Zum Problem der Instrumentalisierung des Sports

Die Kontroverse zwischen Beckers und Volkamer über einen pädagogischen Auftrag des Schulsports


Hausarbeit, 1997

13 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Definition

3 Position von Volkamer
3.1 Grundsätzliche Überlegungen
3.2 Zur Instrumentalisierung

4 Beckers Vorwürfe

5 Diskussion

6 Schluß

Literatur

1 Einleitung

Die in den letzten Jahren wieder verstärkt diskutierte Frage nach der Legitimation des Sportunterrichts hat auch die Instrumentalisierungsdebatte wieder aufleben lassen. Diese Arbeit befaßt sich mit der Diskussion zwischen Beckers und Volkamer zu diesem Thema. Auslöser dieser Diskussion war ein Artikel Beckers’ (1993), in dem neben der Position von Volkamer (1987) auch jene von Bernett (1997), Schaller (1992) und Kurz (1993) kritisiert werden.

2 Definition

Schaller (1992, 11) versteht unter der Instrumentalisierung des Sportunterrichts „die programmatische Vereinnahmung des Sports für Zwecke jedweder Art ..., die aus seiner Eigenstruktur nicht direkt herleitbar sind“. In Anlehnung an Bernett (1997) sieht er dabei Formen der Instrumentalisierung, die politisch motiviert sind, wie völkisch-nationale, militärische, ökonomische und linksrevolutionäre, als besonders schwerwiegend an (Schaller 1992, 11). Als Beispiele für neuere didaktische Modelle, die zur Instrumentalisierung führen, nennt er „soziales Lernen“, „Köpererfahrung“ und „Gesundheitserziehung“ (1992, 15).

3 Position von Volkamer

3.1 Grundsätzliche Überlegungen

Volkamer begründet seine Auffassung von Sportunterricht mit einer Definition des Unterrichtsgegenstandes, aus der sich für ihn, zusammen mit einer Betrachtung der Institution Schule, alle Folgerungen für den Sportunterricht ableiten lassen (1995, 58f):

„Sport ist die willkürliche Schaffung von Aufgaben, Problemen oder Konflikten, die vorwiegend mit körperlichen Mitteln gelöst werden. Die Lösungen sind beliebig wiederholbar, verbesserbar und übbar, und die Handlungsergebnisse führen nicht unmittelbar zu materiellen Veränderungen“. (Volkamer 1987, 53)

Für ihn ist dabei wichtig, daß eine sportliche Handlung an sich unsinnig ist und nur durch den ausführenden Sportler eine subjektive Bedeutung, einen subjektiven Sinn erhält (1987, 54).

„... da also die Probleme (im Sport) letztlich willkürlich und folgenlos sind, sind sie nur im subjektiven Erleben des Individuums sinnvoll.“ (1995, 59)

Da der Sport nur im subjektiven Erleben als sinnvoll erfahren werden kann, ist die Freiwilligkeit der Ausführung eine seiner wesentlichen Voraussetzungen.

„Wenn ich jemanden zwinge, eine Kippe zu turnen, um mit Hilfe dieser komischen Bewegung auf eine Stange raufzuturnen, auf die der Betreffende vielleicht gar nicht will und auf der auch gar nichts los ist, dann zwinge ich ihn, etwas objektiv und subjektiv Sinnloses zu tun.“ (1995, 59)

Hier werden bereits die problematischen Veränderungen deutlich, die der Sport erfährt, wenn er in der Institution Schule ausgeübt und durch deren Anforderungen und Prinzipien in Schulsport verwandelt wird. Denn der Besuch der Schule und somit auch des Sportunterrichts ist Pflicht. Damit ist die freiwillige Teilnahme am sportlichen Geschehen nicht mehr gegeben. Zudem erhält der Schüler für sein Verhalten und seine Leistungen im Sportunterricht Noten, wodurch der Sport auch seine Folgenlosigkeit einbüßt.

Weiter behauptet Volkamer, daß Sport an sich pädagogisch neutral ist und Sporttreiben allein noch keine erzieherische Wirkung hat. Jede pädagogische Wirkung geht daher vom Lehrer aus. Die pädagogische Einflußnahme ist gegenüber anderen Fächern nur erleichtert, da Sport die Schüler leichter begeistert und ihre emotionale Aufgeschlossenheit fördert (1995, 61). Dabei bezweifelt Volkamer nicht, daß der Lehrer einem Erziehungsauftrag nachzukommen habe (1987, 63). Dieser wird aber einzig durch die Person des Lehrers, der als Vorbild dient, erfüllt (Volkamer/Zimmer 1982, 76f).

Die pädagogischen Bemühungen des Lehrers können Volkamers Ansicht nach durch vier Fehler zunichte gemacht werden:

1. Wenn Schüler gezwungen werden, etwas für sie Sinnloses zu tun, geht damit der erzieherische Einfluß des Lehrers verloren. „Kann man ein Kind, das man gegen seinen Willen zwingt, an einem Reck zu turnen (und damit etwas Willkürliches, Folgenloses und für das Kind Sinnloses erzwingt), in dieser Situation gleichzeitig ,erziehen’? Oder kann man allenfalls eine Art der Dressur erreichen?“ (1987, 63).
2. „Wenn der Schüler nicht erlebt, daß es im Sportunterricht in erster Linie um sein Sporttreiben und Sportlernen geht, sondern um Sportunterricht, der aufgrund von Verordnungen und fixierten Lehrplänen ,erteilt’ wird ..., wird durch Sportunterricht nichts bewirkt, bleibt er eine sinnlose Beschäftigung mit sinnlosen Bewegungen.“ (1987, 33)
3. Wenn die Schüler eine Übung nicht als sinnvollen Schritt auf ein sinnvolles Ziel erleben können, weil sie aus dem Sinnzusammenhang der Sportart herausgerissen wurde und den Schülern die übergeordnete Idee nicht bewußt ist.(1987, 109).
4. Wenn der Sport durch angestrebte, jedoch nicht sportinhärente Lehrziele so verändert wird, daß er seinen Reiz verliert und für die Schüler unattraktiv und langweilig wird. Volkamer vertritt die Auffassung, „ ... daß das Erreichen übergeordneter Ziele durch und im Sport nur möglich ist, wenn die jeweilige Sportart in ihrer typischen Eigenart erhalten und Mittelpunkt der Handlung bleibt, - oder wir geben die Sportart auf und benutzen sie zu etwas, was mit anderen Mitteln ebenso oder sogar effektiver und sinnvoller zu erreichen ist. Damit wären wir wieder bei dem Paradoxon des didaktisch überforderten Sports, der durch die ,höheren Ziele’ nicht gerechtfertigt, sondern überflüssig gemacht wird.“ (1987, 49)

3.2 Zur Instrumentalisierung

Volkamer betrachtet die Instrumentalisierung als Rechtfertigungsversuch der Sportpädagogen für den Schulsport. Sie nehmen an, Sport allein (im Sinne von Volkamers Definition, s. o.) sei nicht ernsthaft und verbindlich genug, um als Unterrichtsfach gerechtfertigt zu sein (1987, 9). Daher setzten sie dem Sportunterricht mancherlei pädagogische Ziele auf, die der aktuellen didaktischen Strömung entsprechen mögen, ansonsten aber beliebig sind. Volkamer spricht auch von „Rechtfertigungsdidaktiken“ (1987, 20).

Dabei besteht das Problem für ihn nicht darin, daß diese Ziele nicht möglicherweise durch Sport realisiert werden können, sondern daß sie vom Sport erreicht werden müssen, da hiermit das Pflichtfach Sport gerechtfertigt werden soll (1987, 20). Häufig genannte Ziele sind z. B. Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, Sozialverhalten, Emanzipation (1987, 20).

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Zum Problem der Instrumentalisierung des Sports
Untertitel
Die Kontroverse zwischen Beckers und Volkamer über einen pädagogischen Auftrag des Schulsports
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Sportwissenschaft)
Veranstaltung
Probleme der Didaktik einer Bewegungs-, Spiel- und Sporterziehung in der Schule
Autor
Jahr
1997
Seiten
13
Katalognummer
V145869
ISBN (eBook)
9783640565917
ISBN (Buch)
9783640566426
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schulsport, Volkammer, Sportpädagogik, Legitimationsproblematik
Arbeit zitieren
Stefan Liehr (Autor:in), 1997, Zum Problem der Instrumentalisierung des Sports, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145869

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