Die vorliegende Seminararbeit behandelt die Rolle des Personalwesens innerhalb der Richtlinien, Vorgaben und Grundsätze des deutschen Corporate Governance Kodex von 2001.
Behandelt werden die grundsätzlichen Entwicklungen innerhalb der wirtschaftlichen Prozesse in Deutschland, die in Abgleich mit den Grundsätzen des Kodex die HErausforderungen und Handlungsfelder für das Personalwesen aufwerfen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen
2.1 Definition Personalwesen und Human Ressource Management.
2.2 Definition Corporate Governance
2.3 Definition des Bezugsrahmens dieser Arbeit
3. Die Historie der Corporate Governance
4. Die Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance heute.
4.1 Hinführung zum Thema
4.2 Aktueller Bezug und Fallbeispiele
4.3 Von der Corporate Governance zur HR Governance und zurück
5. Die zukünftige Bedeutung des Personalwesens in der Corporate Governance - Ein Ausblick
6. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Zeitschriftenquellenverzeichnis
Onlinequellenverzeichnis
Anhangverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Anhang
1. Einleitung
Die aktuellen Ereignisse, sowie die kurz- und mittelfristigen Zukunftswirkungen der Wirtschaftskrise in der Welt, lassen den Ruf nach verbesserter Unternehmensführung (ausgehend vom Finanzsektor, der als Auslöser der Krise gesehen wird) laut werden.[1]
Was ist aber eine verbesserte Unternehmensführung? Wer ist angesprochen?
Die Antwort auf diese Fragen wird in letzter Instanz immer bei den Menschen enden, die (maßgeblich) die Geschicke eines jeden Unternehmens beeinflussen und bestimmen. Manager, Vorstände, Eigentümer / Unternehmer, Angestellte oder Arbeiter, jeder dieser „Unternehmensbeteiligten“ trägt auf irgendeine Weise zum Unternehmenserfolg kurz-, mittel- und langfristig, schwerwiegender oder trivialer bei.
Diese Tatsache führt zum eigentlichen Thema der Seminararbeit, nämlich der Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance.
Immer Bezug nehmend auf Beispiele aus der Praxis versucht diese Arbeit einen Einblick in die Wirkungskreise der Corporate Governance zu geben. Grundlegende Definitionen stellen die Basis für eine breite Auseinandersetzung mit Thema dar. Dieses kann nicht ohne eine tiefer gehende Beschäftigung mit der Corporate Governance, ihrer Geschichte und ihren Problemen auskommen.
Es sind dann gerade die Probleme, deren Wirkung in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise zusätzliche Intensität bekommt, die die Rolle des Personalwesens sichtbar machen und die Bedeutung desselben definieren. Auch wird eine umgekehrte Bedeutung der Corporate Governance für das Personalwesen erläutert und mit dem Thema der Seminararbeit in einen wechselseitigen Kontext gebracht.
Ein Ausblick auf die künftige Bedeutung der Corporate Governance und die eng damit zusammenhängenden Aufgaben des Personalwesens, gibt Aufschluss über die zukünftigen Herausforderungen, die sowohl für die Entwicklung des Kodex, als auch für die Entwicklung des Personalwesens innerhalb von Publikumsgesellschaften bewältigt werden müssen.
2. Definitionen
2.1 Definition Personalwesen und Human Ressource Management
„Personalwesen bezeichnet [...] vornehmlich diejenigen Einrichtungen und Funktionen im Unternehmen, die für Personalbeschaffung, Personalverwaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Ausbildung und Weiterbildung, Personalentwicklung und darüber hinaus ggf. noch für betriebliche Sozialeinrichtungen [...] zuständig sind“[2] . Die verschiedenen Aufgabenfelder, die das Personalwesen innerhalb eines Betriebes übernimmt, werden von Reiner Böckermann grafisch wie in Abbildung 1 dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufgabenfelder des Personalwesens[3]
Kompakter definiert den Begriff Personalwesen der Brockhaus Wirtschaft:
Das Personalwesen oder Human Ressource Management ist der „Sammelbegriff für alle mitarbeiterbezogenen Institutionen und Maßnahmen mit dem Ziel, dem Unternehmen zur Erfüllung seiner Aufgaben personelle Kapazitäten zum richtigen Zeitpunkt und für die benötigte Dauer am jeweiligen Einsatzort bereit zu stellen“[4].
Die Abgrenzung zum Human Ressource Management (HRM) führt das Gabler Lexikon mit der Tatsache an, dass HRM sich „weniger auf die operativen Komponenten [...], sondern vielmehr auf die grundsätzliche, strategisch und langfristig angelegte Steuerung der Personalstruktur und des Personalportfolios im Unternehmen“[5] fokussiert.
An der Bezugsausrichtung der beiden Quellen wird deutlich, dass die Bergriffe Personalwesen und HRM über einen hohen wechselseitigen Austauschbarkeitsgrad verfügen. Aus diesem Grunde werden sie in dieser Arbeit auch synonym verwendet.
2.2 Definition Corporate Governance
Die Präambel des Deutschen Corporate Governance Kodex definiert den Begriff so:
„Der vorliegende Deutsche Corporate Governance Kodex (der „Kodex“) stellt wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar und enthält international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Der Kodex soll das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar machen. Er will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften fördern.
Der Kodex verdeutlicht die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen (Unternehmensinteresse).“[6]
Allgemeiner formuliert definiert sich Corporate Governance als „rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens“[7].
Einfach und prägnant definiert die Corporate Governance der schweizer Jurist und Autor Peter Böckli: „Es geht bei Corporate Governance letztlich nur, aber immerhin darum, offensichtliche Verhaltensrisiken an der Wurzel zu packen und dadurch eine Gefährdung des Unternehmens durch Fehlentwicklungen und Entgleisungen möglichst zu vermeiden“[8].
Der Begriff selbst ist aus dem englischen nach einhelliger Meinung in der Literatur nicht wörtlich zu übersetzen, kann aber z.T. mit der Begrifflichkeit „Unternehmensverfassung“ gedeutet werden. Diese spielt allerdings mehr auf die unternehmensinternen Adressaten des Kodex an. Externe Zielgruppen, wie Kunden, Zulieferer oder sonstige Adressaten der Unternehmensumwelt sind bei den Definitionen der Corporate Governance auch berücksichtigt. Man kann demnach zwischen einer internen und externen Governanceperspektive differenzieren und ist gehalten (auch wesentlich in der deutschen Fassung) auf die Betrachtung beider Perspektiven zu achten[9]. Eine ausschließlich intrinsische Betrachtung der Corporate Governance wäre zu eng gefasst.
2.3 Definition des Bezugsrahmens dieser Arbeit
Aufgrund des geringen Umfangs dieser Seminararbeit, beschränkt sich die Interpretation der Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance im Wesentlichen auf Deutschland und den Deutschen Corporate Governance Kodex, in letzter Fassung vom 18. Juni 2009.
3. Die Historie der Corporate Governance
Die Wurzeln des Begriffes Corporate Governance liegen bereits in den 1930er Jahren als mit dem Buch „The Modern Corporation and Pivate Property“ von Berle und Means erstmals das Auseinanderklaffen der Aktionärsinteressen und der Unternehmensführung konstatiert wurde[10].
Basierend auf den Reports von Cadbury (1992), Greenbury (1995) und Hampel (1998) in Großbritannien findet der Begriff Corporate Governance seit Anfang der 1990er Jahre zunehmenden Gebrauch und beschreibt im Wesentlichen den Ruf nach einem System oder einer gesamtwirtschaftlichen Regelung der Unternehmensführung, im Shareholder-, gleichwohl wie im Stakeholdervalueansatz. Zumeist sind es die Verträge der Manager, also der exekutiven Machtinhaber, die, unvollständig verabschiedet, schnell zu einem einseitigen Machtmissbrauch führen können. Einheitliche Governance- Regeln zur Unternehmensführung sollen hier eine Grundsicherheit für die Unternehmen und Aufsichtsgremien, und damit die Anteilseigner schaffen.
Ausgehend von den angloamerikanischen Bewegungen zur Corporate Governance verabschiedete die vom Bundesministerium für Justiz eingesetzte Regierungskommission den ersten Deutschen Corporate Governance Kodex im Jahre 2001. Dieser Kodex wurde bis zu seiner aktuellen Fassung vom 18. Juni 2009 stetig weiterentwickelt und ständig analog zu den wirtschaftlichen Entwicklungen und Erfordernissen der Unternehmensführung angepasst[11].
Die Corporate Governance ist kein allgemeingültiger Regelungsmechanismus, sondern wird, territorial wie temporär, dynamisch, den entsprechenden Voraussetzungen folgend, aktualisiert und angepasst. Zudem ist er kein geltendes Recht, sondern basiert im Wesentlichen auf Empfehlungen und Abkommen. Eine internationale Fassung des Kodex stellen die Richtlinien der OECD Grundsätze der Corporate Governance dar, die 1999 erstmals und 2004 in überarbeiteter Form von der OECD veröffentlicht wurden[12].
4. Die Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance heute
Die Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance spiegelt sich in nahezu allen Bereichen des Unternehmens wider. Die Menschen, die am Unternehmen, wie auch immer geartet, beteiligt sind, haben aktiv wie passiv maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensverfassung und die Unternehmensführung.
Abbildung 2 zeigt zur Verdeutlichung die verschiedenen Touchpoints der Corporate Governance im internen und externen Unternehmensumfeld:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Touchpoints der CG im internen und externen Unternehmensumfeld (eigene Darstellung)
4.1 Hinführung zum Thema
Die Entstehung der Corporate Governance rührt her vom Problem der divergierenden Zielbemühungen von Aktionären und Managern und den damit zusammenhängenden Folgen für das Unternehmen als Ganzem. Mangelnde Kontrollarbeit der Gremien wie Aufsichtsrat, Verwaltungsrat (Schweiz) oder den Non-Executive-Directors der amerikanischen Boards führten in der Vergangenheit zu Fehlentwicklungen, die nicht wenig Anteil an den gegenwärtigen Krisenzuständen der Weltwirtschaft haben.
Die Rolle des Personalwesens in diesen Prozessen der Corporate Governance von den ersten Diagnosen in den 1930ern über die Institutionalisierung in Deutschland nach 2001 bis heute in der Wirtschaftskrise ist immer die gewesen, operativ die Weichenstellung der Optimierung des Kodex voranzutreiben und die Gestaltung des Kodex mit menschlich-sozialen Aspekten zu versehen. Per Definition (siehe 2.2) hat das Personalwesen den Auftrag sicher zu stellen, dass das Unternehmen seine Aufgaben durch die richtigen Mitarbeiter wahrnehmen kann. Zu diesen Mitarbeitern gehören natürlich auch die Führungskräfte - durch alle Ebenen des Unternehmens hindurch, bis zum Managementvorstand - die maßgebliche Adressaten des Corporate Governance Kodex sind.
4.2 Aktueller Bezug und Fallbeispiele
Durch die aktuelle Weltwirtschaftskrise wird die Diskussion um die Grundsätze der nationalen und internationalen Corporate Governance deutlich angeheizt. Die Probleme in diesem Zusammenhang werden vom Leiter des Centers für Corporate Governance an der Universität in St. Gallen, Prof. Dr. Martin Hilb im Mai 2009 detailliert ausgeführt. Der Wirtschaftswissenschaftler ist einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Corporate Governance und hat mit seinem Institut das Ziel, die „weltweite Umsetzung und Anpassung des "New Corporate Governance"-Ansatzes, sowie die Anpassung des Ansatzes in unterschiedlichen Branchen“[13] zu fördern.
In seinem Buch „Integrierte Corporate Governance“[14] und in einem Eröffnungsbeitrag zum Thema, skizziert er im Heft 5/2009 der Zeitschrift „Personalwesen“[15] die Probleme der Corporate Governance so:
1. Blinde Übernahme und Implementierung der britischen Corporate Governance in nahezu alle anderen Rechts- und Wirtschaftssysteme.
2. Fehlende ganzheitliche Erfolgsmaßstäbe in vielen Unternehmen, auch und v.a. in den heute von der Krise am härtesten getroffenen.
3. Variable Honorarbestandteile der Executives sind zu „eindimensional“, d.h. zeitlich und personell zu eng gefasst, um ganzheitlich und nachhaltig Wirkung zeigen zu können.
4. Fehlendes oder unangemessenes Risikomanagement und Controlling der Vorstands durch die Kontrollgremien (vgl. Anhang 1: Dt. Corporate Governance Kodex 3.4 und 5.2)14.
Hilb leitet aus diesen konstatierten Problemen vier wesentliche Lösungsansätze ab, die er mit konkreten Konsequenzen zur Verbesserung der Situation versieht:
a) Die Krise fordert in allen Bereichen eine Anpassung an die veränderte Situation auf den nationalen und internationalen Märkten. Diese Anpassung muss auch in der Corporate Governance jedes Geltungsgebietes erfolgen.
Im Speziellen, hat sich die Sichtweise von engen, zeitlich wie territorial beschränken und kurzatmigen Rhythmen der Kontroll- und Vergütungs-, sowie Einsatzperioden der Gremien hin zu einem „differenzierten glokalen Ansatz“[16] zu verändern. Dieser ist das Streben nach langfristigem (unternehmerischem) Denken und Handeln von Managern und Aufsichtsräten zum Wohle der Unternehmen als Ganzem.
Zudem fordert Hilb eine individualisierte Führung in Weltkonzernen. Geschäftseinheiten und Tochter-Gesellschaften im Ausland sollen eigenständige und mit weitreichenden Kompetenzen versehene Führungen bekommen, die individuell auf die Erfordernisse ihres territorialen Unternehmensumfeldes reagieren können. Kontrolliert werden diese „Unter-Vorstände“ vom Aufsichtsrat und nicht wie bislang von der Geschäftsführung.
[...]
[1] Prof. Dr. Hilb, Martin, PERSONALWIRTSCHAFT 05/2009, Sehnsucht nach gesundem Menschenverstand, S. 20 - 23
[2] Büdenbender/Strutz; KOMPAKT LEXIKON PERSONAL, 2. Auflage 2005; Gabler Verlag, S.228
[3] Vgl. Bröckermann, Reiner; PERSONALWIRTSCHAFT, 5. Auflage 2009; Schäffer-Poeschel, S. 15 Abb. 1.4 Aufgabenfelder der Personalwirtschaft
[4] DER BROCKHAUS WIRTSCHAFT; 2. Auflage 2008; F.A. Brockhaus, Mannheim
[5] Büdenbender/Strutz; KOMPAKT LEXIKON PERSONAL, 2. Auflage 2005; Gabler Verlag, S.140
[6] Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Deutscher Corporate Governance Kodex, S. 2, Fassung vom 18. Juni 2009
[7] Hopt/Prigge, Preface, S.v.; Böckl, Governance, S.2f.;Werder, Code, S.2; v.Werder, in: Kodex-Komm., Rdn.1
1 Böckli, Peter: Harte Stellen im Soft Law, in ST, 76. Jahrgang, Nr. 11/2002
[9] Hommelhoff / Hopt / v.Werder, Handbuch Corporate Governance, 2003, Dr. Otto Schmidt / Schäfer-Poeschel; S. 4 f.
[10] Berle /Means, The Modern Corporation and Pivate Property, 1991, Transaction
[11] Vgl. Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Special Issue 2/2008, Corporate Governance in der Praxis mittelständischer Unternhemen, Editorial
[12] vgl. http://www.oecd.org/dataoecd/57/19/32159487.pdf. Website der OECD, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
[13] http://www.ifpm.unisa.ch/ora/ifpm/web.nsf/c2d5250e0954edd3c12568e40027f306/1008f896975213d6c125736700 684b08!QpenDocument: Website der Universität St. Gallen, Zugriffsdatum: 31.10.2009
[14] vgl. Prof. Dr. Hilb, Martin, INTEGRIERTE COPRORATE GOVERNANCE, 2. Auflage2006, Springer Verlag, S. 69 ff
[15] vgl. Prof. Dr. Hilb, Martin, PERSONALWIRTSCHAFT 05/2009, „Sehnsucht nach gesundem Menschenverstand“,
S. 20 - 23
[16] vgl. Prof. Dr. Hilb, Martin, PERSONALWIRTSCHAFT 05/2009, „Sehnsucht nach gesundem Menschenverstand“,
S. 20 - 23
- Arbeit zitieren
- Christian Perscheid (Autor:in), 2009, Die Rolle des Personalwesens in der Corporate Governance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147335
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