1859 erschien "On The Origin Of Species" von Charles Darwin. Dieses revolutionäre Werk des englischen Naturwissenschaftlers hatte große Auswirkungen auf alle Bereiche des menschlichen Lebens, da es in der Folge von Wissenschaftlern und Ideologen intensiv analysiert und diskutiert wurde. Eine Reihe von vor allem englischen und deutschen Theoretikern, die sog. Sozialdarwinisten, versuchten die Erkenntnisse Darwins aus der Natur auf die menschliche Gesellschaft zu übertragen. Darwin erklärte mit seiner Theorie die Entwicklung der Arten. [...] Seine Entdeckungen erschütterten die Menschen und schockierten sie zutiefst. Mit der Erklärung, gemeinsame Vorfahren mit der Tierwelt zu haben, wurde die Menschheit von der Krone der Schöpfung gestoßen. Die Existenz eines Schöpfers wurde somit in Frage gestellt und damit einhergehend geriet die gesamte göttliche Ordnung ins Wanken. [...] Was aber sollte nun das Ziel menschlichen Handelns sein, wenn nicht das Erreichen des Paradies durch ein irdisches Leben nach den christlichen Geboten? Worin lag der Sinn des Lebens, wenn nicht in einem besserem Leben nach dem Tod? Wer an die Entwicklungslehre glaubte, musste notwendigerweise eine neue Ordnung etablieren, die sich an ihren Erkenntnissen ausrichtete.
Ein besonders radikaler Vertreter der Entwicklungslehre des Menschen war der deutsche Alexander Tille (1866-1912). Auch er suchte nach einem neuen Lebensinhalt, nach neuen Zielen, nach denen der Mensch streben sollte, die im Einklang mit der Entwicklungslehre stehen mussten. Fest stand für Tille, dass sich die Entwicklungslehre nicht mit der herrschenden christlich-human-demokratischen Ethik verbinden ließ. Deshalb galt es ihm eine neue Ethik zu schaffen, eine Entwicklungsethik, die den Menschen neue Normen des Handelns vorgibt. In den 1890er Jahren war er Dozent für Germanistik in Glasgow. Seine sozialdarwinistischen Ideen schrieb er hauptsächlich in den beiden Werken „Volksdienst, von einem Sozialaristokraten“ (1893) und „Von Darwin bis Nietzsche, ein Buch Entwicklungsethik“ (1895) nieder. [...]
Im Folgenden werde ich mich mit der Ideenwelt des Alexander Tille auseinandersetzen. Ich werde untersuchen, wie dieser radikale Sozialdarwinist den uneingeschränkten Fortschritt der Menschheit möglich machen wollte, was er darunter verstand und woran seine Ziele letztendlich scheitern mussten. Beziehen werde ich mich hierfür auf seine Schaffenszeit während seiner Lehrtätigkeit in Glasgow im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ziele der Entwicklungslehre des Menschen nach Tille.
- Die natürliche Selektion als Mittel zum Ziel
- Feindbilder
- Die Leistungsgesellschaft als Garant des Fortschritts.
- Nationalismus und außenpolitische Vorstellungen
- Deutsch-britischer interkultureller Austausch..
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Ideenwelt des deutschen Sozialdarwinisten Alexander Tille (1866-1912) im Kontext seiner Lehrtätigkeit in Glasgow im späten 19. Jahrhundert. Das Hauptziel ist es, zu analysieren, wie Tille den uneingeschränkten Fortschritt der Menschheit möglich machen wollte, was er darunter verstand und woran seine Ziele letztendlich scheitern mussten. Der Fokus liegt auf seiner Entwicklungsethik, die im Gegensatz zur herrschenden christlich-human-demokratischen Ethik stand.
- Tilles Verständnis von Fortschritt und die Hebung der menschlichen Rasse
- Die Rolle der natürlichen Selektion und der Abkehr vom christlichen Gedanken des Jenseits
- Entwicklungsethik vs. christlich-human-demokratische Ethik
- Der Einfluss von Friedrich Nietzsche auf Tilles Ideen
- Die Bedeutung von Leistung und Tüchtigkeit für den Fortschritt der Menschheit
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel liefert einen Überblick über den Kontext der Entstehung des Sozialdarwinismus im späten 19. Jahrhundert und stellt Alexander Tille als einen prominenten Vertreter dieser Ideologie vor. Die einleitenden Kapitel beleuchten, wie Darwinismus und Sozialdarwinismus das christliche Weltbild in Frage stellten und zu einer Suche nach neuen moralischen Normen führten.
- Ziele der Entwicklungslehre des Menschen nach Tille: Dieses Kapitel beleuchtet Tilles Verständnis von Fortschritt als Hebung der menschlichen Rasse. Es werden seine Argumente für eine neue Entwicklungsethik dargelegt, die im Gegensatz zur traditionellen christlich-human-demokratischen Ethik stand.
- Die natürliche Selektion als Mittel zum Ziel: Dieses Kapitel analysiert Tilles Argumentation, dass die natürliche Selektion das Mittel zur Erreichung des Ziels der Höherentwicklung der menschlichen Rasse ist. Es werden die ethischen Implikationen seiner Ideen und die Kritik am christlichen Gedanken des Mitgefühls und der Liebe diskutiert.
Schlüsselwörter
Sozialdarwinismus, Alexander Tille, Entwicklungsethik, natürliche Selektion, Höherentwicklung der menschlichen Rasse, Leistungsgesellschaft, Friedrich Nietzsche, christlich-human-demokratische Ethik, Darwinismus, Jenseits, Tüchtigkeit, Degeneration, deutsch-britischer interkultureller Austausch.
- Arbeit zitieren
- Erik Gerhard (Autor:in), 2008, Alexander Tille (1866-1912) und seine Theorie zur Hebung der menschlichen Gattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146776