Einleitung und Fragestellung
“Continued GHG emissions at or above current rates would cause further warming and induce many changes in the global climate system during the 21st century that would very likely be larger than those observed during the 20th century.”
Diese Einschätzung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) aus dem aktuellen vierten Klimabericht verdeutlicht, wie wichtig und zentral die globale Reduktion von Treibhausgasen ist. Der Klimawandel ist in vielen Facetten heute schon sichtbar. Um ihn in seinen globalen Auswirkungen wenigsten teilweise eindämmen zu können, ist es höchste Zeit, klimapolitisch zu handeln.
Mit dem Kyoto-Protokoll wurden erstmals weltweit für zahlreiche Staaten verbindliche Reduktionspflichten ausgehandelt. Als Unterzeichner des Protokolls haben sich sowohl die Europäische Union, als auch die Schweiz zu Reduktionen im Umfang von acht Prozent bezogen auf das Basisjahr 1990 verpflichtet. Die Europäische Union hat als zentrales klimapolitisches Instrument im Kampf gegen steigende Treibhausgasemissionen in ihren Mitgliedstaaten den Emissionshandel auf Unternehmensebene eingeführt. Dieser startete im Jahr 2005 mit der verbindlichen Einführungsphase. Die Schweiz setzte dagegen mit dem CO2-Gesetz zunächst eher auf freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft. Seit einiger Zeit ist allerdings ein Emissionshandelssystem - ähnlich dem der Europäischen Union - auf Unternehmensebene in Planung. Es steht denjenigen Schweizer Unternehmen offen, die sich durch verbindliche Reduktionsverpflichtungen von der ab 2008 erhobenen CO2-Abgabe befreit haben. Der Start ist für das Jahr 2008 vorgesehen.
Diese auffällig gleichgerichtete Entwicklung in der Europäischen Union und der Schweiz ist der Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit. Es stellt sich die Frage, wie sich die Schweiz in ihrer Entscheidung für einen Emissionshandel auf Unternehmensebene von den Entwicklungen in der Europäischen Union hat leiten lassen. „Der Nachbar als Vorbild? Das europäische Emissionshandelssystem und der Schweizer Emissionshandel.“ Hat sich die Schweiz wirklich an der EU, wie an einem Vorbild orientiert? Hat sie also von ihren europäischen Nachbarn gelernt? Oder hat sich die Entscheidung der Schweiz als Ergebnis eines Anpassungszwanges manifestiert? Die EU handelt und die Schweiz passt sich an?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Fragestellung
- 1. Kausalität und die Konzeption der institutionellen Interaktion
- 1.1 Das Kausalitätskonzept von King/Keohane/Verba
- 1.2 Grundlagen der Institutionellen Interaktion
- 1.2.1 Institutionelle Interaktion - Versuch, ein Phänomen theoretisch zu fassen
- 1.2.2 Institutionelle Interaktion und die Frage der Effektivität
- 1.2.3 Stokke's Taxonomy of Interplay
- 1.2.4 Das Konzept der Kausalmechanismen von Gehring und Oberthür
- 1.2.4.1 Beeinflussung über die Output-Ebene
- 1.2.4.2 Beeinflussung über die Outcome-Ebene
- 1.2.4.3 Beeinflussung über die Impact-Ebene
- 1.2.5 Kausalmechanismen zwischen Zwang und Freiwilligkeit
- 1.3 Folgerungen für die empirische Untersuchung
- 2. Der Europäische Emissionshandel
- 2.1 Ausgangspunkt Kyoto-Protokoll
- 2.2 Aufbau und Funktionsweise des europäische Emissionshandelssystems
- 2.2.1 Grundprinzipien und Ziele des Emissionshandels
- 2.2.2 Verpflichtende Teilnahme statt Freiwilligkeit
- 2.2.3 Ausstattung der Unternehmen mit Zertifikaten und Start des Handels
- 2.2.4 Einbeziehung der flexiblen Mechanismen JI und CDM
- 2.3 Verknüpfung des EU-ETS mit kompatiblen Emissionshandelssystemen
- 3. Der geplante Schweizer Emissionshandel
- 3.1 Die Schweizer Klimapolitik zur Einhaltung der Kyoto-Verpflichtung
- 3.2 Die CO2-Lenkungsabgabe und die Möglichkeit der Abgabenbefreiung
- 3.3 Aufbau und Funktionsweise des geplanten Schweizer Handelssystems
- 3.3.1 Freiwilligkeit statt verpflichtender Teilnahme
- 3.3.2 Ausstattung mit Zertifikaten und Funktionsweise des Handelssystems
- 3.3.3 Einbeziehung der flexiblen Mechanismen CDM und JI
- 3.4 Zwischenfazit
- 4. EU-ETS und Schweizer Klimapolitik als Fall institutioneller Interaktion
- 4.1 Skizzierung des Interaktionsfalles
- 4.2 Die Kyoto-Reduktionspflichten als gemeinsamer Rahmen
- 4.3 Der Schweizer Emissionshandels als Produkt von Anpassungszwängen
- 4.3.1 Das politisch-ökonomische Übergewicht der EU und die Schweiz
- 4.3.2 Veränderung von Akteursinteressen in der Schweiz durch den EU-ETS
- 4.3.2.1 Emissionsreduktion - Benachteiligte Schweizer Wirtschaft?
- 4.3.2.2 Forderungen der Schweizer Wirtschaft
- 4.3.2.3 Einführung des Schweizer Emissionshandels mit Anschluss-Option
- 4.3.3 Fazit: Veränderte Akteursinteressen als Motor der Veränderung
- 4.3.4 Einordnung des untersuchten Falles in den theoretischen Rahmen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Entstehung des Schweizer Emissionshandelssystems im Kontext des europäischen Emissionshandels. Dabei liegt der Fokus auf der Frage, inwieweit die Schweizer Entscheidung für einen Emissionshandel auf Unternehmensebene durch die Entwicklungen in der Europäischen Union beeinflusst wurde.
- Kausalität und institutionelle Interaktion
- Europäischer Emissionshandel (EU-ETS)
- Geplanter Schweizer Emissionshandel
- Interaktion zwischen EU-ETS und Schweizer Klimapolitik
- Einflussfaktoren für die Gestaltung des Schweizer Emissionshandels
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieses Kapitel definiert den theoretischen Rahmen der Arbeit. Es werden die Konzepte der Kausalität und der institutionellen Interaktion erläutert, um die Analyse des Schweizer Emissionshandels im Kontext des europäischen Emissionshandels zu ermöglichen.
- Kapitel 2: Hier werden die Grundlagen des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) dargestellt. Es werden die Ziele, Funktionsweise und die wichtigsten Elemente des EU-ETS beschrieben.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem geplanten Schweizer Emissionshandelssystem. Es werden die Entwicklungen in der Schweizer Klimapolitik, die Gründe für die Einführung eines Emissionshandels und die wichtigsten Merkmale des geplanten Systems beleuchtet.
- Kapitel 4: In diesem Kapitel wird die Interaktion zwischen dem EU-ETS und der Schweizer Klimapolitik analysiert. Es wird untersucht, inwieweit der EU-ETS als Vorbild für die Schweiz fungierte und welche Faktoren die Schweizer Entscheidung für einen Emissionshandel beeinflusst haben.
Schlüsselwörter
Emissionshandel, Kyoto-Protokoll, EU-ETS, Schweizer Emissionshandel, institutionelle Interaktion, Kausalität, Anpassungszwang, Akteursinteressen, Klimapolitik, CO2-Reduktion.
- Arbeit zitieren
- Diplom Politologe Fabian Rieger (Autor:in), 2008, Der Nachbar als Vorbild? Das europäische Emissionshandelssystem und der Schweizer Emissionshandel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145769