Die mittelbare Grundstücksschenkung im Schenkungsteuerrecht

Analyse der Rechtsprechung, Rechtfertigung der Rechtsfigur und Zukunft unter dem Erbschaftsteuerreformgesetz (Stand 2009)


Seminararbeit, 2009

42 Seiten, Note: 8 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

A. Einleitung

B. Zur Sachlage
I. Gegenstand der Schenkung
1. subjektiv
2. objektiv
II. Differierende Bewertung
III. Folge

C. Geld- oder Grundstücksschenkung?
I. Schenkung unter Auflage
II. mittelbare Schenkung
1. Geldschenkung nach Grundstückserwerb durch den Schenker
2. Geldschenkung vor dem Grundstückserwerb
3. spätester Zeitpunkt
4. Trennung in Zusage und Ausführung der Schenkung
a.) Zeitpunkt der Zusage
b.) Inhalt der Zusage
c.) Form der Zusage
5. Auseinanderfallen von Zusage/Zufluss und Verwendung

D. Zeitpunkt der Entstehung der Steuer
I. Geldschenkung unter Auflage
II. Grundstücksschenkung

E. Fallgruppen
I. Schenkung eines unbebauten Grundstücks
1. Schenkung des vollen Kaufpreises des Grundstücks
2. Schenkung eines Teils des Kaufpreises
a.) – eines kompletten Grundstücks
b.) – eines Miteigentumsanteils
c.) Übernahme von auf dem Grundstück lastenden Schulden
d.) unbedeutender Teil
3. Schenkung eines Anspruchs auf Übereignung
II. Schenkung eines Grundstücks mit Gebäude im Zustand der Bebauung
III. Schenkung eines Gebäudes
1. in Verbindung mit einem Grundstück
a.) fertiges Gebäude
b.) noch zu errichtendes Gebäude
c.) Teil eines noch zu errichtenden Gebäudes
2. auf einem dem Beschenkten bereits gehörenden Grundstück
a.) Beschenkter ist Eigentümer des Grundstücks
b.) Beschenkter ist Miteigentümer des Grundstücks
3. auf fremdem Grund und Boden
a.) Grundstück bleibt fremd
b.) Grundstück wird später übertragen
aa.) von einem Dritten
bb.) vom Schenker
IV. Um-, Aus- und Anbauten
V. Reparaturen, Instandhaltungen, Modernisierungen, Renovierungen
VI. Überschießende Beträge
1. „unverbaute“ Reste
2. aufgelaufene Zinsen
3. zinsloses Darlehen
VII. Erwerbsnebenkosten
VIII. staatliche Förderungen

F. Anwendbarkeit auf den Erwerb von Todes wegen

G. Rechtfertigung des Rechtsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung
I. Bevorzugung einer gesondert bewerteten Schenkung
II. Zwei Wege
1. direkte Schenkung
2. Schenkung über Umwege
a.) Erwerb durch den Schenker und Weiterschenkung
b.) mittelbare Schenkung
III. Fazit

H. Zukunft der mittelbaren Grundstücksschenkung
I. Einheitswerte bis 1995
II. geänderte Bewertung ab 1996
III. erneute Verfassungswidrigkeit
IV. Folge für die mittelbare Grundstücksschenkung
1. §13c ErbStG n.F. (zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke)
2. §13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG (Familienheim an Ehegatten/Lebenspartner)
3. Investitionen in Grundstücke
4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gebraucht werden die üblichen Abkürzungen, vgl.

Kirchner, Hildebert/Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., Berlin/New York 2006

A. Einleitung

Gegenstand der vorliegenden Seminararbeit ist das von der Rechtsprechung und Literatur entwickelte Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung und dessen Folgen hinsichtlich des Schenkungsteuerrechts.

Die Möglichkeit, etwas zu Verschenken, was der Schenker nie besessen hat und die steuerliche Bewertung dieses Geschenks zu Schleuderpreisen[1] lassen die mittelbare Grundstücksschenkung zu einem Steuersparmodell werden, die den „Kleinen Konz“ in einem jedem von uns weckt.

Dieses Modell ist jedoch nur auf den ersten Blick einfach anzuwenden, es bedarf einer gewissen Vorsicht in der Gestaltung, damit die tatsächliche Anwendung dieser Möglichkeit auch vom Finanzamt anerkannt wird.[2]

Daher wird im Folgenden das Rechtsinstitut erläutert, das Modell der mittelbaren Grundstücksschenkung aufgebaut, die Rechtsprechung hinsichtlich dieser mittelbaren Grundstücksschenkung analysiert, und die so entwickelte Rechtsfigur dann einer Rechtfertigung unterzogen.

Angesichts des gravierenden Wandels im Erbschafts- und Schenkungsteuerrecht durch den Beschluss des BVerfG vom 7. November 2006[3] und des daraufhin erlassenen Erbschaftssteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008[4] ist ein Ausblick auf die Zukunft des Rechtsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung unter diesen veränderten Vorzeichen vonnöten.

B. Zur Sachlage

Der Gedanke hinter der Entwicklung dieses Rechtsinstituts wird zwei wesentlichen Besonderheiten geschuldet, die im Zusammenspiel zu einer Sinnhaftigkeit der mittelbaren Grundstücksschenkung führen.

I. Gegenstand der Schenkung

1. subjektiv

„Was Gegenstand der Schenkung ist, bestimmt sich ausschließlich nach bürgerlichem Recht.“[5] Diese zivilrechtliche Betrachtungsweise ist auch für das Schenkungsteuerrecht maßgeblich.[6] Hierbei kommt es auf den Willen der Parteien[7] an, was dem Beschenkten zugewendet werden soll. Auf das Motiv, welches zur Bildung des entsprechenden Parteiwillens geführt hat, kommt es nicht an.[8] [9]

Allerdings ist der Tatbestand der Schenkung unter Lebenden weiter als der bürgerlich-rechtliche Begriff der Schenkung[10] ; das Schenkungsteuerrecht erweitert den Bereich der Schenkung auch noch auf die freigiebige Zuwendung. In diesem Fall kommt es, mangels Einigung zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger[11], darauf an, was dem Bedachten allein nach dem Willen des Schenkers geschenkt sein soll.[12]

2. objektiv

Bei der unmittelbaren Schenkung, wie sie das Gesetz auf den ersten Blick in §516 BGB vorsieht, geht das Objekt auf den Beschenkten in der gleichen Form über, in der es sich im Vermögen des Schenkers befunden hat. Das RG hat mit Urteil vom 13. September 1913[13] noch entschieden, dass der Schenkungsgegenstand nur das sein könne, was im Eigentum des Schenkenden gestanden habe.[14] Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Die bürgerliche Schenkung verlangt, dass der Beschenkte aus dem Vermögen des Schenkers (das Schenkungsteuerrecht geht hier sogar weiter und verlangt, dass die Schenkung lediglich „auf Kosten“ des Schenkers erfolgt[15]) bereichert worden ist – nicht verlangt wird, dass der Gegenstand der Schenkung sich vorher genauso im Vermögen des Schenkers befunden hat und vollkommen spiegelbildlich übergeht.[16] Entreicherungs- und Bereicherungs-gegenstand müssen nicht identisch sein[17] [18].

Seit langem[19] ist daher auch die Möglichkeit einer mittelbaren Schenkung anerkannt, bei der der Beschenkte etwas empfängt, was in dieser Form nie das Vermögen des Schenkers verlassen hat, also nie in seinem Eigentum stand.[20] Als Gegenstand der Schenkung maßgeblich ist hier, was der Beschenkte nach dem Willen der Beteiligten (Rechtsfolgewillen[21]) „endgültig“[22] /“schließlich“[23] empfangen hat[24], nicht was der Schenker hingegeben hat[25] [26] [27]. Entscheidend ist, über was der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker - „tatsächlich und rechtlich“[28] - frei verfügen kann[29] [30] [31] (sog. Dispositionsbefugnis[32]), also die endgültige Bereicherung. Ist eine Weiterveräußerungsklausel vorhanden, so ist der erzielte Verkaufserlös Gegenstand der Schenkung. Es ist nicht von einer endgültigen Bereicherung in Form des Grundstück auszugehen, sondern in Form des Erlöses.[33]

Der Parteiwille muss also tatsächlich ausgeführt werden[34], tritt ein Widerspruch zwischen Parteiwille und Ausführung auf, so ist dem Verhalten gegenüber der Erklärung Vorrang einzuräumen.[35]

Kann jedoch der Beschenkte nicht über das geschenkte Geld frei verfügen, sondern erst über das damit zu erwerbende Grundstück, so ist dieses Gegenstand der Schenkung. Dies ist der „wirtschaftliche Kern“ der Schenkung.[36]

Lässt sich ein genauer Parteiwille nicht ermitteln, ist im Zweifel eine Geldschenkung anzunehmen.[37]

Liegt somit ein steuerbarer Vorgang vor, und fällt dieser Gegenstand nicht unter eine Steuerbefreiung (§10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) des Beschenkten, knüpft somit mit dieser bei ihm angekommenen Bereicherung die Wertermittlung nach §§11, 12 ErbStG an[38].

Somit wurde die Möglichkeit eröffnet, dass bei einer schenkweisen Übertragung von Geld, welches für einen Grundstückskauf prädestiniert ist, Gegenstand der Schenkung (Zuwendungsobjekt) nicht das Geld, sondern das damit erworbene Grundstück ist[39], welches dann bewertet wird.

II. Differierende Bewertung

„Nicht der Wert der Vermögenshingabe, der meist dem wirklichen Wert des Vermögenszuwachses entspricht, sondern allein der Steuerwert des Zuwendungsgegenstands bestimmt den Erwerbswert.“[40]

Bei der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern, sei es durch Schenkungen unter Lebenden (§7 ErbStG), sei es durch Erwerb von Todes wegen (§3 ErbStG), wird die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Erbschafts- und Schenkungsteuer durch Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter nach den Vorschriften der §§11, 12 ErbStG und denen des Bewertungsgesetzes ermittelt. Lex generalis ist §9 BewG, der für die Bewertung eines Wirtschaftsgutes den gemeinen Wert heranzieht, den das Gesetz in Abs. 2 legaldefiniert.

Dies gilt jedoch nur, „soweit nichts anderes vorgeschrieben ist“[41]. Im Vierten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes sind jedoch besondere Bewertungs-vorschriften als leges speciales zum allgemeinen Grundsatz der Bewertung nach gemeinem Wert niedergelegt.

Dies betraf bis zur Neuregelung der Erbschaftssteuer[42] die Bewertung von Grundbesitz für die Erbschafts- und Grundsteuer, heutzutage nunmehr allein für die Grundsteuer.

Bis Ende 1995 wurde Grundbesitz mit dem turnusmäßig festgestellten Einheitswert angesetzt, danach mit den so genannten Bedarfswerten. Der Einheitswert eines Grundbesitzes inkl. der 40%igen Erhöhung nach §121a BewG[43] erreichte jedoch regelmäßig nur 13,6 - 30%[44] /10-20%[45] des gemeinen Wertes, die Bedarfswerte weiterhin trotz des Beschlusses des BVerfG vom 22. Juni 1995[46] zur Verfassungswidrigkeit der Bewertung nach Einheitswerten gemeinhin nur 60 - 70%, in Extremfällen waren Schwankungsbreiten von 20 - über 100% auszumachen[47]. Diese Steuerwerte hatten den Bezug zu den wirklichen Grundstückspreisen verloren[48]. Der Einheitswert wurde nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1964 bemessen (im Beitrittsgebiet sogar nach denen vom 1. Januar 1935), die Bedarfswerte nach denen vom 1. Januar 1996; eine an realen Veränderungen orientierte Wertanpassung fand, abgesehen von der bereits recht früh eingeführten 40%igen Erhöhung nicht statt. Die eigentlich vorgesehene Anpassung an die reale Wertentwicklung im 6-Jahres-Turnus wurde bereits 1970[49] aus politischen Gründen ausgesetzt. Das Vererben und Verschenken von Grundstücken war somit gegenüber anderen Vermögenswerten steuerlich privilegiert[50].

III. Folge

Durch diese Differenz in der Bewertung von Geldvermögen, das nach §9 Abs. 1 BewG mit dem gemeinen Wert, also mit dem Nennwert angesetzt wurde, und der Bewertung von Grundvermögen nach marktfernen[51] /absurden[52] Einheits- und später Bedarfswerten, ergab sich ein enormer Steuerspareffekt[53], wenn Gegenstand der Schenkung anstelle eines Geldbetrags ein Grundstück war. Durch das Konstrukt der mittelbaren Schenkung war es nun möglich, auch ohne dass der Schenker ein zu übertragendes Grundstück sein Eigen nannte, welches er hätte übereignen können, dass trotz eines hingegebenen Geldbetrags nicht der Nennwert des Geldes zum Ansatz kam, sondern der Steuerwert des damit erworbenen Grundstücks.[54]

C. Geld- oder Grundstücksschenkung?

I. Schenkung unter Auflage

Eine Schenkung unter einer Auflage liegt dann vor, wenn der geschenkte Geldbetrag dem Beschenkten zufließt, jedoch zum Zeitpunkt des Geldzuflusses die Auflage, unter der das Geld verwendet werden soll, noch nicht hinreichend konkretisiert[55] ist und die Auswahl im Ermessen des Beschenkten liegt.[56] Im Falle der gewollten Zuwendung eines Grundstücks ist dies gegeben, wenn zum Zeitpunkt des Geldzuflusses noch nicht feststeht, um welches Grundstück es sich genau handelt[57] oder ob bereits ein konkretes Bauvorhaben[58] vorliegt. Belege für ein konkretes Bauvorhaben sind eine Bauvoranfrage, ein Kostenvoranschlag oder ein Finanzierungsplan.[59] Sind diese gedanklichen Festlegungen noch nicht so weit gediehen, ist also die Zuwendung lediglich mit Empfehlungen oder Wünschen für ihre Verwendung verbunden[60], ist Gegenstand der Schenkung das hingegebene Geld und nicht das (noch nicht ermittelbare) Grundstück oder Gebäude.

II. mittelbare Schenkung

Ist jedoch ein Grundstück bereits ins Auge gefasst und besteht der feste Wille, gerade mit diesem Grundstück den Beschenkten zu bereichern (objektgebundene Verwendung[61]), ist hier eine mittelbare Grundstücksschenkung anzunehmen. Der Wille, was zum Gegenstand der Schenkung gemacht werden soll, muss sich jedoch in objektiv nachprüfbaren Tatsachen[62] niederschlagen, um im Nachhinein Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu vermeiden.[63] Diese wird einen entsprechenden Parteiwillen nicht unterstellen, es ist entscheidend, „dass der Parteiwille entsprechend dokumentiert wird.“[64] Dazu braucht es einer klaren Vereinbarung[65] über die Zweckbindung, z.B. mit einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag oder einem vertraglich gesicherten Rückforderungsanspruch für den Fall der nicht zweckmäßigen Verwendung des Geldes.[66]

Geschieht eine solche mittelbare Grundstücksschenkung in der Absicht, Steuern zu sparen, so steht das der Annahme einer solchen nicht entgegen, sondern bekräftigt geradewegs den Willen, ein Grundstück zu schenken.[67] Ein Gestaltungsmissbrauch iSd. § 42 AO ist hier nicht anzunehmen.[68]

Eine Falschbezeichnung als „Auflage“ iSd. §525 BGB ist dann unschädlich, wenn es sich nach Auslegung tatsächlich um eine oben beschriebene genaue Zweckbindung handelt.[69]

Dazu ist jedoch der Zeitpunkt der Zusage der Schenkung bzw. der Hingabe des Geldes von nicht zu unterschätzender Bedeutung[70].

1. Geldschenkung nach Grundstückserwerb durch den Schenker

Entscheidet sich der Schenker, die finanziellen Folgen eines Grundstückskaufs des Beschenkten dadurch abzumildern, ihm einen Teil des Kaufpreises oder den kompletten Kaufpreis des Grundstücks zu übernehmen, und zwar nachdem der Bedachte das Grundstück bereits in eigenem Namen und auf eigene Rechnung[71] [72] erworben hat, so ist Gegenstand dieser Zuwendung der aufgewandte Betrag, der Vorgang ist als Geldschenkung unter Auflage zu qualifizieren. Der steuerliche Wert der Schenkung entspricht dem vollen Nennwert des Geldbetrages.

2. Geldschenkung vor dem Grundstückserwerb

Ist das Grundstück, mit dem der Beschenkte bereichert werden soll, bereits hinreichend konkretisiert (z.B. durch Angaben über Art und Lage des Objekts[73], Straße, Katasterangaben, Bau- und Lagepläne[74] - ist das Grundstück anhand vom Schenker vorgegebener Merkmale nicht exakt benannt, aber bestimmbar, so genügt dies als hinreichende Konkretisierung[75] [76] - selbst die Auswahl aus einem abgegrenzten Kreis von Grundstücken wird noch akzeptiert[77]), jedoch noch nicht Eigentum des Beschenkten, so ist Gegenstand der Schenkung das Grundstück, wenn sich die Verfügungsmöglichkeit des Beschenkten über das Geld dahingehend erschöpft, dass er einzig und allein das vorher bestimmte Grundstück erwerben kann.

3. spätester Zeitpunkt

Entscheidend bei dieser Konstellation ist der Zeitpunkt, ab dem eine Grundstücksschenkung ausgeschlossen werden kann. Eine Meinung[78] ist hier, dass das Grundstück zu dem Zeitpunkt dem vorgesehenen Empfänger wirtschaftlich zuzurechnen ist, nachdem der Kaufvertrag geschlossen wurde. Auch wenn sachenrechtlich das Eigentum noch nicht übergegangen ist, kann es trotzdem nicht mehr Gegenstand der Schenkung sein, da es sich bereits in der wirtschaftlichen Eigentumssphäre des Beschenkten befindet. Eine andere Meinung besagt, dass eine (nachträgliche) Grundstücksschenkung erst nach erfolgtem Eigentumsübergang des Grundstücks an den Erwerber und potentiell Beschenkten nicht mehr möglich ist.[79] Der ersten Meinung ist hier zu folgen. Hat sich der Erwerber des Grundstücks bereits selber dazu verpflichtet, das Grundstück zu erwerben (aus eigenen Mitteln) und erfährt er erst danach von einer Geldbeihilfe zu dem Grundstückskauf, so kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eigentlich das Grundstück geschenkt sein soll.

Bei der mittelbaren Gebäudeschenkung (vgl. E III 2 weiter unten) ist auf den Zeitpunkt vor Beginn der Baumaßnahme abzustellen.[80]

Ein entgegenstehender Parteiwille, der auf die Schenkung eines Grundstücks oder Gebäudes gerichtet ist, ist von diesem Zeitpunkt an nicht mehr maßgeblich.[81]

Ist dem Grundstückskäufer Geld zum Erwerb eines Grundstücks darlehensweise zur Verfügung gestellt worden, und wird das Darlehen später in eine Schenkung umgewandelt (Verzicht auf Rückzahlung), so muss für die Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung die Zusage der Umwandlung bis zum Grundstückserwerb abgegeben und bis zur Bezahlung des Kaufpreises auch tatsächlich vorgenommen worden sein.[82]

4. Trennung in Zusage und Ausführung der Schenkung

Es kann allerdings passieren, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem eine mittelbare Schenkung noch möglich ist, diese vom Schenker lediglich zugesagt worden ist, die tatsächliche Ausführung jedoch erst später erfolgt.

a.) Zeitpunkt der Zusage

Es war umstritten, ob eine mittelbare Grundstücksschenkung dann noch möglich ist, wenn der gesamte hinzugebende Geldbetrag vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages oder Beginn der Bauarbeiten zugesagt ist, jedoch dem Beschenkten erst nach Eigentumsübergang zufließt.

Ein Abstellen auf den tatsächlichen Zufluss führt jedoch zu Zufälligkeiten, besonders im Hinblick auf Unzulänglichkeiten des normalen täglichen Wirtschaftslebens, z.B. zu lange Banklaufzeiten, fehlende Zusagen seitens des Kreditinstitutes oder Überweisungsfehler. Wurde das zu schenkende Geld dem Beschenkten zugesagt, sodass dieser daraufhin den Kaufvertrag über das Grundstück abschließt, und floss ihm das Geld aber aufgrund der oben genannten Probleme erst kurze Zeit später zu, so bedeutete dies die Annahme einer Geldschenkung, da bereits der Beschenkte das wirtschaftliche Eigentum erlangt hatte und somit das Grundstück nicht mehr Gegenstand der Schenkung sein konnte.

Diese Auffassung ist ebenfalls zu eng und zu weit entfernt vom eigentlichen Parteiwillen. Ein solch externer Grund kann nicht die Annahme einer mittelbaren Grundstücksschenkung ausschließen.

Auch im Falle von anderen Verzögerungen in der Geldhingabe, die evtl. sogar die Parteien zu vertreten haben, ist eine mittelbare Grundstücksschenkung noch anzunehmen[83], allerdings muss das Geld bis spätestens zur endgültigen Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung gestellt werden.[84] [85]

[...]


[1] Die eintretende wirtschaftliche Bereicherung wäre selbstverständlich steuerpflichtig, kann (bzw. konnte) jedoch bewertungsrechtlich nahezu nicht erfasst werden. (Söffing, in: ZErb 2004, S. 39 (43))

[2] dazu sehr treffend: Kaefer / Röse, in: DStR 1992, S. 779 (783): Die mittelbaren Grundstücksschenkungen sind „ein Labyrinth mit vielen Schlupflöchern, aber auch vielen Sackgassen.“ Bei der Anwendung begibt man sich auf einen „Drahtseilakt zwischen in sich widersprüchlichen Steuernormen und gekünstelten Rechtskonstruktionen.“ Kleiner Trost: „Absturzgefahren gehören zum Gestaltungsrisiko.“

[3] BVerfGE 117, 1 – Az. 1 BvL 10/02.

[4] BGBl. I, S. 3018.

[5] Schürner, in: BB 1989, S. 813 (814).

[6] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[7] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[8] Beschluß des BFH vom 27. Oktober 1970, Az. II S 2-4/70, BStBl. II 1971, S. 269 (270).

[9] vgl. Knobbe - Keuk, in: FS für Flume, Bd. II, S. 149 (151).

[10] Söffing, in: ZErb 2004, S. 39.

[11] Urteil des BFH vom 19. August 1959, Az. II 259/57 S, BStBl. III 1959, S. 417.

[12] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. II 2005, S. 188 (189).

[13] Az. 399/13 V, in: JW 1914, S. 301.

[14] „Nur das kann man verschenken, was einem gehört“, Söffing, Mittelbare Schenkung, S. V (Vorwort); vgl. auch das dem BFH-Urteil vom 6. März 1985, Az. II R 19/84, BStBl. II 1985, S. 382 vorangegangene Urteil des FG Köln.

[15] §7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, so auch Meincke, §7 Rn. 10.

[16] Urteil des BFH vom 12. Dezember 1979, Az. II R 157/78, BStBl. II 1980, S. 260 (261).

[17] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. II 2005, S. 188 (189).

[18] so auch der BGH, Urteil vom 2. Juli 1990, Az. II ZR 243/89, BGHZ 112, S.40 (42).

[19] spätestens mit dem Urteil des Reichsgerichts vom 19. Juni 1941, RGZ 167, S.199 (202) – Az. V 129/40.

[20] Vgl. hierzu Urteil des BGH vom 29. Mai 1952, Az. IV Z 167/51, in: NJW 1952, S. 1171.

[21] Urteil des BFH vom 15. November 1978, Az. II R 69/72, BStBl. II 1979, S. 201 (202).

[22] Schürner, a.a.O.

[23] RGZ 167, S. 199 (203).

[24] vgl. Urteil des BGH vom 3. Dezember 1971, Az. V ZR 134/69, in: NJW 1972, S. 247 (248).

[25] So schon Urteil des RG vom 19. Dezember 1927, Az. 313/27 IV in: JW 1928, S. 894f. – Den Einwänden von Oertmann (am selben Ort, Fußnote), der befürchtet, „den festen Boden unter den Füßen“ zu verlieren und in einem „Ozean willkürlicher wirtschaftlicher Erwägungen“ zu treiben, ist hier nicht zu folgen.

[26] dem folgend: Urteil des BFH vom 19. August 1959, Az. II 259/57 S, BStBl. III 1959, S. 417.

[27] Vgl. Urteil des BGH vom 17. Dezember 1954, Az. V ZR 77/53, in: MDR 1955, S. 283 (284).

[28] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. II 2005, S. 188 (189).

[29] Urteil des BFH vom 6. März 1985, Az. II R 19/84, BStBl. II 1985, S. 382 (383).

[30] Schürner, a.a.O.

[31] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[32] vgl. Urteil des BFH vom 11. Oktober 1978, Az. II R 142/72, BStBl. II 1979, S. 533 (534).

[33] Lohr, in: RNotZ 2003, S. 211.

[34] Urteil des BFH vom 6. März 1985, Az. II R 114/82, BStBl. II 1985, S. 380 (382).

[35] Peltner, in: DStR 1986, S. 72 (75), Fußnote 31): dieser Erkenntnis liegt die allgemein anerkannte Lehrer der protestatio facto contraria non valet zugrunde.

[36] Kaefer / Röse, in: DStR 1992, S. 737.

[37] Kaefer / Röse, in: DStR 1992, S. 737 (738); Suse Martin, in: DStR 1986, S.682.

[38] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. II 2005, S. 188 (189).

[39] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. II 2005, S. 188 (189).

[40] Gebel, in: DStR 1998, S. 269 (273f.).

[41] §9 Abs. 1 BewG.

[42] Erbschaftssteuerreformgesetz vom 24.12.2008, BGBl. I S. 3018.

[43] Moench nennt es einen „Feigenblattzuschlag“, der eine Erhöhung der Einheitswerte auf aktuelle Wertverhältnisse vermeidbar macht (die aus politischen Gründen nicht gewollt war) und ermöglicht somit eine‚kaschierte’ Erhöhung. (in: DStR 1990, S. 335, Fußnote 6)

[44] Moench in: DStR 1991, S. 169.

[45] Kaefer / Röse, in DStR 1992, S. 737

[46] BVerfGE 93, 165 – Az. 2 BvR 552/91.

[47] Schuhmann in: ErbR 2008, S. 338.

[48] Moench, a.a.O.

[49] Gesetz vom 22. Juli 1970, BGBl. I S. 1118.

[50] Moench, a.a.O.

[51] Seer, in: StuW 1997, S. 283 (287).

[52] Mößlang, in: UVR 1996, S. 220 (221) (Anmerkung zum Urteil des BFH vom 13. März 1996, Az. II R 51/95, BStBl. II 1996, S. 548).

[53] Gebel in: Troll Gebel Jülicher, ErbStG, §7 Rz. 90, vgl. auch van de Loo, in: DStR 2005, S. 723.

[54] vgl. Haas / Christoffel, Erbrecht, S. 53.

[55] Ott, in: DStZ 1990, S. 399 (400).

[56] vgl. Peltner, in: DStR 1986, S. 72 (75).

[57] Ott, a.a.O.

[58] Ott, a.a.O.

[59] R 16 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2003.

[60] Urteil des BFH vom 28. November 1984, Az. II R 133/83, BStBl. II 1985, S. 159 (160).

[61] Weinmann, in: UVR 1990, S. 108 (109).

[62] äußere Erkennbarkeit: Moench, in: Moench, Kommentar ErbStG, §7 Rz. 30.

[63] Ott, a.a.O.

[64] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[65] Ott, a.a.O.

[66] Moench, in: Moench, Kommentar ErbStG, §7 Rz. 32.

[67] Bruse, in: BB 1985, S. 1659 (1660).

[68] Moench, in: Moench, Kommentar ErbStG, §7 Rz. 27.

[69] vgl. Urteil des BFH vom 5. Februar 1986, Az. II R 188/83, BStBl. II 1986, S. 460 (461).

[70] Die Trennung in Zusage und Ausführung der Schenkung erlaubt Schuhmann, a.a.O.

[71] Ott, a.a.O.

[72] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[73] Kaefer / Röse, in: DStR 1992, S. 737 (739).

[74] Haas / Christoffel, Erbrecht, S. 53.

[75] Gebel, in: UVR 1992, S. 177 (180).

[76] vgl. auch Peltner, in: DStR 1986, S. 72 (75).

[77] Wimmer - Leonhardt, in: Staudinger, BGB-Kommentar, §516 Rz. 244.

[78] vgl. Urteil des BFH vom 2. Februar 2005, Az. II R 31/03, BStBl. II S. 531.

[79] van de Loo, in: DStR 2005, S. 723 (724).

[80] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (339).

[81] Offerhaus, FS für Flick, S. 341 (345).

[82] Urteil des BFH vom 2. Februar 2005, Az. II R 31/03, BStBl. II S. 531 (532).

[83] R 16 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2003.

[84] Schuhmann, in: ErbR 2008, S. 338 (340).

[85] Urteil des BFH vom 10. November 2004, Az. II R 44/02, BStBl. 2005, 188.

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Details

Titel
Die mittelbare Grundstücksschenkung im Schenkungsteuerrecht
Untertitel
Analyse der Rechtsprechung, Rechtfertigung der Rechtsfigur und Zukunft unter dem Erbschaftsteuerreformgesetz (Stand 2009)
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Lehrstuhl für Steuerrecht)
Veranstaltung
Seminar im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Note
8 Punkte
Autor
Jahr
2009
Seiten
42
Katalognummer
V144706
ISBN (eBook)
9783640529490
ISBN (Buch)
9783640529643
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, Grundstücksschenkung, mittelbare, Steuersparmodell
Arbeit zitieren
Claus-Hinrich Buschkamp (Autor:in), 2009, Die mittelbare Grundstücksschenkung im Schenkungsteuerrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144706

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Titel: Die mittelbare Grundstücksschenkung im Schenkungsteuerrecht



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