Daniels Buch „Just health care“ steht im Kontext einer healthcare ethics, einer Ethik der Gesundheitsversorgung. Daniels versucht darin, John Rawls Werk „Theory of Justice“(1971) auf seine Theorie der “health care” zu adaptieren.
Gegenstand der Gerechtigkeitstheorie nach Rawls, ist die moralische Bewertung von gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen, nicht einzelner Handlungen von Individuen. Dabei ist Gerechtigkeit die erste Tugend sozialer Institutionen. Die Idee einer wohlgeordneten Gesellschaft, in der notwendige Gerechtigkeitsgrundsätze allgemein akzeptiert sind, schafft eine faire Ausgangsposition.
Die hypothetische Vertragssituation ist eine Operationalisierung der Idee der Unparteilichkeit in Gestalt eines „Urzustandes“, in dem die Teilnehmer sich hinter einem „Schleier des Nichtwissens“ befinden, welcher die moralisch willkürliche Verteilung von „natürlichen Gütern“ wie Intelligenz, Lebenskraft, Phantasie oder Gesundheit durch die „Lotterie der Natur“ neutralisiert (vgl. Thielmann). Die Verteilung der natürlichen Güter ist weder gerecht noch ungerecht. Als gerecht oder ungerecht kann allein bezeichnet werden, wie Institutionen mit dieser natürlichen Verteilung umgehen.
Den Begriff der „Gesundheit“ versteht Rawls als ein „öffentliches Gut“ im ökonomischen Sinn (z.B. Impfprogramme oder andere Gesundheitsdienste). Er stellt die Idee einer besonderen Zahlung im Krankheitsfall im Rahmen einer „negativen Einkommenssteuer“ auf. Doch die Anwendungsmöglichkeiten der Theorie sind begrenzt, denn was ist mit denen, die nicht um diese Dinge, die auf Jobs, Ämter und Karrieren fokussiert sind, konkurrieren?
Eine Möglichkeit besteht darin, zu den Grundgütern die Gesundheitsversorgung hinzuzufügen, bzw. die Liste der Grundgüter und der Gerechtigkeitsgrundsätze zu erweitern. Ronald Green, zum Beispiel, sieht Gesundheitsversorgung als ein soziales Grundgut, denn sie scheint im Urzustand wichtiger als das Einkommen zu sein. Die weitere Möglichkeit besteht in einer Erweiterung der Gerechtigkeitsprinzipien um ein drittes Prinzip, „das allen unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Stellung gleichermaßen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung garantiert, die so umfangreich sein soll, wie die Gesellschaft es zulässt“ (vgl. Thielmann).
Inhaltsverzeichnis
- Gesundheitsversorgung und die Theorie der Gerechtigkeit nach Rawls
- Das Differenzprinzip
- Gerechtigkeitsgrundsätze und Vorrangregeln
- Gesundheit als öffentliches Gut
- Erweiterung der Gerechtigkeitsprinzipien
- Kritikpunkte an Rawls's Theorie
- Gesundheit und das Prinzip der fairen Chancengleichheit: Daniels
- Faire Chancengleichheit und die normale Bandbreite an Lebenschancen
- Gesundheitsversorgung als strategisch wichtiges Gut
- Verteilung medizinischer Ressourcen
- Institutionelle Ebenen der Gesundheitsversorgung
- Kritik an Daniels's Theorie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Daniels' Buch „Just health care“ analysiert die Gerechtigkeitsaspekte der Gesundheitsversorgung im Kontext von John Rawls' „Theory of Justice“. Ziel des Buches ist es, Rawls' Prinzipien der Gerechtigkeit auf die Gesundheitsversorgung anzuwenden und somit eine ethische Grundlage für die Verteilung medizinischer Ressourcen zu schaffen.
- Gerechtigkeitsgrundsätze und ihre Anwendung auf die Gesundheitsversorgung
- Das Prinzip der fairen Chancengleichheit und seine Bedeutung für die Gesundheitsversorgung
- Die Rolle der Gesundheitsversorgung bei der Realisierung von Lebenschancen
- Institutionelle Gestaltung der Gesundheitsversorgung zur Gewährleistung fairer Chancengleichheit
- Kritikpunkte an der Anwendung von Gerechtigkeitstheorien auf die Gesundheitsversorgung
Zusammenfassung der Kapitel
- Im ersten Kapitel wird die Theorie der Gerechtigkeit nach Rawls vorgestellt, insbesondere das Differenzprinzip und die Gerechtigkeitsgrundsätze. Es wird analysiert, inwiefern Rawls' Theorie die Gesundheitsversorgung als öffentliches Gut betrachtet und welche Anwendungsmöglichkeiten sie bietet.
- Das zweite Kapitel befasst sich mit der Erweiterung der Gerechtigkeitsprinzipien, um die Gesundheitsversorgung als ein soziales Grundgut zu integrieren. Dabei werden verschiedene Ansätze zur Einbeziehung der Gesundheitsversorgung in die Gerechtigkeitsgrundsätze diskutiert.
- Im dritten Kapitel werden verschiedene Kritikpunkte an Rawls's Theorie im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung vorgestellt. Es wird argumentiert, dass die Theorie bestimmte Aspekte der Gesundheitsversorgung nicht ausreichend berücksichtigt und zu moralischen Problemen führt.
- Das vierte Kapitel stellt Daniels' Konzept der fairen Chancengleichheit im Kontext der Gesundheitsversorgung vor. Es wird erklärt, wie Krankheit die normalen Lebenschancen einschränkt und wie Gesundheitsversorgung zu deren Wiederherstellung und somit zur Förderung fairer Chancengleichheit beiträgt.
- Das fünfte Kapitel diskutiert die institutionelle Gestaltung der Gesundheitsversorgung, um die faire Chancengleichheit zu gewährleisten. Es werden vier Ebenen der Gesundheitsversorgung vorgestellt, die jeweils unterschiedliche ethische Herausforderungen aufwerfen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Gerechtigkeit, Gesundheitsversorgung, faire Chancengleichheit, Lebenschancen, medizinische Ressourcenverteilung, John Rawls, Norman Daniels und die Anwendung ethischer Prinzipien auf soziale Strukturen.
- Arbeit zitieren
- Stud. phil. Jan Schultheiß (Autor:in), 2008, Über Norman Daniels Ethik der Gesundheitsversorgung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144492