In dieser Arbeit untersuche ich, ob Bildungskonzepte wie SEL (Sozial-emotionales Lernen) nicht tatsächlich Gefahr laufen, die "affektentleerte Symbolisierungsfähigkeit" zu fördern. Welche kritischen Aspekte ergeben sich aus einer einseitigen Betonung von SEL in pädagogischen Ansätzen für Kinder im Elementarbereich? Inwiefern könnte die Berücksichtigung der psychoanalytischen Pädagogik mit dem Fokus auf Mentalisierung zu einer umfassenderen und ausgewogeneren (Bildungs-)Förderung beitragen? Um diese Fragen zu beantworten, stelle ich die psychoanalytische Pädagogik mit dem Schwerpunkt Mentalisierung dem Konzept SEL gegenüber und vergleiche ihre Komponenten, Ziele und Motivationen miteinander.
Die Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie mögen als reißerische Headlines oder in populistischen Kreisen für Aufruhr sorgen – für viele Pädagogen sowie die meisten Erziehungsberechtigten sind sie jedoch nicht überraschend. Berücksichtigt man die oft desolaten Zustände der Gebäude, die Überforderung bei Lehrern und Schülern gleichermaßen, den gehäuften Unterrichtsausfall und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie wäre ein anderes Ergebnis fast schon ein Wunder. Kritische Stimmen bemängeln nicht nur das Studiendesign, das auf dem Losprinzip basiert und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse einschränkt, sondern auch die Intransparenz der von der OECD beauftragten PISA-Studie, die eine wirtschaftszentrierte und neoliberal ausgerichtete Perspektive widerspiegelt. Trotz dieser Kritik besteht Einigkeit darüber, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um das Bildungssystem zu verbessern.
Im aktuellen Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan werden soziale Kompetenzen neben dem "kompetente[n] Umgang mit Veränderungen und Belastungen (Resilienz) sowie individuumsbezogene Kompetenzen sowie Kompetenzen zum Handeln in sozialen Kontexten" als Basiskompetenzen angepriesen, die eine weitere (gesellschaftsverträgliche) Bildung überhaupt erst ermöglichen sollen. Es fällt auf, dass der Duktus ein eigentümlich mechanischer ist – liegt die Betonung doch vorrangig auf dem Erwerb der Fähigkeit, sich sozialverträglich und gesellschaftskompatibel zu verhalten. Zwar wird von "Bindung als Voraussetzung für Bildung" gesprochen, die sich vor allem auf die "soziale und emotionale Kompetenzentwicklung" positiv auswirke, doch ist schnell wieder nur von den "lohnenden" Folgen sicherer Bindung auf das generelle Lernverhalten die Rede.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bildung, Kompetenzen und der Hessische BEP
- Psychoanalyse - Konzepte des Unbewussten
- Die Trieb- und Strukturtheorie nach Sigmund Freud
- Die Objektbeziehungstheorie: Melanie Klein
- Containing und Selbstregulation: Wilfred Bion
- „Good enough“ ist gut genug: Donald Winnicott
- Ein historischer Streifzug durch die Psychoanalytische Pädagogik
- Psychoanalytische Pädagogik
- Ziele der Psychoanalytischen Pädagogik
- Entwicklungspsychologie
- Jean Piaget und die kognitive Entwicklung
- Erik Erikson und die psychosoziale Entwicklung
- Bindungstheorien
- Das innere Arbeitsmodell nach John Bowlby
- Gelingende Bindung durch Feinfühligkeit: Mary Ainsworth
- Mentalisierung nach Peter Fonagy und Mary Target
- Mentalisierungsbasierte Pädagogik
- Sozial-emotionales Lernen (SEL)
- SEL als Lern-, Mentalisierung als Bildungskonzept?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Kultivierung der Gefühle als Bildungsziel und untersucht die Bedeutung von Mentalisierung und sozial-emotionalem Lernen in der Elementarpädagogik. Sie analysiert, wie die Berücksichtigung psychoanalytischer Konzepte, insbesondere der Mentalisierung, zu einer umfassenderen und ausgewogeneren Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung von Kindern im Elementarbereich beitragen kann.
- Kritischer Vergleich von Mentalisierung und SEL
- Bedeutung von Affektregulation und Unbewussten in der frühkindlichen Bildung
- Analyse des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) im Hinblick auf emotionale Entwicklung
- Einordnung und Bedeutung von Bindungstheorien
- Relevanz der psychoanalytischen Pädagogik für die Elementarpädagogik
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von sozial-emotionalen Kompetenzen in der heutigen Bildung, kritisiert die Einseitigkeit des Hessischen BEPs und stellt die Forschungsfrage nach der Bedeutung von Mentalisierung im Vergleich zu SEL.
- Bildung, Kompetenzen und der Hessische BEP: Dieses Kapitel untersucht die Definition von Bildung und Erziehung im Hessischen BEP und stellt dessen Schwerpunktsetzung auf die Entwicklung von Kompetenzen heraus.
- Psychoanalyse - Konzepte des Unbewussten: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über verschiedene Konzepte der Psychoanalyse, wie die Trieb- und Strukturtheorie nach Sigmund Freud, die Objektbeziehungstheorie nach Melanie Klein, Containing und Selbstregulation nach Wilfred Bion sowie die „Good enough“-Theorie von Donald Winnicott.
- Ein historischer Streifzug durch die Psychoanalytische Pädagogik: Dieses Kapitel beleuchtet die Entwicklung und wichtige Strömungen der Psychoanalytischen Pädagogik.
- Psychoanalytische Pädagogik: Dieses Kapitel behandelt die Ziele der Psychoanalytischen Pädagogik und analysiert Entwicklungspsychologische Konzepte wie die kognitive Entwicklung nach Jean Piaget und die psychosoziale Entwicklung nach Erik Erikson. Außerdem werden Bindungstheorien nach John Bowlby und Mary Ainsworth vorgestellt.
- Mentalisierung nach Peter Fonagy und Mary Target: Dieses Kapitel erklärt das Konzept der Mentalisierung, das die Bindungstheorie mit psychoanalytischen Theorien verknüpft.
- Mentalisierungsbasierte Pädagogik: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Mentalisierungsbasierte Pädagogik.
- Sozial-emotionales Lernen (SEL): Dieses Kapitel stellt das Konzept des Sozial-emotionalen Lernens (SEL) vor und beleuchtet einige Beiträge zur Umsetzung von SEL-Programmen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Mentalisierung, Sozial-emotionales Lernen (SEL), Psychoanalytische Pädagogik, Bildung, Kompetenzen, Affektregulation, Unbewusstes, Bindungstheorie, Hessischer Bildungs- und Erziehungsplan (BEP), Elementarpädagogik.
- Arbeit zitieren
- Kristin Freter (Autor:in), 2024, Mentalisierung und sozial-emotionales Lernen in der Elementarpädagogik. Von der Kultivierung der Gefühle als Bildungsziel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1449141