„Es hat sich nichts daran geändert, dass es in der Politik um ernste, [...] fast immer folgenreiche Güterabwägungen und Entscheidungen geht“ (Thierse 2003), konstatiert Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in seiner Eröffnungsrede zum
‚Mainzer Medien Disput 2003’. Was sich allerdings verändert habe, sei die politische Berichterstattung. Statt über folgenreiche politische Entscheidungen werde immer häufiger über Banalitäten berichtet: Schröder oder Stoiber – wer trug die schönere Krawatte im Fernsehduell? Auf diese Weise erzeugen die Medien laut Thierse eine „eigene Wirklichkeit, die das Verhältnis von Wichtigem und Unwichtigem in ihr Gegenteil verkehr[t]“ (Thierse 2003). Eine Entwicklung, die Politikverdrossenheit sowie Populismus fördere und letztlich sogar die deutsche Demokratie bedrohe (vgl. Thierse 2003). Thierses Kritik ist weder neu noch eine Einzelmeinung. Vielmehr wird sie seit einigen Jahren auch von den Medien selbst
immer wieder geäußert. So sieht der Tagesspiegel den Bürger „overnewsed but underinformed“ und beklagt ebenfalls eine „Umkehr der Wichtigkeiten“ (Leif 2003: 31). Das Handelsblatt bemängelt am politischen Journalismus der Gegenwart, dass „[d]ie Menüfolge beim Essen des Bundespräsidenten mit einem bekannten Schauspieler [.] im heutigen Polit-Infotainment oft wichtiger [sei] als ein Detail der Steuerreform“ (Goffart 2003: 14). Auffällig an der öffentlichen Diskussion um die Qualität politischer Berichterstattung ist, dass keineswegs Objektivität oder Wahrheitstreue des Informationsangebots angezweifelt werden.
Den Medien wird nicht vorgeworfen zu lügen. Die Kritik lautet, es werde immer weniger über die wirklich wichtigen politischen Themen berichtet. Mit anderen Worten: Die Relevanz der Politikberichterstattung nehme stetig ab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Relevanz: ein subjektiver Begriff kultureller Prägung
- Keine Massendemokratie ohne Massenmedium
- Defätistische Nachrichtenkritik
- Unterhaltung – die amüsante Bedrohung?
- Vom Wesen der Unterhaltung: ein Definitionsversuch
- Unterhaltungsstrategien: wie Nachrichtenangebote Zuschauer bzw. Leser gewinnen wollen
- Unterhaltsame Nachrichten: verteufeln oder gutheißen?
- Symbolische Politik: Surrogat für relevante Information?
- Gesellschaftliche Rahmenbedingungen I: funktionale Differenzierung. Interpenetration der Systeme Politik und Journalismus
- Gesellschaftliche Rahmenbedingungen II:
- Charakteristika symbolischer Politik
- Symbolische Politik: verteufeln oder gutheißen?
- Zwischenfazit: Kritik defätistischer Nachrichtenkritik
- Unterhaltung – die amüsante Bedrohung?
- Relevanzanalyse: Süddeutsche Zeitung und Tagesschau
- Zur wissenschaftlichen Seriosität von Relevanzmessungen
- Untersuchungsdesign
- Methode: Inhaltsanalyse
- Eingrenzung: Politikebene, Medienauswahl, Messzeitpunkte
- Externe und interne Relevanz
- Operationalisierung
- Externe Relevanz
- Interne Relevanz
- Datenauswertung
- Die Relevanz bundespolitischer Nachrichten im diachronen Vergleich (1983 vs. 2003)
- Externe Relevanz
- Interne Relevanz
- Analyseergebnis I: keine Bestätigung der Hypothese sinkender Nachrichtenrelevanz
- Intermedialer Vergleich der Relevanzentwicklung (Süddeutsche Zeitung vs. Tagesschau)
- Externe Relevanz
- Interne Relevanz
- Analyseergebnis II: Entwicklung der Nachrichtenrelevanz kaum durch medienspezifische Unterschiede geprägt
- Die Relevanz bundespolitischer Nachrichten im diachronen Vergleich (1983 vs. 2003)
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die These sinkender Relevanz politischer Nachrichten im diachronen und intermedialen Vergleich. Sie analysiert die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung und der Tagesschau über bundespolitische Themen in den Jahren 1983 und 2003. Die Arbeit zielt darauf ab, die Entwicklung der Relevanz politischer Nachrichten zu untersuchen und die Rolle von Unterhaltungsstrategien und symbolischer Politik in der Medienlandschaft zu beleuchten.
- Die Relevanz von politischen Nachrichten im Wandel der Zeit
- Der Einfluss von Unterhaltungsstrategien auf die Nachrichtenberichterstattung
- Die Rolle der symbolischen Politik in der medialen Darstellung politischer Ereignisse
- Die Unterschiede in der Relevanzbewertung zwischen Print- und Fernsehmedien
- Die Auswirkungen von Relevanzveränderungen auf die politische Kommunikation und die Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die These der sinkenden Relevanz politischer Nachrichten vor und führt in die Forschungsfrage ein. Sie zeigt die aktuelle Kritik an der politischen Berichterstattung auf und beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf die Relevanz von Nachrichten.
- Das Kapitel „Relevanz: ein subjektiver Begriff kultureller Prägung“ beleuchtet den Begriff der Relevanz aus unterschiedlichen Perspektiven und geht auf die subjektiven und kulturellen Prägungen der Relevanzbewertung ein.
- Das Kapitel „Keine Massendemokratie ohne Massenmedium“ analysiert die Rolle der Medien in einer Demokratie und untersucht den Zusammenhang zwischen Massenmedien und politischer Partizipation.
- Das Kapitel „Defätistische Nachrichtenkritik“ beschäftigt sich mit der Kritik an der Qualität politischer Berichterstattung und untersucht verschiedene Argumente, die die These der sinkenden Relevanz politischer Nachrichten stützen.
- Der Unterpunkt „Unterhaltung – die amüsante Bedrohung?“ beleuchtet die Rolle von Unterhaltungsstrategien in der Nachrichtenberichterstattung und untersucht deren Einfluss auf die Relevanzbewertung.
- Der Unterpunkt „Symbolische Politik: Surrogat für relevante Information?“ analysiert die Bedeutung von symbolischer Politik in der medialen Darstellung politischer Ereignisse und untersucht deren Auswirkungen auf die Relevanzbewertung.
- Das Kapitel „Relevanzanalyse: Süddeutsche Zeitung und Tagesschau“ beschreibt die Methodik und Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Die Relevanz der Berichterstattung über bundespolitische Themen wird im diachronen und intermedialen Vergleich analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept der Relevanz in der politischen Nachrichtenberichterstattung und untersucht die Entwicklung dieser Relevanz im diachronen und intermedialen Vergleich. Wichtige Schlüsselbegriffe sind Relevanz, Nachrichtenqualität, politische Kommunikation, Medienkritik, Inhaltsanalyse, Unterhaltungsstrategien, symbolische Politik, Süddeutsche Zeitung, Tagesschau und Demokratie.
- Arbeit zitieren
- Malte Peters (Autor:in), 2005, Wichtig oder nichtig? - Zur These sinkender Relevanz politischer Nachrichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144380