Grenzen interkultureller Kommunikation in der Polizeiarbeit


Hausarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kommunikation als Basis

Kulturelle Prägung als Deutungsmuster der Kommunikation

Ambiguitätstoleranz

Probleme/Grenzen interkultureller Kommunikation

Abhilfemaßnahmen

Schluss

Literaturverzeichnis

Einleitung

Auch wenn die Welt immer kleiner zu werden scheint, sind wir von einer grenzenlosen Kommunikation noch weit entfernt. Es verschwinden zwar immer mehr seltene Sprachen von der Bildschirmfläche und immer mehr verschiedene Kulturen leben eng beieinander und miteinander, aber hierdurch lösen sich interkulturelle Kommunikationsprobleme nicht in Luft auf. Und es zeichnet sich auch trotz aller global-kultureller Einflüsse nicht ab, dass sämtliche Kulturen irgendwann zu einer einheitlichen Weltkultur verschmelzen könnten, weshalb es interkulturelle Kommunikation, also Kommunikation zwischen den Kulturen, zukünftig immer noch geben wird.

Als Einstieg in diese Hausarbeit dienen einige grundlegende Erläuterungen über Kommunikation im Allgemeinen[1] mit ihrer so wichtigen Komponente des Verstehens. Dem schließen sich Ausführungen über Kultur an und es wird aufgezeigt, dass die in jeder Kultur stattfindende kulturelle Prägung als Deutungsmuster der Kommunikation verstanden werden kann. Kultur und Kommunikation sind nämlich eng miteinander verzahnt, und man gewinnt rasch den Eindruck, dass beide Begriffe nicht ohne den jeweils anderen existieren können: Kommunikation verändert und konstituiert die Gesellschaft, aber ebenso Kultur. Hierbei nehmen Deutungsmuster eine Mittlerrolle ein, da sie als „Referenzrahmen“ einer jeden Kultur Kommunikation beeinflussen, aber auch von Kommunikation beeinflusst werden können. Da Kommunikation - und insbesondere solche in interkulturellen Handlungsfeldern - problemanfällig ist, wird von den am Kommunikationsprozess Beteiligten eine besondere Fähigkeit abverlangt, die zu einem besseren Verstehen, zu einem Verständnis der je fremden Kultur, ja zur Völkerverständigung in hohem Maße beitragen hilft: Die Ambiguitätstoleranz.[2] In der darauf folgenden Passage wird neben den dann bereits angeführten allgemeinen Grenzen bzw. Problemen (interkultureller) Kommunikation noch auf einige polizei­spezifische eingegangen, bevor im letzten Abschnitt mögliche Abhilfemaßnahmen, also wie die Grenzen interkultureller Kommunikation reduziert oder wie Konflikte interkultureller Kommunikation gelöst werden können, dargestellt werden. Das ist auch Zielsetzung dieser Arbeit.

Kommunikation als Basis

Ohne irgendeine Form von Kommunikation[3] ist ein soziales Miteinander nicht möglich. Kommunikation ist symbolisch vermittelte Interaktion und unser tägliches „Handwerkszeug“, wenn es darum geht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und sich ihnen mitzuteilen. Sie verläuft immer medial über Zeichen, wobei die durch Zeichen erzeugten Botschaften entweder direkt (Face-to-Face) oder durch ein technisches Medium (z.B. Telefon, Videokonferenz) reziprok übertragen werden (vgl. Broszinsky-Schwabe 2009: 163). Kommunikation liegt nach Burkart erst dann vor, „wenn (mindestens zwei) Individuen ihre kommunikativen Handlungen nicht nur wechselseitig aufeinander richten, sondern darüber hinaus auch die allgemeine Intention ihrer Handlungen (= Bedeutungsinhalte miteinander teilen wollen) verwirklichen und damit das konstante Ziel (Verständigung) jeder kommunikativen Aktivität erreichen“ (2003: 19).[4] Das Essenzielle von Kommunikation ist also das wechselseitige Verstehen von Zeichen bzw. Worten und damit die Gewährleistung von Verständigung. Darüber hinaus basiert Kommunikation „auf gegenseitigen Erwartungen und Annahmen“ (Heringer 2004: 33) und durch sie werden unterschiedliche Prozesse (Gefühle, Empfindungen, Handlungen) in den Gesprächspartnern ausgelöst. Dieses in der jeweiligen Kommunikationssituation Erlebte bleibt für das Verstehen von weiteren Kommunikationssituationen bestehen und prägt diese sozusagen vor. Demnach ist Kommunikation kein starres Verständigungsmedium oder ein Vorgang, der in immer gleicher Manier abläuft, sondern ein höchst unterschiedlicher und in ständiger Entwicklung befindlicher Prozess der Bedeutungsvermittlung und des Bedeutungsabgleichs. Insofern beruht Verstehen sowie Kommunikation immer (auch) auf subjektiv erlebten Erfahrungen und ist demzufolge individuell. Selbst wenn die Gesprächspartner die gleiche Sprache sprechen, bedeutet dies also noch lange nicht, dass man sich auch versteht. Dazu ist Kommunikation zu komplex. - Sie muss im richtigen Kontext verstanden werden! Nur dann liegt überhaupt Kommunikation, also Verstehen und Verstanden-Werden, vor.

Göhring stellt unter Zuhilfenahme auf andere Quellen fest, dass „neben die referentielle Bedeutung, d.h. die übliche Lexikonbedeutung von Wörtern, die soziale Bedeutung gestellt wird, welche nicht nur an akustischen Zeichen, sondern auch an Elementen des Hintergrundwissens, an Settings, an ganzen Äußerungen, an der Stilqualität der gewählten Sprechvarietät haftet" (2002: 71). Das bedeutet beispielsweise, dass Menschen, die sich gut kennen, eher in der Lage sind zu kommunizieren, als wenn sich völlig fremde gegenüberstehen würden. Ferner darf Kommunikation nie isoliert als etwas nur rein Sprachliches verstanden werden. Die Sprache als solches wird begleitet von paraverbalen[5] Signalen (Prosodie) sowie nonverbalen Botschaften, die durch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Distanz zum Partner etc. ausgedrückt werden und zur sog. Körpersprache zählen (vgl. Broszinsky- Schwabe 2009: 163 f.). Kommunikation findet somit sozusagen immer auf drei Ebenen statt, der verbalen, der paraverbalen und der nonverbalen. Es wäre einseitig und würde mitunter zu falschem Verstehen führen, würde nur eine Ebene der Kommunikation betrachtet, weshalb man gut beraten ist, alle Kommunikationsebenen aufmerksam wahrzunehmen, um die Chance, erfolgreich zu kommunizieren, zu erhöhen. Kommunikative Interaktionen sind nämlich stets fallibel (= fehlbar). Von daher können wir nie abschließend mit Gewissheit sagen, ob das Ziel der Verständigung durch diese Kommunikationsversuche[6] auch wirklich erreicht wird.

In Kommunikationssituationen haben manche Zeichen mehrere, teils gegenläufige Bedeutungen, aber längst nicht jeder Gesprächspartner ist sich dessen in der konkreten Situation bewusst. Auch auf der paraverbalen Ebene, im Wie, mit welchem Tonfall etwas gesagt wird, sind Missverständnisse möglich, wie dies exemplarisch das Stilmerkmal der Ironie verdeutlichen kann: Registriert jemand in einer Unterredung nicht den ironischen Unterton, versteht dieser womöglich das Gegenteil von dem, was sein Gesprächspartner ausdrücken wollte.

Gefühle und Emotionen lassen sich auf der paraverbalen Ebene gut transportieren.[7] Das geht freilich ebenso auf der nonverbalen (auch: averbalen) Schiene, aber die Signale des Körpers dürfen nicht überinterpretiert und für allgemeingültig gehalten werden. Wenn kommuniziert wird, wird nämlich auch immer interpretiert, gedeutet. Der Mensch ist ein Wesen, das unentwegt wertet und bewertet. Dieses Urteilen muss nicht gegenüber anderen Mitmenschen offen ausgesprochen werden. Es genügt die geistige Auseinandersetzung und Verarbeitung im eigenen Selbst, die sich dann wiederum auf den Kommunikationsverlauf auswirkt. Wir neigen also dazu, unsere Mitmenschen oder die Werke unserer Mitmenschen recht schnell in „Schubladen“ zu stecken, zu attribuieren, zu etikettieren. In der Begegnung und im kommunikativen Umgang mit unseren Mitmenschen greifen wir auf Erfahrungswerte zurück, die uns in ähnlichen Situationen geholfen haben. Gewisse Vorannahmen sind immer mit im Spiel. Umso stärker treten die Konturen dieser Vorprägungen zu Tage, wenn in kommunikativen Situationen mehrere Kulturen aufeinander treffen.

Kulturelle Prägung als Deutungsmuster der Kommunikation

Was ist Kultur? - „Dem Begriff Kultur werden zwei Bedeutungsebenen beigemessen: Zum einen als Bezeichnung der Qualität einer Gesellschaft, zum anderen als Bezeichnung für Gemeinschaften, die Gemeinsamkeiten in Kultur und Lebensweise ausgebildet haben, die auch ihre Kulturelle [sic!] Identität begründen“ (Broszinsky- Schwabe 2009: 169). Auernheimer sieht in der Kultur ein „Orientierungssystem, das unser Wahrnehmen, Bewerten und Handeln steuert, das Repertoire an Kommunikations- und Repräsentationsmitteln, mit denen wir uns verständigen, uns darstellen, Vorstellungen bilden“ (1999: 28). Podsiadlowski formuliert etwas knapper: „Kultur stellt ein Wert- und Orientierungsmuster für unser Denken, Fühlen und Handeln dar“[8] (2004: 5). Für Hofstede ist Kultur schließlich die „kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet. Diese mentalen Programme sind Denk-, Fühl- und Handlungsmuster, die im sozialen Umfeld entstanden und im Laufe der Sozialisation durch Familie, Nachbarschaft, Schule, Arbeitsplatz u.a. weitergegeben werden“ (2006: 8). Kultur besteht also aus den kollektiven Gewohnheiten einer Gemeinschaft und ist nicht einfach vorhanden, sondern wurde und wird von Menschen geschaffen.

Das Individuum wird in eine Kultur hineingeboren und wächst in ihr oder vielleicht in einer weiteren auf. Es übernimmt und verinnerlicht ganz selbstverständlich (teils unbewusst) spezifische Normen, Werte, Sitten, Bräuche, Ansichten, Grundein­stellungen und Handlungsmuster, die es von Individuen anderer Kulturen unterscheidet. Dieser ständige Prozess des Hineinwachsens, Einverleibens und Identifizierens mit der Kultur wird Enkulturation genannt und umfasst das Erlernen grundlegender menschlicher Fähigkeiten, die für ein soziales Miteinander binnen eines bestimmten Kulturkreises notwendig und angebracht sind.[9]

„Das Verhältnis zwischen Individuum und seiner Kultur ist als ein komplexes System von Wechselbeziehungen zu verstehen. Einerseits wird der Mensch als Person und Persönlichkeit durch die Kultur, in der er lebt und der er angehört, wesentlich geprägt, auf der anderen Seite beeinflusst er wiederum seine Kultur und trägt so zum „kulturellen Wandel" bei" (Maletzke 1996: 22). „Bei der interkulturellen Begegnung tritt jeder Beteiligte seinem Partner mit vorgeprägten Vorstellungen und Einstellungen gegenüber. Fast immer sind bereits bestimmte Images, Einstellungen, Stereotype und Vorurteile vorhanden; und sie bestimmen in hohem Maße mit, wie im konkreten Fall die Prozesse der interkulturellen Kommunikation und Interaktion verlaufen" (ebd.: 158).

Durch unsere kulturelle Prägung kristallisieren sich sog. Deutungsmuster (auch: Interpretationsraster) heraus, die selbstredend Einfluss auf unsere Kommunikation haben. Kulturelle Prägungen sind und werden zu Deutungsmustern der Kommunikation. Deutungsmuster sind nicht nur individuell, sondern vor allem gemeinschaftlich valide Erklärungsansätze, „die von einer Mehrheit innerhalb eines sozialen Aggregats zur Deutung bestimmter Ereignisse und Situationen angewendet werden" (Lüdemann 1991: 119). Sie operieren quasi wie Schablonen, sind Interpretationshilfen für die Kommunikation und auf eine unbestimmte Anzahl von Situationen übertragbar. Gerade im interkulturellen Bereich können Deutungsmuster ihre volle „Sprengkraft" entfalten, d.h. es gibt kein Arbeitsfeld neben den Kulturen, in denen Deutungsmuster stärker zum Vorschein kommen können, da die Kultur der größte gemeinsame Nenner einer Gemeinschaft ist, in der Deutungsmuster gültig sind. Was wir in interkulturellen Begegnungen benötigen, ist zunächst das Bewusstsein, dass es sich um interkulturelle Begegnungen handelt. Meistens erkennen wir das freilich an Sprache, Aussehen und Kleidung unseres Gesprächspartners, manchmal aber auch nicht. Im nächsten Schritt müssen sich die am Kommunikationsprozess Beteiligten ihrer eigenen kulturellen Angewohnheiten bewusst sein, um die jeweils fremden Muster erkennen und einordnen zu können. Eine harte Grenzziehung aber, was zur eigenen und was zur fremden Kultur gehört, existiert nicht in jedem Fall. Oft gibt es Überschneidungen. Gerade die sog. Westliche Welt, in der wir leben, ging aus vielen Mischkulturen hervor (vgl. Hierdeis 2009: 176). Eine Kultur in Reinform aber, die sich über die Zeiten nie verändert hat, gibt es nicht, da sich eine Kultur auch unabhängig von anderen Kulturen verändert, wenn auch nicht in dem Maße wie sich die Globalisierung Schneisen in den kulturellen Verständigungsprozess schlägt.

[...]


[1]

Egal, was wir machen, denken oder fühlen - alles ist zwar nicht Kommunikation, aber es kann sich auf die Kommunikation auswirken.

[2] Der Abschnitt über „Ambiguitätstoleranz“ stellt bereits Abhilfemaßnahmen dar und greift dem gleich lautenden Abschnitt dieser Arbeit vor.

[3]

Das Wort Kommunikation hat seine Wurzeln im Lateinischen (communicare) und bedeutet teilen, mitteilen, teilnehmen lassen, gemeinsam machen, vereinigen. Wenn hier von Kommunikation gesprochen wird, ist ausschließlich die menschliche Kommunikation gemeint.

[4] Kommunikation liegt nicht vor, wenn sich Individuen zwar unterhalten, aber inhaltlich keinen Bezug zum jeweils anderen Mitgeteilten herstellen. Erfolgt also keine Rückkopplung, die Verstehen signalisiert, liegt (streng genommen) keine Kommunikation vor. Beim Sonderfall des Schweigens liegt dann keine Kommunikation vor, wenn hierdurch erreicht wird, dass Bedeutungsinhalte nicht miteinander geteilt werden können, indem z.B. ein Tatverdächtiger in einer polizeilichen Vernehmung nicht die Absicht verfolgt, auszusagen.

[5]

„Paraverbal“ bezieht sich auf das gesamte Spektrum der Stimme (z.B. Stimmlage, Lautstärke, Betonung, Akzent, Sprechtempo, Sprachmelodie), mit der eine Botschaft ausgesprochen wird.

[6] Es handelt sich zunächst um Kommunikationsversuche, da Kommunikation bereits eine Verständigung voraussetzen würde. Zu Beginn stehen also immer Versuche der Kommunikation, „unsichere“ kommunikative Interaktionen, die im Idealfall zu Kommunikation werden. Kommunikation (im weiteren Sinne) kann daher immer erst ex post, nach Vollzug des Handlungsaktes verstanden werden.

[7] Dabei brauchen wir nur an das landläufig bekannte Sprichwort „Der Ton macht die Musik“ zu denken.

[8] Diese Definition von Kultur ist nach Auffassung des Verfassers unvollständig und eher in der Lage, den Begriff Deutungsmuster (siehe später) zu definieren.

[9] Jede Kultur zeigt bestimmte Orientierungen und lässt sich entsprechend klassifizieren, z.B. ob sie eine hohe Machtdistanz zeigt, individualistisch oder kollektivistisch ausgerichtet ist, eher maskuline oder feminine Merkmale zeigt, tendenziell zur Risikobereitschaft neigt oder eher Unsicherheit vermeidet usw. Darauf kann hier nicht weiter eingegangen werden.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Grenzen interkultureller Kommunikation in der Polizeiarbeit
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau  (Distance and International Studies Center (DISC))
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V147106
ISBN (eBook)
9783640579662
ISBN (Buch)
9783640580095
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Neben gut verständlichen theoretischen Erläuterungen in Bezug auf Kommunikation, Kultur, Deutungsmuster und Ambiguitätstoleranz werden Fallbeispiele interkultureller Kommunikation mit polizeilichem Hintergrund angeführt. Es werden Probleme bzw. Grenzen interkultureller Kommunikation aufgezeigt sowie mögliche Lösungen.
Schlagworte
Kommunikation, Polizei, interkulturell, Probleme, Grenzen
Arbeit zitieren
M.A. Roland Kops (Autor:in), 2010, Grenzen interkultureller Kommunikation in der Polizeiarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147106

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