Die Eroberung Konstantinopels durch das Kreuzfahrerheer 1204


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Rolle des Papsttums unter Innozenz III.

3. Handels – und machtpolitische Interessen Venedigs
3.1. Das Wirken des Dogen Enrico Dandolo

4. Die Orientpläne der Staufer
4.1. Die Rolle Bonifaz von Montferrat

5. Antigriechische Vorurteile im Westen
5.1. Materielle Absichten, Beutegier und Neid

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Wie verstreute Schafe trieben sie sie durch alle Straßen der Stadt; flohen sie doch in so großer Menge, daß ihnen selbst die geräumige Breite der Straße kaum zur Flucht zu genügen vermochte.“[1] Wer würde bei dieser Schilderung des Chronisten Gunther von Pairis denken, dass es sich, im Rahmen eines ‚Kreuzzuges’, um einen Übergriff von Christen auf Gleichgläubige handeln würde?

Über ein Treffen zwischen dem Patriarchen Bartholomäus I. von Konstantinopel und Papst Johannes Paul II. im Juli 2004 wird berichtet, dass das katholische Kirchenoberhaupt „die Plünderung Konstantinopels, bei der von Kreuzfahrern im April 1204 ‚Blut von Glaubensbrüdern’ vergossen“[2] wurde, erneut verurteilte.

Gerade mal 108 Jahre vor diesem Angriff forderte Papst Urban II., auf Bitten des damaligen byzantinischen Kaisers Alexius I. Comnenus, seine Untertanen dazu auf, den Glaubensbrüdern der Ostkirche im Kampf gegen die türkischen Heere, die bereits vor den Toren der kaiserlichen Stadt standen[3], Hilfe zu leisten.

Auch der vierte Kreuzzug, zu dem Papst Innozenz III. aufrief, hätte eigentlich nach Ägypten oder Palästina führen sollen, endete letztlich jedoch mit der Eroberung des christlichen byzantinischen Reiches und seiner Hauptstadt Konstantinopel sowie der Errichtung eines Lateinischen Kaiserreichs. Erstmalig seit 900 Jahren wurde die Stadt des Kaisers Konstantin von feindlichen Truppen gestürmt und besetzt,[4] und das ausgerechnet von einem christlichen Heer!

Versteht man unter einem Kreuzzug einen Kriegszug, der von christlichen Kämpfern zur Befreiung des Heiligen Landes und speziell der Stadt Jerusalem unternommen wird, zur Beendigung dortiger nicht-christlicher, konkret muslimischer Herrschaft, so kann man vom vierten Kreuzzug ohne Zweifel von einer Abirrung sprechen.[5] Das Kreuzfahrerheer gelangte nicht einmal annähernd in die Nähe seines offiziellen Zieles. Stattdessen „verwüsteten die christlichen Jerusalempilger in einer beispiellosen dreitägigen Plünderungsaktion die mit antikem und mittelalterlichem Kulturgut angefüllte Stadt“[6] und stellten das Blutbad von Jerusalem von 1099 noch in den Schatten.[7]

In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie es soweit kommen konnte, und welche Faktoren zu dieser Abkehr vom Ursprungsziel geführt haben.

2. Die Rolle des Papsttums unter Innozenz III.

Betrachtet man die Vorfälle des Jahres 1204 genauer, so darf man die Rolle der römischen Kurie zur damaligen Zeit nicht außer Betracht lassen. Der damalige Pontifex, Innozenz III., war eine besonders schillernde Figur, und seine Regierungszeit wird als der Höhepunkt des Papsttums im Mittelalter bezeichnet.[8]

Mit der Pontifikatsübernahme durch Innozenz III. wird, wie folgend aufgezeigt werden soll, die Kreuzzugsorganisation vollendet und die Kreuzzugsideologie auch gegen die christliche Konkurrenz der byzantinischen Kirche angewendet.

Er bezeichnete so genannte Irrlehren als „Hochverrat an Gott“[9], Häretiker und Schismatiker galten für ihn als aggressiv wirksame Kräfte, die die Kirche bedrohten.[10] So war es auch Innozenz III., der später den so genannten Ketzerkreuzzug institutionalisierte.[11]

Und was Konstantinopel betraf, so bestand seit 1054 schließlich das Schisma zwischen der west- und der oströmischen Kirche!

Gleich im ersten Jahr seines Pontifikats, im August 1198, kündigt Papst Innozenz III mit seiner Schrift Post miserabile einen neuen Kreuzzug an.[12] Neben der Kirchenreform und der Bekämpfung der Ketzerei, galt Innozenz III. vordringlichstes Interesse der Befreiung des Heiligen Landes von der Herrschaft der Muslime.[13] Neu bei Innozenz III. war der Anspruch, neben der Ausschreibung des Kreuzzuges auch die Gesamtorganisation unter seine Oberhoheit zu stellen,[14] sah er sich doch selbst zwar „geringer als Gott, aber größer als den Menschen.“[15]

Das katholische Kirchenoberhaupt hatte also eine sehr hohe Auffassung von seiner Position als ‚Stellvertreter Christi’.[16] Dass Innozenz III. überhaupt die „glänzende, dominierende Rolle“[17], ausüben konnte, oder sei es nur das Auftreten als „ein Monster, dem es nur um unbegrenzte Macht ging“[18], lag an dem Machtvakuum, das in Westeuropa zur Zeit seiner Pontifikatsübernahme vorherrschte[19]. Dieses nutzte Innozenz III. zu seinen Gunsten aus, seine überreich gewonnene Machtfülle führte zu seinem Bemühen, die uneingeschränkte päpstliche Suprematie wiederherzustellen.[20]

So stellte er auch die Eintreibung der Kreuzzugssteuer unter seine eigene Regie und verfügte, ebenfalls bereits 1198, dass die Kleriker entsprechende finanzielle Leistungen und die Bereitstellung von Söldnern für den Kampf zur Befreiung des Heiligen Landes zu erbringen hätten, was von der Geistlichkeit allerdings als Versuch zur Finanzierung der Kurie anstelle des eigentlichen Anlasses aufgefasst wurde.[21]

Innozenz III. hielt die Bischöfe dazu an, Synoden abzuhalten, bei denen unter der Kontrolle eines päpstlichen Vertreters das von ihnen einzutreibende finanzielle Kontingent festgelegt wurde. Außerdem ermahnte er sie, dass alle von seiner Hand verfassten Briefe, die Botschaften, die er durch die von ihm ausgesendeten Nuntien übermittelten ließ, sowie alle seine Anweisungen und durch ihn ausgesprochenen Drohungen allein der Mobilmachung zur Hilfe für das Heilige Land zugute kommen würden. Und die Kreuzzugsteilnahme stellte er schließlich als nicht zu hinterfragende moralische Pflicht eines jeden Christen dar! Bei Nichtbefolgung seiner Anweisungen drohte er den Klerikern mit Amtsenthebung.[22]

Mischte das katholische Kirchenoberhaupt also einerseits in seinem eigenen, weströmischen Hoheitsgebiet kräftig mit, so tat er sich andererseits auch als besonders eifriger Verfechter päpstlicher Byzanzpolitik hervor: so stand er seit mehreren Jahren mit dem rhomäischen Kaiser Alexios III. in Korrespondenz über die wiederherzustellende Kircheneinheit.[23] Byzanz war sich der antistaufischen Haltung des Papstes bewusst, und schlug somit 1198 der römischen Kurie ein gemeinsames Vorgehen gegen das deutsche Herrscherhaus vor[24], was diese Verhandlungen auslöste.

Allerdings war die von Innozenz entsprechende geforderte Gegenleistung entsprechend hoch, forderte er doch als Vorraussetzung die politische und kirchliche Unterwerfung der oströmischen Kirche und zusätzlich auch noch Waffenhilfe für den anstehenden vierten Kreuzzug.[25]

[...]


[1] Assmann, Erwin, Gunther von Pairis. Die Geschichte der Eroberung von Konstantinopel, übers. und erläutert von E. Assmann, Köln/Graz 1956. (Edition: Guntheri Alemanni, scholastici, monachi et prioris Parisiensis, De expugnatione urbis Constantinopolitanae …, ed. C. Riant, Genf 1875, S. 81.

[2] Papst für mehr Dialog, Orthodoxen-Patriarch zu Besuch in Rom. In: Süddeutsche Zeitung (14.07.2004), S. 34.

[3] Vgl. Riley - Smith, Jonathan. Wozu heilige Kriege? Anlässe und Motive der Kreuzzüge. Berlin 2003, S. 26 – 31.

[4] Bradford, Ernle. The Great Betrayal. Constantinople 1204. London 1975, S. 155.

[5] Vgl. Sollbach, Gerhard E.. Chroniken des Vierten Kreuzzugs: (1202 -1204). Die Augenzeugenberichte von Geoffroy de Villehardouin und Robert de Clari. Ins Neuhochdeutsche übersetzt, eingeleitet und erläutert von Gerhard E. Sollbach. Pfaffenweiler 1998, S. 7f.

[6] Zöllner, Walter. Geschichte der Kreuzzüge. Berlin 1977, S. 137.

[7] Ebd., S. 137 f.

[8] Kelly, John N. D.. Reclams Lexikon der Päpste. Stuttgart 1988. Artikel: Innozenz III. (8. 1. 1198 – 16. 7. 1216), S. 203 – 205, hier S. 205.

[9] Ebd., S. 205.

[10] Ridley-Smith (2003), S. 37.

[11] Kelly (1988), S.204 f.; Zöllner (1977), S. 133.

[12] Vgl. Cole, Penny J.. The Preaching of the Crusades to the Holy Land, 1095 – 1270. Cambridge, Massachusetts 1991. S. 81 – 97, hier S. 81.

[13] Kelly (1988), S. 203.

[14] Mayer, Hans E.. Geschichte der Kreuzzüge. Stuttgart 1985. S. 172 – 182, hier S.173.

[15] Kelly (1988), S. 203.

[16] Ebd., S. 203.

[17] Ebd., S. 204.

[18] Jones, Terry; Ereira, Alan. Die Kreuzzüge. München 1995. S. 196 - 211, hier S. 196.

[19] Vgl. Zöllner (1977), S. 131 – 132.

[20] Ebd., S. 132.

[21] Ebd., S. 133.

[22] Cole (1991), S. 84.

[23] Vgl. Zöllner (1977), S. 134.

[24] Über die Rolle der Staufer, siehe 4.

[25] Zöllner (1977), S. 136.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Eroberung Konstantinopels durch das Kreuzfahrerheer 1204
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Baudolino - von Friedrich I. Barbarossa zum 4. Kreuzzug
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V144969
ISBN (eBook)
9783640557110
ISBN (Buch)
9783640557523
Dateigröße
502 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eroberung, Konstantinopels, Kreuzfahrerheer
Arbeit zitieren
Ulrich Ackermann (Autor:in), 2004, Die Eroberung Konstantinopels durch das Kreuzfahrerheer 1204, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144969

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