Modelle medialer Kommunikation


Seminararbeit, 2002

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Modelle medialer Kommunikation

Die mediale Kommunikation wird von der Kommunikationswissenschaft erforscht, doch obwohl diese historisch gesehen noch recht jung ist, haben sich bereits zahlreiche Wissenschaftler mit dem Phänomen der Kommunikation beschäftigt.

Wie es in vielen anderen Wissenschaften und beruflichen Fachgebieten der Fall ist, existiert auch in der Kommunikationswissenschaft eine Fachsprache, die eine Anzahl von komplexen Phänomenen ökonomisch in einem Fachterminus vereint. Allgemein akzeptiert ist die Tatsache, dass Fachtermini präzise verwendet werden müssen.

Hier stellt sich der Kommunikationswissenschaft allerdings das erste Problem, denn wie in den meisten Geisteswissenschaften kommt es immer wieder zu sehr unterschiedlichen Auffassungen von Fachausdrücken, welche im Volksmund nicht selten wiederum eine differierende Bedeutung haben.

Diese Differenz zeigt sich bereits an dem aktuellen Beispiel „mediale Kommunikation“. Der Begriff der Kommunikation wird im wissenschaftlichen wie auch im nicht-wissenschaftlichen Sprachgebrauch durchaus nicht einheitlich verwendet und es lassen sich sogar recht unterschiedliche Auffassungen finden.

Eine sich in allen Auffassungen widerspiegelnde Definition ist die von Günter Bentele und Klaus Beck, die von Kommunikation als einem Prozess, an dem jeweils zwei „Systeme gleicher oder unterschiedlicher Natur“[1] teilhaben, die Informationen abgeben wie auch aufnehmen können und miteinander in Verbindung stehen, sehen. In der Regel würden diese teilhabenden Systeme als „Sender“ und „Empfänger“ bezeichnet, so Günther Bentele und Klaus Beck. Während einer Kommunikation werden Informationen entweder intentional oder nichtintentional weitergegeben. In diesem Punkt gibt es aber bereits bedeutende Auffassungsdifferenzen, denn während Watzlawick, Beavin und Jackson ein „pragmatisches Axiom der Kommunikation“[2] formulierten, in dem sie behaupteten: „Man kann nicht nicht kommunizieren“, bezeichnen Günter Bentele und Klaus Beck dies eher als ein Verwischen der bedeutsamen Unterscheidung zwischen Verhalten und Kommunikation. Er spricht zwar von Informationen wie dem ungefähren Alter, Geschlecht etc., die nur selten intentional abgegeben würden, aber der Person „ablesbar“ seien, betont aber auch die Abgrenzung von Kommunikation zum Verhalten. Kommunikation müsse immer eine intentionale Informationsabgabe sein, bei der ein Signal im Sinne der Verständigung oder auch Mitteilung absichtlich gesendet wird.

Die Empirie wirkt hier vermittelnd, denn sie spricht von einer meist zugleich aus intentionaler Mitteilung und nicht-intentionaler Informationsabgabe bestehender Kommunikation. Hanno Beth und Harry Pross (1976) unterscheiden in „Einführung in die Kommunikationswissenschaft“ zudem noch zwischen intendierter (beabsichtigter) und indizierender (anzeigender) Kommunikation, was sehr nützlich scheint, da beides im Kommunikationsvorgang enthalten ist, da ein Kommunikator mit seiner Aussage auch immer eine Fülle weiterer Informationen, z.B. über Stimmungslage, Gesundheit etc., übermittelt. Gesichert ist jedoch, dass eine Kommunikation immer eines Senders, eines Empfängers, eines Mediums und Signalen bedarf.

Mediale Kommunikation wird zudem in zwei Arten unterteilt, zum einen die vorwiegend privat stattfindende interpersonale Kommunikation und zum anderen die Massenkommunikation als öffentliche Kommunikation, was sich auch an späterer Stelle an den verschiedenen vorgestellten Modellen zeigen wird. Hier ist jedoch anzumerken, dass diese Unterschiede durch neue Entwicklungen der Medienwelt, z.B. Pay-TV, Abrufdienste und interaktives Fernsehen, welche das Programm zunehmend individualisieren, abgeschwächt werden.

Ein weiterer, nicht immer einheitlich verwendeter, Begriff ist der des Mediums. Während das „Medium“ in den meisten Modellen der Kommunikationswissenschaft lediglich als ein technisches Medium zur Verbreitung von Informationen verstanden wird, weisen Günter Bentele und Klaus Beck darauf hin, dass Medien zu jeder Zeit innerhalb eines sozialen Prozesses erfunden worden seien, über ihre Anwendung gestritten werde und sie ohne jegliche Form des sozialen Gebrauchs wirkungslos seien. Zudem existieren verschiedene Unterteilungen der Medien, die unterschiedliche Auffassungen demonstrieren - zum einen in primäre, sekundäre und tertiäre Medien und zum anderen in materielle, kommunikative, technische Medien und Medien als Institution.

Auch ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der der „Information“, denn es bedarf einer genauen Definition, bevor er in den kommunikationstheoretischen Modellen eine sinnvolle und verständliche Anwendung finden kann. So sprechen z.B. Claude E. Shannon und Warren Weaver in ihrer „Mathematischen Theorie von Kommunikation“ von der Information als einem Maß, welches die Vorhersehbarkeit eines bestimmten Signals angibt und so von der möglichen Signalanzahl abhängig ist. Diese Maßeinheit nennt sich „bit“ und bietet heute eine fundamentale Basis für die heute so wichtigen elektronischen Informationsverarbeitungsprozesse von Computern. Wenn zwei Signale eine gleiche Wahrscheinlichkeit haben, so haben sie gemäß dieser Definition den gleichen Informationsgehalt, denn je weniger erwartbar ein Signal ist, umso informativer ist der Empfang. Demnach haben also wiederholte Signale, auch redundante Signale genannt, den geringsten Informationswert, obwohl diese das Erkennen und Korrigieren von Übermittlungsfehlern erlauben und die sprachliche Kommunikation so erleichtern. Auch eine neuere Definition geht davon aus, dass neu auftretende Signale am informativsten sind – dies wird jedoch nicht mehr wie bei Shannon und Weaver kanalorientiert betrachtet, sondern am jeweiligen Empfänger orientiert, denn eine Information verringert immer die Ungewissheit beim Empfänger oder ruft in ihm eine Strukturveränderung hervor.

Laut dieser Definition sind Informationen etwas, was sich im jeweiligen Empfänger der Information abspielt oder sogar erst durch diesen konstruiert wird. Unterschieden werden Informationen zwischen solchen, die der Empfänger besitzt und solchen, die jeder Gegenstand bereits für sich enthält. Eine weitere Unterscheidung ist die zwischen „aktueller Information“ und potentieller Information: die „aktuelle Information“ ist jene Teilmenge, die durch Wahrnehmungs- und Erkenntnisakte beim Empfänger eingehen und „potentielle Information“ ist eine unbegrenzte Informationsmenge, die durch die jeweilige „aktuelle Information“ beeinflusst wird, denn bei jedem Prozess der Informationsverarbeitung des Empfängers werden potentielle Informationen aktualisiert.

Aber nicht nur wissenschaftliche Fachtermini können sich erheblich unterscheiden, sondern auch wissenschaftliche Modelle, die ebenso wie Fachausdrücke der Vereinfachung komplexer Phänomene dienen, können sehr unterschiedlich gestaltet sein. Dies ist im Wesentlichen immer von der jeweiligen Materie und der dazugehörigen Fragestellung abhängig. Wichtig ist allerdings immer, dass ein Modell niemals zu komplex wird, denn dadurch würde es seine Anschaulichkeit verlieren.

In der Kommunikationswissenschaft finden graphische und verbale Modelle eine Anwendung, wobei komplexe Sachverhalte durch graphische Modelle besser auf das Wesentliche reduziert werden können, da sich diese anstatt von Beispielen verschiedenster abstrakter Codes bedienen. So kann ein recht komplexes Gefüge durchaus auf einen Blick erkannt werden, da ein großer Teil „Abstraktionsarbeit“ bereits durch das graphische Modell vorweggenommen wird. Es besteht zudem noch ein weiterer Vorteil von Modellen, denn „als heuristisches Instrument können sie zur Entdeckung neuer Fakten und Methoden anregen“[3] und in einigen Fällen machen sie sogar eine „quantitative Prognose von Prozessen“[4] möglich.

So sollen hier nun zunächst einige Modelle der interpersonalen Kommunikation, von klassischen Modellen (von Shannon / Weaver, Aufermann und Merten) bis hin zu neueren Entwicklungen in der Kommunikationstheorie (handlungstheoretische und konstruktivistische Ansätze), dargestellt werden.

Das Kommunikationsmodell von Claude E. Shannon und Warren Weaver gehört zu den klassischen Modellen und bildet lediglich einen einseitigen, linear verlaufenden Übermittlungsprozess von Signalen ab, der allerdings dem heutigen (Ideal-) Verständnis von Kommunikation nicht gerecht wird, da dieses die Reaktion, das Feedback, des Kommunikationspartners immer mit einschließt.

In diesem Modell geht der Kommunikationsprozess von einer Quelle aus, in der eine Auswahl aus einer beachtlichen Menge an möglichen Informationen getroffen wird. Hierbei gibt dieses mathematisch-technische Modell aber keinerlei Aufschluss darüber, welcher Art diese Informationen sind oder welche Bedeutung sie haben. Die von der Quelle ausgewählte Botschaft wird daraufhin vom Sender in ein Signal transformiert und an den Empfänger übermittelt, woraufhin dieser die Botschaft an das Ziel oder die „Nachrichten-Senke“ weitergibt. Demnach ist es also möglich, dass sich ausgesendetes und empfangenes Signal aufgrund einer Störung während des Übermittlungsprozesses unterscheiden können. Eine Kommunikation kommt nach Shannon / Weaver erst dann zustande, wenn ein Signal richtig empfangen wird, jedoch muss nach ihrer Auffassung ein Signal nicht unbedingt genau erkannt werden, sondern reicht es, wenn das Signal als ein Zeichen oder auch Anzeichen erkannt wird, d.h. dem Adressaten muss bewusst geworden sein, dass die Informationsabgabe intendiert war.

Kommunikationsmodell nach Shannon / Weaver

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

nach Shannon / Weaver; 1972

Dieses Modell wirft jedoch aus heutiger Sicht einige Kritikpunkte auf. Der wichtigste ist hier wohl die bereits angesprochene Linearität und Uni-Direktionalität des Prozesses, denn eine Rückmeldung des Signal-Empfängers, dass das Signal empfangen oder sogar verstanden worden ist, macht daraus einen zyklischen, bi-direktionalen Austauschprozess, wo es bei der Übertragung von Rückmeldungen erneut zu Kommunikationsproblemen kommen kann. Wenn man solche Verständigungsprobleme adäquat erklären möchte, muss man wohl auf den Zeichenvorrat von Sender und Empfänger blicken - die Menge der Zeichen, die beiden gemeinsam sind, bestimmt das Maß des Gelingens der Kommunikation, denn nur wenn die Kommunikationspartner die Zeichen des jeweils anderen verstehen, können sie auch die Kommunikationsinhalte verstehen und etwas im anderen bewirken.

Jörg Aufermann hat dieses Modell von Claude E. Shannon und Warren Weaver weiterentwickelt, das Verstehen der Zeichen als Voraussetzung zum Verstehen des Sinns eingefügt und semantische Aspekte berücksichtigt. Eine solche Erweiterung führt natürlich zwangsläufig zu einer höheren Komplexität und geht so auf Kosten der Anschaulichkeit.

Kommunikationsmodell nach Aufermann

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

nach Aufermann; 1971

Eben diese Anschaulichkeit musste auch das sehr komplexe Modell von Klaus Merten einbüßen, im Gegenzug wird es dem heutigen Verständnis von Kommunikation jedoch weitaus besser gerecht als das mathematisch-technische Modell von Shannon und Weaver. Klaus Merten betont besonders die Bi-Direktionalität von Kommunikation, indem er die Kommunikationspartner nicht „Sender“ und „Empfänger“, sondern „Kommunikanden“ nennt, die potentiell gleichberechtigt sind und die über ein akustisches Medium, ergänzt durch einen visuellen Kanal, etliche Formen von intendierten und nicht-intendierten Signalen und Informationen abgeben. Während der Kommunikation nehmen sich die Kommunikanden reflexiv wahr „und diese Reziprozität der Wahrnehmung erklärt, warum Kommunikation an Kommunikation anschließt und die Rollen von „Sender“ und „Empfänger“ in rascher Folge gewechselt bzw. zeitgleich eingenommen werden können“[5]. Während Merten auch den gemeinsamen Zeichenvorrat der Kommunikanden als Voraussetzung für eine gelungene Kommunikation postuliert, führt er aber auch noch einen zweiten gemeinsamen Bereich der Kommunikanden hinzu; dies ist die jeweilige Erwartungshaltung gegenüber dem Kommunikationspartner und der Kommunikation sowie der reziproken Wahrnehmung der Erwartung des Kommunikationspartners. Er berücksichtigt zudem die Persönlichkeit der Kommunikanden, die er nicht wie Shannon und Weaver als eine Art „black box“ auffasst, sondern vielmehr als Individuen mit bestimmten Bewusstseinsprozessen, die eine Wahrnehmung der sozialen Umwelt, dem jeweils anderen Kommunikanden eingeschlossen, und der eigenen Innenwelt bewirken. Die äußeren Sinnesorgane der Kommunikanden ermöglichen nach Merten eine Wahrnehmung der eigenen Handlungen und Äußerungen, geben also ein „extrasensorisches Feedback“ ab.

[...]


[1] Günter Bentele / Klaus Beck; 1994; Information – Kommunikation – Massenkommunikation: Grundbegriffe und Modelle der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; In: Otfried Jarren (Hrsg.), Medien und Journalismus I. Eine Einführung; Opladen: Westdeutscher Verlag

[2] Beavin und Jackson; 1972; Menschliche Kommunikation, Formen, Störungen, Paradoxien; Bern/ Stuttgart/ Wien: Verlag Hans Huber (Sekundärzitat) nach Günter Bentele / Klaus Beck; 1994; Information – Kommunikation – Massenkommunikation: Grundbegriffe und Modelle der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; In: Otfried Jarren (Hrsg.), Medien und Journalismus I. Eine Einführung; Opladen: Westdeutscher Verlag

[3] Günter Bentele / Klaus Beck; 1994; Information – Kommunikation – Massenkommunikation: Grundbegriffe und Modelle der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; In: Otfried Jarren (Hrsg.), Medien und Journalismus I. Eine Einführung; Opladen: Westdeutscher Verlag

[4] Günter Bentele / Klaus Beck; 1994; Information – Kommunikation – Massenkommunikation: Grundbegriffe und Modelle der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; In: Otfried Jarren (Hrsg.), Medien und Journalismus I. Eine Einführung; Opladen: Westdeutscher Verlag

[5] Günter Bentele / Klaus Beck; 1994; Information – Kommunikation – Massenkommunikation: Grundbegriffe und Modelle der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; In: Otfried Jarren (Hrsg.), Medien und Journalismus I. Eine Einführung; Opladen: Westdeutscher Verlag

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Modelle medialer Kommunikation
Hochschule
Universität zu Köln  (Seminar für Soziologie)
Veranstaltung
Proseminar Mediensozialisation
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
26
Katalognummer
V14725
ISBN (eBook)
9783638200448
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Modelle, Kommunikation, Proseminar, Mediensozialisation
Arbeit zitieren
Eva Busch (Autor:in), 2002, Modelle medialer Kommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14725

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