Es gilt in dieser Studienarbeit herauszufinden, inwiefern Entspannungsverfahren bei Misophonie Abhilfe schaffen können und wie eine Akzeptanz der Erkrankung schon ein guter erster Schritt sein kann, um mit ihr umgehen zu können. Auch soll diese Studienarbeit die schon vorgenommene Forschung bezüglich Entspannungsverfahren bei Misophonie genauer beleuchten und einen Überblick liefern. Dass Misophonie eine unbekannte Erkrankung bei therapeutischen Fachkräften ist, möchte ich mit dieser Studienarbeit aufzeigen, ebenso welche Vorteile es für die therapeutischen Verfahren hätte, wenn sich damit mehr beschäftigt wird.
Der erste Teil der Studienarbeit befasst sich mit meiner Methodenauswahl, die ich für die Literatur und die vorgenommene Umfrage benutzt habe. Im Weiteren werden verschiedene Begrifflichkeiten vorab geklärt, sowie folgt eine kurze Einführung in die Thematik und zeigt die gefundenen Ergebnisse der Literatur auf. Auch werden Befunde der Literatur zusammengefasst, die sich auf Entspannungsverfahren bei Misophonie konzentrieren. Vor der Diskussion werden die Ergebnisse der Umfrage vorgestellt und mit den Ergebnissen aus der Literatur verglichen, um die Ergebnisse zu bestätigen oder zu hinterfragen. Im letzten Teil der Studienarbeit wird eine Diskussion über die Thematik stattfinden, auch wird Bezug zur sozialen Arbeit genommen und kurz ein Zukunftsausblick gegeben, womit diese Arbeit endet.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Methode
2.1 Literaturrecherche
2.2 Umfrage
3. Definition
3.1 Misophonie
3.2 Trigger
3.3 Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
3.4 Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT)
3.5 Neurale Repatterning-Technik (NRT)
3.6 Progressive Muskelentspannung (PME)
3.7 DSM-IV und ICD-10
4. Misophonie im Allgemeinen
4.1 Entstehung und Verbreitung
4.2 Problematik von Misophonie
4.3 Bewältigungsstrategien bei Misophonie
5. Entspannungsverfahren bei Misophonie
5.1 . Progressive Muskelentspannung (PME)
5.2 Hypnose und Yoga
5.3 Achtsamkeitstherapie und Akzeptanz
6. Ergebnisse der Umfrage
7. Diskussion und Ausblick
8. Literaturverzeichnis
9. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Reaktionskette bei Trigger Auslösern, übernommen aus Dozier, 2015b, S. 203
Abbildung 2: Reihenfolge von Muskelgruppen bei einer PME-Durchführung, übernommen aus Berking und Rief, 2012, S. 108
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung von Betroffenen in der Nutzung Entspannungsverfahren mit positiver Wirkung, eigene Darstellung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Prozentuale Verteilung von Trigger Auslöser bei Misophonie
Tabelle 2: Angaben von Gefühlen bei Misophonie
Tabelle 3: Angaben der Hilfsmittel / Bewältigungsstrategien im Alltag
1. Einleitung
«Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.»(Reinhold Niebuhr, 1892-1971, zitiert nach Crauser, 2020, S. 123)
Dieses Zitat gab den Anlass, diese Studienarbeit anzufertigen. Ich als selbst Betroffene von Misophonie habe mich interessiert, welche Möglichkeiten es gibt, die Gefühle, die mit der Misophonie einhergehen, zu bearbeiten. Sowie damit stressfrei und sorgenfrei leben zu können. Misophonie ist eine Abneigung gegenüber bestimmten Geräuschen (M. M. Jastreboff & P. J. Jastreboff, 2001). Diese Abneigung äußert sich in Form von negativen Gedanken oder Gefühlen, die sich anstauen können. Somit ergeben sich schon hier erste Schwierigkeiten. Betroffene können sich allein schon von den wahrgenommenen Gefühlen schuldig fühlen und verurteilen sich schnell selbst für etwas, für das sie nichts können. Demnach beschreibt das obenstehende Zitat gut das Ziel, die Betroffenen von Misophonie zu erreichen versuchen. Es gilt in dieser Studienarbeit herauszufinden, inwiefern Entspannungsverfahren bei Misopho- nie Abhilfe schaffen können und wie eine Akzeptanz der Erkrankung schon ein guter erster Schritt sein kann, um mit ihr umgehen zu können. Auch soll diese Studienarbeit die schon vorgenommene Forschung bezüglich Entspannungsverfahren bei Miso- phonie genauer beleuchten und einen Überblick liefern. Dass Misophonie eine unbekannte Erkrankung bei therapeutischen Fachkräften ist, möchte ich mit dieser Studienarbeit aufzeigen, ebenso welche Vorteile es für die therapeutischen Verfahren hätte, wenn sich damit mehr beschäftigt wird (Claiborn et al., 2020a; Dozier, 2021).
Der erste Teil der Studienarbeit befasst sich mit meiner Methodenauswahl, die ich für die Literatur und die vorgenommene Umfrage benutzt habe. Im Weiteren werden verschiedene Begrifflichkeiten vorab geklärt, sowie folgt eine kurze Einführung in die Thematik und zeigt die gefundenen Ergebnisse der Literatur auf. Auch werden Befunde der Literatur zusammengefasst, die sich auf Entspannungsverfahren bei Miso- phonie konzentrieren. Vor der Diskussion werden die Ergebnisse der Umfrage vorgestellt und mit den Ergebnissen aus der Literatur verglichen, um die Ergebnisse zu bestätigen oder zu hinterfragen. Im letzten Teil der Studienarbeit wird eine Diskussion über die Thematik stattfinden, auch wird Bezug zur sozialen Arbeit genommen und kurz ein Zukunftsausblick gegeben, womit diese Arbeit endet.
2. Methode
In diesem Kapitel wird das wissenschaftliche Vorgehen beschrieben. Es wird genauer auf die Auswahl der Methoden und deren Anwendung eingegangen. Die Wahl der Methoden fiel auf eine Literaturrecherche und eine quantitative Online-Umfrage, um das zu behandelnde Thema zu bearbeiten. Die Literaturrecherche bildete die Grundlage des Themas und diente vor allem dazu, den allgemeinen Forschungsstand wiederzugeben und um eine Übersicht zu schaffen. Die Ergebnisse der Literaturrecherche wurden genutzt, um einen Vergleich mit den Online-Umfrage Ergebnissen zu vollziehen. Auch wird genauer darauf eingegangen, wie sich der Fragenkatalog entwickelt hat.
2.1 Literaturrecherche
Um das gesetzte Ziel dieser Studienarbeit erreichen zu können, wurde eine qualitative Literaturrecherche durchgeführt. Als Datenbanken dienten dazu Google, Google Schoolar und der Bibliothekskatalog (OPAC), der Hochschulbibliothek Mannheim. Es wurden bei der Recherche folgende Suchbegriffe verwendet: «Entspannungsverfahren», «Meditation Psychotherapie», «Entspannungstraining», «Entspannungstraining Psychotherapie», «Misophonie», «Misophonia», «Misophonie Entspannung», «Miso- phonie Progressive Muskelentspannung», «Misophonie Meditation», «Misophonie Mindfulness» und «Misophonie Progressiv Muscle Relaxation». Die Recherche wurde innerhalb des deutsch- und englischsprachigen Raumes durchgeführt. Wobei eine Berücksichtigung des Datums der Veröffentlichungen nicht angewendet wurde. Somit ergaben sich für diese Studienarbeit 38 Literaturquellen.
2.2 Umfrage
Durch die quantitative Umfrage können die Ergebnisse mit den Ergebnissen aus der Literaturrecherche verglichen werden. Da diese Umfrage in einem bestimmten Zeitraum stattfand und auch nur einmalig durchgeführt wurde, ist die Umfrage im Querschnittsdesign erhoben worden. Zudem lässt sich eine Umfrage leicht umsetzen und umfasste wenig Aufwand. Es war mir wichtig, dass die Umfrage anonymisiert ist, um eine ehrliche Antwort der befragten Personen gewährleisten zu können. Ich habe mich für eine Online-Umfrage entschieden, da bei einer Straßenumfrage die Gefahr bestand, nicht genügend Personen für die Umfrage gewinnen zu können. Außerdem nimmt eine Straßenumfrage viel mehr Zeit in Anspruch als eine Online-Umfrage, auf die jeder jederzeit mit einem Link zugreifen kann, was den Komfortfaktor und die Bereitwilligkeit an der Umfrage teilzunehmen erhöhte. Da eine Vorerfahrungen mit <Empirio> bestand, wurde dieses Tool verwendet. Dieses Tool ist kostenlos und hat den Vorteil, dass die befragten Personen kein eigenes Konto benötigten, um an der Umfrage teilzunehmen. Zudem lassen sich hier die Ergebnisse als vorgefertigte Diagramme oder als Excel-Datei downloaden. Die Erstellung der Umfrage bei Empirio gestaltete sich einfach, da die Plattform sehr benutzerfreundlich ist. Empirio hat auch den Vorteil, dass sich die Umfrage mit einem generierten Link auf allen Geräten wie Smartphone, Computer, Laptop und Tablets zugreifen und beantworten lässt. Die Umfrage wurde zielgerichtet an betroffene Personen verbreitet und richtete sich an betroffene Personen. Die Umfrage konnte, wie schon erwähnt, mit einem generierten Link abgerufen werden und dieser Link wurde jeweils in den sozialen Medien verbreitet. Hierzu zählten soziale Medien wie Facebook, Instagram und Discord. Dies versprach in kürzester Zeit, so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Die Umfrage war in einem Zeitraum von zwei Wochen zur Bearbeitung zugänglich. Da es in Facebook einige Selbsthilfegruppen gibt wie «Misophonie DE» und «Misophonie - Austausch», erschien dies als eine gute Zugangsquelle, um betroffene Personen zu erreichen. Zudem nutzte ich den Kontakt zu <Misophoniehilfe.com> per Instagram, um die Umfrage an möglichst viele Betroffene verbreiten zu lassen. Dadurch, dass die Umfrage auch öffentlich auf Empirio zu finden war, konnte nicht gewährleistet werden, dass nicht betroffene Personen diese ausfüllten. Auch konnte es so zu Abbrüchen kommen, was die Abbruchquote von 41 % erklären würde.
Durch die Literaturrecherche konnte ich mir einen guten Überblick verschaffen und sammelte Fragen, die sich mit den Ergebnissen decken könnten. Für die erste Seite der Umfrage wurde eine kleine Kurzvorstellung mit Informationen für die Teilnehmenden formuliert, die sich unter anderem auf das Thema Datensicherheit bezogen und um eine kurze Einführung zu geben (siehe Anhang Nr. 1). Nachdem die Teilnehmenden einen Einstieg in die Umfrage bekamen, wurde auch direkt nach den Gefühlen der Betroffenen gefragt, die sie mit der Misophonie verbinden würden. Hierzu bekamen die Teilnehmenden eine mehrfache Auswahl zur Verfügung mit schon vorgefertigten Gefühlen, die sich in der Literaturrecherche herauskristallisiert haben. Dennoch konnten die Betroffenen ein Feld nutzen, um ein Gefühl anzugeben, das nicht erwähnt wurde. Darauf wurde die Frage gestellt, ob sich die Betroffenen wegen der Misopho- nie in einer Therapie befinden, um im Weiteren die Therapieformen zu erfragen. Wenn die betroffenen Personen sich in keiner Therapie befinden sollten, wurde nach den allgemeinen Hilfsmitteln gefragt, die gegen die Misophonie Abhilfe schaffen würden. Im Weiteren wurden festgesetzte Entspannungsverfahren zur Mehrfachauswahl bereitgestellt, mit der Frage, welche der vorgestellten Entspannungsverfahren bei der Misophonie schon einmal geholfen haben. Hierzu zählte ich die
Entspannungsverfahren auf, die in dieser Studienarbeit behandelt werden und sich in der Literatur wiederfinden lassen konnten. Zum Schluss wurden demographische Angaben abgefragt, wie das Alter und das Geschlecht der betroffenen Personen (siehe Anhang Nr. 2)
3. Definition
3.1 Misophonie
Der Begriff Misophonie wurde erstmals geprägt durch die beiden Neurowissenschaftler Margaret M. Jastreboff und Pawel J. Jastreboff (2001). Unter Misophonie kann eine erhöhte psychologische und emotionale Reaktion verstanden werden, die aus einer Intoleranz gegenüber bestimmten Geräuschen resultiert. Misophonie bedeutet übersetzt, «starke Abneigung gegenüber Klang». Es musste ein Begriff gewählt werden, der die Symptome der Betroffenen gut beschreibt. Betroffene reagieren nicht mit Angst wie es mit einer «Phobie» umschrieben werden kann, sondern stets mit negativen Emotionen auf diverse Geräusche, die erzeugt werden (M. M. Jastreboff & P. J. Jastreboff, 2001, S. 1-2, online).
«Die Misophonie (griechisch <miso>: Hass oder Abneigung, <phöne>: Sound, Stimme, englisch <hatred of sounds>), [...], ist eine selektive Geräuschempfindlichkeit. Unmittelbar nach Wahrnehmung von sog. Trigger Geräuschen reagieren die Betroffenen reflexartig z. B. mit Wut, Irritation, Aggression» (Schwemmle & Arens, 2021, S. 1).
3.2 Trigger
Der Begriff Trigger kann je nach medizinischem Bereich unterschiedliche Definitionen haben, daher gilt es zu beachten, bei welchem der Bereiche man das Wort <Trigger> verwendet. Nach Mörkl und Antwerpes (2011) kann man unterscheiden zwischen der Physiologie, Pathologie, Anästhesiologie, Psychologie und Psychiatrie. So wird in der Physiologie und Pathologie ein Trigger als «Schlüsselreiz» bezeichnet, also ein Auslöser, der Körpervorgänge oder eine Erkrankung hervorruft. In der Anästhesiologie ist der Trigger ein notwendiger Bestandteil von Klientel und Beatmungsgeräten. Hier meint man den Trigger in Bezug auf ein Beatmungsgerät, welches von zu behandelnden Personen betätigt wird. In der Psychologie und Psychiatrie wird auch hier ein Trigger wieder als ein «Schlüsselreiz» bezeichnet, der jedoch ein traumatisches Erlebnis wieder hervorbringen kann in Form von Erinnerungen oder Gefühlen (Mörkl & Antwerpes, 2011). In dieser Studienarbeit wird die Definition aus der Physiologie und Pathologie verwendet, da dies auf die Misophonie zutrifft und deren Symptome gut umschreibt.
3.3 Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) eine Therapieform aus der Psychotherapie, die sich aus einer kognitiven Therapie und einer Verhaltenstherapie zusammensetzt. «Die Grundidee der Therapie ist aber immer dieselbe: Was wir denken, wie wir uns verhalten und welche Gefühle andere in uns auslösen, hängt eng miteinander zusammen - und ist entscheidend für unser Wohlbefinden» (gesundheitsinformation.de, 2022).
So wird der Begriff <kognitiv> vom lateinischen Wort <cognoscere> abgeleitet und heißt so viel wie <erkennen>. «In einer kognitiven Therapie geht es darum, sich über seine Gedanken, Einstellungen und Erwartungen klar zu werden» (gesundheitsinforma- tion.de, 2022). Und wenn diese Gedanken, Einstellungen und Erwartungen erkannt wurden, können durch die kognitive Therapie diese Werte verändert werden. Deshalb spielt die eigene Wahrnehmung der Betroffenen eine große Rolle bei der Bearbeitung von Problematiken.
3.4 Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT)
«Unter Tinnitus-Retraining-Therapie versteht man den Prozess, bei dem die Betroffenen lernen, ihren Tinnitus (oft auch Ohrgeräusche genannt), bewusst und unbewusst zu bewältigen» (Tinnitus-Retraining-Therapie - Was ist es und wie funktioniert sie?, o. D.). Bei dieser Therapieform wird ein Geräusch mithilfe von einem Hörgerät abgespielt und soll so ab einem gewissen Punkt nicht mehr von Betroffenen wahrgenommen werden, mit begleitender Beratung (Seebeck, 2019). Hier wird sich auf das Gehirn konzentriert und so soll erlernet werden, störende Geräusche zu ignorieren.
3.5 Neurale Repatterning-Technik (NRT)
Die Gegenkonditionierungsmethode von Dozier (2019), Neurale Repatterning-Tech- nik (NRT), wurde von ihm selbst im Jahre 2013 entwickelt. Diese Technik ist extra auf Betroffene bei Misophonie zugeschnitten und mit der Zeit entwickelte Dozier (2019) eine Smartphone-App, die die Anwendung erleichtern soll (Dozier, 2017). Die Idee hinter dieser Technik besteht darin, die erkannten misophonen Trigger absichtlich abzuspielen, um diese bei positiven Erlebnissen mit ebenso positiven Zusammenhängen in Verbindung zu bringen. Dozier beschreibt seine Technik und deren Vorgang wie folgt:
The treatment involves hearing an intermittent, very weak trigger while experiencing a positive situation, such as listening to your favorite music or talking about positive life experiences. The trigger is so weak that you don’t have the negative emotions, so the treatment is a very positive experience (Neural Repatterning Technique, 2019)
3.6 Progressive Muskelentspannung (PME)
Die progressive Muskelentspannung wird nach Römer et al. (2019) wie folgt definiert: «Die Progressive Muskelentspannung ist ein spezielles Entspannungsverfahren, dessen Ziel eine Beruhigung von Körper und Geist, sowie eine verbesserte Selbstwahrnehmung ist» (Römer et al., 2019). Die PME wurde von Edmund Jacobsen in den 1920er Jahren erfunden und weitere Entspannungsverfahren bildeten sich aus dieser Grundlagenform heraus. In Kapitel 5.1 wird auf die PME näher eingegangen und ausführlicher behandelt.
3.7 DSM-IV und ICD-10
Nach Bangen et al. (2018) wird das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) als ein Klassifikationssystem für psychische Störungen definiert. Die aktuelle Auflage ist jedoch seit 2013 das DSM-5 und ist in drei Teile gegliedert. In dem DSM-5 werden diagnostische Kriterien und Kodierungen aufgelistet an denen sich orientiert wird. Es werden zudem Modelle der Diagnostik von psychischen Störungen beschrieben. Da das DSM-5 für eine reine Diagnosestellung nicht verwendet werden darf, wird das ICD-10 daneben verwendet (Bangen et al., 2018).
«Die ICD-10 ist die 10. Revision der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO. Sie dient der Verschlüsselung medizinischer Diagnosen» (Walter, 2022). So sind im ICD-10 alle Erkrankungen gelistet und beinhaltet weitere Informationen über die einzelnen Erkrankungen (Walter, 2022).
4. Misophonie im Allgemeinen
Betroffene von Misophonie reagieren auf bestimmte Geräusche mit negativen Emotionen, diese können individuell sein. Darunter können unwillkürliche Impulse entstehen, wie ein plötzlicher Drang aus der Situation zu entfliehen oder Schadensvorstellungen gegenüber den Personen, die das Geräusch erzeugen (Bernstein, Angell & Dehle, nach Schwatz, 2013, S. 2; Edelstein et al., 2013). M. Jastreboff und P. Ja- streboff (2014) unterscheiden Geräusche zwischen Geräuschen mit bestimmten Mustern und lauteren Geräuschen. Denn auf laute Geräusche wie Musik oder Motorengeräusch reagieren Betroffene weniger häufig mit negativen Emotionen (M. Jastreboff & J. Jastreboff, 2014, S. 107). Doch auch Geräusche von keiner verursachenden Person können Misophonieauslöser werden, wie zum Beispiel das Ticken einer Uhr, ein tropfender Wasserhahn oder Tiergeräusche (Kilig et al., 2021, S. 1; Vitoratou, Uglik- Marucha, Hayes, Erfanian, Pearson & Gregory, 2021). Betroffene können ebenso von visuellen Triggern betroffen sein, diese Trigger Form wurde eigenständig untersucht und nennt sich Misokinesie, was ähnlich wie <Hass auf Geräusche> nur <Hass auf Bewegung> bedeutet. Visuelle Trigger können mit der Misophonie einhergehen, dennoch gibt es Betroffene, die keine visuellen Trigger besitzen (Jaswal, Blesser & Handy, 2021).
Edelstein, Brang, Rouw & Ramachandran (2013) haben durch ihre Studie einen Überblick geben können, welche Trigger Geräusche bei Betroffenen besonders vertreten sind. Dabei fiel auf, dass die Betroffenen nicht mit negativen Emotionen reagieren, wenn die Geräusche selbst erzeugt werden. Negative Emotionen waren am häufigsten vertreten wie Angst, Wut, Panik, Gereiztheit und Stress. Auch fühlten sich neun von 11 der Betroffenen von den erzeugten Geräuschen beleidigt und verletzt. Dabei kamen den Betroffenen negative Gedanken zum Vorschein gegen die geräuscherzeugende Person (Edelsein et al., 2013, S. 3). Doch auch körperliche Reaktionen konnten nachgewiesen werden, wie das Verspüren von Druck in der Brust, Verkrampfungen von Körperteilen, angespannte Muskeln, verschwitze Handflächen oder auch Atembeschwerden (Edelstein et al., 2013, S. 3). Claiborn et al. (2020b) konnten ebenfalls in ihrer Studie nachweisen, dass einher mit der emotionalen Reaktion auch körperliche Reaktionen verbunden sind (Claiborn et al., 2020b, S. 359). Ein Schaubild von Dozier (2015b) zeigt auf, wie ein Trigger-Auslöser in Verbindung steht mit körperlichen Reaktionen und emotionalen Reaktionen (siehe Abbildung 1). Hier wird durch die gestrichelten Linien aufgezeigt, dass die Wechselwirkungen komplex sein können und individuell zu betrachten sind. Denn ein körperlicher Reflex kann äußerlich zu betrachten sein, aber auch physiologische Vorgänge können ein Anhaltspunkt für eine Reaktion sein, wie zum Beispiel Magenschmerzen oder plötzlicher Harndrang. Dennoch ist festgelegt, dass ein Trigger immer eine Reaktion auslöst, seien es körperliche oder emotionale Reaktionen, die dann zu individuellen Symptomen führen und danach zu reflexartigen Bewältigungsstrategien. Dazu zählt zum Beispiel das aktive Fluchtverhalten, die Nachahmung von Geräuschen, um diese zu übertönen oder das Ausleben seiner Emotionen, die damit einhergehen (Dozier, 2015b; Dozier, 2021).
Abbildung 1
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Reaktionskette bei Trigger Auslösern, übernommen aus Dozier, 2015b, S. 203
Nach Edelstein et al. (2013) zählen zu den häufigsten Trigger-Auslöser Ess- und Atemgeräusche. Dies konnten Claiborn, Dozier, Hart und Lee (2020b) ebenso bestätigen. In ihrer Studie von 1.061 befragten und selbst betroffenen Personen gaben 96,5% an, dass Mundgeräusche einer der häufigsten Trigger-Auslöser waren. Danach folgen mit 83,3% Atemgeräusche als einer der Hauptauslöser. Im nachfolgenden zeigt Tabelle 1 nach Claiborn et al. (2020b) verschiedene Trigger Geräusche auf, die als Auslöser identifiziert worden sind.
Tabelle 1
Tabelle 1: Prozentuale Verteilung von TriggerAuslöserbei Misophonie
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Claiborn et al., 2020b, S. 358In einer Studie von Vitoratou et al. (2021) wurde ebenfalls eine Vielzahl von Trigger Geräuschen durch 613 befragte Personen festgestellt, damit eingeschlossen auch Personen, die im Unklaren waren, an Misophonie zu leiden. Dabei waren die häufigsten Trigger Geräusche Essensgeräusche, Kaugummi kauen und knirschen (Vitoratou et al., 2021, S. 570). Durch die Studie von Vitoratou et al. (2021) zeigte sich, dass orale und nasale Geräusche einen Großteil der misophonen Auslöser ausmachen.
4.1 Entstehung und Verbreitung
M. Jastreboff und J. Jastreboff (2014) weisen darauf hin, dass die unbewusste Verbindung des limbischen und autonomen Nervensystems der Grund für die Reaktionen der Betroffenen bei Misophonie sein kann (M. Jastreboff & J. Jastreboff, 2014, S. 111). Aufgrund der mangelnden Forschung bezüglich der Entstehung von Misophonie sind sich Forschende jedoch uneinig. In der gesamten Betrachtung lässt sich nach Schemmle und Arens (2021) sagen: «Die Misophonie wird im Kontext audiologischer, psychiatrischer, kognitiv-verhaltensspezifischer und neurologischer Ursachen eingeschätzt» (Schwemmle & Arens, 2021, S. 4). Dass ein genetischer Zusammenhang bestehen kann, sollte nicht ausgeschlossen werden. Nach Claiborn, Dozier, Hart und Lee (2020a) handelt es sich bei Misophonie nicht um eine seltene Erkrankung, sondern um eine selten bekannte Erkrankung, die weit verbreitet ist. Es gibt Betroffene, die darunter leiden und es <noch> nicht wissen (Claiborn et al., 2020a, S. 5). Dies bestätigte die Studie von Kilig, Öz, Avanoglu und Aksoy (2021), demnach sind in der Türkei von 541 befragten Personen 69 davon wissentlich von Misophonie betroffen, wohingegen 427 Personen mindestens ein belastendes Geräusch Angaben und auf eine unwissentliche Erkrankung an Misophonie hindeuten kann (Kilig et al., 2021, S. 1). Misophonie wurde nach Edelstein (2013) schon in der Kindheit beobachtet oder erst später in der Adoleszenz. Die ersten bemerklichen Symptome entstehen demnach am gemeinsamen Esstisch. Die Ess- oder Atemgeräusche sind die am häufigsten ersten Auslöser. Wird die Misophonie nicht frühzeitig erkannt und behandelt, weiten sich Trigger Geräusche aus und werden auf andere Bereiche übertragen. Dies kann auch auf die zuvor genannten visuellen Trigger übergehen (Bernstein et al., nach Cohen, 2013, S. 3; Claiborn et al., 2020a). Nach M. Jastreboff und J. Jastreboff (2014) kann ein Geräusch zu einem Trigger Geräusch werden, wenn dieses Geräusch mit einer früheren negativen Erfahrung in Verbindung gebracht wird. Dabei hängt der Trigger-Auslöser nicht von auditiven Faktoren ab, sondern von dem psychologischen Entwicklungstand der Betroffenen und in welchem Kontext ein Geräusch auftritt (M. Jastreboff & J. Jastreboff, 2014, S. 107). Claiborn et al. (2020a) konnten in ihrer Forschungsstudie durch 1.000 befragten Personen feststellen, dass sich die Misophonie in jedem Alter entwickeln kann, doch tritt Misophonie hauptsächlich ab dem neunten und zehnten Lebensjahr auf (Claiborn et al., 2020a, S. 2).
4.2 Problematik von Misophonie
Betroffene Personen, die unter Misophonie leiden, sind stark beeinträchtigt in ihrem alltäglichen Leben. Nicht nur dass die Betroffenen psychisch stark belastet sind, hat die Misophonie Auswirkungen auf das zwischenmenschliche Zusammenleben sowie auf den beruflichen Lebensweg (Bernstein et al., 2013; Edelstein, 2013; Reid, 2017; Claiborn et al., 2020a; Claiborn et al., 2020b; Dozier 2021; Kill? et al., 2021). So konnten Edelstein et al. (2013) herausfinden, dass geschlossene Orte, wie das zu Hause, die Schule oder das Reisen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, schlimmere Auswirkungen der Betroffenen hervorrufen können. Aufgrund der nicht vorhandenen Möglichkeit, gewissen Trigger Geräuschen zu entkommen und dessen ausgesetzt zu sein (Edelstein, 2013, S. 3). Ferrer-Torres und Giménez-Llort (2021) fanden heraus, dass sich mit der Isolationszeit der Pandemie die Symptomatik von Betroffenen sogar verstärkt hat, aufgrund des unvermeidbaren Zusammenlebens mit anderen Familienmitgliedern. Ferrer-Torres und Giménez-Llort (2021) betonen: «Lack of family, neighborhood, and professional understanding, due to lack of knowledge of misophonia, exacerbated psychological and psychosomatic problems during the pandemic» (Ferrer-Torres & Giménez-Llort, 2021, S. 11). Die Fallstudie von Dozier (2021) verdeutlicht die Problematik, die mit einer Misophonie einhergehen kann. Die in der Fallstudie betroffene Person musste aufgrund ihrer Misophonie den Job kündigen, da ein Arbeiten im öffentlichen Raum unmöglich war und nach einer offenen Kommunikation mit den Vorgesetzten ihre Erkrankung nicht ernst genommen wurde (Dozier, 2021, S. 4 - 5). Diese Erfahrung kann schwere Folgen für weitere zwischenmenschliche Kontakte haben. Und einher können Betroffene vereinsamen, es wird keine Hilfe in Anspruch genommen und weitere Störungen können somit entstehen, wenn diese Problematik nicht bearbeitet wird. Aazh, Landgebe, Danesh und Moore (2019) bezeichnen in ihrem Forschungsartikel die körperlichen und emotionalen Reaktionen als einen «Teufelskreis», dem die Betroffenen ausgesetzt sind. Diese immer wiederkehrenden negativen Gedanken führen zu vermehrten wertenden Gedanken, die dann wiederrum das auslösende Geräusch mit verschlimmerten Bewertungen in Verbindung gebracht werden (Aazh et al., 2019, S. 998). Die Betroffenen bewerten nicht nur die Geräuschverursachende Person, sondern bewerten auch sich selbst und ihre negativen wertenden Gedanken (Spitczok von Brisinski, Semmler, Schüller & Heidenreich, 2019). Diese negativen wertenden Gedanken gegenüber der Geräuschs Quelle, empfinden die Betroffenen als beschämend und meiden dadurch die möglichen Trigger Situationen und grenzen sich von sozialen Aktivitäten ab (Spitczok von Bri- sinski et al., 2019, S. 5). Daher, dass die Misophonie bisher immer noch recht unbekannt ist, haben betroffene Personen Probleme, diese Erkrankung zu veräußern und auch Fachkräfte besitzen noch unzureichendes Wissen über die Existenz und deren Behandlungsmöglichkeiten (Bernstein et al., 2013; Claiborn et al., 2020b). Durch dieses unzureichende Wissen besteht die Gefahr nach Cavanna und Seri (2014), dass die Symptome, die durch die emotionale Reaktion von Misophonie hervorgerufen werden, fehlinterpretiert werden und es zu einer Vermischung mit anderen Störungssymptomen von Erkrankungen kommen kann.
In der Literatur gibt es ausreichend Diskussionsbedarf über die Überlegung, die Mi- sophonie als eine eigene Störung klassifizieren zu lassen. Jedoch sollte diese Überprüfung sorgfältig durchgeführt werden (Schröder, Vulink & Denys, 2013; Taylor, 2017; Kilig et al., 2021). Es ist wichtig, sich genauer mit Misophonie in der Zukunft zu befassen. Denn: «The absence of a common understanding or foundational definition of misophonia hinders progress in research to understand the disorder and develop effective treatments for individuals suffering from misophonia» (Swedo et al., 2021, S. 3). Daher haben sich Swedo et al. (2021) zu einem Expertenausschuss eingefunden, um sich durch die verschiedenste Expertise auf eine einheitliche Definition von Misophonie zu einigen. Dieses Vorgehen soll den Zusammenhalt stärken, um zukünftigen Betroffenen besser helfen zu können. Der Begriff <Störung> hat sich am Ende als nützlicher herausgestellt, da dies die negativen Erfahrungen der Betroffenen miteinbezieht und weitere Forschung so vorantreibt. Aber es besteht weiterhin Unklarheit darüber, ob die Misophonie als eine psychiatrische oder medizinische Störung eingestuft werden sollte, da die nötigen Beweise fehlen würden, um eine klare Aussage darüber treffen zu können (Swedo et al., 2021, S. 24). Die Definition <Hass auf Geräusche>, die auch schon oft in Verwendung kam, wurde von dem Expertenausschuss abgelehnt, da: . . . those with misophonia neither specifically feel hate nor do they necessary feel strong emotions only related to sound (i.e., some also have similar responses to visual triggers not associated with sounds, such as leg swinging) (Swedo et al., 2021, S. 24).
In der Studie von Dozier (2021) konnte die PME in Verbindung mit einer Gegenkonditionierung eine Verbesserung der Symptome hervorrufen, jedoch blieben weitere Störungen, die die betroffene Person hatte, außen vor. Demnach schlägt Dozier (2021) vor, dass sich mit einer parallelen Behandlung wie Psychotherapie weitere Verbesserungen ergeben können (Dozier, 2021, S. 12 - 13). Daher betont Dozier (2021): «General awareness of misophonia among therapists and helping professionals of all disciplines is needed to address the unique needs of misophonia sufferers, and effective treatment protocols need to be developed and empirically va- lidated» (Dozier, 2021, S. 14). Dies sei von Nöten, da die Misophonie eine weit verbreitete Erkrankung bei der Allgemeinbevölkerung ist, aber die Kenntnis darüber gering ist.
Kill? et al. (2021) konnten in ihrer Untersuchung herausfinden, dass ein erhöhtes Interesse an Misophonie besteht:
For example, the Web of Science includes only 36 articles on misophonia that were published between 1996 and 2015, compared with 79 articles published between 2016 and 2020. Further, most recent publications on misophonia were published in psychiatry and psychology journals, not in audiology journals, as was previously the case. (Kili? et al., 2021, S. 1)
Mit Bekanntwerden der Erkrankung könnte nach Taylor (2017) Betroffene beruhigen, dass diese nicht allein mit den Problemen, die daraus entstehen, sind. Dies kann dazu führen, dass betroffene Personen besser mit der Erkrankung umgehen könnten, wenn ein Verständnis dafür erlangt wurde. Zudem könnten betroffenen Personen geeignete Hilfemaßnahmen zuteilwerden, da es Fachpersonal gäbe, dass den Begriff Misophonie kennt und die Betroffenen informiert (Taylor, 2017, S. 115). Nach der Studie von Kili? et al. (2021) kann davon ausgegangen werden, dass sich die Mehrheit der Allgemeinbevölkerung nicht mit der Misophonie identifiziert und aufgrund der Unkenntnis dessen sollte eine weitreichende Information des Fachpersonals gefördert werden (Kili? et al., 2021, S. 1).
Es gibt gegenwärtig viele Informationsquellen, die sich mit Misophonie beschäftigen und Personen die Kontakte zu Forschenden pflegen. Die Psychologin Franca Cerutti erstellte aufgrund großer Nachfrage in ihrem Podcast «Psychologie to go!» eine Mi- sophonie Folge, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen (Cerutti, 2021). Zudem gibt es einen aktuellen Podcast, der sich alleinig mit Misophonie beschäftigt und die erforschten Bewältigungsstrategien behandelt (Crauser, 2023). In den sozialen Medien bekommt das Thema Misophonie immer mehr Aufmerksamkeit, es gibt zunehmend Online-Gruppen zum regen Austausch, darunter diverse Facebook-Grup- pen und ein Instagram Profil die ebenfalls Patrick Crauser bedient (Misophonie DE, o. D.;Misophonie - Austausch, o. D.;misophoniehilfe, o. D.;misophoniecoaching, o. D.).
4.3 Bewältigungsstrategien bei Misophonie
Schon die beiden Neurowissenschaftler M. und P. Jastreboff haben sich früh mit möglichen Behandlungsformen beschäftigt. Diese behandelten Misophonie mit einer Tin- nitus-Retrainings-Therapie (TRT) die bei einer Tinnitus Erkrankung oft verwendet wird. Dazu wird ein Gerät an die betroffenen Personen angebracht, dass ein weißes Rauschen auslösen kann, um die störenden Geräusche zu minimieren, was jedoch nur zu einer vorrübergehenden Lösung führt und nicht die Ursache eliminiert (Bernstein et al., 2013; Jastreboff, 2001). Die Studie von Cavanna und Seri (2015) zeigte, dass eine Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT) zusammen mit einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) die Symptome der Misophonie verringern kann (Cavanna & Seri, 2015, S. 2117). Generell wurde die Verwendung einer KVT weiter erforscht. So konnten Bernstein et al. (2013) anhand ihrer Fallstudie einen Beweis liefern, dass eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) hilfreich sein kann für betroffene Personen mit Misophonie. Eine kognitive Verhaltenstherapie bietet eine Hilfestellung und löst nicht das grundlegende Problem. Zu diesem Ergebnis kamen auch Reid et al. (2016), Schröder, Vulink, van Loon und Denys (2017) und Roushani und Honarmand (2021), die alle den Beweis einer Verbesserung der Symptomatik liefern konnten.
Meltzer und Herzfeld (2014) schlagen mit ihrer Forschungsarbeit vor, dass eine Gegenkonditionierung der Trigger Geräusche Abhilfe schaffen könnte und somit die negativen Emotionen und Gedanken mit positiven Emotionen und Gedanken in Verbindung gebracht werden (Meltzer & Herzfeld, 2014, S. 125). In dem Fallbericht von Dozier (2015a) waren die körperlichen Reaktionen unabhängig von den emotionalen Reaktionen auf Trigger Geräusche. Dennoch waren körperliche Reaktionen vorhanden und diese wurden gezielt bearbeitet, was eine Abhängigkeit der emotionalen Reaktionen von den körperlichen Reaktionen beweist. Durch die Bearbeitung der körperlichen Reaktionen konnten somit die emotionalen Reaktionen vermindert werden (Dozier, 2015a, S. 386). Dieses Vorgehen wurde auch erneut in einer weiteren Fallstudie von Dozier (2021) angewandt. Durch seine Bestätigung, dass ein Misophonie Auslöser konditionierte körperliche Reflexe hervorruft und somit emotionale Reaktionen aktiviert, kann durch die Eliminierung der körperlichen Reflexe eine Verbesserung der emotionalen Reaktionen bewirken (Dozier, 2021, S. 4).
Doch Betroffene konnten für sich selbst auch eigene Bewältigungsstrategien anwenden, nach Edelstein et al. (2013) vermieden die Betroffenen eine Trigger Situation oder entfernten sich aus dieser. Darunter zählte auch die Trigger Nachahmung, um selbst die Geräusche zu übertönen, als Bewältigungsstrategie. Doch als gängige Hilfsmittel zählte das Nutzen von Kopfhörern, Ohrstöpseln, einer Ablenkung auf andere Tätigkeiten oder das direkt Ansprechen der Problematik (Edelstein et al., 2013, S. 4) Diese Bewältigungsstrategien konnten auch in der Studie von Claiborn et al. (2020b) bestätigt werden. In der Studie von Claiborn et al. (2020b) war die Beratung und die Gesprächstherapie einer der häufigsten Behandlungen gegen die Miso- phonie. Diese führten laut den Betroffenen jedoch zu einer Verschlechterung der Symptome. Die Forscher gehen davon aus, dass dies auf eine unzureichende Kenntnis über die Erkrankung zurückzuführen sei (Claiborn et al., 2020b, S. 367).
5. Entspannungsverfahren bei Misophonie
5.1 Progressive Muskelentspannung (PME)
Die progressive Muskelentspannung wurde von dem Arzt und Physiologe Edmund Jacobsen im Jahre 1920 ins Leben gerufen und soll durch das bewusste An- und Entspannen von Muskelgruppen eine bewusst wahrgenommene Entspannung herbeiführen. So können die Anwendenden bei ungewollt angespannten Muskelgruppen die PME einsetzen, um diese aktiv zu entspannen (Petermann & Pätel, 2009, S. 246). «Für Jacobson selbst kam es entscheidend darauf an, die Wahrnehmung für auch schwächste muskuläre Anspannungsreaktionen zu sensibilisieren.» (Kaluza, 2011, S. 81), das bedeutet, jede Person kann die PME durchführen und soll diese auch durchführen können. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die PME mit viel Übung verbunden ist und auch wiederholt durchgeführt werden sollte. Für die Durchführung werden im Wechsel von Anspannung und Entspannung einzelne Muskelgruppen angespannt. Die einzelnen Muskelgruppen können wie in Abbildung 2 bearbeitet werden. Diese Vorgehensweise wäre eine lange Version der PME. Es gibt auch kürzere Versionen, die nicht alle Muskelgruppen betreffen (Berking & Rief, 2012; Kropp et al., 2017).
Abbildung 2
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Reihenfolge von Muskelgruppen bei einer PME-Durchführung, übernommen aus Berking und Rief, 2012, S. 108
Unter Anleitung einer therapeutischen Fachkraft, die den Anwendenden anweist, kann eine korrekte Durchführung der PME stattfinden. Nach Borkovec und Sides (1979) werden die einzelnen Muskelpartien nacheinander für circa sieben Sekunden angespannt und danach wieder bewusst entspannt. Eine Entspannung der einzelnen Muskelpartien sollte circa für 30-40 Sekunden eingehalten werden (Borkovec & Sides, 1979; Kaluza, 2011). Nach einer Einübung der Durchführung, die viel Übung benötigt, sollen die erlernten Techniken in den Alltag eingebaut werden, um für eine sofortige Entspannung sorgen zu können (Kaluza, 2011, S. 82 - 83).
Dozier (2015b) wendete neben einer Gegenkonditionierungsmethode (Neural-Repat- terning-Technique oder NRT) die progressive Muskelentspannung (PME) an, da eine Auffälligkeit bei der betroffenen Person beobachtet wurde, indem die betroffene Person ihre Faust anspannte bei Trigger Geräuschen. Durch die PME sollte die Fähigkeit erhöht werden, den betroffenen Muskel während der weiteren Behandlung absichtlich zu entspannen. Durch die Behandlung der körperlichen Reaktion wurde bei der betroffenen Person auffällig, dass sich auch die zuvor emotionalen Reaktionen lösten (Dozier, 2015b, S. 189). Somit bestätigt die Vermutung von Dozier (2015b), dass eine konditionierte emotionale Reaktion ausgelöst wird, wenn eine körperliche Reaktion eintritt. Dieses Ergebnis konnte Dozier (2021) in einer weiteren Fallstudie unterstützen (Dozier, 2021, S. 1). Dozier (2015b) schlug daher vor, die Misophonie in konditionierte Aversive Reflexstörung> umzubenennen (Dozier, 2015b, S. 189, 204). Durch die Behandlung wurden die Reaktionen auf Trigger-Auslöser abgeschwächt, doch beseitigte diese nicht. Da das Setting innerhalb der Therapie anders ist als in dem alltäglichen Leben, geht Dozier (2015b) davon aus, dass sich dadurch keine Beseitigung der Problematik einstellen kann (Dozier, 2015b, S. 201). Zudem sollten bei einer Anwendung dieser Behandlung vorerst die körperlichen Reflexe festgestellt werden, um weitere Schritte einzuleiten (Dozier, 2015b, S. 201). Dozier (2021) betonte, dass die PME ein wichtiger Bestandteil für die Behandlung von Misophonie ist, um auch das allgemeine Wohlbefinden zu fördern (Dozier, 2021, S. 12 - 13).
5.2 Hypnose und Yoga
Hypnose
Bei einer Hypnose werden die zu behandelnden Personen in einen «bewusstseinsveränderten, schlafähnlichen Trancezustand versetzt» (Ebert & Kowalsky, 2012, S. 111). Mit dieser Vorgehensweise können betroffene Personen eine neue Bewertung gegenüber bestimmten Problemen erzeugen. Auch Reaktionsmuster könnten so bearbeitet und verändert werden. So wird nach Ebert und Kowalsky (2012) die Wahrnehmung der Betroffenen reduziert und störende Reize wie bestimmte Geräusche oder Körperempfindungen können so bearbeitet werden (Ebert & Kowalsky, 2012, S. 112). Die Hypnose kann unterschieden werden zwischen einer direkten und einer indirekten Hypnose. Die direkte Hypnose kann klassisch durch eine Fokussierung eingeleitet werden. Zudem besteht eine erhöhte emotionelle Beziehung innerhalb der Therapiesitzung. Die Formulierung ist jedoch in der direkten Hypnose eindeutiger und zielgerichteter. Bei der indirekten Hypnose werden die Formulierungen offener gehalten als bei der direkten Hypnose, um Widerstände zu vermeiden, die durch Fremdeinwirkung geschieht. Zudem wird keine tiefe Trance benötigt, um den Betroffenen in einen Entspannungszustand zu bringen (Stetter, 2004, S. 289). Es gibt bisher wenig Literatur, die sich mit Hypnose bei Misophonie befasst. Pearson (2017) kam mit seiner Studie zu dem Schluss, dass die traditionelle Hypnose alleinig keine dauerhafte Entlastung von Misophonie bewirkt. Aber Hypnose kann als Ergänzung für individuelle Fälle eine Unterstützung zu der Haupttherapie bilden und positive Veränderungen begünstigen (Pearson, 2017, S. 4).
Yoga
Wörle, Pfeiff, Iyengar und Hartman (2017) haben in ihrem Buch einen Überblick über die Anwendung von Yoga geben können und wie Yoga sich bisher in der Therapie erwiesen hat. Die Autoren erklären, woher Yoga stammt und was Yoga bewirken kann. Nach Wörle et al. (2017) konnte die Anwendung von Yoga wissenschaftliche Belege liefern, dass Yoga positive Effekte auf den Körper hat. So stärkt es nicht nur das Immunsystem, sondern senkt auch den Stress. Durch die Yoga-Ausführung werden nebenbei andere Bereiche des Körpers und der Wahrnehmung positiv gestärkt (Wörle et al., 2017). In dem Podcast von Franca Cerutti sagte sie, dass Entspannungsübungen und Yoga hilfreiche Methoden sein können, um sich dem Stress der Misophonie auslöst zu entziehen. Ein Rückzug vorzunehmen, wenn die Symptomatik überhandnimmt, sollte bewusst akzeptiert und auch vorgenommen werden (Cerutti, 2021).
5.3 Achtsamkeitstherapie und Akzeptanz
Eine Achtsamkeitstherapie wird nach Diezemann (2011) häufig bei chronischen Schmerzen angewandt. Doch kann die Entspannung auch damit aktiviert werden und wird mit einer Fokussierung auf die Atmung durchgeführt (Diezemann, 2011, S. 448). Willberg (2022) beschreibt anhand einem Fallbeispiel, wie Achtsamkeit sich positiv auf das menschliche Wohlbefinden auswirkt. So ist das Gute zureden zu sich selbst eine Selbstinstruktion und ein wichtiger Teil von Achtsamkeitstraining (Willberg, 2022, 5. 2). Achtsamkeit kann immer abgerufen werden, nur muss diese aktiv trainiert werden, um die innere Ruhe wiederherzustellen. So sagt Willberg (2022):
Wenn uns die Achtsamkeit abhanden kommt, bilden wir uns ein, dass die innere Ruhe von äußeren Umständen abhängt. Die Wirklichkeit, so meinen wir dann, müsste anders sein, um uns innere Ruhe zu gewähren. Das ist ein Irrtum. Das Gegenteil trifft zu: Wenn wir zu uns selbst kommen, dann kommen wir zur Wirklichkeit, und wenn wir in der Wirklichkeit angekommen sind, stellt sich die innere Ruhe ein, unabhängig von den Umständen. (Willberg, 2022, S. 4 - 5)
Und das kann erreicht werden durch Akzeptanz. Daher geht die Achtsamkeit mit der Akzeptanz einher. Willberg (2022) zeigt auf, dass Entspannung auch das Gegenteil von Ruhe bedeuten kann. Indem man dem Körper Substanzen zufügt, da Menschen denken, es würde sie offensichtlich entspannen. Was für den Menschen im ersten Augenblick als Entspannung erscheint, ist im Gegenzug für den Körper die Verarbeitung der Substanz Arbeit und kann daher sich keine Ruhe einstellen. So sollten nach Willberg (2022) Entspannungstechniken angewandt werden, um Entspannung und Ruhe hervorzurufen (Willberg, 2022, S. 5). Nach Willberg (2022) kann man sich an ein ABCDE-System halten, um die Achtsamkeit zu trainieren. Das A steht demnach für den Anlass und soll dazu dienen, dass man die aktuelle Situation aktiv wahrnehmen sollte. Zum Beispiel kann sich der Betroffene bei einem Misophonie Trigger fragen: «Was spüre oder fühle ich gerade?». Bei B folgt eine Bewertung. Es folgt bei A eine schon automatische Bewertung, doch bei B wird die vorherige Bewertung gefestigt oder neu bewertet. So entsteht eine Reflexion, die dazu dienen soll, ob die vorherige Bewertung auch angemessen war. Wenn die Bewertung nicht für die Betroffenen angemessen war, kommt das C ins Spiel, was für den Crash steht. Das kann bei der betroffenen Person Stress auslösen und die Situation erscheint zunächst aussichtslos. Nun folgt das D, eine Denkalternative. Wenn die Betroffenen es schaffen, die negative Bewertung aufzulösen und sich auf neue Gedanken einlassen, können so alternative Lösungen gefunden werden. Die Betroffenen schaffen es so, sich von der Situation abzugrenzen und können einen neutralen Blickwinkel erreichen. Dafür steht nun das E wie Erfolg. Die Betroffenen reflektieren die kompletten Schritte zu E und können nun auf die Situation neu reagieren, so wie es sich für die Betroffenen richtig anfühlt. Eine neue Alternative wurde geschaffen und dieser Prozess bedeutet demnach Achtsamkeit und Akzeptanz (Willberg, 2022, S. 30 - 31).
Schneider und Arch (2017) wendeten in ihrer Studie hauptsächlich Strategien der Achtsamkeit an, neben der Anwendung von Akzeptanztraining und dialektischer Verhaltenstherapie. Hierbei behandelten die Forscher eine betroffene Person von Mi- sophnie, die eine geringe Akzeptanz gegenüber der Erkrankung besaß (Schneider & Arch, 2017, S. 222). Somit legten die Forscher den Fokus darauf, dass betroffene Personen ihre Erkrankung zu tolerieren lernen müssen. Unter Anwendung von einer Achtsamkeitslehre konnte die betroffene Person ihre urteilenden Gedanken besser wahrnehmen und dagegen steuern. Dies gelang, indem die betroffene Person die wertenden Gedanken objektiv neu zu beschrieb. Dies verringerte die negativen Emotionen und verbesserte zwischenmenschliche Beziehungen der betroffenen Person (Schneider & Arch, 2017, S. 224). Roushani und Honarmand (2021) nutzen neben der Verwendung von der KVT ebenfalls Achtsamkeitstraining und Atemtherapie. Die Verwendung dessen erwies sich als wirksam gegenüber der Reduzierung von negativen Emotionen bei Trigger Auslösern (Roushani & Honarmand, 2021, S. 65 - 66). Wiese, Wojcik und Storch (2021) kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die KVT in Verbindung mit Achtsamkeitstraining und dem Lehren von Stresstoleranzfähigkeiten eine weitreichende Unterstützung liefern kann (Wiese et al., 2021, S. 59).
6. Ergebnisse der Umfrage
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse aus der Umfrage aufzeigt. Eine Interpretation der Ergebnisse wird im nachfolgenden Kapitel stattfinden. Die Ergebnisse der Umfrage wurden durch Empirio in eine Excel-Tabelle übertragen. Für eine bessere Übersicht wurden eigene Tabellen angefertigt.
In der Umfrage haben 79 betroffene Personen von Misophonie teilgenommen (n = 79) in einer Altersspanne von 14 - 65 Jahren. Ursprünglich haben 80 Personen an der Umfrage teilgenommen, darunter war jedoch eine fälschliche Beantwortung und wurde daher ausgeschlossen. Darunter gaben an, dass sich 13 Personen (16,25 %) dem männlichen Geschlecht zuordneten, 65 Personen (81,25 %) dem weiblichen Geschlecht und zwei Personen waren (2,50 %) divers. Um die Gefühle der Betroffenen mit der Literatur zu prüfen, wurde die Frage gestellt, mit welchen Gefühlen sich die Betroffenen identifizieren, wenn diese an Misophonie litten. Zu den Mehrfachantwortmöglichkeiten zählten Wut, Angst, Trauer, Stress und Schuld. Zudem gab es ein freies Antwortfeld, um weitere Gefühle aufzunehmen, die nicht in dieser Umfrage behandelt wurden. Mit 88,75 % war Wut eines der verbreitetsten Gefühle, die Betroffene verspüren, gleich danach folgt das Gefühl von Stress mit 80,00 %. Die weiteren Gefühle und deren prozentualen Angaben sind in Tabelle 2 wiederzufinden (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2
Tabelle 2: Angaben von Gefühlen bei Misophonie
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Um eine generelle Übersicht zu bekommen, wie viele Betroffene von Misophonie sich in einer Therapie befinden, wurde nach dem aktuellen Stand gefragt. Zu beachten war, dass danach gefragt wurde, ob die Betroffenen sich wegen der Misophonie in Therapie befinden würden. 11 (13,75 %) Betroffene gaben an, sich wegen der Miso- phonie in Therapie zu befinden und 69 (86,25 %) der Betroffenen befanden sich nicht in einer Therapie. Die sich in der Therapie befindenden Betroffenen wurden gleich danach gefragt, welche Therapieform ihrer Meinung nach auch geholfen hat. Von 11 befragten Personen gaben vier an, dass bisher keine Therapieform helfen konnte. Zwei Personen haben <Reden und Sprechen> als Therapieform angegeben, was viel Raum für Interpretation lässt. Als Therapieformen wurden von zwei Personen die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit begleitender Entspannung genannt. Auch die progressive Muskelentspannung (PME) wurde von nur einer Person aufgeführt, mit der Anmerkung, dass diese sich noch am Anfang befindet und auf eine Besserung hofft. Eine Person gab an, dass die Hypnose kurzzeitig Linderung schaffen konnte, aber diese nicht mehr angewendet wird. Zuletzt wurde von einer Person die Psychotherapie mit integriertem Yoga als wirkungsvoll angegeben.
Um die allgemeinen Hilfsmittel und Bewältigungsstrategien im Alltag herauszufinden, wurde die Frage gestellt, welche Hilfsmittel die Betroffenen verwenden. Hierbei war es wichtig keine vorgefertigten Antwortmöglichkeiten zu geben, um individuelle Antworten zu bekommen und diese anschließend mit den Befunden aus der Literatur zu vergleichen. Wie man in Tabelle 3 sehen kann, gaben 31 (38,75 %) der Betroffenen an, Kopfhörer und/oder Ohrstöpsel zu verwenden, wenn misophone Trigger aufkommen. Danach folgt das Nutzen eines Rückzugortes als eine weitere Bewältigungsstrategie, mit 30 (37,50 %) Angaben. Auch das Nutzen von Musik oder Podcasts ist in vermehrter Nutzung, mit 20 (25,00 %) Angaben. 15 (18,75 %) betroffene Personen gaben an, dass ihnen das aktive Organisieren eine Hilfsstellung sein kann. Darunter gaben die befragten Personen an, Trigger vorrauschauend zu vermeiden oder sich aktiv darauf vorzubereiten. Entspannung, Ruhe und Meditation werden von 13 (16,25%) Betroffenen angewendet, um die Misophonie zu mildern. Interessant zu sehen war, dass 13 (16,25 %) betroffene Personen angaben, keine Hilfsmittel für sich gefunden zu haben die Abhilfe schaffen können. Eine offene Kommunikation wurde von 11 (13,75 %) Betroffenen angegeben, um ihre Problematik zu veräußern. Zehn (12,50 %) nutzen Ablenkungsgeräusche, fünf (6,25 %) positive Verstärker in Form von positiven Gedanken sich selbst zu machen oder durch positives Zureden. Wenige der Betroffenen wenden Yoga, Sport und bewusste Atemtechniken an. Auffällig war die Äußerung von drei (3,75 %) Betroffenen, die sich der Trigger Situation nicht entziehen und in dieser verbleiben. Eine Person gab an Antidepressiva zu verwenden und diese gegen die Misophonie helfen würden. Eine weitere Person nutzte das Rauchen und gab an, dass es früher geholfen hatte. Von einer Person wurde angegeben, dass diese Gegenreize verwendet in Form von körperlichen Gegenreizen. Die Person gab als Beispiel dazu an, sich an einer Stelle an der Haut zu reiben, um so den Reiz abzulenken (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3
Tabelle 3: Angaben der Hilfsmittel / Bewältigungsstrategien im Alltag
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Um weiter auf die zu erforschenden Entspannungsverfahren einzugehen, wurden die Betroffenen nach ihren Erfahrungen gefragt. Die Betroffenen konnten angeben, welches der aufgeführten Entspannungsverfahren ihnen schon einmal bei der Misopho- nie geholfen hat. Bei dieser Frage war eine Mehrfachauswahl möglich, um alle Entspannungsverfahren miteinbeziehen zu können. Darunter wurden verschiedene Entspannungsverfahren genannt, die in der Literatur gefunden wurden. In dem folgenden Diagramm sind die ausgewählten Entspannungsverfahren aufgelistet und die Höhe des Anteils der Betroffenen, die diese nutzten. Wie man in Abbildung 2 sehen kann, ist unter den Entspannungsverfahren die Meditation mit 18 % am häufigsten in der Verwendung. Danach folgt die Atemtherapie mit 14 % und das Achtsamkeitstraining mit 10%. Jedoch sticht heraus, dass 37 % der Betroffenen keiner der genannten Entspannungsverfahren verwendet und das die Anwendung von Biofeedback von keiner einzigen Person ausgewählt wurde und daher nicht weiter in dieser Studienarbeit behandelt wurde. Wie man sehen kann, wurden die anderen Entspannungsverfahren jeweils mit unter 10 % angegeben und somit finden diese auch Verwendung bei Betroffenen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 3
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung von Betroffenen in der Nutzung Entspannungsverfahren mit positiver Wirkung, eigene Darstellung
Anmerkung: Biofeedback wurde von keiner der betroffenen Personen verwendet und wurde somit als = 0 % Angabe aufgeführt
7. Diskussion und Ausblick
Wie auch schon andere forschende Personen herausgefunden haben, begleiten die Betroffenen viele negative Gefühle in Bezug auf die Misophonie (M. Jastreboff & J. Jastreboff, 2014; Edelsein et al., 2013; Claiborn et al., 2020b; Dozier, 2021). Diese negativen Gefühle bestätigt auch die durchgeführte Umfrage. So waren Wut und Stress stark vermehrt als negatives Gefühl von den Betroffenen gekennzeichnet worden (siehe Tabelle 2). Somit lässt sich sagen, dass Misophonie Betroffene unter negativen Gefühlen leiden und man diese auch bearbeiten kann. Was deutlich wird ist, dass sich nur 13,75 % der Betroffenen aus der Umfrage in einer Therapie befinden wegen der Misophonie. Dies lässt die Frage offen, wieso sich die restlichen 86,25 % nicht in einer Therapie befinden. Diese Frage hätte im Nachhinein für mehr Aufklärung gesorgt und die Gründe hätten weiter mit der Literatur in Verbindung gesetzt werden können. Es könnte auch sein, dass Betroffene zu einer allgemeinen Therapie gehen, unabhängig von einer Misophonie Erkrankung. Dies würde die geringe Anzahl der Betroffenen in einer Therapie erklären. Wobei beachtet werden muss, dass in der Umfrage nur 80 Personen teilgenommen haben und bei einer Wiederholung eine größere Prozentzahl entstehen könnte. Wiederrum lässt es vermuten, dass Fachkräfte nicht genügend aufgeklärt sind und die Misophonie im Allgemeinen eine noch recht unbekannte Erkrankung ist (Bernstein et al., 2013; Claiborn et al., 2020b; Kilig et al., 2021).
Wenn man die Ergebnisse der Umfrage zu den hilfreichsten Therapieformen mit der Literatur vergleicht, zeigt sich, dass eine generelle Gesprächstherapie eine gute Grundlage bietet, um die Misophonie für den Anfang gut zu bearbeiten. Vor allem kann diese erste Inanspruchnahme einer Gesprächstherapie hilfreich sein, um seine Erkrankung zu veräußern und somit weitere Hilfsstellungen angeboten zu bekommen. Nach Claiborn (2020b) zeigte sich jedoch anhand der befragten Personen, dass eine Gesprächstherapie zu einer Verschlechterung der misophonen Symptome führte (Claiborn, 2020b, S. 367). Darauf lässt sich schließen, dass die unzureichende Fachkenntnis über Misophonie fehlt und somit keine geeigneten Maßnahmen gefunden werden können. Im weiteren Verlauf jedoch kann eine geeignetere Therapie wirkungsvoller sein, wie die kognitive Verhaltenstherapie oder die progressive Muskelentspannung. Diese beiden Therapieformen wurden in der Umfrage von jeweils zwei Personen genannt und lassen sich in der Literatur auch wiederfinden. So zeigte sich in verschiedensten Studien die kognitive Verhaltenstherapie als einer der wirkungsvollsten, aber auch in der Verbindung der Progressiven Muskelentspannung (Bernstein et al. 2013; Reid et al., 2016; Schröder et al., 2017; Roushani & Honar- mand, 2021; Wiese et al., 2021). Bezüglich einer Therapie mit Nutzen von Hypnose konnte sich sehr wenig Literatur finden lassen, so kam Pearson zu dem Schluss, dass Hypnose eine gute Ergänzung zu einer geeigneteren Therapie wäre, aber nicht allein die Misophonie bearbeiten kann (Pearson, 2017). In der Umfrage wurde von nur einer Person bestätigt, dass die Verwendung von Hypnose nur kurzweilig für eine Linderung sorgen konnte und bestätigt die aufgeführte Behauptung von Pearson (2017).
Auch die im Alltag genutzten Bewältigungsstrategien lassen sich mit der Literatur prüfen und decken sich mit den gefundenen Ergebnissen der Recherche. So war die häufigste Bewältigungsstrategie das Nutzen von Kopfhörern und das Aufsuchen eines Rückzugortes wie auch das Bewusste Vermeiden einer Trigger Situation (siehe Tabelle 3). Eine betroffene Person aus der Umfrage gab an, dass ihr einziger Rückzugsort ihr Zuhause ist und zugleich dies ihr Trigger Ort wäre. Dies verdeutlicht die Beeinträchtigung, die Betroffene in ihrem Alltag haben und soll umso mehr aufzeigen, dass die Misophonie bekannter gemacht werden muss, um diesen Menschen die nötige Abhilfe schaffen zu können. Betroffene aus der Studie von Edelstein (2013) konnten auch eigene Bewältigungsstrategien anwenden, nach Edelstein et al. (2013) vermieden die Betroffenen eine Trigger Situation oder entfernten sich aus dieser. Auch wurden die Trigger nachgeahmt, um selbst die Geräusche zu übertönen. Doch auch als gängige Hilfsmittel zählte das Nutzen von Kopfhörern, Ohrstöpseln, einer Ablenkung auf andere Tätigkeiten oder das direkt Ansprechen der Problematik (Edelstein et al., 2013, S. 4) Diese Bewältigungsstrategien konnten auch in der Studie von Clai- born et al. (2020b) bestätigt werden. Dass die Einnahme von Medikamenten bei Mi- sophonie helfen könnte, wurde in keiner Studie behandelt, generell wurde das Konsumverhalten der Betroffenen nicht miteinbezogen. Es wäre interessant zu sehen, ob der Konsum von bestimmten Substanzen wie Alkohol oder Koffein Auswirkungen auf die Misophonie hat.
Um auf die Entspannungsverfahren genauer eingehen zu können, wurden die Betroffenen nach ihrer Erfahrung gefragt. So war nach der Umfrage in Abbildung 2 die Meditation einer der häufigsten Antworten. In der Literatur wurde die Meditation nicht behandelt. Das mag vielleicht daran liegen, dass die Meditation eher in dem privaten Umfeld der Patienten angewandt wurde oder diese nicht zum Hauptbestandteil einer Therapie gezählt hat. Gleiches lässt sich über Yoga feststellen. Jedoch ließ sich ein Podcast finden, indem Franca Cerutti anhand ihrer Erfahrung mit Patienten bei Miso- phonie sagen konnte, dass Yoga eines von vielen Hilfsmitteln war, die ihre Patienten aktiv angewendet haben (Cerutti, 2021). Von den befragten Personen aus der Umfrage wurde nach der Meditation die Atemtherapie genannt und diese wurde in der Studie von Roushani und Honarmand (2021) eingesetzt mit Begleitung von der KVT und einem Achtsamkeitstraining. Diese Anwendung wurde jedoch nur an wenigen Personen durchgeführt, doch hat sich schon mehrfach durch die Literatur gezeigt, dass eine Begleitung von Entspannungsverfahren neben einer Haupttherapie zusätzliche Vorteile bieten kann (Dozier, 215b; Pearson, 2017; Dozier, 2021). Viel mehr wurde in der Literatur ein Achtsamkeitstraining neben einer Haupttherapie verwendet (Schneider & Arch, 2017; Roushani & Honarmand, 2021; Wiese et al., 2021). Auch in der Umfrage wurde ein Achtsamkeitstraining mit 10 % für hilfreich befunden. Dass nach Abbildung 2,37 % der Betroffenen keine Hilfe durch Entspannungsverfahren erfahren konnten, könnte daran liegen, dass sich schließlich auch nur 13,75 % der Betroffenen in einer Therapie befinden (siehe Abbildung 2). Innerhalb einer Therapie ist die Wahrscheinlichkeit höher, in Entspannungsverfahren eingewiesen zu werden. Zudem könnte es auch sein, dass sich die Betroffenen vorher nicht über Entspannungsverfahren als Hilfsmittel informiert haben und daher auch keine Anwendung dessen stattfand. Ebenso kann es sein, dass die Angst vor einer falschen Ausführung die Betroffenen daran hindern könnte, gewisse Entspannungsverfahren aktiv auszuprobieren und anzuwenden. Zeitmangel, Familie und Stress könnten auch Beeinträchtigungen sein, die Betroffene daran hindern Entspannungsverfahren auszuprobieren.
Eine Frage danach, wieso keines der Entspannungsverfahren geholfen hat oder wieso die Betroffenen keines anwenden würden, hat hier gefehlt und wäre hilfreich gewesen.
Im Allgemeinen wurde die Umfrage für zwei Wochen frei zur Verfügung gestellt. Durch einen längeren Zeitraum hätte die Umfrage mehr Ergebnisse erzielen können. Da die Umfrage zielgerichtet auf Betroffene von Misophonie ausgelegt war, kann es dennoch sein, dass Personen diese fälschlicherweise beantwortet haben. Dies würde die Abbruchquote von 41 % erklären und eine entdeckte fälschliche Beantwortung (siehe Anhang Nr. 3). Die verfälschte Beantwortung ließ sich leicht entziffern, da diese Person in einem der freien Antwortfelder angab nicht zu wissen, was Misophonie ist.
Zum Schluss lässt sich feststellen, dass die Erkrankung Misophonie auch für die soziale Arbeit von großer Bedeutung sein kann. Fachkräfte der sozialen Arbeit begegnen täglich Menschen, die unter Erkrankungen leiden können, die noch unbekannt sind, da sie wenig behandelt werden. So verhält es sich auch mit der Misophonie. Die soziale Arbeit kann als erste Instanz eine gute Anlaufstelle sein für Menschen, die sich alleingelassen fühlen damit. Fachkräfte der sozialen Arbeit könnten mit dem Wissen über Misophonie und den hilfreichen Entspannungsverfahren betroffenen Personen eine Hilfe sein, sich dieser anzunehmen. So könnte man die Betroffenen auch bestärken, sich weitere Unterstützung zu suchen, wenn diese sehen, dass sie gehört werden. Zudem können weitere Probleme, die die Misophonie bewirken kann, von Fachkräften der sozialen Arbeit in weiterer Zusammenarbeit beseitigt werden. Wie zum Beispiel als Unterstützung bei neuen Berufswegen oder das Angebot, die Familie professionell miteinzubeziehen, wenn es die Betroffenen wünschen. Im Allgemeinen ist es nur hilfreich, wenn das Thema Misophonie und Entspannungsverfahren im Zusammenhang weiter untersucht werden würden. Zum einen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und zum anderen, um dieses Thema weiter in Umlauf zu bringen.
8. Literaturverzeichnis
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9. Anhang
Anhang Nr. 1
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Anhang Nr. 2
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Anhang Nr. 3
Abb. in Leseprobe nicht enthalten
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Inhaltsverzeichnis?
Das Inhaltsverzeichnis listet die Kapitel und Unterkapitel der Studienarbeit auf, einschließlich Einleitung, Methode, Definitionen relevanter Begriffe (Misophonie, Trigger, KVT, TRT, NRT, PME, DSM-IV und ICD-10), Misophonie im Allgemeinen (Entstehung, Verbreitung, Problematik, Bewältigungsstrategien), Entspannungsverfahren bei Misophonie (PME, Hypnose, Yoga, Achtsamkeitstherapie und Akzeptanz), Ergebnisse der Umfrage, Diskussion und Ausblick, Literaturverzeichnis und Anhang.
Welche Abbildungen werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit enthält Abbildungen zur Reaktionskette bei Trigger-Auslösern (nach Dozier, 2015b) und zur Reihenfolge von Muskelgruppen bei der Progressiven Muskelentspannung (PME) (nach Berking und Rief, 2012). Außerdem wird eine Abbildung über die prozentuale Verteilung der Nutzung von Entspannungsverfahren mit positiver Wirkung dargestellt.
Welche Tabellen werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit enthält Tabellen zur prozentualen Verteilung von Trigger-Auslösern bei Misophonie, Angaben von Gefühlen bei Misophonie und Angaben der Hilfsmittel/Bewältigungsstrategien im Alltag.
Was ist Misophonie?
Misophonie ist eine erhöhte psychologische und emotionale Reaktion, die aus einer Intoleranz gegenüber bestimmten Geräuschen resultiert. Es wird oft als "starke Abneigung gegenüber Klang" beschrieben.
Was sind Trigger bei Misophonie?
Trigger sind spezifische Geräusche oder visuelle Reize, die negative Emotionen und/oder körperliche Reaktionen bei Personen mit Misophonie auslösen.
Welche Entspannungsverfahren werden in der Arbeit diskutiert?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Entspannungsverfahren, darunter Progressive Muskelentspannung (PME), Hypnose, Yoga, Achtsamkeitstherapie und Akzeptanz.
Was ist Progressive Muskelentspannung (PME)?
PME ist ein Entspannungsverfahren, bei dem durch bewusstes An- und Entspannen von Muskelgruppen eine bewusst wahrgenommene Entspannung herbeigeführt wird.
Was ist Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)?
KVT ist eine Therapieform, die sich aus einer kognitiven Therapie und einer Verhaltenstherapie zusammensetzt und darauf abzielt, die Zusammenhänge zwischen Gedanken, Verhalten und Gefühlen zu bearbeiten.
Was ist Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT)?
TRT ist ein Prozess, bei dem Betroffene lernen, ihren Tinnitus (Ohrgeräusche) bewusst und unbewusst zu bewältigen.
Was ist Neurale Repatterning-Technik (NRT)?
NRT ist eine Gegenkonditionierungsmethode, bei der misophone Trigger absichtlich abgespielt werden, um diese bei positiven Erlebnissen mit ebenso positiven Zusammenhängen in Verbindung zu bringen.
Was sind DSM-IV und ICD-10?
Das DSM-IV (heute DSM-5) ist ein Klassifikationssystem für psychische Störungen. Die ICD-10 ist die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO.
Welche Ergebnisse lieferte die Umfrage?
Die Umfrage ergab unter anderem, dass Wut und Stress häufige Gefühle bei Misophonie-Betroffenen sind, nur ein geringer Prozentsatz der Betroffenen sich in Therapie befindet, und Kopfhörer/Ohrstöpsel sowie Rückzugsorte häufig verwendete Bewältigungsstrategien sind. Meditation und Atemtherapie wurden als wirksame Entspannungsverfahren genannt.
Welche Bewältigungsstrategien werden bei Misophonie angewendet?
Zu den Bewältigungsstrategien gehören das Vermeiden von Triggersituationen, das Nutzen von Kopfhörern/Ohrstöpseln, das Aufsuchen eines Rückzugsortes, die Ablenkung durch Musik oder Podcasts, aktive Organisation zur Vermeidung von Triggern, Entspannung/Ruhe/Meditation, offene Kommunikation und das Anwenden von Gegenreizen.
Wie kann die soziale Arbeit bei Misophonie helfen?
Fachkräfte der sozialen Arbeit können als erste Anlaufstelle dienen, Betroffene unterstützen, weitere Hilfestellungen vermitteln und bei der Bewältigung von Problemen, die durch Misophonie entstehen, helfen.
- Arbeit zitieren
- Tamara Klose (Autor:in), 2023, Entspannungsverfahren bei Misophonie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1461514