Kultureller Wandel bei den Nuba

Islamisierung der Nuba im Sudan?


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Wer sind die Nuba?

2. Historische Einflüsse

3. Aktueller Einfluss/ Arbeitsmigration

4. Erklärungsansätze
4.1. Plurale Arenen
4.2. Akreszenz

5. Indizien sozialer und kultureller Anpassung
5.1. Islamisierung
5.2. Institutionen und Zeremonien
5.3. Moralvorstellungen
5.4. Umgang mit dem Körper
5.5. Sprache
5.6. Ökonomie

6. Abschließende Betrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Islamisierung, Arabisierung, Sudanisierung - drei Schlagworte, die symbolhaft für den Inhalt dieser Arbeit stehen und einen Umwandlungsprozess andeuten, der sich auf allen Ebenen gesellschaftlicher und kultureller Organisation abspielt.

Untersuchungsfeld dieses Prozesses sind die Nubaberge des Zentralsudan. Die heutige Bevölkerung dieser Bergregion geht auf Schwarzafrikaner zurück, die ursprünglich über das gesamte Gebiet des Sudan verteilt lebten. Der Sklavenhandel der türkisch- ägyptischen Besatzung, aber auch schon früherer Besatzungen, bis zurück in das 16. Jahrhundert, zwang diese Menschen sich einen Zufluchtsort zu suchen, der sie vor der Verfolgung schützte. So bilden die Nubaberge heute einen Schmelztiegel der verschiedensten Ethnien und Sprachen, die ursprünglich einmal über das gesamte Gebiet des Sudan verteilt waren. Eine Insel der kulturellen Vielfalt inmitten eines sakralen arabisch- islamisch dominierten Staates. Auf Grund dieser Isolation konnte es zum Gegensatz zwischen der traditionell organisierten Bergregion und deren umgebenden Außenwelt in Form des modernen Sudan kommen.

Doch inwiefern ist ein nebeneinander Existieren der Nuba- Ethnien und dem sudanesischen Staat überhaupt möglich? In welcher Weise haben sich diese beiden Welten beeinflusst dort, wo sie aufeinandertreffen?

In welcher Form sich der Prozess des kulturellen Wandels bei den Nuba vollzieht und welche gesellschaftlichen Institutionen wie beeinflusst werden, soll Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit sein.

Als Quellengrundlage werden dabei drei Monographien von Autoren dienen, die Feldforschung bei verschiedenen Nuba- Ethnien durchgeführt haben und deren Fokus unter anderem auf den Wandlungsprozessen lag.

1. Wer sind die Nuba?

Der Begriff Nuba ist als Fremdzuweisung arabischer Eroberer auf alle Schwarzafrikaner in den Nuba- Bergen entstanden, den die Bewohner der Nubaberge aber mittlerweile selbst benutzen, um sich vom arabisch- sudanesischen Teil der Bevölkerung abzugrenzen. Die Nuba definieren sich selbst als Nicht- Araber, also anhand der Eigenschaften, die nicht auf sie zutreffen. Das wird umso verständlicher, wenn man betrachtet, wie inhomogen diese Gruppe von Menschen ist, die unter dem Sammelbegriff Nuba zusammengefasst wird. So finden sich nicht weniger als 50 Ethnien, 3 der 4 afrikanischen Sprachfamilien und 10 verschiedene Sprachgruppen auf den 48.000 Quadratkilometern der Bergregion Nord- und Südkordofans. In dieser Region leben insgesamt etwa 800.000 Menschen (BAUMANN 1987, S. 8-10).

Die Gesellschaften der Nubaberge begreifen sich demnach auch nicht als großes Ganzes, sondern leben nebeneinander an flexiblen Grenzziehungen ohne großes Interesse am jeweiligen Nachbarn. Ebenso gibt es auch keine zentrale Instanz, die als Interessenvertretung der Nuba funktionieren könnte (ROTTENBURG 1991, S.16, 29). Auf Grund dieser Eigenschaften könnten die Nuba nie als undifferenzierte Masse betrachtet werden und gerade in Hinsicht auf den Wandel der Kultur ergäben sich verschieden stark ausgeprägte Formen, die sich teilweise widersprechen (MANGER1994, S.16). Allen Nuba gemein ist aber die landwirtschaftliche Nutzung ihres Lebensraumes, wodurch sie sich schon vom arabischen Teil der sudanesischen Bevölkerung unterscheiden. Die arabisch geprägten Sudanesen, mit denen die Nuba in Kontakt kämen, seien entweder Viehnomaden, Händler oder Beamte des Staates (BAUMANN 1987, S.63).

Ein Zusammentreffen der Nuba mit der dominanten sudanesischen Gesellschaft, also die Grundvoraussetzung für den Kulturwandel, konnte vor allem durch eine Verlagerung des Siedlungsgebietes entstehen, einer Bewegung „From the mountains to the plains” (MANGER 1994, Titel). Möglich geworden war das durch die Pazifizierung des Gebietes durch die britischen Kolonialherren, die das islamische Mahdi- Regime (1881- 1898) stürzten. Um diesen Prozess zu verstehen, ist ein kurzer geschichtlicher Rückblick von Nöten.

2. Historische Einflüsse

Das Verlassen der sicheren Berge in den 1920/30ern geht also auf den Einfluss der britischen Kolonialregierung zurück. Sie machte die Besiedelung der Ebene nicht nur möglich, sondern setzte sogar Gewalt ein, um die Nuba in ein Gebiet zu locken, in dem sie sich administrativ viel leichter kontrollieren ließen. Hier in der Ebene veränderten sich die Bedingungen für das landwirtschaftlich dominierte Leben der Nuba. Extensiver betriebene Landwirtschaft auf größeren Anbauflächen, die nun zur Verfügung standen, wurde dadurch möglich. Ebenso begann man nun auch cash- crops anzubauen, was als Folge aber auch als ein entscheidender Schritt für die Integration der Nuba in die sudanesische Gesellschaft gesehen werden muss (MANGER 1994, S.18). Initiator war auch hier die britische Regierung, die den kommerziellen Anbau von Baumwolle und Erdnüssen förderte. Ziel dessen war durchaus die Nuba wirtschaftlich zu entwickeln. Entgegen aber der verfolgten „ Closed- District- Politik “ der Briten, die darin bestand, die Nuba in ihrer Entwicklung zwar zu unterstützen, sie aber von arabischen Einflüssen fernzuhalten, kam es nun vermehrt zum Kontakt der Nuba- Ethnien mit der Außenwelt. Der Anbau von Handelsgütern lockte arabischsprachige Händler (jellaba) aus dem Nordsudan an. Die britische Besatzung fürchtete diesen Einfluss der arabischen Welt, die eine ernstzunehmende Machtkonkurrenz darstellte. Aber auch an anderer Stelle unterstützten die Briten unfreiwillig den Einfluss des Islam auf die Nuba. Ein Beispiel hierfür ist die Arbeitsmigration, auf die an anderer Stelle noch genauer eingegangen wird, weil sie gerade auch in der jüngeren Geschichte der Nuba eine entscheidende Rolle spielt. Aber schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es unter den Nuba Arbeitsmigranten, die am Sennar Dammbau am blauen Nil beteiligt waren und ihre isolierte Heimat verließen (MANGER 1994, S.51- 57). Je mehr die Nuba also am wirtschaftlichen Leben und den neuen, von außen initiierten, Möglichkeiten Anteil hatten, desto eher wurden sie mit der arabisch- islamischen Welt konfrontiert, die ihr Leben wesentlich beeinflussen sollte.

BAUMANN (1987, S.123) nennt als einen weiteren Grund der Islamisierung bei den von ihm untersuchten Miri den Einfluss zurückgekehrter Sklaven. So bediente sich das Mahdi- Regime, welches in den 1880ern die türkisch- ägyptische Besatzung ablöste, der Nuba als Soldaten und Sklaven. Als die Madiya dann 1898 von den Briten geschlagen wurde, durften die Miri- Soldaten zurückkehren und mit sich nahmen sie den Eindruck der überlegenen arabischen Gesellschaft; zuweilen waren sie sogar selbst zum Islam konvertiert. Der Einfluss der konvertierten Miri bei der Rückkehr in ihre Heimat in Bezug auf die Ausbreitung des Islam ist nach Baumann als entscheidend zu werten. Ein ähnliches Phänomen finden wir in der Arbeitsmigration der heutigen Zeit.

MANGER (1994, S.19). hingegen spricht diesen Einfluss der rückgekehrten Sklaven auf die von ihm erforschten Liri ab. Er verdeutlicht, dass es vielmehr islamische Missionare wären, die auf direktem Weg ihren Glauben in die Dörfer getragen hätten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kultureller Wandel bei den Nuba
Untertitel
Islamisierung der Nuba im Sudan?
Hochschule
Universität Bayreuth  (Ethnologie)
Veranstaltung
Länderseminar Sudan
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V147315
ISBN (eBook)
9783640580644
Dateigröße
367 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islamisierung, Kultur, Ethnologie, Nuba, Sudan
Arbeit zitieren
Fabian Lehmann (Autor:in), 2007, Kultureller Wandel bei den Nuba, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147315

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