Fast kein europäischer Philosoph nach Platon (427- 347 v. Chr.) schaffte es sich Platons Werken zu entziehen. Angefangen in Aristoteles Politik über Augustinus de Civitate Dei und Kants Kritik der reinen Vernunft bis zum Zauber Platons in Die offene Gesellschaft und ihre Feinde von Karl Popper finden sich mal offenere, mal verstecktere Kommentare zu Platons Idee vom Staate. . Die Politeia blieb trotz dieser Regulierungen das Standardwerk Platons, weil sie seinen Idealstaat, seine Idee der Gerechtigkeit zeigt. Sie beschäftigt sich dabei mit dem Wesen der Gerechtigkeit und entwirft dabei als Mittel das Idealbild eines Staates.
Bezogen sich die Kritiker bis zum Beginn der Aufklärung hauptsächlich mit der Realisierbarkeit und Anthropologie seiner Theorie, rückte danach die Angst vor der Machtfülle der Philosophenherrscher in den Vordergrund. Eine weitere Radikalisierung Platons Kritiker fand vor allem im zwanzigsten Jahrhundert statt. Während das NS-Regime Teile seiner Ideen für sich nutze und in Osteuropa die totalitäre Sowjetherrschaft begann, geriet auch Platons Idealstaat durch Karl Popper in den Verdacht „eine der Ursachen totalitärer Strömungen (zu sein), die bis heute Einfluss ausüben und einen gefährlichen Angriff auf die moderne Gesellschaftsform (darstellen).“
In der Kontroverse zwischen Idealstaat und Totalitarismustheorie, soll diese Arbeit im Besonderen die Herrschaftsidee der Philosophenkönige betrachten und dabei sowohl einen Blick auf mögliche Motive Platons werfen, als auch die Kritiken dieser Idee beleuchten und sie im Wandel der Zeit beurteilen. Die Motivfrage Platons steht auch bei der Betrachtung der Kritiken an wichtiger Stelle. Auch ist sie Teil des Jahrhunderte währenden Streites nach der Deutung der Politeia. Ob nämlich Platon die Politeia als Werbeschrift einer eigenen Philosophenherrschaft, als Idee eines möglichen oder unmöglichen Idealstaates oder wie er es selbst in der Politeia sagt, nur als größerer Entwurf der Seele, um an ihm in Großbuchstaben die Gerechtigkeit der Seele zu entwerfen, geschrieben hat, verändert die Angriffsfläche für mögliche Kritiken erheblich.
Gliederung
1 Einleitung
2 Die Politeia
2.1 Aufbau
2.2 Gerechtigkeit – allein dem gerechten wegen
2.3 Polisgenese
3 die Philosophenkönige
3.1 die idee der philosphenkönige
3.2 Vergleich zu Politikern
3.3 Wie Utopisch ist die Philosphenkönigsidee?
3.3.1 Realisierbarkeit der Philosphenherrschaft
3.3.2 Platons Intention hinter der Politeia
4 Wirkungen der Philosophenkönigsidee
4.1 Aristoteles
4.2 Kant
4.3 Popper
5. SCHLUSS
1 Einleitung
„Die sicherste allgemeine Charakterisierung der philosophischen Tradition Europas lautet, dass sie aus einer Reihe von Fußnoten zu Platon besteht“[1]
(Alfred North Whitehead)
Fast kein europäischer Philosoph nach Platon (427- 347 v. Chr.) schaffte es sich Platons Werken zu entziehen. Angefangen in Aristoteles Politik über Augustinus de Civitate Dei und Kants Kritik der reinen Vernunft bis zum Zauber Platons in Die offene Gesellschaft und ihre Feinde von Karl Popper finden sich mal offenere, mal verstecktere Kommentare zu Platons Idee vom Staate. Den Mittelpunkt des Streites der Philosophen bildet dabei meist Platons Politeia, obwohl neben ihr, als mittelalter Dialog, mehr als zwanzig weitere Dialoge Platons überliefert wurden, darunter so bedeutende wie Nomoi, Kritias, Politikos und Gorgias. Zwar nahmen gerade die Nomoi („die Gesetze“) und der Politikos („der Staatsmann“) Platons Staatsentwürfe nicht zurück, aber relativierten diese zu einem realistischeren Maß. Die Politeia blieb trotz dieser Regulierungen das Standardwerk Platons, weil sie seinen Idealstaat, seine Idee der Gerechtigkeit zeigt. Sie beschäftigt sich dabei mit dem Wesen der Gerechtigkeit und entwirft dabei als Mittel das Idealbild eines Staates.
Bezogen sich die Kritiker bis zum Beginn der Aufklärung hauptsächlich mit der Realisierbarkeit und Anthropologie seiner Theorie, rückte danach die Angst vor der Machtfülle der Philosophenherrscher in den Vordergrund. Eine weitere Radikalisierung Platons Kritiker fand vor allem im zwanzigsten Jahrhundert statt. Während das NS-Regime Teile seiner Ideen für sich nutze und in Osteuropa die totalitäre Sowjetherrschaft begann, geriet auch Platons Idealstaat durch Karl Popper in den Verdacht „eine der Ursachen totalitärer Strömungen (zu sein), die bis heute Einfluss ausüben und einen gefährlichen Angriff auf die moderne Gesellschaftsform (darstellen).“[2]
In der Kontroverse zwischen Idealstaat und Totalitarismustheorie, soll diese Arbeit im Besonderen die Herrschaftsidee der Philosophenkönige betrachten und dabei sowohl einen Blick auf mögliche Motive Platons werfen, als auch die Kritiken dieser Idee beleuchten und sie im Wandel der Zeit beurteilen. Die Motivfrage Platons steht auch bei der Betrachtung der Kritiken an wichtiger Stelle. Auch ist sie Teil des Jahrhunderte währenden Streites nach der Deutung der Politeia. Ob nämlich Platon die Politeia als Werbeschrift einer eigenen Philosophenherrschaft, als Idee eines möglichen oder unmöglichen Idealstaates oder wie er es selbst in der Politeia sagt, nur als größerer Entwurf der Seele, um an ihm in Großbuchstaben die Gerechtigkeit der Seele zu entwerfen, geschrieben hat, verändert die Angriffsfläche für mögliche Kritiken erheblich.
Um jedoch die Ansätze der Kritik verstehen zu können, werden zunächst die Grundpfeiler des platonischen Idealstaates betrachtet und an ihnen im dritten Teil besonders die im Zentrum dieser Arbeit stehende Idee des Philosophenkönigtums untersucht. Dabei wird bewusst auf eine detaillierte Beschreibung der Erziehung von Wächtern und Philosophen verzichtet, um stattdessen bestehenden Kontroversen über die Idee des Philosophenkönigtums mehr Raum zu verschaffen und einige der bedeutendsten Kritiker dieser Idee zu Wort kommen zu lassen. Im Zentrum der Betrachtung liegen dabei Aristoteles, als Zeitgenosse Platons, Immanuel Kant, als Vertreter der Zeit der Aufklärung, und Platons schärfster Kritiker Karl Popper als moderner Philosoph.
Als Literatur standen dieser Arbeit neben Übersetzungen der Politeia von August Horneffer[3] (H), Karl Vretska[4] (V) und Rüdiger Rufener[5] (R) auch der in Rufeners Übersetzung enthaltende Originaltext zur Verfügung. Während Rufeners Übersetzung meist sehr wörtlich ist, sind die beiden anderen, vorliegenden Übersetzungen oft etwas freier, wodurch der Sinn deutlicher wird. Deshalb wird in dieser Arbeit in der Hauptsache von Horneffer zitiert und Rufener nur dann bemüht, wenn es auf die genaue wörtliche Übersetzung ankommt. Um einen Vergleich zwischen den verschiedenen Übersetzungen zu erleichtern, wird auf eine Seitenangabe verzichtet und auf die für Platon übliche Stephanus-Paginierung (z.B. Rep 443a = Politeia S.443 Abschnitt A) zurückgegriffen. Neben der Politeia dienen besonders im vierten Teil die bereits erwähnten Werke von Aristoteles, Kant und Popper als Primärquellen. Neben weiteren Sekundärquellen zum Leben und zu den Werken Platons und seiner Kritiker, dient besonders der von Ottfried Höffe herausgegebene Sammelband über die Politeia[6], welcher in der Reihe „Klassiker Auslegen“ erschienen ist, dazu einen Überblick über den Stand der aktuellen Forschung zu erlangen.
Im abschließenden Teil sollen die gewonnenen Erkenntnisse resümierend zusammengefasst werden und eine Vermittlung zwischen Platon und seinen Kritikern erfolgen.
2 Die Politeia
2.1 Aufbau
„Was lässt sich nicht alles aus Plato mit Stellen belegen?“[7] fragt sich G.E. Burckhardt. Tatsächlich ist die Politeia wohl eines der, wenn nicht sogar das umfassendste Werk der Philosophiegeschichte. Neben der Gerechtigkeit und dem idealen Staat entwirft Platon fast beiläufig ein Werk über Erziehung, Musik, Dichtung, Seelenlehre und Anthropologie, dazu eine Ontologie und Metaphysik, die Höffe behaupten lässt: „hätte Platon allein die Politeia geschrieben […] , wäre er trotzdem zu einem Klassiker fast aller philosophischen Disziplinen geworden.“[8]
Doch trotz dieses umfangreichen Sammelwerkes antiker Wissenschaft, reiht Platon die Themenfelder nicht einfach aneinander, sondern bindet sie systematisch in die Lehre über die Gerechtigkeit und den Staat ein. Dies ist keinesfalls allein poetisches Stilmittel, sondern zeigt den inneren Kern, die Hauptsache um die es Platon geht. Nämlich zu zeigen, dass das Gerechte anzustreben und somit dem Ungerechten vorzuziehen ist. Den personalisierten Kampf zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit lässt Platon Sokrates und Thrasymachos austragen. Den Streit, welche der beiden Grundansichten anzustreben sei, anhand zweier Personen deutlich zu machen ist aber nicht alleiniger Grund die Politeia in Dialogform zu schreiben. Die Dramaturgie des Dialoges erhöht Spannung und Lesbarkeit, weswegen auch der Zugang für nicht Gelehrte (Philosophen) ermöglicht wird[9]. Gleichzeitig erleichtert es die Dialogform neue, teils empörende Behauptungen anzustellen. Platon benutzt dazu seinen Lehrmeister Sokrates und legt ihm das Geschriebene in den Mund. Einerseits macht Platon seinen so verehrten Lehrer unsterblich, schließlich existierten keinerlei sonstige schriftliche Überlieferungen von Sokrates, andererseits musste er nur bedingt die Auswirkungen fürchten, die seine unerhörten Forderungen nach sich zogen. Der Ruf des bereits, wegen Verführung der Jugend, zum Tode Verurteilten Sokrates konnte ohnehin nicht verschlechtert werden. Ein weiterer Grund für die Dialogform ist die Kritikprävention. Auch wenn, wie bereits erwähnt, die Politeia eines der am meisten kritisierten Werke überhaupt ist, so bot ihm die Dialogform die Möglichkeit sich erwarteter philosophischer Kritik zu stellen und so zumindest partiell auch den Kritikern zweitausend Jahre nach seinem Tod im Dialog gegenüberzutreten. Der Dialog hat für den Leser aber noch eine weitere, etwas subtilere Folge. Er bezieht den Leser in seine Überlegungen mit ein und wenn der Sokrates Platons seinen Hauptdialogpartner, Platons Bruder Glaukon, etwas fragt so antwortet der Leser freiwillig und beinahe automatisch mit: „Du hast völlig recht, Sokrates“[10]. Und auch wenn der kritische Leser sich gegen diesen Automatismus wehrt, regt ihn diese Art von Dialog zum Mitdenken an und hilft ihm aus seiner passiven Unmündigkeit.
Neben der ungewohnten Dialogform erscheint dem heutigen Leser der Aufbau der Politeia (griech. „der Staat“) als ebenso befremdlich. Während sich Platon dem Titel des Werkes, nämlich dem Staat, erst im Mittelteil des zweiten Buches widmet, beginnt er auch nicht direkt bei der Gerechtigkeit. Stattdessen beginnt er beim persönlichen Glück und schließt von diesem auf die persönliche Gerechtigkeit. Wie ein Bogen aufgebaut ist das erste Buch der Politeia, welcher vermutlich ursprünglich als selbstständiger Dialog verfasst wurde, das Vorspiel[11] des Werkes. Er schließt mit der Aporie, der Ratlosigkeit, denn die positive Definition der Gerechtigkeit ist durch den anfänglichen Dialog nicht gelungen.[12] Dem ersten Buch folgt die Bestimmung der Gerechtigkeit zu Beginn des zweiten Buches, dem die Entwicklung des Staates folgt. Während des Verlaufs dieses Bogens treten einige Veränderungen auf. Während Sokrates Widersacher, Thrasymachos, fast gänzlich verschwindet, treten auch die übrigen Dialogpartner in den Hintergrund und dienen lediglich als Zuhörer und Billiger Sokrates. Während die Thematik weiter an Komplexität gewinnt, wandelt sich Sokrates zum Lehrer und Lenker des Dialogs. Dem Höhepunkt des Buches nähert sich Platon mit drei Wogen (trikymia[13]), dessen letzte und höchste die Forderung nach der Philosophenherrschaft ist.[14] Der sogenannte Philosophenkönigssatz steht fast genau in der Mitte der Buches und bildet somit den obersten Punkt des Metrik-Bogens der Politeia. Danach beginnt der Rückschluss auf die Gerechtigkeit in Form verschiedener Staatsformen. Eine metrische Betrachtung und Interpretation der Politeia erscheint also sinnvoll, möchte man Wichtiges von Unwichtigem trennen und sich so zum Beispiel seinen Motiven nähern. Um sich der größten Woge jedoch systematisch zu nähern, drängt es sich auf, Platons Weg nachzugehen und zunächst bei der Gerechtigkeit zu beginnen.
So soll im folgenden Abschnitt die Idee der platonischen Gerechtigkeit zumindest grob umrissen werden, um die späteren Kritiker besser zu verstehen. Eng verbunden mit der Gerechtigkeitsidee sind beispielsweise die platonische Einheit im Staat, welche später Aristoteles so scharf angriff, sowie die Einführung der Idee des Guten.
2.2 Gerechtigkeit – Allein dem Gerechten wegen
„Am kleinsten Buchstaben“ beginnt Platon die Suche nach der Gerechtigkeit, nämlich am persönlichen Glück. Dass das persönliche Glück mit der Gerechtigkeit und dem moralisch guten Leben übereinkommt, ist in der Neuzeit nicht mehr zwingend. Und auch wenn Ottfried Höffe diese These für die Antike als unbestritten annimmt[15], behandelt sie Platon so umfassend, dass sie wohl auch in der Antike als streitbar angesehen wurde.
Zunächst einmal versuchen die Dialogpartner jedoch prinzipiell zu definieren, was im Grunde gerecht ist. Platon lässt dazu Kephalos, Polemarchos und Thrasymachos sprechen, die wohl in der Antike weitverbreitete Meinungen präsentieren. Laut Kephalos sei es gerecht niemanden zu hintergehen oder zu bevorzugen, laut seinem Sohn, Polemarchos, sei es gerecht seinen Freunden Gutes, seinen Feinden Böses zu tun. So soll jedem das Seine zu Teil werden. Während diese Einzelfälle gerechten Handels sowohl an der Fähigkeit Gutes vom Schlechten zu unterscheiden[16], als auch an ihrer mangelnden Verallgemeinbarkeit scheitern, lobt Thrasymachos bewusst provokant das ungerechte Leben des Tyrannen, welches den größten persönlichen Nutzen bringen soll.[17] Er vertritt damit die Antithese zu Sokrates.[18]
Platon lässt Sokrates jedoch nicht einfach Thrasymachos These widerlegen. Stattdessen beginnt ein zähes Ringen, in dem die Gesprächspartner sich immer wieder als nicht überzeugt zeigen.[19] Dieses zähe Ringen soll auch zeigen, wie verfestigt die Meinungen über die Gerechtigkeit in Athen waren. Desweiteren tragen die zu Beginn sehr widerwilligen Gesprächspartner dazu bei, dass die Ergebnisse als aus einem Streitgespräch erwachsen scheinen, auch wenn dieses Streitgespräch im Verlauf des Buches immer weiter nachlässt. Thrasymachos These des glücklichen Tyrannen wird erst dadurch widerlegt, dass auch ein Tyrann nur oberflächlich glücklich sei und selbst eine völlig ungerechte Räuberbande untereinander gerecht sein muss, will sie etwas erreichen.[20] Viel wichtiger für diese Arbeit ist jedoch eine weitere Erkenntnis: Während des genannten Gespräches über das Wesen der Gerechtigkeit, welches über das Ende des ersten Buches hinausgeht, ordnet Sokrates die genannten Meinungen in drei Ansichten über die Gerechtigkeit ein. Er unterscheidet drei Arten von Gründen nach einem Gut, wie der Gerechtigkeit, zu streben. Erstens, weil man das Gut an sich liebt, die Folgen aber nicht. Zweitens, weil man das Gut an sich und auch die Folgen liebt und drittens, weil man zwar das Gut an sich nicht liebt, die Folgen aber schon.[21] Während für die Menge des Volkes die Gerechtigkeit an sich beschwerlich ist und nur dank ihrer Folgen gewählt wird, ist für Sokrates die Gerechtigkeit allein, ebenso aber auch ihre Folgen erstrebenswert.[22] Somit findet für Sokrates keine Abwägung zwischen persönlichem Glück und moralischen Handeln statt, sie befinden sich laut ihm in Eintracht miteinander.
Mit dieser Erkenntnis beginnt der zweite Teil der Entwicklung der Gerechtigkeit. Während es im ersten Teil allein darum geht, ob die Folgen gerechten Handelns positiv seien, dies aber zur angesprochenen Aporie führt und die Gesprächspartner nicht befriedigt, beginnt das Gespräch erneut. Diesmal ohne Thrasymachos, dessen Rolle nun viel beherrschter Glaukon und Adeinmantos einnehmen. Nachdem diese z.B. durch die Parabel des Ringes von Gyges[23] gezeigt haben, dass es nicht etwa am Wesen des Menschen liegt[24], ob dieser gerecht oder ungerecht handelt, sondern rein an der Macht, Repressalien zu verhindern bzw. an dem Versuch gerecht zu scheinen, folgern sie, dass das wahrhaft Gerechte nicht das ist, was man seiner Folgen wegen tut. Vielmehr bedeutet gerecht zu handeln auch dann gerecht zu bleiben, wenn man als ungerecht erscheint. Dies ist wohl ein direkter Verweis auf den Tod des echten Sokrates. Den Lohn des gerechten Handelns, nämlich den guten Ruf, müsse man abschaffen, um zu erkennen, wer, rein des Gerechten wegen gerecht ist.[25] Mit diesem Vorgriff auf die Besitzlosigkeit der Philosophenkönige leitet Platon den Übergang zu seinem Staatsentwurf ein. Er lehnt damit nicht nur diejenigen ab, die ungerecht handeln, sondern auch jene, welche aus falschem Antrieb gerecht handeln. Um die Menschen aber zur Gerechtigkeit zu leiten, müsse gezeigt werden, dass das Gerechte selber der Seele gut tue und somit erstrebenswert ist. Somit werden die Grundzüge der neuen Gerechtigkeit in der Politeia entwickelt. Um aber zum das Wesen des Gerechten vorzudringen entwirft Sokrates einen Staat, weil dieser in „großen Buchstaben“ das ist, was die Seele im Kleinen ist und aufgrund seiner Größe das Wesen der Gerechtigkeit besser zeige.[26]
[...]
[1] Alfred North Whitehead, Hans Günter Holl: Prozess und Realität: Entwurf einer Kosmologie, Edinburgh 1995, Teil II, Kapitel 1, Abschnitt 1.
[2] Schimert, Konstantin: Platonkritik Karl Poppers. Untersuchungen hinsichtlich der Einbeziehung philosophischer Voraussetzungen Platons, Neuried 2003, S.13.
[3] Platon: Der Staat. Übersetzt von August Horneffer, Stuttgart 1973.
[4] Platon: Der Staat. Übersetzt von Karl Vretska, Ditzingen1982.
[5] Platon: Der Staat. Politeia, Übersetzt von Rüdiger Rufener, Düsseldorf/Zürich 2000.
[6] Ottfried Höffe (Hrsg.): Platon.Politeia, Klassiker Auslegen Band 7, Berlin 1997.
[7] Georg E. Burckhardt: Individuum und Allgemeinheit in Platons Politeia, Hildesheim/ New York 1981, S.1.
[8] Ottfried Höffe: Einführung in Platons Politeia(= Ottfried Höffe (Hrsg.): Platon.Politeia, Klassiker Auslegen Band 7, Berlin 1997), S. 3.
[9] Vgl. Kap. 3.3.2.
[10] Rep. 444b. (H).
[11] Rep. 357a. (R).
[12] Rep. 454c. (H).
[13] Vgl.: Rep. 457b, 457c, 473c.(H).
[14] Rep. 473c. (H).
[15] Ottfried Höffe: Einführung in Platons Politeia, S. 4.
[16] Dies ist bereits ein Vorgriff auf den Unterschied zwischen Wissen und Meinen.
[17] Vgl.: Rep. 329d. – 336b. (H).
[18] Der Antagonismus von Gerechtem und Tyrannei zieht sich durchs ganze Buch. So auch später bei der Feststellung, dass die Tyrannei das Gegenteil der Philosophenherrschaft sei.
[19] Rep. 358b. (H).
[20] Vgl.: Rep. 341 – 351 (H).
[21] Rep. 357. – 358a. (H).
[22] Rep. 358a. (H).
[23] Rep. 359a – 365c . (H).
[24] Zumindest nicht beim nicht Philosophen.
[25] Rep. 361 (H).
[26] Rep. 368 d. (H).
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