lässt ihn das Filmstudio bevorzugen: „…alle Uniform- und Nöhlequal ist besser als zuhaus die Zeit im Sessel abzusitzen, das gut gehangene Dörrfleisch, immer wieder aufgeschnitten von Lisbeths greller Stimme“ (S. 5f.). Bei seinem letzten Auftritt wird von Nöhle wahrheitswidrig nur um des emotionalen Effektes wegen behauptet, es sei Pfeifers Geburtstag. Aber dann verliert er jeglichen Realtiätsbezug:
„…hört Pfeifer den Applaus plötzlich nicht mehr. Völlige Stummschaltung. Hört sein eigenes `Jawoll´ nicht mehr, verschwimmt ihm das dritte Los vor Augen, spürt schon den Atem seines Ersatzmannes im Nacken, hört nur noch Nöhles sonore Wortfolgen, tragen ihn ins Damals, als er plötzlich auch nichts mehr hören konnte außer: Sonderauftrag“ (S. 7).
Bei diesem Fernsehauftritt vermischen sich traumatische Kriegserlebnisse mit dem Geschehen im Studio. Im Krieg erhält er von einem Feldwebel den Sonderauftrag, eine Botschaft an Generaloberst Saulus zu überbringen, der sich im Kessel von Stalingrad befindet. Unter Einsatz seines Lebens kann Pfeifer die Nachricht übermitteln, doch muss er feststellen, dass es eine gefälschte Botschaft war, mit der sich der Feldwebel für eine entgangene Liebschaft rächen will und aufgrund derer er nun erschossen werden soll. Nur sehr glücklichen Umständen verdankt Pfeifer, dass er überlebt. Nöhles Behauptung, es sei Pfeifers Geburtstag und der aufbrausende Applaus versetzen ihn wieder in den Kessel von Stalingrad:
„Und Pfeifer setzt zum Sprung an, über Leutnant Glaeser weg, der läutet wild die Glocke, Pfeifer, Pfeifer! Pfeifer rennt und stürzt und stolpert durch die Reihn, das Kreischen junger Hausfraun jagt Granatensplitter schädelwärts, doch vorbei, vorbei, vorbei vorbei vorbei“ (S. 7). In seinem Fluchtverhalten „rennt und stürzt und stolpert“ Pfeifer nicht nur durch die Reihen des Studiopublikums, die krisenhafte Realitätsflucht prägt sein Leben.
Pfeifer wächst in einem dörflichen Milieu auf, tritt mit 14 Jahren eine Stelle bei der Reichspost an und hört bereits als junger Mann, dass er Ähnlichkeit mit dem deutschen Fernsehstar Willy Fritsch habe (S. 9), was ihn die Vision von einer besseren Zukunft aufbauen lässt, die ihn zum Filmgeschäft führen wird:
„ …, bei meinen Erfolgen werden sich die Harvey oder die Rökk oder beide zusammen um mich reißen. Selbst das Klappergestell von Dietrich wird auftauen wie ein Eisberg in der Südsee, wenn sie mich sieht, mich, den erfolgreichsten UFA-Filmstar aller Zeiten.“ (S. 10).
1931 lernt er auf einem Dorffest seine spätere Frau Lisbeth kennen:
„Pfeifer spürte Lisbeths kleinen, drallen Leib an seinem Oberarm aufglühen und versuchte sich vergeblich auf die kreiselnden Paare zu konzentrieren. Was will das Weib von mir, die glaubt doch nicht, daß ich sie jemals freien werde. Mir stehen doch ganz andere Frauen zu…“ (S. 10).
Sein überzogenes Geltungsbedürfnis lässt ihn zunächst Distanz zu dem Mädchen aus dem Dorfe wahren, aber seine sexuellen Triebe lassen ihn diese Distanz schnell aufgeben: „ … so pralle warme Brüste wie Lisbeths sind in Babelsberg vielleicht gar nicht so schnell zu finden. Und ist ein Mann am Ende nicht doch auch nur ein Mann?“ (S. 10). Lisbeth setzt ebenso große Hoffnungen in eine Film-Karriere Pfeifers und glaubt, mit seiner Hilfe das Dorf verlassen und in die erträumte Großstadt ziehen zu können. Für sie ist er der Einzige, der sie „in die Welt hätte führen können, aus dem Dorf heraus in die große herrliche Stadt hätte mitnehmen können“ (S. 14). Lisbeth wartet jahrelang vergeblich darauf, dass Pfeifer sie aus dem dörflichen Leben befreit. Und dann wird Pfeifer nach Kriegsausbruch eingezogen, Lisbeth kann er nur noch während seiner Fronturlaube treffen. Als Lisbeth schwanger wird, ist Pfeifer schließlich bereit, sie zu heiraten. Das gemeinsame Kind Joseph wird nicht alt, stirbt bei einem Fliegerbombenangriff in seinem Kinderwagen: „…quer war ein Splitter über den Boden geschlagen, durch den dichtgeflochtenen Bast in den Kinderwagen von unten her hinein und durch das zarte Josephfleisch dann wieder weit weit weit herausgeschossen“ (S. 23). Die Brutalität dieser Szene wird gespiegelt durch die Erfahrungen, die Pfeifer zur gleichen Zeit bei seinem „Sondereinsatz“ an der Ostfront macht:
„In Erdlöcher gesprungen, rutschte Pfeifer auf Kameraden aus, die kaum mehr von den vereisten Erdmassen zu unterscheiden waren: verwachsen mit der Architektur der Krater, die Augenhöhlen starrten leer, nah kreisten Vögel. Pfeifer blieb in der Deckung, sprang wieder ein, zwei Meter weiter“ (S. 25).
Es sind surreale Bilder von Gewalt und Tod, die Pfeifer hier umfangen und sein Leben verändern werden. Er überlebt den Einsatz in Stalingrad, gerät in russische Kriegsgefangenschaft und wird im Frühjahr 1954 wieder aus dieser entlassen. Die Kriegserlebnisse haben ihn ängstlich und unsicher gemacht. Als er zurück nach Deutschland kommt, sucht er seine alleinstehende Cousine Isabelle in Köln auf, die ihn 15 Jahre lang nicht gesehen und nicht mehr viele Erinnerungen an ihn hat: „Sie erinnerte Pfeifer als arroganten Schönling, der sich auf seine Ähnlichkeit zu einem Schauspieler viel, zuviel einbildete“ (S. 33). Als sie ihn nun wiedersieht, erkennt sie, dass der Krieg ihn verändert hat, „seine Zerstörung“ (S. 33), so dass sie ihn bei sich wohnen lässt. Pfeifer und Isabelle gewöhnen sich mit der Zeit an die gemeinsame Unterkunft, an das Zusammenleben. Als Pfeifer dann noch eine Stelle als Briefträger findet, scheint sich sein Leben wieder zu beruhigen: „Pfeifer lief durch seinen Bezirk und wurde freundlich mit den Leuten (S. 34). Doch dann entdeckt ihn ein Vertreter des Deutschen Fernsehens, der einen Postbediensteten sucht, der den TV-Zuschauern historische Postuniformen präsentieren könnte. Pfeifer wird abgeordnet und für die Fernseh-Auftritte von der Post freigestellt. Und natürlich ist es eine Ironie des Schicksals, dass sein Wunsch, zum Fernsehen zu kommen, genau in dem Moment erfüllt wird, in dem er sich mit seinem Leben arrangiert hat und er zufrieden ist: „All seine früheren großspurigen Wünsche, berühmt zu werden, hatten ihn nur ins Unglück getrieben. Und jetzt, wo er sich zum ersten Male wohlzufühlen begann, sollte er heraus aus seinem Leben“ (S. 37). Die Angst vor dem ersten Fernsehauftritt treibt ihn wieder in eine Krise, die Erinnerungen an Stalingrad kommen hoch:
„In seinen Träumen suchte er nach Deckung oder lief fort vor den starren Pupillen aus Schnee. Dort auf der Erde saß Pfeifer der Alp auf der Brust und jagte ihn durch die Ruinen von Stalingrad. Je näher die erste Sendung heranrückte, desto grausamer trieb er sein Spiel, und Pfeifer erwachte oft mit einem Schrei“ (S. 37).
Entsprechend erlebt Pfeifer seinen ersten TV-Auftritt nicht wie einen Teil seines realen Lebens, sondern wie eine Phantasievorstellung bzw. ein Traumgebilde:
„Später hätte er nicht beschwören wollen, dass er wirklich da draußen gewesen war. Wohl hatte er das Zeichen der Regieassistentin gesehen, wohl hatte er gemerkt, wie sich seine Beine in Bewegung gesetzt hatten. Aber schon der Weg quer über die Bühne hin zu Eckstein erschien ihm im Nachhinein wie eine Halluzination“ (S. 42).
Aber dieser erste Auftritt verläuft ohne Pannen, man gratuliert Pfeifer, der seinen Erfolg genießt, ohne wieder in einen Größenwahn zu verfallen. Er erzählt Isabelle von Lisbeth und ihren Ambitionen:
„… von ihren Plänen mit ihm, und daß ihm erst in der Gefangenschaft nach und nach aufgegangen war, was sie ihm da über Jahre hinweg eingeflüstert hatte. Daß aber das Dümmste seine eigenen Phantasien gewesen waren, alles nur geliehen. Pfeifer hatte zwischen Weinen und Lachen gehangen, für diese Einsichten hatte es ihn bis nach Workuta treiben müssen“ (S. 43).
Doch das gute Leben ist Pfeifer nicht lange vergönnt. Lisbeth nimmt zu ihm Kontakt auf, nachdem sie erkannt hat, dass er für das Fernsehen arbeitet. Und Pfeifer, der eigentlich so zufrieden mit seinem jetzigen Leben ist, gerät erneut in eine Krise. Aus Pflichtgefühl geht er zurück zu seiner Frau. Bald schon erwirbt Lisbeth im Vertrauen auf Pfeifers Filmkariere viele teure, moderne Haushaltsgeräte, für die neue teurere Wohnung, in die sie ziehen werden. Pfeifer ist bewusst, dass er sich in eine ausweglose Situation manövriert: „`Willst du uns beide denn mit aller Gewalt ins Zuchthaus bringen, Lisbeth? Das werden wir niemals bezahlen können, die werden uns als Betrüger einstecken´, er stotterte und schüttelte den Kopf“ (S. 51). Sein krisenhafter Zustand lässt ihn stottern und allein findet er keinen Ausweg aus der Situation. Lisbeths Ambitionen passen nicht zu Pfeifers Wunsch nach Ruhe und Normalität. Der Konflikt ist vorprogrammiert: „Ihre Stimme zitterte, und dann unter Tränen verließ sie die Küche: `- ich will auch wenigstens einmal etwas Glück haben, einmal etwas Besonderes erleben, einmal sehen, wie schön das Leben sein kann. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein´“ (S. 59). Glück wird hier mit bürgerlichem Besitz und sozialer Anerkennung gleichgesetzt.
Noch einmal glaubt Lisbeth, die erhoffte Wendung in der Karriere Pfeifers würde eintreten, als ihr Mann in dem Film „Ecksteins bunter Abend“ mitspielt: „… mit 46 Jahren hatte er es doch noch geschafft, jetzt würde es bestimmt aufwärts gehen“ (S. 63). Doch als sie sich mit Bekannten den Film im Kino ansehen, ist Lisbeth nur peinlich berührt, weil ihr Mann nur eine kleine Statistenrolle einnimmt: „Jetzt sind wir auf der ganzen Straße blamiert“ (S. 65).
Als die Fernsehshow des Quizmasters Eckstein abgesetzt wird, wird Pfeifer wegen seiner „Kontinuität“ und „Volkstümlichkeit“ in einer anderen Quiz-Show übernommen, die von Nöhle moderiert wird (S. 87). Auch in dieser Show präsentiert Pfeifer historische Postuniformen. Zudem stattet die Maskenbildnerin ihn auch noch „jedesmal mit der zeitlich passenden Haar- und Barttracht“ (S. 100) aus. Die fehlende Weiterentwicklung Pfeifers empfindet Lisbeth als entwürdigend:
„Sie wollte nicht Pfeifer noch einmal in dieser Narrenverkleidung sehen müssen. Daß er das mit sich machen ließ. Am Ende würde er noch vorgeführt wie die Tiere im Zirkus, die Leute würden lachen, schaut den komischen Kerl da, ein Witz, Pfeifer würde ein Witz sein, jetzt treten mir vor lauter Wut noch die Tränen in die Augen, wo könnte er jetzt stehen, aber nun war er nur noch ein Hanswurst…“ (S. 100).
Lisbeth erfasst die Demütigung Pfeifers, ihren Anteil daran erkennt sie jedoch nicht. Das Verhältnis des Ehepaars ist zerrüttet und schließlich wehrt sich auch Pfeifer, wendet sich von Lisbeth ab und bezeichnet sie als Hexe: „Du bist so zerfressen vom Neid, du bist eine eine häßliche alte Hexe auf Schnäppchenjagd“ (S. 108). Pfeifer zieht in ein billiges Hotel, durchlebt einen Zusammenbruch und ist auch für den TV-Sender unauffindbar:
„Pfeifer im Träumen, Wachen und Dösen fühlte den ruhigen gleichmäßigen Sog in die Mitte, hinein in das Nichts. Die erinnerten Bilder liefen in weicher Überblendung ineinander, am Ende wurde alles zum Farbenspiel. Und Pfeifer ließ sich von diesem Meer aus warmen Farben aufnehmen und weit weit forttreiben“ (S. 127).
Aus Pflichtgefühl begibt sich Pfeifer kurz vor seinem nächsten Auftritt wie von „einem inneren Uhrwerk“ (S. 129) angetrieben zum Fernsehsender. Bei diesem letzten TV-Auftritt Pfeifers werden für ihn alle Erinnerungen Gegenwart:
„… als er „im
Wahn durch das krei
schende Publikum stolpert
dann die wirbelnden Bilder einer
stürzenden Kamera das schnell
eingeschobene Störungsbild
eine Totenstille Sekunden
lang bis zur Entschuldigung aus
dem Off dem Playbackgesang später
der Bildschirm rauscht…“ (S. 133).
Pfeifer ist dem Druck nicht mehr gewachsen, seine Wahrnehmung der Realität wird verzerrt, traumatische Erlebnisse der Vergangenheit mischen sich in die Gegenwart und lassen ihn aus der angstbesetzten Situation fliehen. Sein krisenhaftes Ich ist bestimmt durch das gestörte „Verhältnis von freiem Willen und Fremdbestimmung, von Verführung und eigenmächtigem Handeln“[60]. Außer seinem Wahn bleibt nichts.
Fazit
Wahn- und Zerrbilder zeigen sich in den untersuchten Werken Hoeps´ als sinnstiftende Komponenten in einer Welt, deren Normen und Werte von den Protagonisten nicht mehr verstanden werden. Diese Verständnislosigkeit resultiert in einer vollkommenen Desorientierung und findet Ausdruck in grotesken Darstellungen. Zerrbilder spiegeln die als grotesk wahrgenommenen gesellschaftlichen Werteorientierungen.
In Pfeifer bricht aus löst sich die als bedrohlich empfundene Realität in Wahnvorstellungen auf. Die von bürgerlichen, auf Ruhm und Konsum ausgerichteten Ideale wecken traumatische Kriegserinnerungen in Pfeifer; er ist in Stress-Situationen nicht mehr in der Lage, adäquat zu reagieren. Vielmehr flüchtet er sich in Wahnvorstellungen, die scheinbare Lösungen ermöglichen.
In Fifty ways to kill your Schrankwandlösen die Symbole bürgerlicher `Spießigkeit´ einen im religiösen Wahn ausgeübten zerstörerischen Akt hervor. Nur die Zerstörung der als pervertiert erachteten Werteorientierung verschafft Linderung in der durchlebten Identitätskrise.
Und in Tomorrow never knowswähnt sich der mörderische Patient als Missionar, der die Welt zu der wahren Sicht der Dinge zu bekehren hat.
Die Wahrnehmung der Welt als vollkommen unzureichend und unerträglich lässt nur die Zerstörung derselben oder ihre Auflösung zu. Die Unvereinbarkeit des eigenen Seins mit der Umwelt evoziert Wahn- und Zerrbilder.
In der Art und Weise, wie Hoeps die Grenzen literarischer Gattungen und Präsentationsformen aufbricht und tradierte Kategorien der Weltbetrachtung in Frage stellt, zeichnet er sich deutlich als Autor der Jahrtausendwende aus.
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
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Hoeps, Thomas und Philip Lethen: Bacon-Notate. Wien: Edition Selene 2001.
Hoeps, Thomas: „Fifty ways to kill your Schrankwand“. In: Thomas Hoeps: gib dem onkel die hand (, die schöne!). Krefeld: Sassafras 1994. S. 30f.
Hoeps, Thomas: gib dem onkel die hand (, die schöne!). Krefeld: Sassafras 1994.
Hoeps, Thomas: Pfeifer bricht aus. Wien: edition selene 1998
Hoeps, Thomas: Tomorrow never knows – Systemsieg. Zwei Erzählungen über das Glück. Mit dem Hörspiel „Tomorrow never knows“ von Thomas Hoeps und Frank Kaulhausen. Wien: Edition Selene 2003.
Sekundärliteratur
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Duden. Das Bedeutungswörterbuch. 4., neu bearbeitete und erweiterte Aufl. Dudenverlag: Mannheim 2010 (= Duden; Bd. 10).
Duden. Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Aufl. Mannheim: Dudenverlag 1989 (= Duden; Bd. 7).
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Schnell, Ralf: Die Literatur der Bundesrepublik. In: „Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“. 8., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart: Metzler 2013.
Thomsen, Christian W.: s. v. „Groteske, das“. In Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. Von Ansgar Nünning. 5., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart: Metzler 2013.
Wellbery, David E.: „Einleitung“. In: Eine neue Geschichte der der deutschen Literatur. Hrsg. Von David E. Wellbery u. a. Lambert Schneider Verlag: Darmstadt 2007. Übersetzung des Originaltitels A New History of German Literature. Berlin: Berlin University Press 2004.
Werk und Wirkung. Fünfzehn Jahrhunderte deutscher Dichtung. Hrsg. Von Diether Krywalski und Walter Beimdick. München: Ehrenwirth und Oldenbourg 1993.
[1] David E. Wellbery,: „Einleitung“. In: Eine neue Geschichte der deutschen Literatur. Hrsg. Von David E. Wellbery u. a. Lambert Schneider Verlag: Darmstadt 2007. Übersetzung des Originaltitels A New History of German Literature. Berlin: Berlin University Press 2004. S. 15.
[2] Christian W. Thomsen: s. v. „Groteske, das“. In: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. Von Ansgar Nünning. 5., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart: Metzler 2013. S. 284.
[3] Ebd. S. 285.
[4] Ralf Schnell: Die Literatur der Bundesrepublik. In: „Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart“. 8., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart: Metzler 2013. S. 668.
[5] Dieter Hoffmann: Arbeitsbuch. Deutschsprachige Prosa seit 1945. Bd. 1: Von der Trümmerliteratur zur Dokumentarliteratur. A. Francke: Tübingen 2006. (= UTB; Bd. 2729). S. 151.
[6] Duden. Das Bedeutungswörterbuch. 4., neu bearbeitete und erweiterte Aufl. Dudenverlag: Mannheim 2010 (= Duden; Bd. 10). S. 1071.
[7] Matthias Lexers mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 37. Aufl. Stuttgart: S. Hirzel Verlag 1986. S. 488f.
[8] Ebd. S. 488.
[9] Duden. Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Aufl. Mannheim: Dudenverlag 1989. (= Duden; Bd. 7). S. 797.
[10] https://www.nrw-literatur-im-netz.de/datenbank/autoren/134-hoeps-thomas.html; Zugriff am 17.01.2019.
[11] Thomas Hoeps: Arbeit am Widerspruch: `Terrorismus´ in deutschen Romanen und Erzählungen (1837-1992). Dresden: Thelem bei w.e.b. 2001 (= Arbeiten zur Neueren deutschen Literatur; Bd. 8). Zugl. Dresden, Techn. Univ., Diss., 2000).
[12] https://www.nrw-literatur-im-netz.de/datenbank/autoren/134-hoeps-thomas.html; Zugriff am 17.01.2019.
[13] Ebd.
[14] Zu weiteren öffentlichen Auszeichnungen und Förderungen vgl. https://www.nrw-literatur-im-netz.de/datenbank/autoren/134-hoeps-thomas.html; Zugriff am 17.01.2019.
[15] Ebd.
[16] Ebd.
[17] Zur Problematik, den Begriff der „Gegenwartsliteratur“ zu definieren und von der in der Vergangenheit produzierten Literatur abzugrenzen, vgl. Michael Braun: Die deutsche Gegenwartsliteratur. Eine Einführung. Köln: Böhlau 2010 (= UTB; Bd. 3352). S. 13.
[18] Vgl. hierzu Baumgart, der diese politische Zäsur als so gravierend betrachtet, dass es kaum vorstellbar sei, wie eine adäquate literarische Reaktion hierauf aussehen könnte. Reinhard Baumgart: Deutsche Literatur der Gegenwart. Kritiken, Essays, Kommentare. Deutscher Taschenbuch Verlag. München: Carl Hanser Verlag. 1994. S. 562.
[19] Thomas Hoeps: Arbeit am Widerspruch.
[20] Zur literaturgeschichtlichen Ausbildung der Neuen Subjektivität vgl. Dieter Hoffmann: Arbeitsbuch. Deutsch-sprachige Prosa seit 1945. Bd. 2: Von der Neuen Subjektivität zur Pop-Literatur. A. Francke: Tübingen 2006 (= UTB; Bd. 2730). S. 36ff.
[21] Monika Schmitz-Emans: Die Sprache der modernen Dichtung. München: Wilhelm Fink Verlag 1997. (= UTB; Bd. 1963). S. 107.
[22] Vgl. Utz Riese: s. v. „Postmodern/postmodern“. In: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Hrsg. Von Karlheinz Barck u. a. Bd. 5: Postmoderne bis Synästhesie. Studienausgabe. Stuttgart: Metzler 2010. S. 1
[23] Ebd.
[24] Ebd.
[25] Reinhard Baumgart: Deutsche Literatur der Gegenwart. S. 532f.
[26] Ebd. S. 537.
[27] Thomas Hoeps und Philip Lethen: Bacon-Notate. Wien: Edition Selene 2001. S. 5.
[28] Zu Wesen und Funktion des Medienwechsels vgl. Frauke Berndt und Lily Tonger-Erk: Intertextualität. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2013. S. 163.
[29] Ebd. S. 162.
[30] Oliver Jahraus: Literaturtheorie. Theoretische und methodische Grundlagen der Literaturwissenschaft. Tübingen: A. Francke 2004. (= UTB; Bd. 2587). S. 203.
[31] Ebd. S. 191.
[32] Frank Degler und Ute Paulokat: Neue Deutsche Popliteratur. Paderborn: Wilhelm Fink 2008 (= UTB Profile; Bd. 3026). S.9.
[33] Ebd. S. 7.
[34] Ebd. S. 11.
[35] Zur „Eventisierung der Literatur“ um die Jahrtausendwende vgl. Frank Degler und Ute Paulokat: Neue Deutsche Popliteratur. S. 15ff.
[36] Frank Degler und Ute Paulokat: Neue Deutsche Popliteratur. S. 114.
[37] Thomas Hoeps: gib dem onkel die hand (, die schöne!). Krefeld: Sassafras 1994.
[38] Werk und Wirkung. Fünfzehn Jahrhunderte deutscher Dichtung. Hg. von Diether Krywalski und Walter Beimdick. München: Ehrenwirth und Oldenbourg 1993. S. 482.
[39] Zur „Komplexität der Wirklichkeit“ und ihrer Wiedergabe durch die „Montagekunst“ vgl. Dieter Hoffmann: Arbeitsbuch. Deutschsprachige Lyrik seit 1945. (= UTB; Bd. 2037). 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Tübingen: A. Francke 2004. S. 174-176.
[40] Dieter Hoffmann: Arbeitsbuch deutschsprachige Prosa. Bd. 1. S. 86.
[41] Ebd. S. 87.
[42] Thomas Hoeps: Tomorrow never knows – Systemsieg. Zwei Erzählungen über das Glück. Mit dem Hörspiel „Tomorrow never knows“ von Thomas Hoeps und Frank Kaulhausen. Wien: Edition Selene 2003.
[43] Metzler Lexikon. Kultur der Gegenwart. Themen und Theorien, Formen und Institutionen seit 1945. Herausgegeben von Ralf Schnell. Stuttgart: Metzler 2000. S. 517.
[44] Franco Moretti: Atlas des europäischen Romans: Wo die Literatur spielte. Übersetzt von Daniele dell´ Agli. Köln: DuMont 1999. S. 13.
[45] Jean Paul: „Schöne Objektivität“. In: Arbeitstexte für den Unterricht: Ästhetik. Herausgegeben von Thomas H. Macho u. a. Stuttgart: Reclam 1986. S. 40.
[46] Wolf Schmid: Elemente der Narratologie. 3., erweiterte und überarbeitete Aufl. Berlin: De Gruyter 2014. S. 42.
[47] Deniz Göktürk: „Spektakel des Multikulturalismus“. In: Eine neue Geschichte der deutschen Literatur. Hrsg. von David E. Wellbery u. a. Lambert Schneider Verlag: Darmstadt 2007. Übersetzung des Originaltitels A New History of German Literature. Berlin: Berlin University Press 2004. S. 1182.
[48] Leo Kreutzer: Alfred Döblin. Sein Werk bis 1933. Stuttgart: Kohlhammer 1970. S. 31.
[49] Thomas Hoeps: „Fifty ways to kill your Schrankwand“. In: Thomas Hoeps: gib dem onkel die hand (, die schöne!). Krefeld: Sassafras 1994. S. 30f.
[50] Nach von Nayhauss wird die Kürzestgeschichte „als Ausdruck einer noch über die Kurzgeschichte hinausgehenden, radikaleren Atomisierung des Weltverständnisses“ verwendet. Vgl. Hans-Christoph von Nayhauss: „Kürzestgeschichten“. In: Klassische und moderne Kurzprosa. Varianten – kreativer Umgang – Interpretationsmethoden. Herausgegeben von Ekkehart Mittelberg. Berlin: Cornelsen 1999. S. 119.
[51] Im Folgenden werden den Verweisen auf die Primärliteratur die Seitenzahlen in runden Klammern nachgestellt. Die Seitenzahlen beziehen sich auf die im Literaturverzeichnis ausgewiesenen Ausgaben.
[52] Thomas Hoeps: „Fifty ways to kill your Schrankwand“. In: Thomas Hoeps: gib dem onkel die hand (, die schöne!). Krefeld: Sassafras 1994. S. 30f.
[53] Ebd. S. 30.
[54] Thomas Hoeps: Tomorrow never knows. In: Thomas Hoeps: Tomorrow never knows – Systemsieg. Zwei Erzählungen über das Glück. Mit dem Hörspiel „Tomorrow never knows“ von Thomas Hoeps und Frank Kaulhausen. Wien: Edition Selene 2003. S. 83-129.
[55] Edgar Allan Poe: The Complete Tales and Poems. Mit einer Einleitung versehen von Hervey Allen, New York: The Modern Library 1938. S. 303.
[56] Thomas Hoeps: Vgl. Hoeps´ Anmerkungen zu „Tomorrow never knows“ am Ende des Bandes. Thomas Hoeps: Tomorrow never knows. S. 131.
[57] Thomas Hoeps: Pfeifer bricht aus. Wien: edition selene 1998.
[58] Herbert Anton: Die Romankunst Thomas Manns. Begriffe und hermeneutische Strukturen. 2., erw. Aufl. mit einem Anhang: Poetik im Konflikt mit Freud. Paderborn: Schöningh 1972 (= Uni-Taschenbücher; Bd. 153). S. 22.
[59] Herbert Anton: Die Romankunst Thomas Manns. S 40.
[60] Jens Saathoff: Motive krisenhafter Subjektivität. Eine vergleichende Studie zu deutscher und englischer Schauerliteratur des 18. Und 19. Jahrhunderts. Düsseldorfer Diss. 2000. Frankfurt a.M.: Peter Lang 2001. (= Beiträge aus Anglistik und Amerikanistik; Bd. 9). S. 337.