Religiosität und Kirchlichkeit in den alten und neuen Bundesländern


Seminararbeit, 2009

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rollen und Funktionen von Religion innerhalb einer Gesellschaft

3. Religion und Kirche in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg

4. Religiosität und Kirchlichkeit nach der Wiedervereinigung
4.1 Kirchenmitgliedschaft
4.2 Kirchgangshäufigkeit
4.3 Der Glaube an Gott

5. Religion und Kirchlichkeit im heutigen Deutschland
5.1 Konfessionszugehörigkeit
5.2 Religiosität im heutigen Deutschland

6. Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die langjährige Teilung Deutschlands war nicht nur eine geografische, sondern hat auch zu einer sozialen Spaltung geführt. Durch die ideologisch bedingte Marginalisierung von Religion in der DDR kam es zu einer starken Säkularisierung der ostdeutschen Gesellschaft.

Die Frage die sich stellt ist, ob es nach der Wende zu einer Wiederbelebung der Religion kam. Anschließend sollen Gründe für das Eintreten bzw. Nichteintreten dieses Phänomens gefunden werden.

Eine weitere zentrale Frage ist, ob ein ähnlicher Prozess zu diesem Zeitpunkt auch in der BRD stattfand. Worin bestehen die Ähnlichkeiten und worin die Unterschiede? Wo liegen dafür die Ursachen?

Allerdings beschränkt sich diese Arbeit auf die beiden wichtigsten Glaubensrichtungen in Deutschland, das evangelische sowie das katholische Christentum. Die Entwicklung anderer Religionen, wie zum Beispiel die des Islams, werden nicht in die Analyse miteinbezogen.

Im ersten Teil dieser Arbeit wird zunächst einführend erläutert welche Rollen und Funktionen Religion bzw. die Kirche innerhalb einer Gesellschaft einnehmen kann.

Anschließend wird ein Blick auf die Situation der Religion in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg geworfen, da bis zu diesem Zeitpunkt die Gesellschaft eine gemeinsame Entwicklung durchlaufen hat. Diese Daten bilden somit die Basis für die Untersuchung.

Der zweite Teil dieser Arbeit beleuchtet die Lage nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Es wird untersucht welchen Stellenwert Religion in beiden Teilen Deutschlands haben und welche Faktoren zu dieser Entwicklung geführt haben. Dieses Kapitel wird am ausführlichsten behandelt, da es durch die Wiedervereinigung zu einigen tiefgreifenden Veränderungen gekommen ist.

Im letzten Abschnitt wird der heutige Stand in Deutschland diskutiert. Im Mittelpunkt wird hierbei die Frage stehen, ob der sozialistische Einfluss bezüglich der Religion in den neuen Bundesländern bis heute nachwirkt oder ob sich dieser inzwischen relativiert hat.

2. Rollen und Funktionen von Religion innerhalb einer Gesellschaft

Wie von Emile Durkheim schon 1912 in seinem Werk «Les formes élémentaires de la vie religieuse» postuliert gibt es drei Elemente die Religion im Allgemeinen zu Grunde liegen[1], wobei die Gewichtung der einzelnen Elemente innerhalb verschiedener Religionen variieren kann.

Das erste Grundelement sind Überzeugungen. Oft ist der Glaube an ein höheres Wesen fundamental für eine Religion.

Das zweite wichtige Element einer Religion sind die sozialen Praktiken. Dies sind hoch strukturierte und organisierte Formen sozialen Handelns, wie zum Beispiel der christliche Gottesdienst. Darüber hinaus gibt eine Religion auch Regeln für das soziale Handeln der Gläubigen vor, im christlichen Kontext trifft dies zum Beispiel für die zehn Gebote zu.

Als Konsequenz daraus ergibt sich das dritte wesentliche Element, nämlich dass die Gruppe der Gläubigen eine moralische Gemeinschaft bildet.

Durch ihren Glauben werden die Menschen in eine meist dauerhafte soziale Struktur eingebunden, die ihre Beziehungen organisiert indem sie allgemeine Werte und Normen vorgibt. Durch diese werden das soziale Leben und Handeln innerhalb dieser Gemeinschaft reglementiert.

Im Allgemeinen hat Religion also die Aufgabe, eine bestimmte Gruppe sozial zu vereinen und einen moralischen und intellektuellen Konsens zu generieren (Pollack, 2007:367).

Im Laufe dieser Arbeit wird diskutiert werden inwieweit diese Grundsätze noch auf die heutige moderne Gesellschaft in Deutschland anwendbar sind, vor allem in Hinblick auf die ehemalige DDR.

3. Religion und Kirche in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg

Im Gründungsjahr der DDR, also 1949, gehörten noch über 90% der Bevölkerung in Ostdeutschland einer der beiden christlichen Großkirchen an. 81% der Ostdeutschen gehörten der evangelischen Kirche an, 11% der katholischen (Pollack, 2000:19).

Die Situation in Westdeutschland sah ähnlich aus. Der Anteil der Gesamtbevölkerung belief sich im Jahr 1950 auf 96%, wobei der Prozentsatz von katholischen und evangelischen Kirchenmitgliedern in etwa gleich war (Pollack, 2000:19).

Diese vergleichsweise hohen Mitgliederzahlen lassen sich mit dem erheblichen Stellenwert erklären den die Kirchen damals noch hatten, da sie nach dem Zusammenbruch des dritten Reiches die einzigen gesellschaftlich akzeptierten Autoritäten waren, die noch als moralisch integer galten. Deswegen übernahmen sie viele Aufgaben in den Bereichen der Politik, Erziehung und partiell sogar der Wirtschaft, um so das herrschende gesellschaftliche Vakuum zeitweise auszufüllen (Pollack 2007:385). Aufgrund ihres großen Ansehens im In- und Ausland konnten die beiden Großkirchen so die Interessen der deutschen Bevölkerung vertreten (Hach 1980:140).

Die 1950er Jahre können somit als eine Periode stabiler Volkskirchlichkeit[2] bezeichnet werden.

Mit der Gründung der DDR, und der dadurch bedingten oktroyierten Säkularisierung, verliert die Kirche in Ostdeutschland immer mehr an Bedeutung.

Doch auch in der BRD zeichnet sich eine Trendwende ab. Ausgelöst durch den in den 1960er Jahren einsetzenden gesellschaftlichen Wandel, wird die westdeutsche Kirche von einer Austrittswelle erfasst. In dem relativ kurzen Zeitraum zwischen 1966 und 1971 erhöht sich die Austrittsrate in der evangelischen Kirche um das Fünffache, in der katholischen Kirche um das Vierfache, wenn auch von einem niedrigeren Niveau ausgehend (Pollack, 2007:385).

Die Ursachen für diese Wende sind wahrscheinlich gestiegener Wohlstand, verbesserte Bildung sowie eine zunehmende Individualisierung der Gesellschaft. Individuelle Selbstentfaltung steht immer mehr im Vordergrund, besonders bei der jüngeren Generation. Dadurch werden Werte der industriellen Moderne, wie etwa Fleiß, Gehorsam und Disziplin verdrängt. Dies wirkt sich auch auf die Kirchlichkeit und Religiosität der Gesellschaft aus, da die Kirchen seit jeher Institutionen sind, welche traditionell-religiöse und industriell-bürgerliche Werte vertreten (Pollack 2007: 386).

Die auslösenden Faktoren für den einsetzenden Enttraditionalisierungsprozess in den 1960/70er Jahren, sind laut Pollack die „(...) Entstehung der Emanzipationsbewegungen der 1960er Jahre, den Studentenunruhen, der sich vor allem gegen den Vietnam-Krieg richtenden Antikriegsbewegung und der sich ausbreitenden Kritik am Industrialismus und Technizismus der modernen Gesellschaft (...)“ (Pollack 2007:385). Durch unsere vielfältige, pluralistische Gesellschaft wird den Kirchen in zunehmendem Maße die Möglichkeit genommen das Wertesystem der Gesellschaft in seiner Gesamtheit zu präsentieren (Hach, 1980:143). Besonders junge Menschen, Personen mit einem hohen Bildungsniveau und Bewohner von Großstädten sind die Gruppen, welche im hohen Maße aus der Kirche austreten, da sie ihre persönlichen Werte und Normen nicht mehr mit denen der Kirche vereinbaren können (Pollack 2007:386). Die Kirche in Westdeutschland ist zu diesem Zeitpunkt also nicht mehr in der Lage einen moralischen und intellektuellen Konsens zu generieren, obwohl dies eine der genuinen Aufgaben von Religion ist (vgl. Kap.2)

Im nächsten Kapitel soll nun analysiert werden, wie sich diese Entwicklung nach der Wiedervereinigung fortsetzt, wobei die neuen mit den alten Bundesländern verglichen werden sollen.

[...]


[1] Entnommen aus: Pollack, Detlef: „Religion“, S.365. In: Hans Joas (Hrsg.) (2007): „Lehrbuch der Soziologie“. Frankfurt/New York, S. 364-393.

[2] „Die Volkskirche tritt an die Stelle eines Staatskirchensystems, wenn einerseits diese ehemalige Staatskirche ihren Anspruch auf umfassende Repräsentation der Gesellschaft aufgegeben hat, also sich selbst nicht mehr als einzig relevantes und staatstragendes Religionssystem versteht und andererseits weiterhin die große Mehrzahl der Staatsbürger ganz selbstverständlich z. B. durch die Tradition der Kindertaufe Kirchenmitglieder bleiben. Sie repräsentiert dann nicht mehr die offizielle Staatsreligion, wohl aber durchaus die des weit überwiegenden Teils der Bevölkerung.“ (Hach, 1980:139).

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Religiosität und Kirchlichkeit in den alten und neuen Bundesländern
Hochschule
Universität Bayreuth  (Kulturwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Soziologie)
Veranstaltung
Die Sozialstruktur Deutschlands im europäischen Vergleich
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V144282
ISBN (eBook)
9783640535538
ISBN (Buch)
9783640535590
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kirchlichkeit, Religion, Christentum, BRD, DDR, Sozialstruktur
Arbeit zitieren
Neele Siebers (Autor:in), 2009, Religiosität und Kirchlichkeit in den alten und neuen Bundesländern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144282

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