„Der Beitrag Ludwig Erhards zum Aufbau […] der Bundesrepublik Deutschland war
in vieler Hinsicht entscheidend. Mit seinem Namen verbindet sich der wirtschaftliche
Aufstieg nach [der] beispiellosen Katastrophe [des Zweiten Weltkrieges]. Nach dem
ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer und neben ihm war Erhard der wichtigste
Gestalter der jungen Bundesrepublik.“
Was vermittelt diese Aussage? Sie überträgt Erhards Bedeutung für die
Bundesrepublik auf sein wirtschaftliches Schaffen und stellt ihn dabei an die Seite
Konrad Adenauers. Erhards Weg in die Politik erfolgte über die Wirtschaft. Bereits
in der Weimarer Republik trat er in diesem Metier hervor und sollte darin bis in die
junge Bundesrepublik hinein brillieren. Doch seine Rolle in den Gründerjahren darf
nicht ausschließlich auf dem wirtschaftlichen Gebiet angesiedelt werden.
Unterschwellig wird dies auch im einleitenden Zitat vermittelt, in dem Erhard
indirekt als Nachfolger Adenauers dargestellt wird. Bei der Betrachtung der Person
Ludwig Erhards darf seine Zeit als Bundeskanzler jedoch nicht in einer solchen
untergeordneten; nur marginal zu erwähnenden Rolle vermutet werden. Denn
obwohl seine Kanzlerschaft nur vom 18. Oktober 1963 bis zum 30. November 1966
andauern sollte, ist sie nicht als unbedeutendes Intermezzo anzusehen. Während
seiner Rolle als Wirtschaftsminister und als „Vater des Wirtschaftswunders“ hatte
Erhard sich ein Prestige in der deutschen Bevölkerung geschaffen, das ihm seinen
Weg in das Kanzleramt ebnete. Umso überraschender erscheint es, dass Erhard
offenbar nicht imstande war, sein Amt auf Dauer zu sichern. Dies zeigt bereits die
literarische Reflexion zur Person Ludwig Erhards. So bezeichnet ihn Karlheinz
Niclauß als „Zwischenkanzler“, Hermann Schreiber versteht ihn gar als
Politikverächter und Johannes Gros glaubt, dass Erhards Charakter gar die Politik
verdorben hatte. Sind diese Einschätzungen zutreffend? Kann man Erhards
Kanzlerschaft als ein „[…] entbehrliches Accessoire“ bezeichnen? Wenn ja, stellt
sich die Frage, wie es dazu kommen konnte. Wie konnte der gemütlich wirkende Erhard, der mit seiner Erscheinung Sympathie im Volk erweckte, nach so kurzer
Zeit nur scheitern? [...] Im Fokus der
Untersuchung steht dann die Analyse der Kanzlerschaft Erhards. Hier sollen dann
bestimmte Felder – vornehmlich Innen- und Außenpolitik sowie Erhards „Distanz
zur Macht“ – herausgegriffen werden, um seinen politischen Sturz nachvollziehbar
darstellen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung und Fragestellung
- 2. Biografie Ludwig Erhards
- 3. Adenauer und Erhard
- 4. Die Kanzlerschaft Ludwig Erhards 1963-1966
- 4.1. Erhards Lavieren zwischen Außen- und Innenpolitik
- 4.2. Erhards Distanz zur politischen Macht
- 4.3. Erhards politisches Ende
- 5. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Kanzlerschaft Ludwig Erhards (1963-1966) und untersucht, warum sie trotz seines großen Ansehens als „Vater des Wirtschaftswunders“ und seiner engen Verbindung zu Konrad Adenauer so kurzlebig war. Die Arbeit stellt die These auf, dass Erhards politischer Sturz auf eine Kombination aus äußeren und inneren Faktoren zurückzuführen ist.
- Die Rolle von Ludwig Erhard in der Entstehung und Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland
- Die Beziehung zwischen Ludwig Erhard und Konrad Adenauer
- Die innen- und außenpolitischen Herausforderungen der Kanzlerschaft Erhards
- Erhards Verhältnis zur politischen Macht und seine Fähigkeit, diese zu nutzen
- Die Ursachen für Erhards politisches Scheitern
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Fragestellung ein und beleuchtet Erhards Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufschwung der Bundesrepublik Deutschland. Es untersucht die literarische Rezeption seiner Kanzlerschaft und stellt die These auf, dass Erhards Sturz auf eine Kombination von äußeren und inneren Faktoren zurückzuführen ist. Das zweite Kapitel widmet sich Erhards Biografie und beleuchtet seine Rolle als Wirtschaftsminister und seine Entwicklung zum Politiker. Das dritte Kapitel untersucht die Beziehung zwischen Erhard und Adenauer, die für die politische Entwicklung der Bundesrepublik von großer Bedeutung war. Das vierte Kapitel analysiert die Kanzlerschaft Erhards, indem es verschiedene Felder wie Innen- und Außenpolitik sowie sein Verhältnis zur politischen Macht beleuchtet. Es soll so nachvollziehbar werden, wie Erhards politischer Sturz zustande kam.
Schlüsselwörter
Ludwig Erhard, Konrad Adenauer, Kanzlerschaft, Wirtschaftswunder, Soziale Marktwirtschaft, Innenpolitik, Außenpolitik, politische Macht, politisches Scheitern, Bundesrepublik Deutschland
- Arbeit zitieren
- Daniel Meyer (Autor:in), 2009, Warum scheiterte die Regierung Ludwig Erhard?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144754