Impulswellen werden hauptsächlich in Alpenrandseen, Stauseen und steilufrigen Meeresbuchten durch eintauchende Fels- und Bergstürze, Erdrutsche, Uferinstabilitäten, Schneelawinen und Gletscherabbrüche generiert. Derartige Wasserwellen ereignen sich daher oft unerwartet und stellen eine bedeutende Naturgefahr dar, weil sie oftmals ganze Uferbereiche verwüsten oder an Talsperren überschwappen. Aufgrund der steilen Uferpartien, geringen Seebreiten, potentiell grossen Rutschmassen und der andererseits vielfach exponierten Lage von Siedlungen und Wasserbauwerken ist das Risiko von Impulswellen im Alpenraum besonders hoch. Die Generierung von Impulswellen im Eintauchbereich des Rutsches und deren Propagation im Nahbereich der Wellengenerationszone wurden in einem zweidimensionalen physikalischen Modell untersucht. Die massgeblichen Rutscheigenschaften wie Form, Volumen und Eintauchgeschwindigkeit wurden durch einen Pneumatikgenerator mit eingebauter Rutschbox gesteuert, welche die granulare Rutschmasse
in einen rechteckig-prismatischen Wellenkanal beschleunigte. Die Effekte der Eintauchgeschwindigkeit, der Rutschmächtigkeit, der granularen Rutschmasse und der Ruhewassertiefe auf die resultierende Impulswelle wurden unabhängig voneinander untersucht. Einzig der Eintauchwinkel α = 45° längs der Hangneigungsrampe des Rutsches und der granulare Korndurchmesser wurden nicht variiert. Die Wellenprofile wurden von sieben kapazitiven Wellenpegeln aufgenommen, welche längs der Kanalachse in konstantem Abstand hintereinander angeordnet waren. Das turbulente Dreiphasengemisch aus Luft, Wasser und eintauchendem Granulat in der Wellengenerationszone wurde mithilfe von Particle Image Velocimetry (PIV) festgehalten, einer nicht-intrusiven Methode zur Aufnahme von instantanen Fliessgeschwindigkeitsfeldern. [...] Die aus dem physikalischen Modell hergeleiteten Dimensionierungsgleichungen wurden anhand von Feldmessungen einzelner Prototypen getestet, woraus sich eine zufriedenstellende Übereinstimmung ergab. Ausserdem wurden die Resultate aus den granularen Rutschversuchen auf Vergleichsmessungen mit starren Blöcken in demselben
physikalischen Modell angewandt. Die resultierenden Abweichungen ergaben, dass starre und kompakte Blöcke beim Eintauchen in einen ruhenden Wasserkörper grössere Impulswellen als deformierbare und poröse Rutschkörper bei sonst identischen Rutschparametern erzeugen.
Inhaltsverzeichnis
- EINFÜHRUNG
- Problemstellung
- Literaturübersicht
- Modelltypen
- Deduktive Modelle
- Grundlegende Wellentheorien
- Angewandte Wellentheorien
- Induktive Modelle
- Motivation
- Inhaltsübersicht
- VERSUCHSANLAGE
- Einleitung
- Physikalisches Modell
- Dimensionsanalyse
- Modellähnlichkeit nach Froude
- Viskosität
- Oberflächenspannung
- Kompressibilität
- Wellenkanal
- Modellgranulat
- Messgeräte und Methoden
- Allgemeines
- Pneumatischer Rutschgenerator
- Kapazitive Wellenpegel (CWG)
- Laserdistanzsensoren (LDS)
- Funktionsprinzip
- Messung der Rutschmächtigkeit
- Messung der Rutschgeschwindigkeit
- Particle Image Velocimetry
- Allgemeines
- Laserlichtschnitt
- Tracerpartikel
- EXPERIMENTELLE RESULTATE
- Einleitung
- Maximale Amplitude
- Ausgewählter Datensatz
- Übersicht
- Geschwindigkeitseffekt
- Effekt der Rutschmächtigkeit
- Einfluss der Rutschmasse
- Relative Grössen
- Einleitung
- Eintauch-Froudezahl
- Relative Rutschmächtigkeit
- Relative Rutschdichte
- Verdrängungszahl
- Mehrfachkorrelation
- Vollständiger VAW-Datensatz
- Einleitung
- Relative Maximalamplitude
- Amplitudenverlauf
- Bedeutung
- Normierte Relativ-Amplitude
- Anpassung der Amplitudenverhältnisse
- Skalierung der Propagationsdistanz
- Distanzabhängige Amplitudenkorrelation
- Charakteristische Relativamplitude
- Produktparameter
- Grenzwertbestimmung
- DISKUSSION DER RESULTATE
- Einleitung
- Anwendung der Resultate
- Wellengenerationszone
- Wellengenerationstypen
- Überblick
- Auswärts kollabierender Einschlagskrater
- Rückwärts kollabierender Einschlagskrater
- Kompakte Zweiphasenströmung
- Dichteeffekt
- Allgemeines
- Sinkende Rutschkörper
- Auftriebsbehaftete Rutschkörper
- Wellentypen
- Klassifikation
- Schwallwelle
- Übergangswelle
- Oszillatorische Welle
- Solitärwelle
- Theoretische Betrachtung
- Impulssatz
- Anwendbarkeit
- Impulsübertragung
- Wellengeschwindigkeit
- Dichte-Froudezahl
- Mächtigkeits-Froudezahl
- Einschränkungen
- Vergleich mit Prototyp
- Vierwaldstättersee
- Lituya Bay
- Vaiont
- Modellvergleiche
- Allgemeine Betrachtungen
- Keilförmige Rutschkörper
- Quaderförmige Rutschkörper
- Allgemeines
- Wellengenerierung
- Relative Amplitudendifferenzen
- Wellenprofile
- SCHLUSSFOLGERUNGEN
- Zusammenfassung der Resultate
- Ausblick
- Wellengenerierung durch eintauchende Rutschmassen
- Einfluss der Rutschparameter auf die Wellenamplitude
- Charakterisierung von verschiedenen Wellentypen und -generationstypen
- Empirische Modellierung der Wellenausbreitung und -dämpfung
- Vergleich mit Prototypen und anderen Modellversuchen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Abhandlung befasst sich mit der Erforschung von Impulswellen, die durch eintauchende Rutschmassen in stehenden Wasserkörpern entstehen. Ziel ist es, die Auswirkungen der Rutschdichte, -geschwindigkeit, -mächtigkeit und -volumen sowie der Wassertiefe auf die Generierung und Propagation von Impulswellen zu untersuchen. Der Fokus liegt auf der experimentellen Untersuchung im physikalischen Modell, um empirische Beziehungen für die Relativamplitude und die Amplitudenabnahme mit der Propagationsdistanz herzuleiten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Dissertation beginnt mit einer Einleitung, die die Problematik von Impulswellen und ihre Bedeutung für die Risikoberechnung in verschiedenen geographischen Gebieten erläutert. Kapitel 2 beschreibt die Versuchsanlage, das verwendete physikalische Modell, die Messgeräte und -methoden sowie die grundlegenden physikalischen Parameter. Kapitel 3 analysiert die experimentellen Resultate, die mit dem physikalischen Modell gewonnen wurden, und stellt die gewonnenen empirischen Beziehungen zwischen verschiedenen relativen Rutschparametern und der relativen Maximalamplitude der generierten Impulswelle vor. Kapitel 4 diskutiert die Resultate der Analyse anhand von theoretischen Modellen, vergleicht die Resultate mit Feldmessungen an Prototypen und fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus früheren Modellversuchen zusammen. Schliesslich präsentiert Kapitel 5 die wichtigsten Schlussfolgerungen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungsarbeiten.
Schlüsselwörter
Impulswellen, Rutschungen, Wellengenerierung, Wellenausbreitung, Wellendämpfung, Eintauch-Froudezahl, relative Rutschmächtigkeit, relative Rutschdichte, Verdrängungszahl, Wellengenerationstypen, Wellentypen, Brechungs-Kriterium, charakteristische Relativamplitude, physikalisches Modell, Particle Image Velocimetry (PIV), dimensionslose Grössen.
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- Dr. sc. ETH Andreas Zweifel (Author), 2004, Impulswellen: Effekte der Rutschdichte und der Wassertiefe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147247