„Die neue alte Heimat“ - Integrationschancen von Spätaussiedlern in Süddeutschland - Kooperative Beratung und einige Anwendungsmöglichkeiten in der Migrationsberatung

Das Beispiel der beratungsbedürftigen Spätaussiedler in einer Migrationsberatungsstelle


Bachelorarbeit, 2009

59 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

1 Einleitung
1.1 Zur Themenwahl
1.2 Forschungsfrage

I. Spätaussiedler – Migration – Beratung

2. Geschichtlicher Überblick - Migration und Integration der Russlanddeutschen in Deutschland
2.1 Zum Begriff des ‚Spätaussiedlers’ und ‚Russlanddeutschens’
2.2 Demographische Angaben
2.3 Einwanderung und Schicksal der Deutschen in Russland
2.4 Zuwanderung und Integration von Spätaussiedlern

3. Kooperative Beratung
3.1 Definitionen von Beratung und Kooperative Beratung
3.2 Grundlagen und theoretische Ansätze der Kooperativen Beratung
3.2.1 Menschenbildkonzeption
3.2.2 Wirklichkeitskonstruktion
3.2.3 Beratungskonzeption
3.3 Methodisches Vorgehen der Kooperativen Beratung
3.3.1 Gesprächsführung
3.3.2 Grundhaltungen des Beraters
3.3.3 Kooperative Beratungsschritte
3.4 Kooperative Beratung als Empowermentsprozess

4. Beratung von Migranten
4.1 Kulturorientierung in der Beratung
4.2 Interaktionsprozesse in der Aussiedlerberatung

II. Empirisch - praktischer Teil

5. Spezifische Fragestellungen und erste theoretisch begründete Antworten
5.1 Erste begründete Antwort auf die Forschungsfragen
5.2 Spezifische Fragestellungen

6. Untersuchungspersonen

7. Erhebungsinstrument
7.1 Dimensionen – Skalen des Fragebogens

8. Durchführung der Fragebogenuntersuchung

9. Untersuchungsergebnisse

10. Diskussion der Ergebnisse

11. Diskussion und Reflexion des eigenen Vorgehens

12. Reflexion
12.1 Rückbezug zu den Forschungsfragen

13. Literaturverzeichnis

14. Abbildungsverzeichnis

III. ANHANG (A, B, C, D)

Vorwort

Ich möchte das Vorwort dazu nutzen, mich bei jenen Menschen zu bedanken, die mir während meines Studiums zur Seite gestanden sind und mich unterstützt und motiviert haben.

Als erstes möchte ich meine Betreuerin Univ. Assistentin Dr. Angela Gastager nennen, die mich sowohl fachlich als auch menschlich auf meinem Weg zum Abschluss begleitete. In den gemeinsamen Gesprächen gab sie mir immer wieder Motivation, bewahrte mich davor, den Überblick zu verlieren und hielt mich an, bei meiner Idee, meinem Ziel zu bleiben.

Was die Unterstützung bei der Umfragedurchführung betrifft, möchte ich hier die Möglichkeit ergreifen, Frau Mag. Migrationsberaterin Lilijana Vukovic, Beratungshelferin Valentina Artykova und Jugendleiterin Eugenija Fink für ihren Beistand und die Unterstützung in der Untersuchungsdurchführung danken.

Als nächstes bedanke ich mich bei Julia für die Korrekturunterstützung meines Schreibens.

Ganz besonderer Dank gilt jedoch meiner Familie, die nächtelang und jede Wochenende auf mich verzichten musste, mir aber immer den seelischen Beistand für diese Arbeit gab.

VIELEN DANK!

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit beschäftige ich mich mit dem Thema der Integration von Spätaussiedler/-innen – Russlanddeutschen in Deutschland und den Anwendungs- Möglichkeiten der Kooperativen Beratung in Sozialer Arbeit im Bereich der Integration.

Integration stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie die Bildung bzw. Herstellung eines Ganzen, also die Vervollständigung und Eingliederung in ein größeres Ganzes oder auch der Zustand, in dem sich etwas befindet, nachdem es integriert worden ist (vgl. Fassmann 2006, S. 226).

Migration ist ein hoch emotional besetztes Thema und löst Fragen nach der eigenen Identität, Fragen nach dem Verhältnis zur Identität des anderen und Fragen nach der Vereinbarkeit und der Verträglichkeit bzw. der Unverträglichkeit unterschiedlicher Kulturen und Religionen aus (vgl. Süssmuth, 2006, S. 203).

Die Frage der Integration der Spätaussiedler ist eine sehr aktuelle und sowohl in der Öffentlichkeit, als auch in den Medien und im sozialen Bereich ein häufiges, und oftmals sehr umstrittenes Thema, das stark von Debatten um Zuwanderung und Integrationspolitik geprägt ist. Dieses Thema steht im Zusammenhang mit den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, Spracherwerb, Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung und noch vielen anderen Rahmenbedingungen für Integration. Auf das dauerhafte und alltägliche Zusammenleben mit zugewanderten Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion ist Deutschland noch nicht gut genug vorbereitet. Die Menschen sind zwar in Deutschland angekommen, aber sehr häufig „Fremde“ geblieben.

Integration ist für die deutsche Regierung jedoch sehr wichtig. Es gibt verschiedene Organisationen und Foren zur Förderung der Integration von Zuwandern in Deutschland, die Leitlinien der Integration intensiv vermitteln und die Verantwortung aller Institutionen für eine erfolgreiche Integration herausstellen. Eine der wichtigsten Institutionen sind die Beratungsstellen für Migranten, die sich mit Problemen der zugewanderten Menschen beschäftigen. Darum wird in meiner Arbeit das Thema Migration und Beratung näher eingegangen. Hier werden die Aspekte der Kulturorientierung, Interaktionsprozesse in der Aussiedlerberatung genauer betrachtet, sowie auch von den Themen interkulturelle Kompetenz in der Sozialen Arbeit und dem Bedarf der ausländischen Fachkräfte in Beratungsstellen gesprochen.

Im Kapitel 3 – geht es um die Methoden und theoretischen Ansätze von Kooperativer Beratung. Hier versuche ich, die Grundlagen und Konzeptionen dieser neuen stärkeorientierten Beratungsmethode zu verdeutlichen.

Das Kapitel Geschichtlicher Überblick über die Migration und Integration der Russlanddeutschen in Deutschland – stellt eine Definition des Begriffes „Spätaussiedler“ zur Diskussion. Hier wird kurz die traurige Geschichte der Einwanderung und Ansiedlung des deutschen Volks in Russland beschrieben, sowie die Rückkehr der ethnischen Deutschen in ihre Heimat und ihre neue Integration in Deutschland. Am Ende des Kapitels sind die aktuellsten demographischen Angaben von Russlanddeutschen in Deutschland dargestellt.

Der erste, theoretische Teil der Arbeit gibt einen ausführlichen Überblick und eine kritische Auseinandersetzung mit der Methode der Kooperativen Beratung. Im empirischen Teil wird das Problemfeld beschrieben und untersucht. Dieser Teil besteht aus den methodischen Grundüberlegungen, Datengewinnung und Datenauswertung. Die Ergebnisse werden deskriptiv dargestellt und im Hinblick auf die Fragestellungen diskutiert. An einem realen Betreuungsbeispiel aus der Migrationsberatungsstelle in Freilassing und einer schriftlichen Befragung werden konkrete Zusammenhänge und Anwendungsmöglichkeiten der Kooperativen Beratung dargestellt.

1.1 Zur Themenwahl

Das Thema Migration und Integration ist für mich besonders interessant, da ich selbst Ausländerin bin. Ich konfrontiere mit den damit verbundenen Problemen nicht nur theoretisch in meinem Studium der Pädagogik, sondern auch praktisch in meinem eigenen alltäglichen Leben in Deutschland.

Mit Russlanddeutschen verbinden mich meine ehemalige Heimat, nämlich die Sowjetunion, die gemeinsame Heimatsprache und einige kulturelle Aspekte die in einem Vielvölkerstaat zwischen den sowjetischen Bürgern vermischt und gerne voneinander übernommen werden.

Ich weiß ganz genau, mit welcher großen Hoffnung auf die Hilfe und Unterstützung die Migranten zu einer Beratungsstelle gehen, welche Gefühle sie im Gespräch erleben und wie schwierig es ihnen erscheint, ihre persönlichen, familiären, sozialen, schulischen und migrationsspezifischen Fragen und Probleme in der neuen Heimat zu lösen. Deswegen möchte ich gerne dem Bereich Migrationsberatung nahe kommen, erforschen und wenn es mir gelingt, neue Wege zur Verbesserung der Beratungsmethoden finden.

In der öffentlichen Meinung wird vielfach die Hauptaufgabe der Integrationsleistung bei den Zuwanderinnen selber gesehen. Die „AusländerInnen“ sollen sich in der Aufnahmegesellschaft anpassen, eine für sie fremde Sprache lernen und sich „integrieren“, dies ist eine häufig gehörte Meinung in der Öffentlichkeit und der Politik. Was genau aber bedeutet denn eigentlich dieses „sich integrieren“? Bedeutet Integration das Ablegen der eigenen Kultur und das uneingeschränkte Annehmen der Kultur der Aufnahmegesellschaft? Oder bedeutet Integration das Erlernen der Sprache der Aufnahmegesellschaft? Kann Integration überhaupt funktionieren, wenn sie eine einseitige Sache ist, das heißt, wenn nur von ZuwanderInnen bzw. den MigrantInnen Zugeständnisse und Abschläge verlangt werden?

1.2 Forschungsfrage

Aus diesen Fragestellungen lässt sich eine Forschungsfrage ableiten:

- Kann die Anwendung der Methode von Kooperativer Beratung die Integration der MigrantInnen beeinflussen und verbessern?

Hintergrundthema: Interkulturelle Kompetenz in der Beratung.

- Wie wird die interkulturelle Kompetenz in der Beratung berücksichtigt?

Meine Erwartungen daraus sind:

- Wird die Methode von Kooperativer Beratung in der Beratung von Migranten verwendet, so erhöhen sich die Integrationschancen der Migranten.
- Verfügen die BeraterInnen über ausreichende Interkulturelle Kompetenz, erleichtert sich dadurch die Integration von MigrantInnen.

Meiner Meinung nach, kann Integration nur dann funktionieren, wenn sowohl die ZuwanderInnen, als auch die Menschen der Aufnahmegesellschaft sich auf dieses gemeinsame Experiment der Integration einlassen – und genauso sehe ich Integration - als ein Experiment, zu dem zwei Seiten, zwei Pole, zwei Akteure gehören und das nur funktioniert, wenn beide bereit sind, sich auf den jeweils anderen einzulassen. Die Methode der Kooperativen Beratung öffnet die Wege dazu und bietet gerade so, eine vertrauensvolle und gegenseitig akzeptierende Kommunikation der zwei Beteiligten an.

Doch welcher Stellenwert wird nun der Sozialen Arbeit im Bereich der Integration zugeordnet?

Dabei taucht unverhinderbar der Begriff der interkulturellen Kompetenz auf, der im Kapitel Kulturorientierung in der Beratung beschrieben wird.

I. Spätaussiedler – Migration - Beratung

2. Geschichtlicher Überblick über die Migration und Integration der Russlanddeutschen in Deutschland

Im folgenden Kapitel wird ein kurzer Einblick in die Geschichte der Russlanddeutschen gegeben. Zu Beginn definiere ich die Begriffe „Spätaussiedler“ und „Russlanddeutsche“. Ein weiterer Blick wird auf die Migrationsdynamik der Spätaussiedler gerichtet. Danach folgt ein geschichtlicher Abriss und in der letzten Rubrik berichte ich über die Zuwanderung und Integration von Spätaussiedlern.

2.1 Zum Begriff des ‚Spätaussiedlers’ und ‚Russlanddeutschen’.

Obwohl etwa ab 1950 die kriegsrelevanten Austreibungsmaßnahmen für abgeschlossenen galten, hielten während der gesamten Nachkriegszeit die Zuzüge aus Ost- und Südeuropa an. In der Literatur wird der Hinweis auf die Entwicklung der Zuwanderungen mit dem Abschluss der sogenannten Ostverträge von 1967 bzw. 1970 gesehen. In diesem Zeitraum entstand der Begriff des „Spätaussiedlers.“

In einem Lastenausgleichsgesetz wird der Begriff „Spätaussiedler“ folgenderweise definiert: „Als Spätaussiedler gelten deutsche Volkszugehörige, die Vertreibungsgebiete nachweislich nach dem 31.12.1992 im Aufnahmeverfahren verlassen und in der Bundesrepublik Deutschland Aufenthalt genommen haben.“

Quelle: Soziale Entschädigung, (o.J., o.A.) http://www.haw-hamburg.de/fileadmin/user_upload/Personalrat/faltbl-entschaedigung_property_source.pdf:

[Datum des Zugriffs: 20.03.09].

Ein Spätaussiedler ist ein deutscher Volkszugehöriger, der die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlässt und sämtliche im Bundesvertriebenengesetz normierte Voraussetzungen erfüllen muss.

Quelle: Glossar für den Bereich Spätaussiedler, (o.J., o.A.). http://www.bva.bund.de/nn_376894/DE/Aufgaben/Abt__III/Spaetaussiedler/glossar/functions/glossar,lv2=377320.html: [Datum des Zugriffs: 20.03.09].

Die größte Zahl der Spätaussiedler kommt aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion, darum verwenden wir im Sprachgebrauch oft die Begriffe Spätaussiedler und Russlanddeutscher als Synonyme. In der Regel werden auch die deutschstämmigen Einwohner der anderen ehemaligen Sowjetrepubliken als Russlanddeutsche bezeichnet. Fälschlicherweise werden die Russlanddeutschen gelegentlich auch „Deutschrussen“ genannt. Bis zum Ende der UdSSR waren zeitweise auch die Bezeichnungen Sowjetdeutsche bzw. Sowjetunion-Deutsche im Gebrauch.

2.2 Demographische Angaben

Das Hauptkontingent der in Deutschland lebenden Aussiedler stammt aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion: Kasachstan, Kirgistan, Russische Föderation, Usbekistan, Ukraine. In der Zeit von 1991 - 2006 haben rund 2,3 Millionen deutschstämmige Spätaussiedler aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion die Aufnahme in Deutschland gefunden. Von 2007-2009 sind insgesamt noch 10.774 Aussiedler aus obengenannten Gebieten registriert worden.

Die über Jahrzehnte spärliche Zuwanderung und der plötzliche Anstieg der Aussiedlerzahlen ab 1988 stehen in Zusammenhang mit Verhältnissen in den Herkunftsländern, die unterschiedlich restriktiv auf die Herausbildung und Realisierungschancen von Aussiedlungswünschen wirkten. In der Zeit strenger sozialistischer Herrschaftsausübungen wurden diese nur spärlich erteilt. Entspannungstendenzen im Ost-West-Verhältnis, die innere Kriesenentwicklung und der Zerfall der sozialistischen Staatssysteme schufen Voraussetzungen dafür, dass Aussiedlungswillige in großer Zahl nach Deutschland gehen konnten. Die seit Ende der 80er – Jahre spürbaren Ausreiseerleichterungen entfachten unter den Russlanddeutschen eine Sogwirkung, die auch als „panikartiger Anschlusshandel“ (Bade 1992b, S. 408) bezeichnet wurde.

Seit 2007 ist die Zahl der Spätaussiedler stark gesunken. Grund dafür ist, dass das neue Zuwanderungsgesetz, den Sprachtest erfordert. Geforderte Deutschkenntnisse waren eine große Hürde für die Auswanderung nach Deutschland. Nicht nur die deutschstämmigen Aussiedler, sondern auch angeheiratete Partner anderer Nationen, mussten vor der Einreise ausreichende deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.

Die Tabelle 1 zeigt, wie viele Spätaussiedler und Angehörige im Januar und Februar 2009 nach Deutschland zugewandert sind. Die nächste Tabelle stellt die Registrierungen der neu gekommenen Spätaussiedler in dem Zeitraum von 2006 bis Februar 2009 im Vergleich zu den Vorjahren dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verteilung nach Herkunftsstaaten

Quelle: Spätaussiedler und Angehörige – Herkunftsstaaten 2009 (04.2009, 0.A.) http://www.auslandsschulwesen.de/nn_376892/DE/Aufgaben/Abt__III/Spaetaussiedler/statistik/09SpaetaussiedlerundAngehoerigeHerkunftsl2009.html

[Datum des Zugriffs: 06.04.09].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Registrierungen im Vergleich zu den Vorjahren

Quelle : Registrierungen und Antragseingänge im Vergleich zu den Vorjahren,(o.J.,o.A.) http://www.auslandsschulwesen.de/cln_115/nn_376892/DE/Aufgaben/Abt__III/Spaetaussiedler/statistik/09RegundAntrVergleich.html?__nnn=true [Datum des Zugriffs: 06.04.09].

Kurz wird nachfolgend über die Statistik der Spätaussiedler in Bayern berichtet:

Jährlich kommen etwa 10.000 deutsche Spätaussiedler mit ihren Familien nach Bayern, seit 2005 allerdings sind die Zugangszahlen weiterhin rückläufig. Im Jahr 2006 wurden nach den Aufzeichnungen des Bundesverwaltungsamts und der Landesaufnahmestelle des Freistaates Bayern rund 78 Prozent weniger Personen als im Vorjahr aufgenommen. Im Jahr 2007 wurden rund 25 Prozent weniger Personen als im Vorjahr aufgenommen. Im 1. Quartal 2008 verringerte sich der Zugang bis 864 Personen nochmals - dies sind 25 Prozent weniger als im Jahr 2007.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: BVA und LASt

Abb. 3: Anzahl der Spätaussiedler in Bayern im Vergleich zum Bundesland

Quell: Migration und Integration Spätaussiedler, (2008, o.A.). http://www.arbeitsministerium.bayern.de/migration/aussiedler/index.htm [Datum des Zugriffs:14.04.09].

Soweit stellen sich Angaben im Überblick über statistische Daten und wesentliche Antriebsmomente der Aussiedlungsbewegung dar.

2.3 Einwanderung und Schicksal der Deutschen in Russland.

Die Beschreibung dieses Kapitels wird auf den Tatsachen des Buches von Warkentin (1992) „Rußlanddeutsche - Woher? Wohin? " begründet.

Was ist das für ein Schmerz, daß ich muß Deutschland meiden und nun als Kolonist viel Plag und Kummer leiden, Betrübnis, viel Verdruß, zu Wasser und zu Land, drum bin ich ärgerlich in diesem neuen Stand. (Offizier Bernard Ludwig von Platen, 1764; Warkentin 1992).

Im 17. und 18. Jahrhundert eroberte Russland große Gebiete im Osten und Süden des Landes entlang der Wolga und am Unterlauf des Lena. Die russische Regierung bemühte sich, diese neuen Gebiete zu besiedeln. Mit der Thronbesteigung der Zarin Katharina II (frühere Prinzessin Sophie) im Jahre 1762 wurde die Kolonisationspolitik auf eine neue Grundlage gestellt. In ihrem Manifest am 22. Juni 1763 rief Katharina II. deutsche Bauern ins Land. In dem Diskret versprach sie unter anderem die freie Wahl des Wohnorts und des Berufs, freie Religionsausübung, Selbstverwaltung in den Kolonien, Befreiung vom Militärdienst und Steuern, sowie freie Rückwanderung in die Heimat, mit dem in Russland erworbenen Vermögen.

Zu dieser Zeit herrschte in vielen Teilen Deutschlands wirtschaftliche und soziale Not. Die Aussicht ihres Lebens veranlasste vor allem Handwerker und Bauern kleinerer Territorien, als Kolonisten nach Russland zu gehen. Die letzten deutschen Aussiedler kamen 1764 nach Dobrinka bei Saratow an der Wolga. Nach und nach bildeten sich in der Wolgaregion, in den ukrainischen Küstengebieten des Schwarzen Meeres im Kaukasus und in Bessarabien und 300 Mutterkolonien, in der die evangelischen und katholischen Christen und Mennoniten lebten.

Bis 1914 verzehnfachte sich die Anzahl der Kolonien auf rund 3 000. Als das Land für die Kolonien knapp wurde, kam es zu einem Starten damals freiwilligen und von der Regierung geförderten deutsche Siedler nach Sibirien und Mittelasien. Insgesamt bildeten die Deutschen in Russland einen Stützpfeiler der staatlichen Modernisierungspolitik. Ein bestimmender Faktor war dabei das außenpolitische Verhältnis zwischen Deutschland und Russland bzw. der Sowjetunion. Von ihm hängt bis heute das Schicksal der Deutschen in hohen Maßen ab.

Im Herbst 1914 hat Nikolai II. in einer Rede erklärt, dass Russland und Deutschland schon immer verschiedene Interessen verfolgten. Die Deutschen trachteten danach, Russland in den Rücken zu fallen. Nationalisten verstanden das als Signal zum Bekämpfen des inneren Feindes. In vielen Städten Russlands gab es antideusche Propaganda. 100 000 Menschen wurden enteignet und aus den Grenzgebieten deportiert.

Anfang 1918 trafen sich die Repräsentanten der Wolgadeutschen zu einer Konferenz. Unter der Leitung von Ernst Reuter gründeten die Wolgadeutschen im Oktober 1918 die erste autonome Verwaltungseinheit Sowjetrusslands.

Bürgerkrieg und Kriegskommunismus verwüsteten Sowjetrussland. In Gebieten der Wolgadeutschen hatten Missernten und eine rücksichtslose Getreide beschaffende Moskauer Regierung eine verheerende Hungersnot zu Folge.

Im Januar 1924 wurde die autonome sozialistische Sowjet- Republik der Wolgadeutschen proklamiert. Das Gebiet der ASSR mit der Hauptstadt Engels umfasste 265 000 Quadratkilometer mit etwa 550 000 Einwohnern von denen 379 000 deutscher Abstammung waren. Die übrigen waren Russen und Ukrainer. Die Amtssprache war deutsch. In anderen kompakten Siedlungsgebieten der Russlanddeutschen wurden Landkreise gegründet. Es wurden Schulen und Bibliotheken geöffnet, pädagogische, gewerbliche und industrielle Ausbildungsplätze, sowie fünf Hochschulen eingerichtet. Es wurde ein deutsches National- und Kindertheater sowie mehrere deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften gegründet.

Die am Ende 1928 einsetzende Zwangskollektivierung, bedeutete auch für die Deutschen einen tiefen Einschnitt. Schon 1931 waren 95% der Wolgarepublik kollektiviert und mehr als 50 000 von Deutschen wurden deportiert.

Der Personenkult Stalin wirkte sich auf das Leben der deutschen Bevölkerung aus. In einer Atmosphäre des Misstrauens und einer Spionagemanie wurden vor dem Kriege unbegründet die nationalen Rayons liquidiert, die 1926 erscheinende deutsche Zentralzeitungen herausbrachten. In der Masse, wie sich die Beziehungen zwischen dem Reich und der Sowjetunion verschlechterten, wuchsen die Repressionen gegenüber den Deutschen in Russland. Die deutsche Bevölkerung wurde nach Osten deportiert. Drei Jahre später wurden alle deutschen Landkreise von der Ukraine bis nach Westsibirien liquidiert. Der Schulunterricht durfte nicht mehr auf Deutsch durchgeführt werden und wurde durch russisch oder ukrainisch ersetzt.

Für die Russlanddeutschen hatte der Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion dramatische Folgen. Die Russlanddeutschen wurden nahezu vollzählig aus dem europäischen Teil der Sowjetunion nach Mittelasien und Sibirien in die nördliche Region der RSFSR (abgekürzt von Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik) und in die Industriegebiete des Ural deportiert. Beim Rückzug der Wehrmacht nach Deutschland, wurden diese Volksdeutschen mitgenommen. Viele von ihnen sind aus der Angst vor der Roten Armee freiwillig mit der Wehrmacht mitgegangen. Nach Kriegsende wurden, die Russlanddeutschen in die sowjetischen Zonen in die Sowjetunion zurück transportiert.

Nach dem 2. Weltkrieg hatten die Russlanddeutschen alle Rechte an die nationale Gruppe eingelöst. Sie verloren ihren Rechtsstatus, die Siedlungsgebiete, die Bewegungsfreiheit, jegliche soziale Fürsorge des Staates, der Schulen und der kulturellen Einrichtungen. Familien wurden auseinander gerissen. Die Russlanddeutschen lebten als Verbannte in Arbeitslagern und Sondersiedlungen, mussten schwerste Arbeit in Werklagern oder unerschlossenen Wäldern leisten.

Ab Ende der 60er Jahre hat ein zunehmendes Auswanderungsbegehren in die Bundesrepublik Deutschland begonnen. Dieses Begehren schlug sich ganz konkret darin nieder, dass im Zeitraum von 1950 bis 1993 über 950 000 Menschen in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist sind. Enttäuscht von ihren Lebensbedingungen in der ehemaligen Sowjetunion, suchen sie in Deutschland die Möglichkeit als Deutsche unter Deutschen zu leben, ihre Sprache und Kultur zu pflegen. Leicht ist ihnen diese Ausreise nie gefallen.

Letzte Schätzungen gehen davon aus, dass auch heute noch über zwei Millionen Menschen deutscher Nationalität in der ehemaligen Sowjetunion leben. Die Politik der Bundesregierung war und ist darauf ausgerichtet, ihnen wirtschaftliche und kulturelle Hilfe aller Art zur Selbsthilfe zu geben. Mit dem 1990 geschlossenen Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion wurden entscheidende Grundlagen für ein Hilfsprogramm mit konkreten Zukunftsperspektiven geschaffen. Jede russlanddeutsche Familie kann und sollte selbst frei entscheiden ob sie Wege der Zukunft in Zeitaufenthalten sieht oder sie im fernen Deutschland einen Neubeginn wagen will.

2.4 Zuwanderung und Integration von Spätaussiedlern

Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre stieg die Zuwanderung der Spätaussiedler in der Bundesrepublik stark an. Dieser Aussiedlerstrom steht in Zusammenhang mit dem Zerfall des sozialistischen Herrschaftsbereiches.

Die Entspannungspolitik Gorbatschows machte schließlich die Übersiedlung vieler Russlanddeutscher in die BRD erst möglich. Ab 1990 nahm die Bundesregierung intensiven Kontakt zur Führung der damaligen Sowjetunion auf. Nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 wurden diese, mit den Nachfolgestaaten weitergeführt. Damit wurde die Grundlage, für die 1991 beginnende Welle der Rückwanderung geschaffen.

In Folge der Erlangung von Eigenstaatlichkeit einiger Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion sind ethnische Orientierungen in der Stammbevölkerung Kasachstans, Kirgisiens, Tadschikistans, Turkmenistan usw. gestärkt worden. Unter den aufkommenden Spannungen in den Herkunftsgebieten und unter den immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Verhältnissen und Zukunftsperspektiven ist die Ausreise nach Deutschland unter neuem Vorzeichen zu einer Flucht, der von Verarmung und von ethnischen Benachteiligten Bedrohten bzw. zu einer ethno-politischen Migrationsbewegung geworden. Also, es beginnt die Zeit des verfahrensmäßigen Übergangs vom Herkunfts- in das Aufnahmeland.

Die Aussiedler kamen und kommen mit großen Erwartungen in die Bundesrepublik. Sie sind bereit, Einschränkungen hinzunehmen. Die Realität, mit der sie in der neuen Heimat konfrontiert werden, wirkt ernüchternd. Durch die Bewältigung der Alltagsprobleme bauen sie allmählich ihre teils illusorischen Vorstellungen ab.

Sie sind gezwungen, sich in allen Lebensbereichen um- und neu zu orientieren. Sie müssen: die deutsche Sprache beherrschen, eine Wohnung suchen, sich beruflich eingliedern bzw. sich neu orientieren, sich ein soziales Umfeld schaffen.

Ihre Erfolge sind unterschiedlich, auch die der mitgereisten Kinder und Jugendlichen. Diese meistern die neuen Lebensumstände, altersabhängig sehr differenziert.

Bis 1990 wurden Russlanddeutsche von der Bundesrepublik mit ihrer Ankunft als deutsche Staatsbürger anerkannt und erhielten die gleichen Rechten wie die einheimische Bevölkerung. Seit 1990 muss von den Aussiedlern der Nachweis erbracht werden, dass sie Deutsche (nach dem Artikel 116 des Grundgesetzes) sind. Zudem wurden gesetzliche Grundlagen geschaffen, die die nach 1990 veränderten Bedingungen in der BRD berücksichtigen. Nach Anerkennung als Deutscher werden Aussiedler bei ihrer Ankunft in der BRD durch eine Vielzahl sozialer und finanzieller Leistungen abgesichert. Der Nachweis der deutschen Volkszugehörigkeit kann durch Personenstandsurkunden (Geburts- oder Heiratsurkunden) des Aussiedlers bzw. seiner Eltern oder Großeltern erbracht werden.

Die Aufnahmeregelungen bestehen zum einem aus Maßnahmen und Entscheidungen staatlicher Verwaltungen, die das Leben in Deutschland erleichtern sollen. Das schriftliche Aufnahmeverfahren für Spätaussiedler und deren Familienangehörigen wird vom Bundesverwaltungsamt durchgeführt. Das Bundesverwaltungsamt prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die deutsche Volkszugehörigkeit erfüllt sind und nach Abschluss des Prüfungsverfahrens erteilt es den Aufnahmebescheid. Dieser berechtigt zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Nach dem Eintreffen im Bundesgebiet werden die Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen in der Außenstelle Friedland des Bundesverwaltungsamtes registriert und auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Beim Eintreffen in den Sammellagern, in denen Aussiedler untergebracht wurden, erhalten sie einen Registrierschein, der ihnen den Bezug von Eingliederungshilfen sichert.

Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion müssen nachweisen, dass sie sich in den Aussiedlungsgebieten zur deutschen Nationalität bekannt haben, und dass sie familiär vermittelte deutsche Sprachkenntnisse besitzen, um ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können. Dieser Nachweis erfolgt durch einen Sprachtest bei einer deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsland.

Diese geforderten Deutschkenntnisse sind zur großen Hürde geworden, weil nicht nur deutschstämmige Volkszugehörige selbst, sondern auch ihre nicht deutschen Ehegatten und Abkömmlinge Sprachkenntnisse nachweisen müssen. Darum ist in den letzten zwei Jahren die Anzahl der einreisewilligen Spätaussiedler zurück gegangen.

Der Spracherwerb ist die entscheidende Voraussetzung für eine echte Integration. Es muss in das Bewusstsein jedes Zuwanderers dringen, dass nur über die guten deutschen Sprachkenntnisse eine Beteiligung am gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist. Wie wir sehen, steht die Sprachbeherrschung in Zusammenhang mit Integrationsproblematik.

Was ist eigentlich Integration und wie wird die Integrationspolitik in Deutschland durchgeführt?

Die Politik geht davon aus, dass die Integration dann beendet ist, wenn ein/e SpätaussiedlerIn über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt und sich wirtschaftlich selbst versorgen kann. In Wirklichkeit ist die Integration aber ein langjähriger Prozess.

Integration im weitläufigen Sinne beschreibt also den Prozess, der Bildung einer Einheit aus Teilen, speziell von sozialen Systemen aus Elementen. (Schäfers/Kopp 2006, S. 115).

Fassmann sieht in der Integration sowohl einen Prozess als auch einen Zustand.

„Integration stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie die Bildung bzw. Herstellung eines Ganzen, Vervollständigung und Eingliederung in ein größeres Ganzes oder auch der Zustand, indem sich etwas befindet, nachdem es integriert worden ist.“(Fassmann, 2006, S. 226).

Integration, aus der Perspektiven der Zugewanderten ist gleichberechtigte Teilhabe am sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben. Die Verwirklichung dieses Zieles, das Rechte und Pflichte erschließt, liegt in der Verantwortung aller Menschen, ich meine nicht nur die Verantwortung der Zugewanderten, sondern auch der einheimischen Bürger, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.

Heutzutage ist Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in Deutschland. Es werden verschiedene Förderungsprogramme, Hilfsstellen, sowie Sprach- und Orientierungskurse angeboten, die die SpätaussiedlerInnen als Integrationsangebote annehmen müssen und sich mit allen Möglichkeiten und Fähigkeiten für die Gestaltung eigener Lebensbedingungen und die Integration einsetzen. Ohne ihren Willen und die Bereitschaft ist eine erfolgreiche Integration nicht möglich, weil Integration auch ein gegenseitiger Prozess ist und sie kann nicht einseitig gelingen. Integration muss von allen Beteiligten angestrebt werden. Damit alle AussiedlerInnen einen Beitrag zum Gelingen der Integration leisten können, bedarf es günstiger Rahmenbedingungen. Es geht vor allem um aufenthaltsrechtliche Sicherheit, damit eine langfristige Lebensplanung möglich ist. Es geht darüber hinaus, um den Zugang zum Arbeitsmarkt zur eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts und es geht um die Teilhabe am sozialen Sicherungssystem.

Aus dieser Fülle von Definitionen und Sichtweisen für Integration wird deutlich, wie wichtig es als Expertin/Experte der Sozialen Arbeit ist, sich zu positionieren und seine eigene Definition für Integration klar zustellen.

3. Kooperative Beratung

Dieser Teil soll einen Brückenschlag von der Theorie zur Praxis vorbereiten. Nach einer Einführung in die wesentlichen Begriffe wird es darum gehen, die wichtigsten Konzeptionen des Beratungsansatzes zu identifizieren. Es werden die Grundlagen (Menschenbild, Handlungsmodell und Beratungsbeziehung) und das methodische Vorgehen (die personenzentrierte Gesprächsführung und die klärungs-, Ressourcen- und lösungsorientierten Beratungsschritte) sowie das Beratungssetting dargestellt. Im letzten Unterkapitel werden auch Hinweise zur Anwendung für das Erlernen dieser Methode gegeben. Abschließend wird auf die Effektivität der Kooperativen Beratung eingegangen.

Da in meiner Arbeit die Integrationsproblematiken der SpätaussiedlerInnen beschrieben werden, beinhaltet das Kapitel 4 das Thema Beratung von Migranten. Ich stelle wesentliche Merkmale dieser beiden Konstrukts im theoretischen Teil meiner Arbeit dar, weil mich interessiert, ob der Einsatz der Methode der Kooperativen Beratung in Migrationsberatung effektiv ist.

3.1 Definitionen von Beratung und Kooperativer Beratung

Heutzutage spielt Beratung eine besondere und bedeutende Rolle in der Gesellschaft. Sie wird zunehmend als Hilfe bei der Bewältigung und Gestaltung von individuellen und gesellschaftlichen Problemen eingesetzt. Durch Beratung suchen die Menschen Ergänzung und Unterstützung zu ihren Wissens- und Handlungskompetenzen um etwas zu planen, auszuwählen oder zu entscheiden, sowie Beratung als Handlungs- und Orientierungshilfe dient (Mutzeck, 2002, S.12).

„Beratung“ und „Berater“ führen von ihrer Herkunft und ursprünglicher Bedeutung her auf „Rat“ und „raten“ zurück. „Rat“ ist ein althochdeutsches Wort und wurde im Sinne gebraucht von: Besorgung notwendiger Mittel, Abhilfe, Fürsorge und gut gemeintem Vorschlag oder Empfehlung. Das Verb „raten“ wurde im Sinne vorgeschlagen, „empfehlen und für etwas sorgen“ gebraucht, wie auch für „sich etwas (geistig) zu recht legen, überlegen“ (Mutzeck, 2002, S.12).

Beratung besteht aus zwei wesentlichen Bestandteilen:

- das Beratungsproblem

Bei der Beratungssituation steht das Beratungsproblem im Mittelpunkt der Handlung. Dies kann in pädagogischer Hinsicht beispielsweise Schullaufbahn- oder Berufswahlentscheidungen, sowie Lern- und Leistungsschwierigkeiten sein. Ziel der Beratung sollte es sein, „neue Handlungs- bzw. Entscheidungsmöglichkeiten im Umgang mit pädagogischen Situationen verfügbar oder sichtbar zu machen.“

- der Ratsuchende

Im Idealfall stellt sich der Berater den Ratsuchenden als eine Person vor, welche bereits erkannt hat, dass sie mit ihren Problemen nicht mehr alleine fertig wird und deshalb den Berater freiwillig aufsucht und diesem dann ihre Schwierigkeiten vorträgt. In der Literatur wird ein solcher Ratsuchender als „beratungsfähig“ bezeichnet.

Mutzeck (2008, S.9) definiert in seinem Methodenbuch von kooperativer Beratung, Beratung als eine spezifische Interaktions- und Kommunikationsform zwischen einem Ratsuchenden und einem Berater. Beratung wird strukturiert, planvoll, fachkundig und methodisch geschult durchgeführt. Sie beruht auf einer beidseitigen Verbindlichkeit, Verantwortung und auf einem arbeitsfördernden Vertrauensverhältnis.

Jeder Ratsuchende trifft selbst die Entscheidung, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Deswegen können wir sagen, dass die Beratung freiwillig ist und sich damit gegenüber einer Informationsvermittlung und einem Alltagsgespräch abgrenzt. Beratung bezeichnet eine korrespondierende Kommunikationsform und hat mit der Erziehung, Unterweisung oder Therapie nichts zu tun. In einem strukturierten Gespräch versucht der Ratsuchende die Problemsituation zu analysieren, Problemlösungen zu suchen, konkrete Umsetzungsvorschläge zu erarbeiten. Der Berater in diesem Prozess, versucht den Klient dabei zu unterstützen und Ratschläge zu erteilen.

Es gibt unterschiedliche Formen der Beratung, beispielsweise Berufs- und Weiterbildungsberatung, Erziehungs- und Familienberatung, Schul- und Bildungsberatung und viele andere.

Man unterscheidet auch nach dem Medium, über das die Beratung stattfindet, zum Beispiel Onlineberatung oder telefonische Beratung sowie nach dem organisatorischen oder personellen Rahmen, in dem sie stattfindet (etwa Kollegiale Fallberatung oder Consulting).

In meiner Arbeit werde ich die Methode der Kooperativen Beratung nach Wolfgang Mutzeck vertiefen.

Kooperative Beratung ist eine Methode zur Gesprächsführung und Gestaltung von Beratung. Sie ist menschen- und handlungsorientiert und vereint ein problemverstehendes, zielgerichtetes, ressourcennutzendes, sowie lösungs- und transferbezogenes Vorgehen. Die klare, systematische Struktur der Kooperativen Beratung ermöglicht und unterstützt ein logisches und flexibles Arbeiten, auch in schwierigen Situationen im Berufsalltag der Beratung. Quelle: Was ist Kooperative Beratung ? (Mutzeck, 2009). http://www.kooperative-beratung.de/kooperative-beratung.html [Datum des Zugriffs: 21.04.09].

Der Grundstruktur der Kooperativen Beratung beschreibt Mutzeck (2008) folgenderweise: „Die Kooperative Beratung ist eine systematische, personenzentrierte und ressourcenzentrierte Gesprächsführungs- und Problemlösungsmethode, bei der der Berater dem Ratsuchenden durch sein Handeln verdeutlicht, dass er sich bemüht, eine vertrauensvolle Kommunikation, sowie eine durch Akzeptanz, Empathie und Kongruenz geprägte Beziehung herzustellen, und dass er durch ein kooperatives, zielgerichtetes , strukturiertes, transparentes und dialogkonsensuales Vorgehen mit ihm gemeinsam sein Problem zu verstehen und zu erklären versucht.

Die Kooperative Beratung bezieht den Ratsuchenden als Experten für sich selbst, seine Mitwelt und sein Umfeld mit ein (Selbst- und Weltsicht). Sie beinhaltet dialogisches Zuhören und Verstehen, sowie die Anerkennung der menschlichen Würde und der Gleichwertigkeit der Gesprächspartner (vgl. Groeben et al. 1988, 2008; zitiert nach Mutzeck 2008, S.9). Es werden die Kompetenzen und Ressourcen des Ratsuchenden genutzt, um eine optimale Lösung zu erreichen (vgl. Mutzeck 2008).

„Beratung ist eine Form zwischenmenschlicher Hilfe, bei der ein professioneller Berater, eine kooperative und offene Beziehung zu einem (oder mehreren) Klienten eingeht und vor allem im Gespräch versucht, den Klient zu einer bewussten Wahrnehmung seiner Probleme zu bringen. Er hilft ihm, seine Fähigkeiten zur Problemlösung zu entwickeln und so einzusetzen, dass er aus eigener Kraft die Probleme lösen und eine gesunde psychische Umgebung schaffen kann (Hilfe zur Selbsthilfe).“ (Hirsch & Schmidtchen 1981, 23; zitiert nach Mutzeck,2002,S.14).

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Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
„Die neue alte Heimat“ - Integrationschancen von Spätaussiedlern in Süddeutschland - Kooperative Beratung und einige Anwendungsmöglichkeiten in der Migrationsberatung
Untertitel
Das Beispiel der beratungsbedürftigen Spätaussiedler in einer Migrationsberatungsstelle
Hochschule
Universität Salzburg
Veranstaltung
Didaktische Konzeptionen mit WELL-Methoden
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
59
Katalognummer
V145240
ISBN (eBook)
9783640557318
ISBN (Buch)
9783640557875
Dateigröße
875 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Heimat“, Integrationschancen, Spätaussiedlern, Süddeutschland, Kooperative, Beratung, Anwendungsmöglichkeiten, Migrationsberatung, Beispiel, Spätaussiedler, Migrationsberatungsstelle
Arbeit zitieren
Zarema Sadykova (Autor:in), 2009, „Die neue alte Heimat“ - Integrationschancen von Spätaussiedlern in Süddeutschland - Kooperative Beratung und einige Anwendungsmöglichkeiten in der Migrationsberatung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145240

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