„An dieser Stelle, an der ich vor Sie trete, Richter in Israel, stehe ich nicht allein. Mit mir treten zu dieser Stunde sechs Millionen Kläger auf. Aber sie können sich nicht mehr erheben. (…). Denn ihre Asche liegt verstreut auf den Hügeln von Auschwitz, auf den Feldern Treblinkas. (…). Ihre Gräber sind verstreut über alle Länder Europas. (…). In ihrem Namen werde ich die furchtbare Anklage erheben.“
Mit diesen Worten des israelischen Generalstaatsanwalts Gideon Hausner begann im April 1961 der Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, der in entscheidender Schlüsselrolle für die Ausrottung des jüdischen Volkes im Dritten Reich verantwortlich war. Als Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt war er zwar am direkten Tötungsprozess nicht beteiligt, allerdings organisierte er die Transporte in die Vernichtungslager, arbeitete die Fahrpläne aus und sorgte für die ausreichende Nutzung der Gaskammern. Nach seiner Entführung durch den israelischen Geheimdienst wurde er 1961 vor Gericht gestellt und die ganze Welt schaute zu. 500 Journalisten berichteten vom Prozess, die israelischen Rundfunksender übertrugen wichtige Teile aus dem Gerichtssaal und das Deutsche Fernsehen informierte die Zuschauer nicht nur in den Tagesnachrichten, sondern auch zweimal wöchentlich in Sondersendungen unter dem Titel „Eine Epoche vor Gericht“ über die Geschehnisse in Jerusalem. Die vorliegende Arbeit soll aufzeigen, wie die Verbrechen Adolf Eichmanns und der Prozess gegen ihn in der bundesdeutschen Presse thematisiert wurden. Dazu sollen die Berichterstattungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit genauer untersucht werden, wobei sich die Untersuchung auf den Zeitraum von April bis Juli 1961 konzentriert. Auch soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die deutsche Öffentlichkeit den Prozess nutzte, um die nationalsozialistischen Verbrechen zu verarbeiten. Wurde der Prozess zum Anlass genommen, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen oder forderte man einen „Schlussstrich“? Galt Eichmann als Ausnahme, die nichts mit den Moralvorstellungen des „normalen“ Deutschen gemein hatte oder wurde angenommen, dass sich jeder in seiner Situation und Stellung so verhalten hätte? Wie verlief die Berichterstattung und wo lag ihr zeitlicher Höhepunkt? Welche thematischen Schwerpunkte wurden jeweils gesetzt?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Verlauf der Berichterstattung deutscher Zeitungen über den Prozess
- Vergleich der beiden Zeitungen
- Die Frankfurter Allgemeine Zeitung
- Die Zeit
- Zusammenfassung der Analyseergebnisse
- Fazit
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit über den Eichmann-Prozess im Jahre 1961. Sie untersucht, wie die Verbrechen Adolf Eichmanns und der Prozess gegen ihn in der bundesdeutschen Presse thematisiert wurden und inwieweit die deutsche Öffentlichkeit den Prozess nutzte, um die nationalsozialistischen Verbrechen zu verarbeiten. Die Arbeit konzentriert sich auf die Zeit von April bis Juli 1961 und betrachtet die zeitliche Gewichtung der Berichterstattung sowie die thematischen Schwerpunkte beider Zeitungen.
- Vergleich der Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit über den Eichmann-Prozess
- Analyse der zeitlichen Gewichtung der Berichterstattung beider Zeitungen
- Identifizierung der thematischen Schwerpunkte der Berichterstattung
- Untersuchung, ob der Eichmann-Prozess zum Anlass genommen wurde, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen oder ob ein „Schlussstrich“ gefordert wurde
- Bewertung der Rolle der deutschen Öffentlichkeit im Umgang mit den nationalsozialistischen Verbrechen im Kontext des Eichmann-Prozesses
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt den Prozess gegen Adolf Eichmann und dessen Bedeutung im Kontext der Aufarbeitung des Holocaust vor. Sie beleuchtet die Rolle Eichmanns im nationalsozialistischen Regime und die breite öffentliche Aufmerksamkeit, die der Prozess weltweit erfuhr. Die Einleitung skizziert die Zielsetzung und den methodischen Ansatz der vorliegenden Arbeit, die sich auf die Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit konzentriert.
Verlauf der Berichterstattung deutscher Zeitungen über den Prozess
Dieses Kapitel beschreibt die verschiedenen Phasen der Berichterstattung über den Eichmann-Prozess in der deutschen Presse, von der Festnahme Eichmanns im Mai 1960 bis hin zu seiner Hinrichtung im Juni 1962. Es untersucht die zeitliche Gewichtung der Berichterstattung und identifiziert den zeitlichen Höhepunkt der Berichterstattung, der im April 1961 lag, als der Prozess begann.
Vergleich der beiden Zeitungen
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dieses Kapitel analysiert die Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über den Eichmann-Prozess, insbesondere im Hinblick auf die zeitliche Gewichtung und die Art der Berichterstattung. Es beleuchtet den Unterschied zwischen sachlichen Artikeln über das Prozessgeschehen und den ausführlichen Berichten des nach Israel entsandten Journalisten Joachim Schwelien, der sich auch mit den Nebenthemen des Prozesses auseinandersetzte.
Die Zeit
Dieses Kapitel untersucht die Berichterstattung der Wochenzeitung die Zeit über den Eichmann-Prozess. Es betrachtet die zeitliche Gewichtung der Berichterstattung, die thematischen Schwerpunkte und die Art der Berichterstattung. Es analysiert auch die Haltung der Zeit zu den nationalsozialistischen Verbrechen und dem Prozess gegen Eichmann im Kontext der deutschen Nachkriegsgesellschaft.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Eichmann-Prozess und der Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit über dieses bedeutende Ereignis. Sie betrachtet den Holocaust, die nationalsozialistischen Verbrechen, den Umgang mit der Vergangenheit in der deutschen Nachkriegsgesellschaft, den Medienvergleich, die öffentliche Meinung und die Rolle der Presse im Prozess der Aufarbeitung der Vergangenheit.
- Arbeit zitieren
- Carolin Gadinger (Autor:in), 2008, Der Eichmann-Prozess im Spiegel der bundesdeutschen Presse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146701