Das kirchenpolitische Wirken Bernhards von Clairvaux anhand des Kirchenstreites von 1130


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Kirchenstreit von 1130

3. Die Kommunikationswege Bernhards

4. Der Beginn des Schismas

5. Aquitanien und Gerhard von Angoulême

6. Die erste Italienreise und der Streit zwischen Pisa und Genua

7. Ein örtlich begrenztes Schisma in Tours

8. Vorbereitung eines zweiten Italienfeldzuges

9. Das Konzil zu Pisa

10. Das streitbare Mailand

11. Dritte Italienreise

12. Heimkehr

13. Schlussbetrachtung

14. Quellenverzeichnis

15. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wenn dem durchschnittlich gebildeten Menschen der Name Bernhard von Clairvaux[1] begegnet, wird dieser zumeist mit dem zweiten Kreuzzug in Verbindung gebracht. Natürlich hat jedoch die historische Figur des wohl berühmtesten Zisterziensermönches[2] weit mehr Facetten zu offerieren als nur diese eine. Bereits in jungen Jahren zur Gründung eines eigenen Klosters ausgesandt, war Bernhard schon mit 26 Jahren Abt eines Monasteriums. Bernhard war ein geistiger Vorkämpfer eines neuen Mönchtums, welches sich hauptsächlich asketisch mit sich selbst beschäftigen sollte und sich so oft wie möglich aus allen weltlichen Angelegenheiten heraushalten sollte. Da Bernhard unter seinen Mitbrüdern als doctor mellifluus galt, überrascht es ferner nicht, dass er mit 29 Jahren Vorsteher seines Ordens wurde.[3] Bernhard betätigte sich in vielen Bereichen, beispielsweise in theologischen Kontroversen mit Gelehrten seiner Zeit oder als Unterstützer des Templerordens.[4]

Das Thema dieser Arbeit soll jedoch das kirchenpolitische Wirken von Bernhard von Clairvaux des Kirchenschismas von 1130 beleuchten. Es soll einerseits der tatsächliche Einfluss auf den kirchlichen Richtungsstreit, bar jeder historisch-religiösen Verklärung, aufgezeigt werden und andererseits das zwiespältige Handeln Bernhards vor dem eigenen Anspruch aufgehellt werden. Dies soll sowohl durch eine kritische Betrachtung ausgewählter überlieferter Briefe Bernhards als auch durch seine historische Darstellung bewerkstelligt werden. Die strukturelle Vorgehensweise wird darin bestehen, dass einzelne Aspekte des Kirchenstreites abschnittsweise, vor dem Hintergrund des Wirkens von Bernhard, betrachtet werden. In dieser Arbeit soll weiterhin versucht werden, die ungefähre Chronologie des Schismas und seiner Begleitumstände einzuhalten, was jedoch aufgrund der sich häufig überschneidenden Ereignisse nicht stets in Gänze bewerkstelligt werden kann.

Grundlegende Werke für diese Arbeit sind die Standardwerke von Peter Dinzelbacher[5] und Gert Wendelborn[6]. Weiterhin ist eine Monographie von Michaela Diers[7] zu nennen, welche sich mit Bernhards chamäleonhaften Wesen auseinandersetzt. Außerdem sind die überlieferten Quellen von Bernhard von Clairvaux, die von Gerhard B. Winkler editiert worden sind[8], anzuführen. Zu der sich mit Bernhard befassenden Literatur ist ergänzend zu sagen, dass gerade ältere Werke durchweg in positiven Tönen gehalten sind. Das Religiöse wird allgemein weniger in Frage gestellt. Wo hingegen in Werken neueren Datums, wie zum Beispiel bei Peter Dinzelbacher, gerade Themen wie mönchischer Anspruch und Wirklichkeit kritischer untersucht werden.

Es handelt sich demzufolge um ein Thema mit religiöser Akzentuierung, wodurch es gerade dem heutigen Leser oftmals Mühe bereiten wird, sich in den Gemütszustand der damals handelnden Akteure hineinzuversetzen. Der religiöse Impetus der in manchen Quellen zutage tritt, soll durch die stete Gegenüberstellung der wissenschaftlichen Rezeption abgefedert werden.

2. Der Kirchenstreit von 1130

Nach dem Ableben von Papst Honorius II. wählte eine Minderheit der Kurienkardinäle den Kardinaldiakon von San Angelo, Gregor Papareschi, zum Nachfolger.[9] Diesem rechtlich fragwürdigem Vorgreifen einer Minderheit der Kardinäle setzte die Kardinalsmehrheit noch am gleichen Tag die Wahl von Petrus Pierleone entgegen. Der Erstgewählte nahm den Namen Innozenz II. an und der Zweitgewählte nannte sich fortan Anaklet II..[10] Die Ursachen des Streites lagen in unterschiedlichen kirchenpolitischen Auffassungen begründet: Die Wählergruppe des Innozenz´ stand für eine Bestätigung der neuen Ordensbewegungen und betonte die Notwendigkeit einer inneren Reform der Kirche.[11] Hingegen stand die durchweg ältere Wählergruppe des Anaklets für einen Weiterbestand des alten Herrschaftsideals der Kirche über die Welt.[12] Diese Kirchenspaltung wurde von beiden Parteien erbittert geführt und sollte acht Jahre lang andauern. Nachdem Innozenz lange Zeit zum Aufenthalt im Exil zu Rom gezwungen war und kriegerische Verwerfungen das Schisma begleiteten, war es ihm erst durch den plötzlichen Tode Anaklets im Januar 1138 möglich alleiniger Stellvertreter Christi auf Erden zu werden.[13] Diese Periode des Schismas war durch einen regen Kontakt aller kirchlichen Würdenträger geprägt, in welcher sich ebenfalls Bernhard von Clairvaux durch eine „[…] unermüdliche Propagandatätigkeit […]“[14] auszeichnete. Mit diesem Wirken und seiner Rezeption in der Geschichtsforschung wird sich die vorliegende Arbeit beschäftigen.

3. Die Kommunikationswege Bernhards

In einer Zeit in welcher es keine öffentlichen Medien gab, erscheint es ratsam das Hauptkommunikationsmittel Bernhards in den Fokus zu rücken. Bernhards übermäßige Beteiligung an zeitgenössischen Konfliktherden zeigt bereits, dass er über ein dichtes Informations- und Quellennetz verfügt haben muss.[15] Dieser Informationsaustausch erfolgte zu seiner Zeit meist durch Briefe. Verfasst wurden die Briefe jedoch häufig nicht vom eigentlichen Absender, sondern von Sekretären. Um die, gerade auf Bernhard zutreffende, Fülle von Episteln bewerkstelligen zu können, verfügten die Sekretäre über einen Katalog von Standardbriefvordrucken.[16] Bei der historischen Betrachtung von Bernhards Briefen muss somit immer „[…] die Freiheit der Sekretäre […]“[17] miteinbezogen werden. Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Auswahl der Briefüberbringer, also der Boten.[18] Nicht zuletzt hing die Wirkung von Bernhards Einfluss oftmals von den stark divergierenden Übermittlungszeiten ab. Somit werden zum einen die unterschiedliche Bedeutung des Mediums Brief zu heute bewusst und zum anderen die Komplikationen der mittelalterlichen Kommunikation deutlich.

4. Der Beginn des Schismas

Die anfängliche Stimmungslage Bernhards nach dem Bekanntwerden des Schismas scheint nicht überliefert zu sein. Bernhard hat später drei Gründe für seine Parteinahme für Innozenz genannt: Die zeitlich zuerst erfolgte Wahl, der bessere Lebenslauf und die richtige Wählergruppe hätten ihn zur Unterstützung Innozenz´ bewogen.[19] Ob dies seine wahrhaften Gründe waren bleibt jedoch anzuzweifeln, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der neue Papst Bernhard wahrscheinlich nicht persönlich bekannt war.[20] Bernhards erstmaliges Eintreten für Innozenz war nach der Synode von Étampes zu verzeichnen. Nachdem Innozenz die Flucht aus Rom nach Frankreich ergriffen hatte, wurde diese Synode durch den französischen König ausgerufen, um sich für einen Papst auszusprechen. Die Entscheidung fiel zugunsten Innozenz´.[21] Inwiefern Bernhard hierbei seinen Einfluss geltend machte bleibt umstritten: So ist bei Leclercq zu lesen, dass die Entscheidung der Versammlung pro Innozenz hauptsächlich auf die Parteinahme einiger Benediktiner, wie Petrus Venerabilis, zurückzuführen ist[22], wo hingegen Dinzelbacher eine pathetische Rede Bernhards pro Innozenz als entscheidendes Momentum hervorhebt.[23] Nach der Synode ist der Beginn der regen Propagandatätigkeit Bernhards festzustellen. Beispielsweise fordert er in einem Brief an den Erzbischof von Tours, Hildebert, selbigen auf Innozenz als Papst anzuerkennen. Wer ein Gegner Innozenz´ sei, „[…] ist entweder ein Freund des Antichrist oder der Antichrist.“[24] Weiterhin soll Hildebert durch eine Aufzählung, welche bedeutenden Völker und Männer bereits auf der Seite Innozenz´ stünden, für das Anliegen Bernhards gewonnen werden. Dieser und andere Faktoren wären aber noch durch den einwandfreien Charakter des neuen Papstes übertroffen.[25] Ein in der Sache ähnlicher Brief an den Magister Gottfried von Loroux ist ebenfalls erhalten.[26]

Auch bei der Anerkennung Innozenz´ durch den deutschen König Lothar[27] war Bernhard zugegen. In einem sich anbahnenden Streit zwischen Papst und Lothar um die Investitur konnte er den König beschwichtigen und trug somit zur Beibehaltung dieses Bundes bei.[28]

Weiterhin soll sich der englische König Heinrich I. ebenfalls aufgrund von Verhandlungen mit Bernhard für Innozenz ausgesprochen haben. Wendelborn führt hierzu aus, dass sich Bernhard als erfolgreicher Kommunikator gegenüber dem englischen König bewährt hat, obwohl sicherlich noch andere Faktoren zur englischen Unterstützung von Innozenz beitrugen.[29] In der zisterziensischen Geschichtsschreibung wird dieser Sachverhalt um einiges glorioser für Bernhard ausgestaltet: Bernhard hätte den sich widersetzenden König allein durch sein rhetorisches Können auf die Seite Innozenz´ gezogen.[30] Äußerungen Bernhards hierüber liegen nicht vor.

[...]


[1] Bernhard von Clairvaux, geboren um 1090 und gestorben 1153, vgl. Gudrun Gleba: Klöster und Orden im Mittelalter. Darmstadt 2002, S. 78.

[2] Der Zisterzienserorden wurde 1098 gegründet als Reaktion auf die herrschenden Gegebenheiten im Kloster Cluny. Körperliche Arbeit und Gebetstätigkeiten sollten in Balance gehalten werden, um kluniazensischen Verhältnissen zu entgehen, vgl. Gleba 2002, S. 77-78.

[3] Gleba 2002, S. 78.

[4] Ebenda.

[5] Peter Dinzelbacher: Bernhard von Clairvaux. Darmstadt 1998.

[6] Gert Wendelborn: Bernhard von Clairvaux. Frankfurt/Main 1993.

[7] Michaela Diers: Bernhard von Clairvaux. Münster 1991.

[8] Bernhard von Clairvaux: Gesammelte Werke, hrsg. v. Gerhard B. Winkler, Innsbruck 1992. Für diese Arbeit kommen lediglich die Bände II und III in Betracht.

[9] Artikel „Innozenz II.“ in Lexikon des Mittelalters. München und Zürich 1983, S. 433-434.

[10] Ebenda.

[11] Dinzelbacher 1998, S. 130.

[12] Ebenda.

[13] Lexikon des Mittelalters 1983, S. 433-434.

[14] Ebenda.

[15] Jürg Zulliger: Ohne Kommunikation würde Chaos herrschen, in: Archiv für Kulturgeschichte 78 (1996), S. 251-276, hier S. 252.

[16] Ebenda, S. 262-263.

[17] Ebenda, S. 265.

[18] Beispielsweise körperliche Belastbarkeit, geographische Kenntnisse oder Leseverständnis, vgl. Zulliger 1996, S. 266.

[19] Dinzelbacher 1998, S. 133.

[20] Hans Grotz: Kriterien auf dem Prüfstand: Bernhard von Clairvaux angesichts zweier kanonisch strittiger Wahlen, in: Aus Kirche und Reich, hrsg. v. Hubert Mordek, Sigmaringen 1983, S. 237-263, hier S. 242.

[21] Jean Leclercq : Bernhard von Clairvaux. München 2005, hier S. 58.

[22] Ebenda.

[23] Dinzelbacher 1998, S. 135-136.

[24] Bernhard von Clairvaux: Brief an Hildebert, Erzbischof von Tours, hrsg. v. Gerhard B. Winkler, Innsbruck 1992, Bd.2, Brief 124, S. 850-855, hier S. 851. Hinsichtlich einer vereinfachten Quellenangabe werden künftige Verweise auf Bernhards Briefe nur noch mit der fortlaufenden Nummer und der jeweiligen Seitenzahl angegeben.

[25] Ebenda.

[26] Clairvaux, Bd. 2, Brief 125, S. 854-857.

[27] Diese fand auf einer Synode in Lüttich im Frühjahr des Jahres 1131 statt, vgl. Regesten 266.

[28] Wolfgang Petke (Hg.): Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar III. und Konrad III. (Regesta Imperii 4). Köln 1994, hier 266.

[29] Wendelborn 1993, S. 132.

[30] Paul Sinz (Hg.): Das Leben des heiligen Bernhard von Clairvaux. Düsseldorf 1962, hier S. 105.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das kirchenpolitische Wirken Bernhards von Clairvaux anhand des Kirchenstreites von 1130
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V144881
ISBN (eBook)
9783640537426
ISBN (Buch)
9783640537136
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bernhard von Clairvaux, Anaklet, Kirchenstreit, Kirchenschisma 1130, Gegenpapst
Arbeit zitieren
Michael Gamperl (Autor:in), 2008, Das kirchenpolitische Wirken Bernhards von Clairvaux anhand des Kirchenstreites von 1130, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144881

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