Vorranggebiete für den Klimaschutz in der Stadt- und Regionalplanung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

29 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Charakterisierung des Stadtklimas
2.1. Einführung und Definition
2.2. Ursachen des Stadtklimas
2.2.1. Natürliche Wirkungsfaktoren
2.2.1.1. Lage-Gebenheiten
2.2.1.2. Einflüsse der Landschaft
2.2.2. Anthropogene Wirkungsfaktoren
2.2.2.1. Auswirkungen künstlicher Materialien
2.2.2.2. Luftverunreinigungen
2.2.2.3. Verlust von Vegetationsfläche
2.3. Aufbau der Stadtatmosphäre
2.4. Städtischer Strahlungs- und Energiehaushalt
2.4.1. Strahlungshaushalt
2.4.1.1. Kurzwellige Strahlung
2.4.1.2. Langwellige Strahlung
2.4.2. Energiebilanz
2.5. Städtische Überwärmung
2.6. Städtisches Windfeld

3. Vorrang- und Vorbehaltsflächen in der Stadt- und Regionalplanung
3.1. Definition Vorbehaltsfläche und Vorranggebiet
3.1.1. Vorbehaltsfläche
3.1.2. Vorranggebiete
3.2. Rechtlicher Exkurs zum Thema Klimaschutz in der Planung
3.3. Ökologische Vorrangfläche Klima/Lufthygiene
3.3.1. Allgemein
3.3.2. Entwicklung des Konzeptes
3.3.3. Ökologische Vorrangfläche Klima und Lufthygiene
3.3.3.1. Ziele
3.3.3.2. Funktionen
3.3.3.3. Kriterien
3.3.3.4. Planungsprogramm
3.3.3.5. Umsetzung

4. Zusammenfassung und Ausblick

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die sich ständig weiter ausbreitende Menschheit verändert in immer stärkerem Maße das Aussehen der Erde, sei es durch wachsende Städte, Erhöhung der industriellen Produktion oder zunehmende Umweltverschmutzungen. Diese Veränderungen bewirken zwangsläufig auch eine Modifikation der unteren Atmosphärenschichten und damit einhergehend eine Beeinflussung des Umweltfaktors Klima. Die hierbei auftretenden Veränderungen dürften im Stadtraum – durch seine starke anthropogene Struktur – am ausgeprägtesten sein und im Zusammenhang mit der Tatsache, dass ein Großteil der Bevölkerung auf diesem Planeten in Städten lebt, wirkt sich diese Modifikation des Mikro- und Mesoklimas auf die Lebensmöglichkeiten des Menschen, sein Wohlbefinden und seine Leistungsfähigkeit aus. (HELBIG et al. 1999)

Das Ziel dieser Arbeit ist es somit, die auftretenden Modifikationen besonders im Stadtbereich aufzuzeigen, wobei das Hauptaugenmerk auf den charakteristischen Erscheinungsformen dieser Modifikationen liegen soll (Kapitel 2).

Wie sich diese größtenteils negativen Veränderungen des Klimas innerhalb der Stadt verbessern lassen soll im Kapitel 3 erläutert werden. Hier erfolgt zunächst eine kurze rechtliche Einführung zur Problematik der Planung und des Klimaschutzes in welcher gezeigt werden soll, dass der Klimaschutz innerhalb der Gesetzsprechung schon längere Zeit Einzug gehalten hat. Dies wurde allerdings bisher nur unzureichend umgesetzt.

Im Anschluss daran wird das m.E. am besten geeigneteste Planungsinstrument – die Ökologische Vorrangfläche – vorgestellt. Innerhalb dieses Abschnittes wird dazu die beispielhafte Ausweisung dieser Art der Vorrangfläche aufgezeigt.

Abschließend sollen in einer Zusammenfassung/Ausblick, mögliche Entwicklungstendenzen genannt werden.

2. Charakterisierung des Stadtklimas

2.1. Einführung und Definition

Das klimatische System der Erde wird bestimmt durch Wechselwirkungen der durch die Sonneneinstrahlung induzierten atmosphärischen Faktoren (z.B. Wind, Bewölkung und Niederschlag) sowie den an der Erdoberfläche auftretenden Faktoren (z.B. Relief, Boden, Gestein, Vegetation). Diese lassen sich durch den Menschen beeinflussen, was besonders im städtischen Siedlungsbereich zur Ausbildung von mikro- und mesoklimatischen Besonderheiten führt (HUPFER et al. 1998). Somit untersucht die Stadtklimatologie die Wechselbeziehungen zwischen der städtischen Oberfläche und der darüber liegenden Atmosphäre (PARLOW 1998). Die im Jahre 1981 von der World Meteorological Organisation (WMO) vorgelegte Definition lautet darauf aufbauend folgendermaßen: „Das Stadtklima ist das durch die Wechselwirkungen mit der Bebauung und deren Auswirkungen (einschließlich Abwärme und Emission von luftverunreinigenden Stoffen) modifizierte Klima.“ (VDI 1988, S. 4). Über diese Definition hinausgehend ist bei einer Betrachtung des Stadtklimas das regionale Klima sowie die Topographie des Untersuchungsgebietes nicht zu vernachlässigen; so sind z.B. regionalklimatologische Aussagen zum Regenregime (Sommer- oder Winterregenregime) oder topographische Merkmale (Lage im Tal oder Ebene) ebenso wichtige Charakteristika wie Werte der Luftverschmutzung (ENDLICHER 1998).

Da jede Stadt eine individuelle Lage, Topographie, Stadtstruktur und Bebauung aufweist, wird das bestehende Lokalklima individuell beeinflußt (VDI 1988). Die dabei wirkenden Ursachen für diese Veränderungen sollen im nächsten Abschnitt erläutert werden.

2.2. Ursachen des Stadtklimas

Das Stadtklima ist ein durch Wechselbeziehungen von natürlichen und anthropogenen Wirkungsfaktoren bestimmtes lokalklimatologisches Phänomen. Die einzelnen Ursachen für eine Ausbildung eines Stadtklimas sollen im folgenden erläutert werden.

2.2.1. Natürliche Wirkungsfaktoren

Nach VDI (1988, S. 6) versteht man unter den natürlichen Wirkungsfaktoren: „...die Faktoren, die das Klima des natürlichen Raumes gestalten“. Für HELBIG et al. (1999, S. 10ff.) sind dies die externen, das Klima im urbanen Klimasystem bestimmenden, Faktoren, welche er grob in „Lage-Gegebenheiten“ und „Einflüsse der Landschaft“ unterteilt.

2.2.1.1. Lage-Gegebenheiten

Die das Klima beeinflussenden Faktoren der Lage sind neben der geographischen Breite die Art des Untergrundes und die spezifische Höhenlage der Stadt.

Die geographische Breite bestimmt die Sonnenhöhe und die Strahlungsintensität. Dieser Faktor ist somit für die jeweiligen Wärmeverhältnisse am Erdboden verantwortlich. (HELBIG et al. 1999) Die Art des Untergrundes ist insofern wichtig, da an der Erdoberfläche der Wärmeumsatz der einfallenden Sonnenstrahlung erfolgt. So wirkt sich z.B. die Bodenart und –bedeckung auf das Reflektionsvermögen (Albedo) des Untergrundes aus, was zu unterschiedlichen Erwärmungen der bodennahen Luftschicht führen kann. (VDI 1988) Unterschiedliche Höhenlagen führen zu unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Als Beispiel soll hier nur die Abnahme der Temperatur mit steigender Höhe genannt werden (0,6 K je 100 m) (HELBIG et al. 1999).

2.2.1.2. Einflüsse der Landschaft

Neben dem natürlichen Wirkungsfaktor „Lage“ sind die direkten Einflüsse der Landschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die landschaftlichen Einflüsse ergeben sich dabei hauptsächlich durch die jeweiligen, am Ort anzutreffenden Oberflächenformen. So kann sich z.B. in einer konkaven Form ein lokaler Kaltluftsee bilden. Unterschiedliche Hangexpositionen führen wiederum zu verschiedenen Wärmeverhältnissen oder dem Meer zugewandte Höhenzüge erzeugen Luv- und Lee-Effekte. (vgl. ebd.)

2.2.2. Anthropogene Wirkungsfaktoren

Zusätzlich zu den extern wirkenden Klimafaktoren führen HELBIG et al. (1999) auch interne Faktoren auf, wobei hierunter die direkt oder indirekt durch den Menschen induzierten klimatischen Wechselwirkungen im System Stadt zu verstehen sind. Nach HUPFER et al. (1998, S. 329f.) sind die maßgeblich an der Entstehung des Stadtklimas beteiligten anthropogenen Faktoren:

1. der Einsatz von künstlichen Materialien,
2. die Luftverunreinigung,
3. die Reduzierung der Vegetationsfläche.

Die hier genannten Faktoren verursachen eine Veränderung des Strahlungs- und Energiehaushaltes sowie eine Beeinflussung des turbulenten Luftaustausches im Bereich der Stadt (vgl. ebd.).

2.2.2.1. Auswirkungen künstlicher Materialien

- Thermische Eigenschaften

Die Materialeigenschaften führen neben anderen Faktoren zu der Ausbildung der städtischen Wärmeinsel und sind nach PARLOW (1998) alleinig für die hohen Oberflächentemperaturen im Stadtgebiet verantwortlich (vgl. Abschnitt 2.4.1. und 2.5).

- Versiegelung

Die Aufnahmefähigkeit der im städtischen Bereich eingesetzten Materialien ist im allgemeinen sehr gering. Dies führt zu einem veränderten Wasseraufnahmeverhalten und läßt sich allgemein unter dem Begriff der Versiegelung zusammenfassen, wobei hierbei in eine Überflur- und eine Untergrundversiegelung unterschieden werden muss. Von einer Überflurversiegelung wird bei einer Abdichtung des Bodens durch künstliche Materialien (z.B. Beton oder Asphalt) gesprochen, welches zu einer Verringerung der natürlichen Versickerung führt. Neben der oberflächlichen Versiegelung ist im städtischen Raum des weiteren eine Unterflurversiegelung vorhanden. U-Bahntunnel, Tiefgaragen und Leitungsnetze verhindern den vertikalen Wassertransport und versiegeln den Boden somit in der Tiefe. Der rasche Abtransport des Niederschlagswassers erfolgt in Kanalnetzen und führt zusammen mit dem kaum vorhandenen kapillaren Wasseraufstieg sowie der geringen Wasseraufnahmefähigkeit der Materialien zu einer Abnahme der oberflächlichen Verdunstung und damit zu einer Erhöhung der Oberflächentemperatur (Abschnitt 2.5.). (HUPFER et al. 1998; KUTTLER 1985)

- Aerodynamische Eigenschaften

Künstliche Materialien haben zwangsläufig auch unterschiedlichste Oberflächen. Diese Oberflächen lassen sich mit Hilfe des Rauhigkeitsparameters charakterisieren, welcher ein Maß für die Unebenheit einer Fläche ist. (HUPFER et al. 1998)

- Reflexionseigenschaften

Die Nutzungsänderung einer Unterlage führt immer zu Veränderungen der Strahlungseigenschaften. Von einer solchen Änderung ist sowohl der kurzwellige als auch der langwellige Strahlungsbereich betroffen. (HELBIG et al. 1999)

Die Stadt ist ein dreidimensionaler Raum, wodurch eine Oberflächenvergrößerung im Stadtbereich auftritt. Die dabei entstehenden Flächen sind durch verschiedenste Materialien mit unterschiedlichsten Reflexionseigenschaften gekennzeichnet. (vgl. ebd.)

2.2.2.2. Luftverunreinigung

Innerhalb einer Stadt existieren zahlreiche Emissionsquellen, welche steuernd auf andere Klimafaktoren wirken (SCHMALZ 1984). Nach HUPFER et al. (1998) sind die wichtigsten Verursacher im mitteleuropäischen Raum der Kfz-Verkehr, die Industrie, das Gewerbe sowie die Haushalte der Menschen. Der hohe Einfluß der Kraftfahrzeugemissionen hat sich aber so KUTTLER (1997), erst in den letzten Jahrzehnten eingestellt. Früher waren die Leitsubstanzen eher Staub und Schwefeldioxid aus Industrie und Gewerbe. Der Gehalt der Stadtatmosphäre an festen und gasförmigen Bestandteilen erhöht sich dabei – im Vergleich zum Umland – nach SCHMALZ (1984) um das 10 (fest) und 25 (gasförmig) fache und besitzt dabei einen ausgeprägten Tages-, Wochen- und Jahresgang.

Bei der Betrachtung der Luftverunreinigung innerhalb einer Stadt muss auf die allgemeinen klimatischen Bedingungen geachtet werden, welche sich neben den Emissionen auch auf die Immissionen auswirken. So bewirkt z.B. die höhere Temperatur (vgl. Abschnitt 2.5.) innerhalb der Stadt eine höhere Freisetzungsrate der biogenen Nichtmethankohlenwasserstoffe, welche bei der Ozonproduktion beteiligt sind. (HUPFER et al. 1998)

2.2.2.3. Verlust von Vegetationsfläche

Eine Reduzierung der natürlichen Vegetationsflächen wirkt neben den bereits genannten (Abschnitt 2.2.2.1.) Auswirkungen des neuen Bodenbelages, auch auf die allgemeine Luftgüte aus. So verfügen Pflanzen zum einen über Staubbindungsfähigkeiten (Filterwirkung) und tragen dadurch zur Sedimentation von geringen Anteilen der Luftschadstoffe (Staub) bei, zum anderen wirken sie temperatursenkend und wasserspeichernd (SCHMALZ 1984; FEZER 1995; FRANKE 1977).

2.3. Aufbau der Stadtatmosphäre

Da anthropogene Einwirkungen auf der Erdoberfläche sich auf die Meteorologie und die Prozesse der bodennahen Luftschichten auswirken und direkter Einfluß bis in die Bereiche der atmosphärischen Grenzschicht reichen, ist eine Einteilung der Stadtatmosphäre in verschiedene Schichten hilfreich (HELBIG et al. 1999).

Die Stadtatmosphäre gliedert sich (von unten nach oben) in die Stadthindernisschicht (urban canopy layer (UCL)), die Übergangsschicht (turbulent wake layer) sowie die Stadtgrenzschicht (urban boundary layer (UBL)). Die UCL, welche durch die Stadtstrukturen (z.B. Gebäudeanordnung, -höhe) geprägt wird, erstreckt sich vom Boden bis zum mittleren Dachniveau, wobei die obere Grenze quasi die Dach- Bodenfläche darstellt. Innerhalb der UCL treten durch die unterschiedlich genutzten Flächen (Häuser, Grünanlage, Straßen) verschiedenste Kleinklimate auf, wodurch die Stadthindernisschicht somit in der Mikroskala wirksam wird. Die Übergangsschicht, welche eine Übergangszone zwischen Stadthindernisschicht und Stadtgrenzschicht ist, zeichnet sich ebenso wie die UCL durch turbulente Winde aus, welche allerdings nicht mehr so stark ausgeprägt sind. Die Stadtgrenzschicht ist ein mikrobis mesoskaliges Phänomen und wird da direkt über der Stadt liegend durch gröbere Strukturen (Stadtteile) thermisch und mechanisch beeinflusst. Die Ausdehnung beträgt bis zu einige 100 Meter und ist durch einen Tages- und Jahreszeitengang ausgezeichnet. Am Tag dehnt sich diese Schicht durch die Konvektion aus, wobei dieser Effekt durch strahlungsreiche windarme Wetterlagen noch verstärkt wird. In der Nacht geht die Ausdehnung bis auf wenige Dekameter zurück. Neben dem Einstrahlungs- und Windfaktor wirken sich die großräumig meteorologische Strömungen auf die Ausdehnung de UBL aus. Großräumige Strömungen bewirken auf der Luvseite eine schnell ansteigende Stadtgrenzschicht und auf der Leeseite die Ausbildung einer Grenzschicht des Umlandes (rural boundary layer (RBL)) mit darüberliegender Stadtgrenzschicht („urban plume“). (HUPFER et al. 1998; HELBIG et al. 1999; VDI 1988)

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Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Vorranggebiete für den Klimaschutz in der Stadt- und Regionalplanung
Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar  (Fakultät Architektur)
Veranstaltung
Vertiefende Stadt- und Regionalplanung
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
29
Katalognummer
V14597
ISBN (eBook)
9783638199537
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wurde im Nebenfach: Stadt- und Regionalplanung eingereicht
Schlagworte
Vorranggebiete, Klimaschutz, Stadt-, Regionalplanung, Vertiefende, Stadt-, Regionalplanung
Arbeit zitieren
S. Dörfer (Autor:in), 2002, Vorranggebiete für den Klimaschutz in der Stadt- und Regionalplanung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14597

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