Motive der Kinderlyrik von James Krüss


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I.Die Tiergedichte

II. Die Gedichte über Kinder und Erwachsene

III. Festtagsgedichte

Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Einleitung

James Krüss (1926-1997) zählt zu den berühmtesten Kinderbuchautoren der Nachkriegszeit. Mit den Worten „Verschiedene Zugangswege und nur eine Person dahinter“ charakterisiert Winfred Kaminski in einer Festschrift zum 60. Geburtstag von James Krüss[1] die Mannigfaltigkeit der literarischen Arbeitsgebiete des Dichters und Schriftstellers: „Erzählungen, Lyrik, Kinderbuch, Hörspiel, Fernsehspiel, Kindertheater und Linguistik“[2] – James Krüss befasste sich mit den unterschiedlichsten Genres. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, und auch er selbst betätigte sich als Übersetzer aus vielen Sprachen.[3] Sein besonderes Interesse galt jedoch der Kinderlyrik. Neben den Anthologien veröffentlichte er mehrere Gedichtbände für Kinder mit eigenen Werken.[4]

In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die Motive der Kinderlyrik der Nachkriegs­zeit von James Krüss zu untersuchen und zu diskutieren. Dabei geht es zunächst darum, typi­sche Motive herauszuarbeiten und zu gruppieren. Besonders berücksichtigt werden soll in der Untersuchung die Frage nach der Handlung innerhalb der einzelnen Gedichte und die Vertei­lung aktiver und passiver Rollen. Drei Themenfelder, die in der untersuchten Lyrik wiederholt auftreten, bieten sich für eine Einteilung besonders an: Tiergedichte, Gedichte über Kinder und Erwachsene und Festtagsgedichte. Da es den Rahmen dieser Hausarbeit übersteigt, alle Gedichtsammlungen von James Krüss zu analysieren, beschränkt sich die Untersuchung auf zwei ausgewählte, zeitlich aufeinander folgende Gedichtbände der sechziger Jahre „Der wohltemperierte Leierkasten“[5] und „Die kleinen Pferde heißen Fohlen“[6]. Mit einbezogen wird auch das bekannte Gedicht „Der Zauberer Korinthe“, das sich in der 1982 erschienenen Ge­dichtsammlung „Der Zauberer Korinthe und andere Gedichte von James Krüss“ befindet.[7]

I. Die Tiergedichte

Tiergedichte stellen generell eine kinderlyrisch bedeutungsvolle Gruppe im Bestand der Naturlyrik dar, einer der charakteristischen Formen der 'neuen', nicht lehrhaften Kinderly­rik, die entstehungsgeschichtlich mit Spätromantik und Biedermeier verbunden ist. Als Klassiker dieser Gruppe werden zwei so genannte 'Fabel'-sammlungen von Wilhelm Hey, erschienen in den Jahren 1833 und 1837, angesehen.[8] Dabei handelt es sich „natürlich nicht um Fabeln, sondern um nicht lehrhafte Natur- bzw. Tiergedichte“.[9]

Moderne Tiergedichte nehmen auch im Werk von James Krüss einen breiten Raum ein. Allein seine bekannte Gedichtsammlung „James Tierleben“ (1965)[10] besteht aus über hundert Tiergedichten. Auch in den hier untersuchten Gedichtsammlungen haben Tierge­dichte ihren Platz: „Der wohltemperierte Leierkasten“ besteht zum Teil, „Die kleinen Pferde heißen Fohlen“ ausschließlich aus Tiergedichten.

„Krüss ist als Lyriker vornehmlich Parodist“, erläutert Hans-Heino Ewers in seinem Aufsatz „Kinderlyrik als Naturlyrik. Vom romantischen Kindergedicht zur westdeutschen Kinderlyrik der Nachkriegszeit“.[11] Das parodistische Verfahren von James Krüss erstreckt sich auf die Tradition der althergebrachten moraldidaktischen Kinderlyrik. Seine Parodie ist keine böse Parodie, sie hat keine „scharfen Töne“ und „keinen vernichtenden Charakter“.[12] Sie verleiht der Kinderlyrik einen neuen Stil und dient dazu, „das Überlebte […] aufzu­frischen und am Leben zu halten“.[13] In diesem Zusammenhang erkennt Hans-Heino Ewers bei James Krüss häufig die 'Halbparodie' des modernen Tiergedichts.[14] Das Tiergedicht kann als ein Gedicht verstanden werden, in dem „am intensivsten vom Kind selbst, seinem Wesen, seinen Wünschen gehandelt [wird] – im gelungenen Fall ohne dies auszusprechen. Zugleich geht es in ihm um vom Kind schon Überwundenes, dessen es im Tier unbewußt noch einmal ansichtig wird. Die letztgenannte Möglichkeit führt oft zum komischen Tiergedicht.“[15]

Diese Aspekte des Tiergedichts werden auch am Beispiel des Gedichts „Der Hofhund Alexander“[16] von James Krüss deutlich. In der imaginären Situation dieses Gedichts äußert das Tierwesen seine Angst und sein Misstrauen gegenüber dem roten Mond, der im realen Leben ebenso unheimlich wie manchmal auch anziehend auf das Kindwesen wirkt:

Eins kann ich nicht vertragen.

Das ist der rote Mond.

Er ist mir zu unheimlich.

Das bin ich nicht gewohnt.

Er ist ein Kerl, dem ich nicht trau.

Wauwau!

In den Tiergedichten erscheinen Tiere als Handlungsträger: Hunde und Katzen, Mäuse und Elefanten, Fische und Vögel. Sie benehmen sich wie Menschen; sie sprechen und denken, fühlen, und sie leben in einer Gesellschaft. Die Vertreter dieses erfundenen Milieus sind vor­rangig Tiere, nur manchmal gehören auch Menschen zu dieser Gesellschaft. Je nachdem, wie diese Gesellschaft in Zusammensetzung und Charakter variiert, können die Tiergedichte von Krüss entsprechend der typologischen Klassifikation von Haas[17] gruppiert werden. So finden sich in der Gedichtsammlung „Der wohltemperierte Leierkasten“ meist Tiergedichte solchen Typus, in denen ausschließlich Tiere auftreten, zum Beispiel „Das Pferd, das Blumen pflückte“[18] oder „Der musikalische Drache“[19]. In einigen Gedichten stehen Tiere in einem intensiven Kontakt mit den Menschen, zum Beispiel in „Der Mops von Fräulein Lunden“:[20]

Der Mops von Fräulein Lunden

War eines Tags verschwunden.

Sie pflegte – muß man wissen –

Tagtäglich ihn zu küssen.

Das hat dem Mops wie allen,

Die ehrlich sind, mißfallen.

Die Figuren in diesem Gedicht – der Mops und Fräulein Lunden – werden in Opposition zu einander gesetzt. Sie stehen in einem Konflikt, der sich über die Zeit aufgebaut hat und schließlich ausbricht. Das Tier und der Mensch treten in diesem Fall gegeneinander an.

Ein anderes Gedicht deutet auf die zwischen Tieren und Menschen geschlossene Freundschaft hin und signalisiert die Gleichberechtigung, mit der Krüss in seinen Gedichten Tier und Mensch neben- und miteinander auftreten lässt:

Annabella Apfelstrudel

Hat ein reizendes Café

Für die Menschen, für die Pudel

Und für Hase, Pferd und Reh.[21]

Das eigentliche Anliegen der Tiergedichte ist der Mensch. Krüss nutzt die handelnde Figur des Tieres, um von den Menschen und dessen guten und schlechten Eigenschaften zu berichten. Dem Tier werden hierfür die menschlichen Eigenschaften zugeschrieben. So hat zum Beispiel Kater Jan aus Holland eine Vorliebe zum „Edamer Kaas“, die ihn später quält:

Den Käse, der aus Edam kommt,

Den liebte Jan gar sehr.

Die Leidenschaft für Käse war

Bei Jan fast kriminell.[22]

Im Gedicht „Der undankbare Flunder“[23] wird am Fall des Wasserflohs Bambino und einer Flunder die typisch menschliche Undankbarkeit vorgeführt:

Die Flundern sind so dumm wie breit.

Sie kennen keine Dankbarkeit.

Man sieht’s am Fall Bambino.

[...]


[1] Vgl. Winfred Kaminski: Sprachveränderer, Weltveränderer? James Krüss zum 60. Geburtstag.
In: Fundevogel 26 (1986) S. 14.

[2] Ebd., S. 14.

[3] Ebd., S. 14.

[4] Vgl. Kerstin Ott: Die Utopie der glücklichen Inseln. Wandlungen und Konstanten im Werk von James Krüss. Frankfurt am Main 1993, S. 136.

[5] Vgl. James Krüss: Der wohltemperierte Leierkasten. München 1989.

[6] Vgl. James Krüss: Die kleinen Pferde heißen Fohlen. Hamburg 1962.

[7] Vgl. James Krüss: Der Zauberer Korinthe und andere Gedichte von James Krüss. Hamburg 1982.

[8] Vgl. Hans-Heino Ewers: Kinderlyrik im bürgerlichen Zeitalter. Ein Rückblick auf die Ära des Kinder- gedichts. Alfred Clemens Baumgärtner zum 16. Juli 1993. In: Julit 2 (1993), S. 38.

[9] Ebd., S. 46.

[10] Vgl. James Krüss: James Tierleben. Hamburg 2003.

[11] Vgl. Hans-Heino Ewers: Kinderlyrik als Naturlyrik. Vom romantischen Kindergedicht zur westdeutschen Kinderlyrik der Nachkriegszeit (mit Anmerkungen zum kinderlyrischen Werk von James Krüss und Josef Guggenmos). In: Ulrich Nassen (Hrsg.): Naturkind – Landkind – Stadtkind. Literarische Bilderwelten kindlicher Umwelt. München 1995, S. 184.

[12] Ebd., S. 184.

[13] Ebd., S. 185.

[14] Ebd., S. 185.

[15] Ebd., S. 185.

[16] Vgl. Krüss: Der wohltemperierte Leierkasten (wie Anm. 5) S. 35.

[17] Vgl. Gerhard Haas: Das Tierbuch. In: Kurt Franz u. a. (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Meitingen 1999, S. 8.

[18] Vgl. Krüss: Der wohltemperierte Leierkasten (wie Anm. 5) S. 56.

[19] Ebd., S. 49.

[20] Ebd., S. 37.

[21] Ebd., S. 18.

[22] Ebd., S. 55.

[23] Ebd., S. 51.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Motive der Kinderlyrik von James Krüss
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
GK Geschichte der Kinderlyrik
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V145592
ISBN (eBook)
9783640564484
ISBN (Buch)
9783640564927
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
James Krüss, Kinderlyrik, Tiergedichte
Arbeit zitieren
Anna Mikhaylova (Autor:in), 2005, Motive der Kinderlyrik von James Krüss, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145592

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