Die formaljuristische Entscheidung über den Verlauf der polnisch/ deutschen Grenze fiel am 31. Juli 1945 bei der Potsdamer Konferenz, wobei eine endgültige Entscheidung erst auf der geplanten Friedenskonferenz getroffen werden sollte. Jedoch verhinderte die in den nächsten Monaten einsetzende Konfrontation des Kalten Krieges eine endgültige Festlegung dieses Grenzverlaufs.2
Genau genommen fällt die Entscheidung für den Grenzverlauf aber nicht erst in Potsdam, vielmehr handelt es sich nur um „die Sanktionierung einer von Stalin schon Anfang 1944 gefällten Entscheidung, über die der Westen planmäßig getäuscht“3 wurde.
Auf den folgenden Seiten soll geklärt werden, wie es während des Zweiten Weltkrieges in den Verhandlungen der „Großen Drei“4 dazu kam, dass sich die Alliierten 1945 in Potsdam auf die Verlegung der polnisch/ deutschen Grenze an die sog. Oder- Neiße- Linie einigten.5
Dabei wird ausschließlich auf die Konferenzen der drei Hauptalliierten genauer eingegangen, während die Verhandlungen, die zwischen der Londoner Exilregierung, der britischen Regierung und den Sowjets stattfanden, nur am Rande stehen sollen. Die Beziehungen der Alliierten zur Londoner Exilregierung werden nur thematisiert, insofern sie für das Thema relevant sind.6
Es folgt eine kritische Einschätzung zur Forschungslage.
Im ersten Teil dieser Arbeit soll zunächst die Einstellung der Alliierten zueinander und ihrer Ziele in Polen vordergründig analysiert werden, danach wird kurz dargestellt wie es zur Gründung der Anti- Hitler- Koalition kam und was ihre Prinzipien und Ziele waren.
Der umfangreichere, zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich anschließend damit, wie es während des Zweiten Weltkrieges in den diplomatischen Verhandlungen der Alliierten zur Festlegung eines Grenzverlaufs entlang der Oder- Neiße- Linie kam.
Im letzten Teil der Arbeit stehen die Verhandlungen der Alliierten bei der Potsdamer Konferenz im Mittelpunkt, wie im Verlauf der vorliegenden Arbeit deutlich wird, wurden dort die wichtigsten Entscheidungen getroffen.
Die Westmächte stimmten den von Stalin in Polen geschaffenen Tatsachen in Potsdam zu, da sie zum einen 1945 keine Möglichkeit mehr hatten etwas an den Fakten zu ändern.Die Westmächte weigerten sich trotzdem die Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze zu akzeptieren und nutzten 1945 in Potsdam ihre Chance, für die Zustimmung zu diesem Grenzverlauf eine Änderung bei den Reparationen einzuhandeln.7 Stalin arbeitete hinsichtlich Polen an drei Zielen:
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einstellung der Alliierten zueinander und ihre Ziele in Polen
- Die Anti-Hitler-Koalition
- Die Oder-Neiße-Linie in Alliierten Verhandlungen
- Eden in Moskau
- Der britisch/sowjetische Hilfs- und Freundschaftsvertrag von 1942
- Die Konferenz von Teheran
- Die Konferenz von Jalta
- Die Potsdamer Konferenz
- Die Grenze Polens
- Die Reparationen
- Die geschichtliche Bedeutung Potsdams
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entstehung der Oder-Neiße-Linie als polnisch-deutsche Grenze während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere im Kontext der Verhandlungen der „Großen Drei“ (USA, Großbritannien, Sowjetunion). Sie analysiert den Prozess der Entscheidungsfindung und die dahinterstehenden politischen Interessen und Strategien der beteiligten Mächte.
- Die wechselseitigen Beziehungen und Ziele der Alliierten in Bezug auf Polen.
- Die Rolle der Anti-Hitler-Koalition bei der Gestaltung der Nachkriegsordnung in Osteuropa.
- Der Verlauf der Verhandlungen über die Oder-Neiße-Linie während der Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam.
- Die Bedeutung der Reparationen im Kontext der Grenzfestlegung.
- Die politischen und strategischen Überlegungen der Westmächte im Umgang mit Stalins Forderungen.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die langjährige Kontroverse um die deutsch-polnische Grenze und hebt die besondere Bedeutung der Oder-Neiße-Linie hervor. Sie skizziert den formaljuristischen Akt der Grenzfestlegung in Potsdam und betont, dass die tatsächliche Entscheidung bereits früher von Stalin getroffen wurde. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Verhandlungen der „Großen Drei“ während des Zweiten Weltkriegs, wobei die Beziehungen zu der Londoner Exilregierung nur am Rande betrachtet werden. Die erschwerte Forschung aufgrund des Kalten Krieges und die neueren Möglichkeiten durch die Öffnung der Archive werden ebenfalls angesprochen. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Entwicklung der Grenzfestlegung entlang der Oder-Neiße-Linie nachzuvollziehen.
Einstellung der Alliierten zueinander und ihre Ziele in Polen: Dieses Kapitel analysiert die unterschiedlichen Positionen der Alliierten bezüglich Polen und ihrer Ziele. Stalins drei Hauptziele – die Anerkennung der sowjetischen Annexion Ostpolens, die Etablierung eines kommunistischen Regimes und die Entschädigung Polens durch deutsche Gebiete – werden detailliert dargestellt. Der variable Charakter des polnisch-deutschen Grenzverlaufs in Stalins Plänen wird hervorgehoben, wobei der Westen dem genauen Grenzverlauf weniger Bedeutung beimisst als den anderen Zielen. Die Kapitel unterstreicht die unterschiedlichen Prioritäten der Alliierten und legt den Grundstein für das Verständnis der nachfolgenden Verhandlungen.
Die Anti-Hitler-Koalition: Dieser Abschnitt behandelt die Entstehung und die Prinzipien der Anti-Hitler-Koalition. Er beleuchtet die Bündnisse und die gemeinsame Strategie im Kampf gegen das NS-Regime. Obwohl kurz gehalten, liefert es den notwendigen Kontext für die nachfolgende Analyse der alliierten Verhandlungen über die Nachkriegsordnung und die Gestaltung der Grenzen in Europa. Das Kapitel betont die Bedeutung dieses Bündnisses für den Verlauf des Krieges und die folgenden diplomatischen Bemühungen zur Friedensregelung.
Die Oder-Neiße-Linie in Alliierten Verhandlungen: Dieses Kapitel analysiert die Verhandlungen der „Großen Drei“ über die Oder-Neiße-Linie während des Krieges. Es untersucht die verschiedenen Phasen der Verhandlungen und die sich entwickelnden Positionen der beteiligten Mächte. Einzelne Unterkapitel widmen sich den Konferenzen in Teheran und Jalta sowie den bilateralen Abkommen. Es wird detailliert untersucht, wie die Entscheidung über den Grenzverlauf schrittweise getroffen wurde. Der Einfluss sowjetischer Politik und die Reaktionen des Westens bilden den zentralen Fokus.
Die Potsdamer Konferenz: Das Kapitel behandelt die Potsdamer Konferenz als den entscheidenden Moment der Grenzfestlegung. Die Zustimmung der Westmächte zur von Stalin geschaffenen Situation in Polen wird analysiert. Die Gründe für die Zustimmung werden beleuchtet: die fehlende Möglichkeit, die Fakten zu ändern, und die geringere Bedeutung des genauen Grenzverlaufs im Vergleich zu anderen politischen Zielen. Das Kapitel konzentriert sich auf die Verhandlungen über die Reparationen im Austausch für die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie. Der Fokus liegt auf dem Kompromiss und den damit verbundenen Abwägungen der Westmächte.
Schlüsselwörter
Oder-Neiße-Linie, Potsdamer Konferenz, Jalta-Konferenz, Teheran-Konferenz, „Große Drei“, Anti-Hitler-Koalition, polnisch-deutsche Grenze, Reparationen, Stalin, Sowjetunion, Westmächte, Nachkriegsordnung, Alliierte Verhandlungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Entstehung der Oder-Neiße-Linie
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Entstehung der Oder-Neiße-Linie als polnisch-deutsche Grenze während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere im Kontext der Verhandlungen der „Großen Drei“ (USA, Großbritannien, Sowjetunion). Sie analysiert den Prozess der Entscheidungsfindung und die dahinterstehenden politischen Interessen und Strategien der beteiligten Mächte.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die wechselseitigen Beziehungen und Ziele der Alliierten in Bezug auf Polen, die Rolle der Anti-Hitler-Koalition, den Verlauf der Verhandlungen über die Oder-Neiße-Linie während der Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam, die Bedeutung der Reparationen im Kontext der Grenzfestlegung und die politischen und strategischen Überlegungen der Westmächte im Umgang mit Stalins Forderungen.
Welche Konferenzen spielen eine zentrale Rolle in der Analyse?
Die Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam sind zentrale Ereignisse, die im Detail analysiert werden. Die Verhandlungen während dieser Konferenzen und die sich entwickelnden Positionen der beteiligten Mächte bilden einen wichtigen Bestandteil der Arbeit.
Welche Rolle spielte Stalin bei der Festlegung der Oder-Neiße-Linie?
Stalins drei Hauptziele – Anerkennung der sowjetischen Annexion Ostpolens, Etablierung eines kommunistischen Regimes und Entschädigung Polens durch deutsche Gebiete – werden detailliert dargestellt. Die Arbeit betont, dass Stalins Pläne einen variablen Charakter des polnisch-deutschen Grenzverlaufs aufwiesen, während der Westen dem genauen Verlauf weniger Bedeutung beimass.
Welche Positionen vertraten die Westmächte?
Die Arbeit analysiert die unterschiedlichen Prioritäten der Westmächte und deren politische und strategische Überlegungen im Umgang mit Stalins Forderungen. Der Fokus liegt auf den Kompromissen und den Abwägungen der Westmächte, insbesondere in Bezug auf die Reparationen im Austausch für die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie.
Wie wird die Potsdamer Konferenz bewertet?
Die Potsdamer Konferenz wird als entscheidender Moment der Grenzfestlegung dargestellt. Die Zustimmung der Westmächte zur von Stalin geschaffenen Situation wird analysiert, wobei die fehlende Möglichkeit, die Fakten zu ändern, und die geringere Bedeutung des genauen Grenzverlaufs im Vergleich zu anderen politischen Zielen hervorgehoben werden.
Welche Schwierigkeiten gab es bei der Erforschung des Themas?
Die erschwerte Forschung aufgrund des Kalten Krieges und die neueren Möglichkeiten durch die Öffnung der Archive werden angesprochen. Die Arbeit betont die langjährige Kontroverse um die deutsch-polnische Grenze und die besondere Bedeutung der Oder-Neiße-Linie.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit basiert auf einer Analyse der Verhandlungen der „Großen Drei“ während des Zweiten Weltkriegs. Die Beziehungen zur Londoner Exilregierung werden nur am Rande betrachtet. Die genauen Quellen werden innerhalb der Arbeit spezifiziert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit am besten?
Oder-Neiße-Linie, Potsdamer Konferenz, Jalta-Konferenz, Teheran-Konferenz, „Große Drei“, Anti-Hitler-Koalition, polnisch-deutsche Grenze, Reparationen, Stalin, Sowjetunion, Westmächte, Nachkriegsordnung, Alliierte Verhandlungen.
- Arbeit zitieren
- Franziska Zschornak (Autor:in), 2005, Die Entstehung der Oder-Neiße-Linie in den Verhandlungen der "Großen Drei", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145517