„Eine Nation schenkte einer zweiten Nation das Land einer dritten.“ So beschrieb der Jude Arthur Koestler 1917 die Balfour-Erklärung. Bei der ersten Nation handelte es sich um Großbritannien, die zweite war das jüdische Volk und die dritte die Araber im heutigen Israel und Palästina. Der darauf folgende Konflikt zwischen Juden und Arabern beschäftigt die Welt nun bereits seit fast einem Jahrhundert, vor allem aber seit der Staatsgründung Israels im Jahr 1948. Seitdem wechseln sich Phasen relativer Ruhe, diplomatische Friedensinitiativen und -verhandlungen ab mit Zeiten teils intensiver Gewalt und Krieg. Was aber ist heutzutage der Charakter dieser Auseinandersetzung? Ist der israelisch-palästinensische Konflikt letztlich nur noch ökonomisch motiviert, immer noch territorial, oder handelt es sich tatsächlich um einen Kulturkampf, wie ihn Samuel Huntington beschreibt?
Diese Frage ist so umfassend und schwierig, dass sie hier nicht beantwortet werden kann. Allein die Masse an Literatur zu diesem Thema, die von objektiv neutralen Berichten bis zu hochgradig ideologisierten Pamphleten reicht, verdeutlicht die Komplexität dieser Fragestellung. Allerdings wird und wurde Samuel Huntingtons Theorie vom Kampf der Kulturen seit ihrer Veröffentlichung in Buchform im Jahr 1996 so oft und auf so unterschiedliche Weise mit dem Nahostkonflikt in Verbindung gebracht, dass es lohnt, sie diesbezüglich einer systematischen Prüfung zu unterziehen.
Die vorliegende Arbeit macht es sich jedoch aufgrund ihres Umfangs lediglich zur Aufgabe, einen Teilaspekt des Kampfes der Kulturen, nämlich das von Huntington formulierte Modell eines Bruchlinienkrieges zwischen verschiedenen Kulturen, auf seine Anwendbarkeit auf den Nahostkonflikt, d.h. den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, zu untersuchen. Innerhalb dieses Modells soll zudem die Idee eines komplexen Bruchlinienkrieges mit Bezug auf den Nahostkonflikt näher beleuchtet und analysiert werden. Für letzteres erstreckt sich der zu untersuchende Zeitraum von den gescheiterten Gesprächen im Sommer 2000 zwischen dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton, PLO-Chef Yassir Arafat und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Barak, die unter dem Namen Camp David II bekannt wurden, bis zur Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen im Sommer 2007.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- HUNTINGTONS THEORIE EINES BRUCHLINIENKRIEGES
- EINFÜHRUNG: DER URSPRUNG DES BRUCHLINIENKRIEGES UND DIE SCHÄRFUNG DES KULTURBEWUSSTSEINS
- MERKMALE VON BRUCHLINIENKRIEGEN
- DER KOMPLEXE BRUCHLINIENKRIEG
- DIE MERKMALE EINES BRUCHLINIENKRIEGES ANHAND DES ISRAELISCH-PALÄSTINENSISCHEN KONFLIKTS
- ZIEL DER GEBIETSKONTROLLE
- EIN GESCHICHTLICH UMSTRITTENES TERRITORIUM
- DIE SCHWIERIGE BEILEGUNG EINES BRUCHLINIENKRIEGES
- VERSCHIEDENE GLAUBENSRICHTUNGEN DER BETEILIGTEN
- BETEILIGUNG VON KIN-GRUPPEN
- ZWISCHENFAZIT
- HUNTINGTONS MODELL EINES KOMPLEXEN BRUCHLINIENKRIEGES ANHAND DES ISRAELISCH-PALÄSTINENSISCHEN KONFLIKTS
- METHODIK
- DIE ISRAELISCHE SEITE
- Primärbeteiligte auf israelischer Seite: Israel
- Sekundärbeteiligte auf israelischer Seite: USA
- Tertiärbeteiligte auf israelischer Seite: EU und UNO?
- Israelische Diasporagemeinden
- DIE PALÄSTINENSISCHE SEITE
- Primärbeteiligte auf palästinensischer Seite: Hamas und Hisbollah
- Sekundärbeteiligte auf palästinensischer Seite: PA, Iran, Syrien
- Tertiärbeteiligte auf palästinensischer Seite: EU und UNO? Ägypten, Jordanien, Syrien?
- Palästinensische Diasporagemeinden
- ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Anwendbarkeit von Samuel Huntingtons Theorie des Bruchlinienkrieges auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Sie konzentriert sich dabei insbesondere auf das Modell des komplexen Bruchlinienkrieges, das im Zusammenhang mit den Gesprächen von Camp David II (2000) und der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen (2007) beleuchtet wird.
- Analyse von Huntingtons Theorie des Bruchlinienkrieges und dessen Ursprünge
- Anwendung der Theorie auf den israelisch-palästinensischen Konflikt
- Untersuchung des Modells eines komplexen Bruchlinienkrieges im Kontext des Nahostkonflikts
- Beurteilung der Relevanz von kulturellen Faktoren im israelisch-palästinensischen Konflikt
- Beurteilung der Rolle verschiedener Akteure auf israelischer und palästinensischer Seite
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den israelisch-palästinensischen Konflikt in den historischen Kontext stellt und die Relevanz von Huntingtons Theorie in diesem Zusammenhang beleuchtet. Kapitel 2 stellt Huntingtons Theorie des Bruchlinienkrieges dar, indem es dessen Ursprung und Merkmale erläutert.
Kapitel 3 analysiert die Merkmale eines Bruchlinienkrieges anhand des israelisch-palästinensischen Konflikts. Es werden Aspekte wie Ziel der Gebietskontrolle, historische Konflikte und die Schwierigkeit der Beilegung des Konflikts diskutiert.
Kapitel 4 widmet sich dem Modell des komplexen Bruchlinienkrieges und untersucht seine Anwendbarkeit auf den Nahostkonflikt. Die Analyse umfasst eine Betrachtung der beteiligten Akteure auf israelischer und palästinensischer Seite.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Huntington, Bruchlinienkrieg, Kulturkampf, israelisch-palästinensischer Konflikt, Camp David II, Hamas, Hisbollah, Israel, Palästina, USA, EU, UNO, Diasporagemeinden, Kin-Gruppen, Religionsfaktor, Geopolitik und Konfliktanalyse.
- Arbeit zitieren
- Thomas Kresin (Autor:in), 2008, Huntingtons Theorie eines Bruchlinienkrieges im Rahmen des israelisch-palästinensischen Konflikts seit Camp David 2, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147231