Das ‚Nibelungenlied’ gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten Werken mittelhochdeutscher Literatur und ist daher bereits seit langer Zeit Gegenstand zahlreicher Analysen und Forschungsarbeiten.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es nun, das Vorkommen von Haken- oder Bogenstil exemplarisch anhand der 14. Aventiure des ‚Nibelungenliedes’ zu untersuchen. Der Haken- oder Bogenstil im ‚Nibelungenlied’ ist in der neueren Forschung vergleichsweise mit der hohen Anzahl an sonstigen Untersuchungen über den Nibelungentext und -stoff eher unbeachtet geblieben. Diese Tatsache erklärt auch die Verwendung älterer Forschungsliteratur. Im Folgenden soll zuerst ein kurzer Abriss über die Begrifflichkeit erfolgen, da diesbezüglich Uneinigkeit innerhalb der verwendeten Literatur herrscht, bevor der Haken- oder Bogenstil dann durch Abgrenzung gegenüber anderen Stilarten des Vers-Satz-Verhältnisses definiert werden soll. Daran anschließend soll die 14. Aventiure auf die Textstellen hin untersucht werden, die das zuvor Definierte aufweisen, und daraufhin soll eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse die Arbeit beschließen. Die Textgrundlage, auf der diese Untersuchung basiert, ist der Paralleldruck der drei Haupthandschriften der Nibelungen von M. S. Batts. Sofern nichts anderes vermerkt ist, erfolgen mittelhochdeutsche Textzitate nach der ‚Hohenems-Münchner Handschrift’(A) wie sie in der eben genannten Publikation abgedruckt ist.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Literatur
I. Einleitung
II. Der Haken- oder Bogenstil
1. Begrifflichkeit
2. Definition
a) Abgrenzung zum strengen Zeilenstil: Langzeilenbindung
b) Abgrenzung zum freien Zeilenstil: Kurzzeilentrennung
c) Formen
3. Vorkommen in der 14. Aventiure
III. Zusammenfassung
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literatur
Michael S. Batts (Hrsg.), Das Nibelungenlied. Paralleldruck der Handschriften A, B und C nebst Lesearten der übrigen Handschriften, Tübingen 1971
Siegfried Beyschlag, Zeilen- und Hakenstil. Seine künstlerische Verwendung in der Nibelungenstrophe und im Hildebrandston, PBB. 56/1 (Halle (Saale) 1932) S. 225-313
Fritz Draeger, Die Bindungs- und Gliederungsverhältnisse der Strophen des Nibelungenliedes und ihre Bedeutung für Quellenkritik und Altersfragen, Berlin 1923 (Germanische Studien 28)
Harald Haferland, Vermündlichte Schriftlichkeit und verschriftlichte Mündlichkeit. Zu Funktion und Entstehung von Hakenstil und Variation in der Stabreimdichtung, am Beispiel des ‚Heliand’, NJ/ JVNS. 129 (Neumünster 2006) S. 7-42
Andreas Heusler, Deutsche Versgeschichte. Mit Einschluss des altenglischen und altnordischen Stabreimverses, I, Teil I und II: Einführendes. Grundbegriffe der Verslehre. Der altgermanische Vers, 2., unveränderte Auflage, Berlin 1956 (Grundriss der Germanischen Philologie 8,1)
Andreas Heusler, Deutsche Versgeschichte. Mit Einschluss des altenglischen und altnordischen Stabreimverses, II, Teil III: Der altdeutsche Vers, 2., unveränderte Auflage, Berlin 1956 (Grundriss der Germanischen Philologie 8,2)
Andreas Heusler, Heliand, Liedstil und Epenstil, ZDA 57, N.F. 45 (Berlin 1919/20) S. 1-48.
Dietrich Hofmann, Stabstellung, Hakenstil und Verstypenwahl in den Langzeilen des Heliand. Eine metrisch-statistische Studie, NJ/ JVNS 117 (Neumünster 1994) S. 7-23
Winder McConnell, The Quarrel of Kriemhild: Mendacity or (Self-) Delusion? in: The “Nibelungenlied”: Genesis, Interpretation, Reception, herausgegeben von Sibylle Jefferis, Göppingen 2006, S. 49-59
Franz Saran, Deutsche Verslehre, München 1907
Eduard Sievers, Altgermanische Metrik, Halle (Saale) 1893
I. Einleitung
Das ‚Nibelungenlied’ gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten Werken mittelhochdeutscher Literatur und ist daher bereits seit langer Zeit Gegenstand zahlreicher Analysen und Forschungsarbeiten.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es nun, das Vorkommen von Haken- oder Bogenstil exemplarisch anhand der 14. Aventiure des ‚Nibelungenliedes’ zu untersuchen.
Der Haken- oder Bogenstil im ‚Nibelungenlied’ ist in der neueren Forschung vergleichsweise mit der hohen Anzahl an sonstigen Untersuchungen über den Nibelungentext und -stoff eher unbeachtet geblieben. Diese Tatsache erklärt auch die Verwendung älterer Forschungsliteratur.
Im Folgenden soll zuerst ein kurzer Abriss über die Begrifflichkeit erfolgen, da diesbezüglich Uneinigkeit innerhalb der verwendeten Literatur herrscht, bevor der Haken- oder Bogenstil dann durch Abgrenzung gegenüber anderen Stilarten des Vers-Satz-Verhältnisses definiert werden soll. Daran anschließend soll die 14. Aventiure auf die Textstellen hin untersucht werden, die das das zuvor Definierte aufweisen, und daraufhin soll eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse die Arbeit beschließen.
Die Textgrundlage, auf der diese Untersuchung basiert, ist der Paralleldruck der drei Haupthandschriften der Nibelungen von M. S. Batts [1] . Sofern nichts anderes vermerkt ist, erfolgen mittelhochdeutsche Textzitate nach der ‚Hohenems-Münchner Handschrift’ (A) wie sie in der eben genannten Publikation abgedruckt ist.
II. Der Haken- oder Bogenstil
1. Begrifflichkeit
In der frühen Forschungsliteratur wird das Phänomen des Haken- oder Bogenstils entweder nur als 'Hakenstil' oder nur als 'Bogenstil' bezeichnet.
E. Sievers prägte den Begriff 'Hakenstil' zunächst für das Altgermanische, verwendete ihn allerdings nicht in seiner ‚Altgermanischen Metrik’[2], in der er die Tatsache des Hakenstils noch ohne explizite Benennung beschreibt[3].
Unter begrifflicher Erwähnung wird der Hakenstil dann 1925 detailliert von A. Heusler[4] dargestellt. Während nun aber bis dahin ausschließlich der Begriff 'Hakenstil' verwendet wird, wählt A. Heusler entgegen dieser damals gebräuchlichen Bezeichnung den Begriff 'Bogenstil'[5]. Für ihn wirkt Dichtung durch den Haken- oder Bogenstil schwellender und runder[6]. Der Name 'Hakenstil' widerstrebt diesem Eindruck, da er eher den Gedanken an etwas Spitzes und Zackiges aufkommen lässt[7].
Obwohl in aktuelleren Arbeiten[8] oft wieder auf den Begriff 'Hakenstil' zurückgegriffen wird, wird in der vorliegenden Arbeit durchgehend von 'Haken- oder Bogenstil' gesprochen, da sie auch unter Einbeziehung der Werke von A. Heusler[9] entstanden ist.
2. Definition
a) Abgrenzung zum strengen Zeilenstil: Langzeilenbindung
Um die Besonderheit des Haken- oder Bogenstils möglichst genau veranschaulichen zu können, soll der eigentlichen Definition eine Erläuterung zum Zeilenstil erfolgen, der in der mittelalterlichen Literatur weitaus gebräuchlicher und üblicher war. Die Definition des Haken- oder Bogenstils soll dann in Abgrenzung zu diesem Stil erfolgen.
Unter Zeilenstil versteht man ein Verhältnis von Satz zu Vers, bei dem das Ende des Satzes mit dem Ende des Verses zusammenfällt, sodass sich beide Perioden decken und der Vers somit zugleich eine syntaktische Einheit darstellt[10]. Findet eine solche Deckung Zeile für Zeile statt, so spricht A. Heusler[11] von strengem Zeilenstil. Dies ist nach S. Beyschlag[12] als der ältere Zustand anzusehen. Für ihn ist der Zeilenstil das naturgegebene Satz-Vers-Verhältnis[13].
[...]
[1] M. S. Batts, Das Nibelungenlied.
[2] E. Sievers, Altgermanische Metrik.
[3] S. Beyschlag, PBB. 56 (1932) S. 226.
[4] A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, I.
[5] S. Beyschlag, PBB. 56 (1932) S. 226.
[6] A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, I, S. 263.
[7] A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, I, S. 263.
[8] H. Haferland, NJ. 129 (2006); D. Hofman, NJ 117 (1994).
[9] A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, I; A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, II; . A. Heusler, ZDA. 57 (1919/1920), N.F. 45 (1919/20).
[10] S. Beyschlag, PBB. 56 (1932) S. 226.
[11] A. Heusler, Deutsche Versgeschichte, I, S. 254f.
[12] S. Beyschlag, PBB. 56 (1932) S. 226.
[13] S. Beyschlag, PBB. 56 (1932) S. 254.
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