Das kommunitaristische Denken
Seit Anfang der 80er Jahre wird die politische Debatte durch eine
neue, aus den Vereinigten Staaten von Amerika kommende Bewegung
angeheizt. Unter dem Begriff des „Kommunitarismus“ wird zu mehr
Solidarität und zu mehr Gemeinschaft aufgerufen. Der Begriff leitet
sich aus dem amerikanischen Begriff der „community“ ab und
bedeutet so viel wie Gemeinsinn oder Gemeinwesen. Eine
Verbindung zum Kommunismus gibt es aber nicht.
Gründer dieser Bewegung sind Soziologen, Politologen und
Philosophen, die für eine Reformierung der Gesellschaft und für eine
„Politisierung der Bürgerschaft“(1) plädieren. Der neue Weg zur
Gemeinschaft geht von der Notwendigkeit aus, das Gemeinwohl
wieder zu entdecken und den Gemeinsinn zu fördern. Die
zunehmende Individualisierung ist eine Gefahr für die bestehende
Gesellschaftsstruktur. „Uneingeschränkte, individuelle
Freiheitsentfaltung [...] untergräbt auf die Dauer die Fundamente der
Demokratie.“(2) Die Gemeinschaft muß wieder gestärkt werden, damit
der Mensch sich als gesellschaftliches Wesen wieder innerhalb einer
Gemeinschaft frei entfalten kann. Hat sich die Auflösung der
Gemeinschaft einmal vollzogen, dann stehen nach Toqueville „die
Menschen nebeneinander, ohne daß ein gemeinsames Band sie
zusammenhält.“(3)
[...]
_____
1 Otto Kallscheuer: Gemeinsinn und Demokratie, in: Christel Zahlmann (Hrsg.): Kommunitarismus in der Diskussion – Eine streitbare Einführung, Hamburg 1994, S. 115
2 Irene Albers: Kunst der Freiheit – Kommunitaristische Anleihen bei Toqueville in: Christel Zahlmann, a.a.O.
3 Alexis de Toqueville: Über die Demokratie in Amerika, Zürich 1987, S. 432
Inhaltsverzeichnis
- Das kommunitaristische Denken
- John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit
- Voraussetzungen für eine Gerechtigkeitskonzeption
- Das ungebundene Selbst
- Strategien zur Erstellung einer Gerechtigkeitskonzeption
- Die zwei Prinzipien der Gerechtigkeitskonzeption
- Folgerungen aus den Prinzipien
- Anforderungen an den Staat
- Die Handhabung des Differenzprinzips in der Wirtschaft
- Voraussetzungen für eine Gerechtigkeitskonzeption
- Die anthropologische Liberalismus-Kritik
- Kritik des ungebundenen Selbst
- Kritik an der liberalen Demokratievorstellung
- Der schrankenlose Pluralismus
- Kommunitäre politische Theorie
- Aristoteles und Rousseau
- Michael Walzers Prinzip der komplexen Gleichheit
- Charles Taylor und der liberale Republikanismus
- Amitai Etzioni und der Pluralismus in der Einheit
- Der substantialistische Kommunitarismus
- Benjamin Barber und die starke Demokratie
- Partizipatorisch-republikanischer Kommunitarismus
- Die Grundkonzeption der starken Demokratie
- Kritik an Barbers Grundkonzeption
- Kommunitarismus in der Kritik
- Die Einschränkung der Rechte des Individuums
- Der Begriff der Volksgemeinschaft
- Nationale Identität im Zeitalter der Globalisierung
- Die fehlenden Voraussetzungen zur Partizipation
- Schlußbetrachtung: Ist kommunitäre Politik notwendig und auch durchführbar?
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der kommunitaristischen Denkrichtung und ihrer Kritik am Liberalismus. Der Autor beleuchtet die zentralen Argumente des Kommunitarismus und setzt diese in Relation zu den Theorien von John Rawls, Michael Walzer, Charles Taylor, Amitai Etzioni und Benjamin Barber. Ziel der Arbeit ist es, die Grundzüge des kommunitaristischen Denkens zu erläutern, die Kritik am Liberalismus zu analysieren und die Umsetzbarkeit kommunitärer Politik zu diskutieren.
- Die Kritik am liberalen Menschenbild und dessen Folgen für die Gesellschaft
- Die Bedeutung von Gemeinschaft und Solidarität für eine gerechte Gesellschaft
- Die Rolle des Staates in der Gestaltung einer kommunitären Gesellschaft
- Die Herausforderungen der Globalisierung und der multikulturellen Gesellschaft für den Kommunitarismus
- Die Frage nach der Durchführbarkeit kommunitärer Politik in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die kommunitaristische Denkrichtung ein und erläutert die zentralen Argumente der Bewegung. Es wird deutlich, dass der Kommunitarismus eine Reformierung der Gesellschaft und eine „Politisierung der Bürgerschaft" fordert, um das Gemeinwohl wieder zu entdecken und den Gemeinsinn zu fördern.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit John Rawls' Theorie der Gerechtigkeit und analysiert die Voraussetzungen für eine Gerechtigkeitskonzeption. Rawls' Konzept des „ungebundenen Selbst" und seine zwei Prinzipien der Gerechtigkeitskonzeption werden kritisch beleuchtet.
Das dritte Kapitel präsentiert die anthropologische Liberalismus-Kritik des Kommunitarismus. Die Kritiker bemängeln, dass der Liberalismus ein asoziales Menschenbild fördert, das zu einer Entsolidarisierung und Individualisierung führt. Sie kritisieren den schrankenlosen Pluralismus und fordern einen neuen Pluralismus in der Einheit.
Das vierte Kapitel skizziert die kommunitäre politische Theorie und stellt die Theorien von Aristoteles, Rousseau, Michael Walzer, Charles Taylor, Amitai Etzioni und Benjamin Barber vor. Es werden verschiedene Modelle einer kommunitären Gesellschaft vorgestellt, die von einem liberalen Republikanismus bis hin zu einer starken Demokratie reichen.
Das fünfte Kapitel beleuchtet die Kritik am Kommunitarismus. Kritiker befürchten, dass die Stärkung der Gemeinschaft zu einer Einschränkung der Rechte des Individuums führt, den Begriff der „Volksgemeinschaft" missbraucht und die nationale Identität in einer globalisierten Welt überbewertet. Auch die fehlenden Voraussetzungen zur Partizipation werden als Kritikpunkt angeführt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Kommunitarismus, den Liberalismus, die Gerechtigkeit, die Gemeinschaft, das Gemeinwohl, die politische Partizipation, die nationale Identität und die Globalisierung. Die Arbeit beleuchtet die Kritik des Kommunitarismus am liberalen Menschenbild und dessen Folgen für die Gesellschaft. Sie analysiert die verschiedenen Modelle einer kommunitären Gesellschaft und diskutiert die Herausforderungen der Durchführbarkeit kommunitärer Politik in der Praxis.
- Arbeit zitieren
- Mike Offermanns (Autor:in), 1999, Kommunitarismus - Der neue Weg zur Gemeinschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1455
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