Synthese beider Molekülhälften des tumorhemmenden Naphthylisochinolin-Alkaloids Ancistroclin


Diplomarbeit, 1988

58 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Pharmakologische Bedeutung der Naphthylisochinolin-Alkaloide

3 Ausblick auf die Synthese von (+)- und (-)-Ancistroclin durch intramolekulare Arylkupplung

4 Synthese der isocyclischen Molekülhälfte des Ancistroclins
4.1 Planung der Synthese des Naphthalin-Bausteins 5
4.2 Optimierte Synthese der 1-Brom-4,5-dimethoxy-2-naphthalin-carbonsäure (9)
4.3 Aufklärung von Nebenprodukten aus der Synthese von 5

5 Synthese der heterocyclischen Molekülhälfte 6 des Ancistroclins (3)
5.1 Strategie für den Aufbau chiraler Tetrahydroisochinoline
5.2 Aufbau der heterocyclischen Molekülhälfte 6 des Ancistroclins (3) durch regio- und stereoselektive Funktionalisierung verfügbarer Isochinolin-Bausteine
5.2.1 Darstellung von 32 aus dem cis -Baustein 7
5.2.2 Darstellung von 32 aus der trans -Verbindung 8
5.2.3 Darstellung von 32 aus dem 3,4-Dihydroisochinolin 9
5.3 Regioselektive Etherspaltung an (1R, 3S)-6,8-Dimethoxy-1,3-dimethyl- tetrahydroisochinolin (7)
5.4 Versuche zur Dehydrierung der trans -konfigurierten Tetrahydroisochinoline 8 und 33
5.5 Darstellung von (1S,3S)-1,3-Dimethyl-6-isopropoxy-8-methoxy-1,2,3,4- tetrahydroisochinolin (42)
5.6 Versuche zur partiellen Dehydrierung von 42
5.6.1 Oxidation von 42 mit FREMYs Salz
5.6.2 Oxidation von 42 mit Mangandioxid
5.6.3 Oxidation von 42 mit Phenylselensäureanhydrid [46,47]
5.6.4 Oxidation von 42 mit Schwefel [48]
5.6.5 Oxidation von 42 mit Iod [49]
5.7 Regioselektive Etherspaltung am 3,4-Dihydroisochinolin 9
5.8 Stereoselektive Reduktion des 3,4-Dihydroisochinolins 48
5.9 Reduktive Methylierung von (1R,3S)-1,3-Dimethyl-6-hydroxy-8-methoxy-1,2,3,4- tetrahydroisochinolin (32)

6 Zusammenfassung

7 Experimenteller Teil
7.1 Allgemeine Methoden
7.1.1 Verwendete Meßgeräte und Apparaturen
7.1.2 Chromatographische Methoden
7.2 Synthese der isocyclischen Molekülhälfte des Ancistroclins
7.2.1 Optimierte Synthese der 1-Brom-4,5-dimethoxy-naphthalin-2-carbonsäure (5)
7.2.2 4,5-Dimethoxy-2-naphthalin-carbonsäure-methylester (25)
7.2.3 4,5-Dimethoxy-2-hydroxymethyl-naphthalin (18)
7.2.4 1-Brom-4,5-dimethoxy-2-hydroxymethyl-naphthalin (26)
7.2.5 1-Brom-4,5-dimethoxy-2-naphthalincarboxyaldehyd (28)
7.2.6 1-Brom-4,5-dimethoxynaphthalin-2-carbonsäure (5)
7.3 Aufklärung von Nebenprodukten der Naphthalinsynthese
7.3.1 4,5-Dimethoxy-naphthalin-2-carboxyaldehyd (30)
7.3.2 1-Brom-4,5-dimethoxy-7-hydroxymethylnaphthalin (27)
7.3.3 1-Brom-4,5-dimethoxy-7-naphthalincarboxyaldehyd (29)
7.3.4 4-Hydroxy-5-methoxy-2-hydroxymethylnaphthalin (31)
7.4 Rückgewinnung von 4,5-Dimethoxy-2-hydroxymethylnaphthalin (18) aus den Naphthalin-Bausteinen 27, 28 und 30
7.4.1 Reduktion des Aldehyds 30
7.4.2 Reduktion des Bromoaldehyds 29
7.4.3 Dehalogenierung des Bromonaphthalins 27 zu 18
7.5 Synthese des kupplungsfähigen Isochinolin-Bausteins
7.5.1 (1S, 3S)-6-Benzyloxy-1,3-dimethyl-8-methoxy-N-benzyl- 1,2,3,4-tetrahydroisochinolin (33)
7.5.2 (1S, 3S)-1,3-Dimethyl-6-isopropoxy-8-methoxy-N-benzyl- 1,2,3,4-tetrahydroisochinolin (42)
7.5.3 (1S, 3S)-1,3-Dimethyl-6-isopropoxy-8-methoxy- 1,2,3,4-tetra-hydroisochinolin (41)
7.5.4 Darstellung von (3S)-1,3-Dimethyl-6-isopropoxy-8-methoxy- 3,4-dihydroisochinolin (44) durch Oxidation von (42)
7.5.5 (3S)-1,3-Dimethyl-6-hydroxy-8-methoxy-3,4-dihydroisochinolin (48)
7.5.6 (1R,3S)-1,3-Dimethyl-6-hydroxy-8-methoxy-1,2,3,4-tetrahydroisochinolin (32)
7.5.7 (1R,3S)-1,3-Dimethyl-6-hydroxy-8-methoxy-N-methyl- 1,2,3,4-tetrahydroisochinolin (6)

8 Literaturverzeichnis

9 Danksagungen

1 Einleitung und Problemstellung

Im Jahre 1981 gelang chinesischen Wissenschaftlern[1] die Isolierung von drei Naphthyl-Tetra- hydroisochinolin-Alkaloiden aus den Stämmen und Zweigen der tropischen Line Ancistrocladus tectorius. Zwei dieser Verbindungen erwiesen sich als die schon zuor von GOVINDACHARI et al.[2][3][4] vollständig aufgeklärten atropisomeren Alkaloide Ancistrocladin (1) und Hamatin (2).

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(-)Ancistrocladin

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-Hamatin

Die dritte Verbindung, Ancistroclin (3) genannt, zeigte hingegen Strukturmerkmale, die in dieser Kombination bisher bei keinem anderen Naphthylisochinolin-Alkaloid gefunden werden konnten.

Durch 1H-NMR-spektroskopische Untersuchungen konnte schlüssig bewiesen werden, daß 3 dem gleichen Arylkupplungs-Typ (5-11-Verknüpfung) wie 1 und 2 angehört. Die heterocyclische Mole- külhälfte des Ancistroclins zeigt hingegen neben einer Methylsubstitution des Stickstoffs cis -Konfi- guration an den beiden stereogenen Zentren an C-1 und C-3.

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Ancistroclin

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Ancistrotectorin

Diese aus der bis-equatorialen Anordnung der beiden Methylgruppen an C-1 und C-3 ablesbare relative cis -Konformation findet sich nur noch bei einem einzigen weiteren Naphthyl-Isochinolin-Al- kaloid, dem ebenfalls aus Ancistrocladus tectorius isolierten Ancistrotectorin[5] (4).

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Schema 1: Projektierte Synthese der Atropisomeren des Ancistroclins (3)

Im Hinblick auf die noch zu klärende absolute Konfiguration an C-1 und C-3 sowie der Chiralität an der Biarylachse des (+)-Ancistroclins (3), nicht zuletzt aber auch wegen der im Tierversuch er- wiesenen tumorhemmenden Wirkung des (+)-Ancistroclins (3) stellt die Totalsynthese beider ste- reoisomerer Alkaloide 3a und 3b eine aus chemischer wie medizinischer Sicht lohnenswerte Auf- gabe dar.

Eine wahlweise Synthese beider Atropisomerer des Ancistroclins sollte dabei nach einer in unse- rem Arbeitskreis[6] entwickelten und erstmals für 1 und 2 erprobten Methodik möglich sein, näm- lich durch intramolekulare Arylkupplung der über eine Ester-Hilfsbrücke vorfixierten isocyclischen und heterocylischen Molekülhälften 5 und 6.

Im Rahmen dieser Diplomarbeit sollten deshalb durch die Synthese der kupplungsfähigen Mole- külhälften des Ancistroclins (3) alle notwendigen Voraussetzungen für eine später durchzuführen- de Arylkupplung des Ancistroclins (3) geschaffen werden.

Angesichts der Komplexität der Alkaloide und wegen der großen Zahl noch abzusichernder ande- rer Naphthyl-Isochinolin-Alkaloide sollte die Darstellung dieser Zielmoleküle dabei gerade unter Synthese-ökonomischen Gesichtspunkten möglichst rationell gestaltet werden. Daher wurde auf eine "ab initio-Synthese" der beiden Molekülhälften 5 und 6 verzichtet, da sie den zeitlichen Rah- men dieser Arbeit gesprengt hätte.

Für die zu optimierende Synthese der Naphthalincarbonsäure 5 wurde vielmehr auf noch im Ar- beitskreis vorhandenes Mutterlaugenmaterial verschiedener Naphthalin-Bausteine zurückgegrif- fen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schema 2: Vorstufen in der Synthese von (6)

Das bisher nicht synthetisierte Tetrahydroisochinolin 6 wollte man dagegen aus verschiedenen, bei der Totalsynthese von 1 anfallenden und im Arbeitskreis noch vorhandenen Bausteinen 7, 8 und 9 gewinnen. Damit sollte ein Beitrag zur weiteren Flexibilisierung bestehender Synthesekon- zepte geleistet werden. Für die vorliegende Diplomarbeit ergaben sich somit folgende Zielsetzun- gen:

- grundlegend optimierte Synthese der kupplungsfähigen Naphthalincarbonsäure 5 aus noch zur Verfügung stehenden Bausteinen
- Aufklärung der hierbei entstehenden und von früher vorhandenen Nebenprodukte und Un- tersuchung ihrer Rückführbarkeit in den Hauptsyntheseweg zu 5
- Aufbau des optisch aktiven Tetrahydroisochinolins 6 durch regio- und stereoselektive Funktionalisierung verfügbarer Isochinolinvorstufen.

2 Pharmakologische Bedeutung der Naphthylisochinolin-Alkaloide

In der traditionellen Volksmedizin Westafrikas und Südostasiens finden sich zahlreiche Beispiele für die Verwendung von Lianen aus den Familien der Ancistrocladaceae und Dioncophyllaceae als Heilpflanzen.

So werden die Wurzeln von Ancistrocladus tectorius zur Behandlung der Malaria eingesetzt [3]. Über den genauen therapeutischen Effekt der in diesem Pflanzenteil gefundenen Naphthylisochi- nolin-Alkaloide besteht zu diesem Zeitpunkt noch keine endgültige Klarheit. Die Annahme eines Wirkmechanismus gleich dem der synthetischen Medikamente wie 11 und 12, die heute in der Chemotherapie verschiedener Malariaformen neben Chinin (10) eingesetzt werden, ist jedoch nicht unbegründet. Letztere, meist Derivate von 4- und 8-Aminochinolin, entfalten ihre Wirkung durch Interkalation mit der DNA von Malaria-Erregern; die Transkription der Plasmodien-DNA wird hierdurch blockiert[7].

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Schema 3: Malaria-Medikamente mit interkalierender Wirkung

Mit den Wurzeln von A. tectorius[3] wird offensichtlich auch die Amöbenruhr behandelt, die wie die Malaria gleichfalls durch pathogene Protozoen hervorgerufenen wird. Als hier pharmakologisch ebenfalls wirksam hat sich das aus Rubiaceae isolierte Isochinolin-Alkaloid (-)-Emetin (13) erwie- sen[8]. Die Extrakte aus der für Frösche toxischen[9] Liane A. heyneanus zeigen schließlich spas- molytische Aktivität[10].

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Neben diesen Berichten über die Verwendung von Pflanzenteilen und Extrakten in der Volksmedi- zin existieren bisher nur wenige systematische Untersuchungen zur spezifischen pharmakologis- chen Wirkung einzelner Naphthylisochinolin-Alkaloide.

Die wenigen publizierten Untersuchungen lassen eine weitergehende Erforschung dieser Natur- stoffe um so lohnenswerter erscheinen.

So zeigten die an Meerschweinchen-Darm[11] durchgeführten Experimente für das aus den Wur- zeln von A. heyneanus isolierte Ancistrocladidin (14) eine gute spasmolytische Aktivität. Die am isolierten Darm-Präparat erreichte Relaxation weist dabei wie beim Papaverin[11][12] (15) auf eine direkt an der glatten Muskulatur ansetzende Wirkung hin.

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Schema 4: Isochinolin-Alkaloide mit spasmolytischer Wirkung

Ein besonderes Interesse verdienen allerdings Untersuchungen chinesischer Arbeitsgruppen[1]

zur tumorhemmenden Aktivität von Naphthylisochinolin-Alkaloiden aus A. tectorius.

Die von ihnen isolierten Alkaloide, Ancistrocladin (1), Hamatin (2) und Ancistroclin (3) wurden in vorklinischen Tests jeweils hinsichtlich ihrer antineoplastischen Wirkung untersucht. Hierbei er- wiesen sich (1) und (2) als inaktiv gegenüber dem an Mäusen verwendeten Sarkom S 180.

Das dritte Alkaloid, Ancistroclin (3), zeigte hingegen bei Experimenten an Ratten eine inhibierende Wirkung gegenüber dem Carcinosarkom WALKER 256[13][14], einem der am häufigsten verwende- ten experimentellen Tumorsysteme.

Diese ermutigenden Ergebnisse zeigen aber auch die Notwendigkeit, Ancistroclin (3) und sein Atropisomeres für weitere systematische vorklinische und klinische Untersuchungen in ausrei- chenden Mengen bereitzustellen.

Der prozentuale Anteil der Naphthylisochinolin-Alkaloide in den tropischen Lianen ist jedoch ver- schwindend gering und zudem von einer Vielzahl klimatischer sowie bodenbiologischer Faktoren abhängig. Die Gewinnung der Alkaloide durch Isolierung aus biologischem Material ist deshalb praktisch unmöglich. So mußte das Hindustan CIBA-GEIGY Research Centre in Bombay vielver- sprechende Arbeiten mit Ancistrocladidin (14), dessen Gehalt nur ca. 0.001% beträgt[15], einstel- len, weil für systematische Untersuchungen nicht genügend Substanz beschafft werden konnte[16].

Die Bereitstellung ausreichender Mengen der reinen atropisomeren Alkaloide 3a und 3b für detail- lierte Untersuchungen ihrer pharmakologischen Wirksamkeit ist deshalb nur durch eine leistungs- fähige und flexible Totalsynthese im chemischen Laboratorium zu leisten.

3 Ausblick auf die Synthese von (+)- und (-)-Ancistroclin durch intra- molekulare Arylkupplung

Axial-chirale Naturstoffe, die wegen ihrer stereochemischen wie auch pharmakologischen Bedeu- tung in den letzten Jahren zunehmend Beachtung gefunden haben (vgl. z.B. auch das sperma- togenese-hemmende Gossypol), können bisher nur schwierig synthetisiert werden, da wenige, zu- dem nur begrenzt anwendbare Methoden bekannt sind .

Die in unserem Arbeitskreis entwickelte Strategie[6] konnte durch Vorfixierung der beiden Molekül- hälften 5 und 6 mittels einer Esterbrücke zwischen der funktionalisierten Methylgruppe des Naph- thalins und der 6-OH-Gruppe des Isochinolins die kontrollierte Darstellung beider Atropisomere des Ancistroclins, 3a und 3b, ermöglichen. Durch die Hilfsbrücke zwischen dem Naphthalin 5 und dem chiralen Tetrahydroisochinolin 6 wird dabei eine für die Biosynthese diskutierte erzwungene Annäherung der Kupplungspositionen infolge spezifischer Einbettung der Substrate in eine "En- zymtasche" auch chemisch realisiert.

Die hierdurch intramolekulekular geführte Arylkupplung des Esters 16 sollte die beiden helicenar- tig verdrillten atropisomeren Lactone 17a und 17b liefern, wie schon bei der Ancistrocladinsynthe- se vermutlich mit steuerbarer Selektivität wahlweise zugunsten des einen oder des anderen Heli- meren. Mit Lithiumaluminiumhydrid umgesetzt, sollte man aus 17 konfigurationsstabile Hydroxy- methylverbindungen erhalten. Durch die rasche Reduktion der Lactone 17 könnte somit ein er- reichter Atropisomerenüberschuß irreversibel "eingefroren" werden. Die chromatographisch ein- fach zu trennenden Alkohole wären dann nach bekanntem Muster [6, 17] in die Alkaloide überzufüh- ren.

Zur gezielten Darstellung des Minderisomeren könnte man zunächst bei Raumtemperatur equili- brieren lassen und dann das Gleichgewichtsgemisch der Lactone einer basenkatalysierten Ester- verseifung unterziehen. Nach säulenchromatographischer Trennung der ringgeöffneten Carbon- säuren würde man das erwünschte Atropisomere unter Retention der Konfiguration an der Biaryl- achse ins Alkaloid überführen. Die unerwünschte atropisomere Säure würde dagegen im Sinne einer axial-chiralen Ökonomie recyclisiert werden und könnte damit für eine erneute Ringöffnung und Trennung zur Verfügung stehen[6].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schema 5: Geplante Totalsynthese von 3a und 3b durch intramolekulare Arylkupplung

4 Synthese der isocyclischen Molekülhälfte des Ancistroclins

4.1 Planung der Synthese des Naphthalin-Bausteins 5

Nach der in Kap. 3. ausgeführten Strategie zum Aufbau von Ancistroclin (3) war es zunächst not- wendig, die Naphthalin-Vorstufe 5 des kupplungsfähigen Esters 16 in ausreichender Menge be- reitzustellen.

Der schnellste Zugang zur Naphthalincarbonsäure 5 schien dabei durch gründliche Optimierung einer in unserem Arbeitskreis entwickelten Synthese möglich[18][19].

Hierzu sollten, im Sinne einer verbesserten Synthese-Ökonomie, auch die bei der Darstellung von 5 auftretenden Nebenprodukte charakterisiert und hinsichtlich ihrer Rückführbarkeit in die Synthe- se der Bromosäure 5 bzw. des Hydroxymethylnaphthalins 18 untersucht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenOH

4.2 Optimierte Synthese der 1-Brom-4,5-dimethoxy-2-naphthalin-car- bonsäure (9)

Die von JANSEN[18] auf der Grundlage einer Untersuchung von HANDFORD und WHALLEY[20] erarbeitete Reaktionssequenz zum Aufbau der Naphthalincarbonsäure 5 wurde weitgehend beibe- halten.

Durch gezielte Modifikation der Reaktionsbedingungen und Aufarbeitungsverfahren konnte jedoch in einigen Reaktionsschritten eine erhebliche Ausbeutesteigerung erzielt werden.

Bei der Darstellung des Naphthalincarbonsäuremethylesters 19 aus dem (E)-Itaconsäure-halbes- ter 20 erfolgte die in situ durchgeführte Methylierung des primären O-acetylierten Cyclisierungs- produktes 21 bisher nur mit einer Ausbeute von 62%[24]. Die dünnschichtchromatographische und die 1H-NMR-spektroskopische Untersuchung wiesen hierbei anfallendes und im Rahmen dieser Arbeit zur Synthese der Naphthalincarbonsäure 5 verwendetes Mutterlaugenmaterial als eine Mi- schung aus 8-Brom-4-hydroxy-5-methoxy-2-naphthalincarbonsäure (22) und des entsprechenden Methylesters 23 aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schema 6: Optimierte Synthese der Naphthalincarbonsäure 5

Die Umsetzung dieses Gemisches aus 22 und 23 mit Dimethylsulfat unter Phasentransfer-Kataly- se führte hierbei zunächst zur Methylierung der phenolischen 4-Hydroxylgruppe. Das unter den beschriebenen Reaktionsbedingungen ausfallende Kaliumcarboxylat 24a wurde separiert, in die Naphthalincarbonsäure 24 übergeführt und in einer weiteren Reaktion mit methanolischer Schwe- felsäure zu 19 verestert[21].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Innerhalb dieser zweistufigen Nachmethylierung konnte ca. 70% des eingesetzten Mutterlaugen- materials in den bromierten Methylester 19 übergeführt werden; allerdings ergaben präparativ identisch durchgeführte Umsetzungen nicht immer gleichermaßen gute Ausbeuten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schema 7: Nachmethylierung des Mutterlaugenmaterials von 19

Die Hydrodehalogenierung des Bromo-Esters 19 zu 25 wurde mit 10proz. Palladium auf Aktivkoh- le als Hydrierungskatalysator durchgeführt. In stöchiometrischen Mengen zugesetztes Triethyl- amin zur Neutralisation des entstehenden Bromwasserstoffs ermöglichte eine nahezu quantitative Umsetzung; demethylierte Nebenprodukte wurden nicht gefunden.

Für die regioselektive Bromierung des Hydroxymethylnaphthalins 18 konnten nach längeren Vor- untersuchungen Reaktionsbedingungen erarbeitet werden, unter denen das 1-Brom-2-hydroxyme- thyl-naphthalin 26 mit einer Ausbeute von 87% (statt vormals 73%[19]) zu erhalten war. Die Bildung mehrfach bromierter Naphthaline konnte auch bei 1H-NMR-spektroskopischer Untersuchung der Reaktionsgemische in keinem Falle festgestellt werden.

Als einziges Nebenprodukt der nahezu quantitativen Umsetzung wurde in allen Versuchen das in der regioisomeren peri -Position bromierte Naphthalin 27 mit einem Anteil von 8% bis zu 20% ge- funden. Bei der Kristallisation von Mischungen der Regioisomere 26 und 27 aus siedendem Me- thanol konnte überraschenderweise eine partielle Fraktionierung erreicht werden; während 26 in Form großer Stäbchen und Prismen ausfiel, schied sich 27 in Form einer Kruste feinster weisser Kristalle an der Kolbenwand ab. Durch sorgsame Separation dieser Kristalle konnte der für die weiteren Umsetzungen benötigte Bromo-Alkohol 26 in einigen Fällen nach nur einem Kristallisa- tionsschritt mit einer dünnschichtchromatographisch und NMR-spektroskopisch geprüften Reinheit von über 95% isoliert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schema 8: Regioselektive Bromierung von 18

Bei der Reaktionsführung ließ sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Temperatur der Lösung des Naphthalins 18, der Konzentration der zugetropften Brom-Lösung, der Reaktionszeit sowie der Durchmischung des Ansatzes und andererseits der Gesamtausbeute an Bromierungs- produkten und des Verhältnisses zwischen 26 und 27 finden. Es zeigte sich, daß bei Verlängerung der Reaktionszeit auf 6 h, Erniedrigung der Reaktionstemperatur auf -60°C und heftiger Durchmi- schung der - bei dieser Temperatur schon sehr viskosen - Chloroform-Lösung des Eduktes eine Gesamtausbeute von 95% an monohalogeniertem Naphthalin (26 und 27) zu erreichen war. Wur- den zudem Edukt und Brom nur in hoher Verdünnung eingesetzt (3.05 · 10-2 M bzw. 5.27 · 10-2 M), so ließ sich der Anteil an unerwünschtem 27 auf 8% reduzieren.

Die Ausbeute bei der Oxidation des bromierten Hydoxymethylnaphthalins 26 zum Aldehyd 28 mit aktiviertem Braunstein[22] konnte bei Durchführung dieser heterogenen Reaktion im Ultraschall- bad von 85% auf 91% gesteigert werden.

Diese Reaktion gehörte wegen der einfachen Entfernbarkeit des Oxidationsmittels zu den prob- lemlosesten Schritten der gesamten Naphthalinsynthese. Die Reaktionszeit betrug nur eine Stun- de, und der erhaltene Bromoaldehyd 28 zeigte im Vergleich zu den Hydroxymethylnaphthalinen 18, 26 und 27 günstigere chromatographische Eigenschaften und ließ sich mühelos kristallisieren. Nach diesen Ergebnissen schien es ratsam, auch stark verunreinigte, durch Kristallisation oder Säulenchromatographie nur noch mühevoll zu reinigende Mutterlaugen aus früheren, noch nicht optimierten Bromierungsansätzen von 18 mit Mangandioxid zu oxidieren. Die resultierenden Pro- duktmischungen wurden zunächst durch eine Säulenfiltration von nahezu allen Verunreinigungen befreit; anschließende fraktionierende Kristallisation lieferte die regioisomeren Bromoaldehyde 28 und 29 in Form tiefgelber Nadeln. Durch Flash-Chromatographie konnte der nichtbromierte Alde- hyd 30 aus den Kristallisationsmutterlaugen isoliert werden; weiterhin wurde eine Antrennung von 28 und 29 erreicht.

[...]


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[3]. T.R. Govindachari, K. Nagarajan, P.C. Parthasaratyr T.G. Rajagopalan, H.K. Desai, G. Kartha, S. Lai Chen, K. Nakanishi, J. Chem. Soc., Perkin Trans. 1 1974, 1413.

[4]. T.R. Govindachari, P.C. Parthasarathy, T.G. Rajagopalan, H.K. Desai, K.S. Ramachandran, Ind. J. Chem. 1975, 13, 641.

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[21]. Autorenkollektiv, ORGANIKUM, Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin: 1977, 499.

[22]. A.S. Fatiadi, Synthesis 1976, 133.

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Details

Titel
Synthese beider Molekülhälften des tumorhemmenden Naphthylisochinolin-Alkaloids Ancistroclin
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Organische Chemie)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1988
Seiten
58
Katalognummer
V14734
ISBN (eBook)
9783638200516
Dateigröße
685 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Synthese, Molekülhälften, Naphthylisochinolin-Alkaloids, Ancistroclin
Arbeit zitieren
Klaus-Dieter Warzecha (Autor:in), 1988, Synthese beider Molekülhälften des tumorhemmenden Naphthylisochinolin-Alkaloids Ancistroclin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14734

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