Das Umfeld eines Wirtschaftsunternehmens unterliegt einem ständigen Wandel, der
das Unternehmen permanent zur Anpassung an die aktuellen Geschehnisse zwingt.
Zweifelsohne hat der Trend zur Globalisierung die Wirtschaft in den letzten Jahren
nachdrücklich verändert. Auf den Kapitalmärkten haben die Teilnehmer in
zunehmendem Maße eine globale Sicht entwickelt.
Die Informationsforderungen der Anleger sind gestiegen, woraus sich eine
zunehmende Orientierung der Unternehmen hin zu den Anlegern ergibt. Sie
verlangen mehr Daten über die als Investitionsobjekte zur Verfügung stehenden
Unternehmen. Cash-flow orientierte Größen gewinnen an Bedeutung. Um erfolgreich
bestehen zu können, werden Konzepte der Unternehmensführung entwickelt, die
den Kapitalmarkt als Lenkungsinstrument zugrunde legen. In diesem
Zusammenhang wird der Shareholder Value Ansatz diskutiert.
Der Shareholder Value oder auch Geschäftswert ist der Wert, den ein Investor einem
Unternehmen oder auch einem Teil einer Unternehmung beimisst.
Im Grunde genommen ist es nicht relevant, ob diese Beteiligung an einer Personenoder
Kapitalgesellschaft erfolgt, jedoch ist das Shareholder Value eindeutig vor dem
Hintergrund von Kapitalgesellschaften namentlich von börsennotierten
Aktiengesellschaften zu sehen. Das Konzept geht aus diesem Grund davon aus,
dass es sich bei den Anteilseignern um Aktionäre handelt, welche korrekterweise als
Stockholder bezeichnet werden müssten. Die Darstellung in der vorliegenden Arbeit
soll sich trotz der auch für alle anderen gesellschaftsrechtlichen Formen gegebenen
Anwendbarkeit auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft beschränken.
Welchen Kapitalrückfuß kann der Anteilseigner sich aus den von ihm eingesetzten
Mitteln erhoffen? Wie hoch ist der Gegenwartswert der erwarteten Rückflüsse? In
welchem Verhältnis steht dieser Wert zu dem Wert alternativer Kapitalanlagen?
In der vorliegenden Arbeit wird zunächst der Begriff des Shareholder Value, mit den
dazugehörigen Informationen zur geschichtlichen Herkunft sowie den
Begriffsbestimmungen der führenden Wissenschaftler dieser Disziplin, erläutert.
Im weiteren Verlauf werden verschiedene Methoden der Unternehmensbewertung
dargestellt und kritisch beleuchtet. Abschließend werden konkrete Kritikpunkte des
Shareholder Value Konzeptes aufgezeigt und zudem der Stakeholder Ansatz
erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1. Unternehmen und Shareholder
1.1 Begriffsklärung
1.2 Ursprung des Shareholder Value
1.3 Ziele des Shareholder Value
1.4 Zieldivergenz zwischen Managern und Eigentümern
1.4.1 Entlohnung der Manager mit einer bedeutsamen Beteiligung am Eigentum
1.4.2 Verknüpfung der Eigentumsrendite mit der Entlohnung
1.4.3 Die Gesellschaft ist von einer Übernahme bedroht
1.4.4 Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt für Führungskräfte
2. Bewertung nach dem Shareholder Value Ansatz
2.1 Shareholder Value als Managementkonzept
2.2 Unzulänglichkeiten der Zahlen aus dem Rechnungswesen
2.3 Unternehmenswert und Shareholder Value
2.3.1 Cash-flow als Leistungsgröße
2.3.2 Kapitalkosten als Diskontierungsfaktor
2.3.3 Residualwert der Unternehmung als Teil des Unternehmenswertes
2.4 Ermittlung des Shareholder Value
2.4.1 Abgrenzung zu traditionellen Methoden der Unternehmensbewertung
2.4.2 Shareholder Value Ansatz nach Rappaport
2.4.3 Shareholder Value Ansatz nach Copeland, Koller, Murrin (McKinsey)
2.4.4 Shareholder Value Ansatz nach Lewis (BCG)
2.4.5 Shareholder Value Ansatz nach Stern Stewart & Co
2.5 Vergleich der betrachteten Bewertungsmethoden
3. Wertorientiertes Controlling
3.1 Notwendigkeit einer wertorientierten Unternehmensführung
4. Kritik und Probleme des Shareholder Value
4.1 Inhaltliche Kritikpunkte am Shareholder Value Konzept
4.2 Kritikpunkte bei der Berechnung des Shareholder Value
4.3 Probleme bei der Cash-flow-Berechnung
5. Stakeholder Ansatz
Literaturverzeichnis
Eigenständigkeitserklärungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verknüpfung der Interessen von Manager und Eigentümer
Abbildung 2: Entstehung von Wertlücken
Abbildung 3: Unternehmenswert und Shareholder Value
Abbildung 4: Ermittlung des Unternehmenswertes
Abbildung 5: Prozeß der Strategieformulierung und –bewertung
Abbildung 6: Shareholder Value nach Rappaport
Abbildung 7: Das Shareholder Value Netzwerk
Abbildung 8: Shareholder Value nach Copeland u.a.
Abbildung 9: Ermittlung des CFROI
Abbildung 10: Unternehmenswert und Shareholder Value
Abbildung 11: Ermittlung des Economic Value Added
Abbildung 12: Ermittlung von investiertem Vermögen und NOPAT
Abbildung 13: Shareholder Value nach Stern/Stewart
Abbildung 14: Vergleich der Bewertungsmethoden
Abbildung 15: Darstellung der Wertreiber
Abbildung 16: Anspruchsgruppen (Stakeholders) der Unternehmung und Ihre Interessen
Einleitung
Das Umfeld eines Wirtschaftsunternehmens unterliegt einem ständigen Wandel, der das Unternehmen permanent zur Anpassung an die aktuellen Geschehnisse zwingt. Zweifelsohne hat der Trend zur Globalisierung die Wirtschaft in den letzten Jahren nachdrücklich verändert. Auf den Kapitalmärkten haben die Teilnehmer in zunehmendem Maße eine globale Sicht entwickelt.
Die Informationsforderungen der Anleger sind gestiegen, woraus sich eine zunehmende Orientierung der Unternehmen hin zu den Anlegern ergibt. Sie verlangen mehr Daten über die als Investitionsobjekte zur Verfügung stehenden Unternehmen. Cash-flow orientierte Größen gewinnen an Bedeutung. Um erfolgreich bestehen zu können, werden Konzepte der Unternehmensführung entwickelt, die den Kapitalmarkt als Lenkungsinstrument zugrunde legen. In diesem Zusammenhang wird der Shareholder Value Ansatz diskutiert.
Der Shareholder Value oder auch Geschäftswert ist der Wert, den ein Investor einem Unternehmen oder auch einem Teil einer Unternehmung beimisst.
Im Grunde genommen ist es nicht relevant, ob diese Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft erfolgt, jedoch ist das Shareholder Value eindeutig vor dem Hintergrund von Kapitalgesellschaften namentlich von börsennotierten Aktiengesellschaften zu sehen. Das Konzept geht aus diesem Grund davon aus, dass es sich bei den Anteilseignern um Aktionäre handelt, welche korrekterweise als Stockholder bezeichnet werden müssten. Die Darstellung in der vorliegenden Arbeit soll sich trotz der auch für alle anderen gesellschaftsrechtlichen Formen gegebenen Anwendbarkeit auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft beschränken.
Welchen Kapitalrückfuß kann der Anteilseigner sich aus den von ihm eingesetzten Mitteln erhoffen? Wie hoch ist der Gegenwartswert der erwarteten Rückflüsse? In welchem Verhältnis steht dieser Wert zu dem Wert alternativer Kapitalanlagen?
In der vorliegenden Arbeit wird zunächst der Begriff des Shareholder Value, mit den dazugehörigen Informationen zur geschichtlichen Herkunft sowie den Begriffsbestimmungen der führenden Wissenschaftler dieser Disziplin, erläutert.
Im weiteren Verlauf werden verschiedene Methoden der Unternehmensbewertung dargestellt und kritisch beleuchtet. Abschließend werden konkrete Kritikpunkte des Shareholder Value Konzeptes aufgezeigt und zudem der Stakeholder Ansatz erläutert.
1. Unternehmen und Shareholder
1.1 Begriffsklärung
Das Shareholder Value Konzept, ursprünglich aus den USA stammend, ist ein Instrument der strategischen Unternehmensbewertung.
Der Begriff entspricht im Deutschen am ehesten der Bezeichnung des Anteilseigners, welcher vom engl. Shareholder (Aktionär) und Value (Wert) abgeleitet ist.
Wolfgang Ballweisser bspw. übersetzt den Begriff des Shareholder Value als Marktwert des Eigenkapitals.[1] Alfred Rappaport hingegen definiert den Begriff als Eigentümerrendite, welche sich aus den zahlbaren Dividenden und der Steigerung des Kurswertes ergibt.[2] Einige Bezeichnungen im deutschsprachigen Raum wären hingegen „Aktionärsnutzenansatz“ „Wertsteigerungsanalyse“ und im Rahmen von Planungsmodellen die Begriffe „wertorientierte Strategieplanung“ bzw. „Wertorientiertes Planungsmodell“.
So lassen sich aus der Literatur unzählige differenzierte Definitionen zum Begriff des Shareholder Value aufzeigen.
Im Grundgedanken des Shareholder Value hält der Anteilseigner einen bestimmten Teil des Eigenkapitals eines Unternehmens. Durch diese Beteiligung wird ein Eigentumsrecht an der Unternehmung zum Ausdruck gebracht.[3] In den Mittelpunkt des Interesses rückt aus diesem Grund die Gesamtmaximierung des Unternehmenswertes, von welchem die Summe der Werte der Shareholder einen wesentlichen Teil ausmacht.
Im folgenden Abschnitt soll auf den historischen Ursprung des Shareholder Value näher eingegangen werden.
1.2 Ursprung des Shareholder Value
Seinen Ursprung findet der Shareholder Value Ansatz in der Finanzbedarfsplanung, wobei er v.a. in der Investitionsrechnung angewendet wird. Der Ansatz des Shareholder Value ist von der Beurteilung einzelner Investitionsprojekte auf die Überprüfung der Vorteilhaftigkeit alternativer Strategien übertragen worden.
Zudem können durch diesen Ansatz Zusammenschlüsse von Unternehmungen (externes Wachstum) sowie Kapazitätserweiterungen (internes Wachstum) wertmäßig betrachtet werden. Die unerwünschten Unternehmensübernahmen der frühen achtziger Jahre in den USA waren der Anlass für die Entwicklung des Shareholder Value Konzeptes. Unterbewerte Unternehmen können durch ein effektives Management ihren Wert steigern, was nicht zuletzt auch potentielle Käufer wissen. Allerdings ist dies in der Regel nur eine Spekulation.[4] Die betroffenen Unternehmen streben daher nach einer Maximierung des Aktienkurses (bei Aktiengesellschaften), um sich gegen die unerwünschten Übernahmeversuche zu schützen.[5]
1.3 Ziele des Shareholder Value
Das Hauptziel jedes Investors ist das Erzielen hoher Renditen auf das investierte Kapital. Anteilseigener streben folglich nach hohen Rückflüssen bei möglichst niedrigem Risiko. Unter Rückflüsse sind Ausschüttungen (Dividenden- und Bonuszahlungen) sowie Kurssteigerungen an den Wertpapierbörsen mit der Folge, potentiell einen höheren Verkaufserlös der erworbenen Wertpapiere zu erzielen, zu verstehen. Die Interessen der Shareholder (Anteilseigner) liegen in der langfristigen Vermögensvermehrung.[6]
Die Rendite des Anteilseigners zur zentralen Zielgröße der Unternehmensführung zu erheben, ist Ziel der (unternehmens-) wertorientierten oder auch (kapital-) marktorientierten Führungsebene. Um die Managementleistung und den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg messen zu können, nutzt man als konsensfähigen Maßstab unter den Anteilseignern die Eigentümerrendite, deren Komponenten Gewinnausschüttung und Änderung des Unternehmenswertes sind.[7]
Die Wertorientierung soll die Wettbewerbsfähigkeit sowie den Aufbau rationaler Vergleichsmöglichkeiten der Unternehmen erhöhen und vor feindlichen Übernahmen (hostile take-over) durch Unternehmensaufkäufer (Corporate Raider) schützen.[8] Eine weitere Aufgabe der Unternehmensführung ist, die auf den Unternehmenswert bezogene Garantie einer risikoadäquaten Mindestrendite (sog. hurdle rate) für die Anteilseigner zu überwachen.[9]
Folgende Maxime lassen sich formulieren:
- Nur wenn Projekte oder Geschäftsfelder einen risikoadäquaten Mindesterfolg versprechen, wird investiert. Ein Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung kann in diesen Bereichen durch Wachstum geleistet werden.
- Geschäftsfelder die sich minderrentierlich darstellen – nur durch Quersubventionen überlebensfähig – sind zu verkaufen oder zu zerschlagen.
- Frei verfügbare Mittel für die aktuell keine i.S. der Mindestrendite lukrative Investitionsmöglichkeit besteht, sind an die Anteilseigner auszuschütten. Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTrag) und des § 71 Aktiengesetz (AktG) ergeben sich hierbei entsprechende Möglichkeiten, bspw. aus der Neuregelung des Erwerbs eigener Aktien.
Im betrieblichen Handeln sind die oben aufgeführten Handelsnormen so tief wie möglich zu verankern. Nach der allgemeinen Auffassung der Befürworter des Shareholder Value Konzepts, ist die Unternehmensleitung an der Entwicklung des Unternehmens zu beteiligen.[10]
1.4 Zieldivergenz zwischen Managern und Eigentümern
Die Ziele der Eigentümer können von denen der Manager abweichen, da davon ausgegangen werden kann, dass Führungskräfte nicht zwingend im Interesse der Anteilseigner handeln.[11]
Es gibt jedoch eine Reihe von Einflussfaktoren, welche Manager dazu veranlassen, i.S. der Eigentümer zu handeln:
- Manager mit einer bedeutsamen Beteiligung am Eigentum zu entlohnen.
- Eigentümerrendite mit der Entlohnung zu verknüpfen.
- Die Organisation von einer Übernahme bedroht ist und damit die Managementpositionen vakant sind.
- Eine lebhafte Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt für Führungskräfte.
Zur Verdeutlichung dieser Einflussfaktoren erläutern die Verfasser die genannten Punkte im folgenden explizit.
1.4.1 Entlohnung der Manager mit einer bedeutsamen Beteiligung am Eigentum
Gemäß der ökonomischen Denkweise sind Manager gehalten, bei einer Beteiligung am Unternehmen, auf die Interessen der Eigentümer einzugehen. Es ist davon auszugehen, je höher sich die Beteiligung am Unternehmen darstellt, desto höher gestaltet sich die Identifizierung mit den Zielen der Shareholder. Beteiligungen der Führungskräfte können durch die von der Unternehmung begebenen Optionsrechte entstehen. Diese Möglichkeit trifft meist nur auf das Top-Management und nicht auf Divisions- oder Abteilungsleiter zu. Dabei liegen jedoch die Entscheidungen über die Verteilung der Ressourcen mehrheitlich auf dieser Ebene.
Die Risikoneigung zwischen Managern und Eigentümern kann differieren. Ein Aktionär besitzt die Möglichkeit, risikoreiches agieren einer Unternehmung durch ein ausgewogenes Portfolio auszugleichen, bzw. andere Investments zu suchen oder Beteiligungsanteile zu verändern. Ein Manager hingegen kann lediglich die Geschäftseinheiten seiner Unternehmung steuern.[12]
1.4.2 Verknüpfung der Eigentümerrendite mit der Entlohnung
Es wird davon ausgegangen, dass durch die oben genannte Verknüpfung eine eigentümerorientierte Haltung der Manager hervorgerufen wird. Um die Interessen der Führungsebene mit denen der Eigentümer zu verknüpfen, ist die effektivste Methode darin zu sehen, die Entlohnungsbasis, und insbesondere die Anreizsysteme, auf die tatsächlich für die Eigentümer zu erzielte Markrendite auszurichten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Verknüpfung der Interessen von Manager und Eigentümer, Abbildung der Verfasser
Aber auch diese Betrachtungsweise stößt aus folgend aufgeführten Gründen an ihre Grenzen:
- Infolge einer übertrieben optimistischen bzw. pessimistischen Darstellung der Unternehmenssituation durch das Management nach außen hin, können die Kurswerte zu Beginn bzw. zum Ende der Periode positiv oder negativ beeinflusst werden. Diese Verzerrung entspricht jedoch nicht dem Interesse des langfristigen Kapitalanlegers.
- Die Entwicklung eines Aktienkurses lässt nicht zwingend auf die Performance einer Division oder Geschäftseinheit schließen.[13]
1.4.3 Die Gesellschaft ist von einer Übernahme bedroht
Ein bewährtes Mittel zur Übertragung der Verfügungsmacht an ein anderes Unternehmen, sind die förmlichen Übernahmeangebote, auch „tender offer“ genannt. Die Bedrohung durch „feindliche Übernahmen“ wird das Management dahingehend beeinflussen, grundsätzlich nicht entgegen der Eigentümerziele zu agieren. Die Bestrebung des Managements liegt folglich darin, den Marktwert der Unternehmung zu erhöhen und zu stabilisieren. Die Gesellschaft wird somit als Übernahmeobjekt an Beachtung verlieren.[14]
Ein Unternehmen wird ein attraktives Übernahmeobjekt, indem das Verhältnis zwischen dem zurzeit niedrigem Marktwert und dem was das Unternehmen wert wäre, wenn es ein effizientes Management angewandt hätte (die so genannte „Maximum raider oppurtunity“) positiv ist. Ein Unternehmen wird aus Sicht eines vermeintlichen Aufkäufers für ein Investment nur lukrativ erscheinen, wenn der aktuelle Marktwert aus subjektiver Sicht niedrig einschätzt und tatsächlich wesentlich höher bewertet wird. Diese Differenz nennt man Wertlücke.[15]
Die Verfasser sehen die Entstehung der Wertlücke wie folgt:
Wertlücke = Wert des Unternehmens bei Maximierung des SHV – dem aktuellen Marktwert
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entstehung von Wertlücken, Abbildung der Verfasser
1.4.4 Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt für Führungskräfte
Sowohl innerhalb der Unternehmung als auch am externen Arbeitsmarkt konkurrieren Führungskräfte um hierarchische Stellungen. Einen Beweis für den aktiven Arbeitsmarkt für Führungskräfte liefert die Länge der „Who’s News“- Kolumne im Wall Street Journal oder die steigende Anzahl von Rekrutierungsunternehmen für Führungskräfte. Folglich stellt sich die Frage nach dem Prozess der objektiven Bewertung der Führungskräfte durch den Markt. Innerhalb eines Unternehmens bilden Leistungsbewertungen und Anreizpläne[16] die Grundinstrumente der Leistungskontrolle. Am externen Arbeitsmarkt spiegelt sich das Konkurrenzdenken durch Ansehen der Personen sowie Kommunikation zwischen Führungskräften und Unternehmen wieder.[17]
Innerhalb des Shareholder Value Modells streben die Anteilseigner nach einem bestmöglichen Personalmanagement der Unternehmung um letztendlich die Eigentümerrendite zu maximieren.
2. Bewertung nach dem Shareholder Value Ansatz
2.1 Shareholder Value als Managementkonzept
Es wurde bereits aufgezeigt, dass der Shareholder Value Ansatz zweifelsohne ein bedeutendes Managementkonzept darstellt. Nach diesem Ansatz haben sich die unternehmenspolitischen Entscheidungen vorrangig an der Maximierung des Aktionärsvermögens zu orientieren. Diese Notwendigkeit wird u.a. damit begründet, dass infolge der Globalisierung des Wettbewerbs der Produktionsfaktor Kapital immer wertvoller und immer härter umkämpft wird. Zur langfristigen Existenzsicherung eines Unternehmens ist es deshalb wichtig, für dessen Eigentümer einen Wert zu schaffen, der dieses Unternehmen auch für weitere Kapitalgeber attraktiv macht. Die unternehmenspolitischen Maßnahmen zur Gewinnsteigerung umfassen u.a. Steigerung der Produktivität, Investitionen in gewinnträchtige Unternehmungen sowie Begrenzung oder Aufgabe verlustreicher Unternehmensbereiche.[18]
Die Maximierung der Rendite des Eigenkapitals soll folglich die Steigerung des Aktienkurses hervorrufen.[19] Anteilseigner wollen demnach, wenn sie in ein Unternehmen investieren, möglichst hohe Rückflüsse über einen möglichst langen Zeitraum, bei möglichst niedrigem Risiko.[20] Unter Rückflüssen versteht man Ausschüttungen (Dividenden- und Bonuszahlungen) sowie Kurssteigerungen an den Wertpapierbörsen mit der Folge, potentiell einen höheren Verkaufserlös der erworbenen Aktien zu erzielen. Der Wert einer Aktiengesellschaft muss aus Sicht des Investors größer sein als der Marktwert bzw. Kurswert aller begebenen Aktien der Unternehmung.
2.2 Unzulänglichkeiten der Zahlen aus dem Rechnungswesen
Auch in der heutigen Zeit herrscht in der Wirtschaftspresse und in den Geschäftsberichten eine zwanghafte Beschäftigung mit Gewinnen pro Aktie (EPS, Earnings per Share) als die entscheidende Meßlatte zur Erfolgsbewertung von Unternehmen vor. Jedoch muss in diesem Zusammenhang eindeutig festgestellt werden, dass das Wachstum des Gewinns pro Aktie (EPS) nicht notwendigerweise eine Steigerung des Marktwertes von Anteilsscheinen bewirkt.
Gewinne können die Veränderung des Firmenwertes im Zeitablauf nicht zuverlässig messen. Die Möglichkeiten und Motivationen Gewinne zu beeinflussen, sind heute so stärker als je zuvor. Des weiteren verzerrt die Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes sowie eine etwaige Vernachlässigung von Investitionserfordernissen die Aussagefähigkeit der Zahlen aus dem Rechnungswesen.
Der Erkenntnis zufolge, dass Gewinnzuwächse nicht auch automatisch Zuwächse des Shareholder Value bedeuten, insbesondere nicht in inflationären Zeiten, bewirkte in den 90ziger Jahren eine Popularität der auf dem Rechnungswesen beruhenden Kennzahlen Rentabilität des investierten Kapitals (ROI) und Rentabilität des Eigenkapitals (ROE). Diese beiden Kennzahlen sind jedoch kritisch zu beleuchten. Der ROI unterschätzt die ökonomische Rendite typischerweise in den Frühphasen einer Investition und überschätzt diese in den späteren Phasen, in denen die noch nicht vollständig abgeschriebenen Vermögensbestandteile ständig an Wert verlieren. Die Größe des Fehlers im ROI wird weiters beeinflusst durch die Wachstumsrate der Investitionen. Wenn ein Unternehmen in zunehmendem Ausmaß investiert, dann wird sein Portfolio viele Neuinvestitionen beinhalten, die einen relativ geringen ROI aufweisen. Der ROI eines wachsenden Unternehmens wird daher geringer sein, als der eines stagnierenden Unternehmens, wenn auch beide Unternehmen in Projekte mit identischen Discounted-Cash-flow-Renditen investieren. Zudem hängt er nicht nur von den voraussichtlichen Investitionen und Cash-flows, sondern auch von den in der Vergangenheit noch nicht vollständig abgeschriebenen Investitionen ab. Eine weitere wichtige Unzugänglichkeit, die gegen die Verwendung des ROI zur Beurteilung von Strategien und Geschäftserfolg spricht, liegt in der Vernachlässigung des Residualwertes eines Unternehmens nach der Planungsperiode, welcher üblicherweise mehr als 50 Prozent des gesamten Marktwertes eines Unternehmens ausmacht.
Eine weitere Einschränkung bei der Verwendung des ROI für Zwecke der finanziellen Planung und Kontrolle sind die Wirkungen einer Änderung der Finanzierungspolitik auf den ROI, welche gegen die ökonomische Logik verstoßen. Eine Verschuldung über dem Optimum bewirkt demnach eine Abnahme des ROI nach Zinsen, eine Verschuldung unter dem Optimum bewirkt eine Zunahme des ROI nach Zinsen.
Ein anderer, weit verbreiteter Maßstab für die Beurteilung des Geschäftserfolges ist die Buchrendite des Eigenkapitals (ROE). Da der ROE dem ROI sehr gleicht, treffen auf den ROE all die Unzulänglichkeiten zu, die zuvor für den ROI genannt wurden. Darüber hinaus reagiert der ROE stark auf Änderungen des Verschuldungsgrades. Angenommen aufgenommenes Fremdkapital kann zu einem Satz investiert werden, der den Ausleihesatz übersteigt, so nimmt der ROE mit steigendem Verschuldungsgrad zu. Er steigt auch dann, wenn der Verschuldungsgrad über dem Optimum liegt, und auch dann, wenn der Unternehmenswert aufgrund der Zunahme des finanziellen Risikos abnimmt. Auch hier lässt sich erkennen, dass eine auf Größen des Rechnungswesens beruhende Erfolgsbeurteilung dem Maßstab „Shareholder Value“ zuwiderlaufen kann.
Obwohl Zahlen des Rechnungswesens keine zuverlässigen Indikatoren des Shareholder Value sind, sollte dies nicht als ein Versagen des Rechnungswesens gewertet werden. Letztlich liegt das Problem in der unbeabsichtigten und ungeeigneten Verwendung historischer Daten des Rechnungswesens durch Manager und Investoren für Bewertungen, die auf künftigen Erwartungen basieren.[21]
[...]
[1] Vgl. Ballweisser, W., Shareholder Value, in: Handwörterbuch Unternehmensrechnung und Controlling, Stuttgart 2002, S. 1764
[2] Vgl. Rapperport, A., Shareholder Value: ein Handbuch für Manager und Investoren, Stuttgart 1995, S. 5 (i. f. zit. als: Rappaport, 1999)
[3] Vgl. Schneck, O., Lexikon der Betriebswirtschaft, München 1994, S. 43
[4] Vgl. von Jürgensonn, I., Strategische optionen für das Corporate Real Estate Management, 1. Auflage, Wien 1997, S. 169 (i. f. zit. als: Jürgensonn, 1997)
[5] Vgl. Schmusch, M., Unternehmensakquisition und Shareholder Value, Wiesbaden 1998, S. 31 (i. f. zit. als: Schmusch, 1998)
[6] Vgl. Reimann, B.C., Managing for the Shareholder: An Overview for the Value-Based Planning. In Planning Review, Vol. 16, 1/1988, S.11 ff. und von Jürgensonn, 1997, S. 171
[7] Vgl. Dr. Lorson, P., Der Betrieb – Shareholder Value-Ansätze – Zweck, Konzepte und Entwicklungstendenzen, Heft 26/27 vom 09. Juli 1999, S. 1329 (i. f. zit. als:Dr. Lorson, 1999)
[8] Vgl. Rappaport, A. Creating Shareholder Value: The new Standard for Business Performance, New York 1986, S. 3
[9] Vgl. Küting E./ Weber D., Shareholder Value Analyse: Entscheidungen zur unternehmerischen Nachhaltigkeit – Wie Sie die Schlagkraft Ihres Unternehmens steigern, Stuttgart 1997, S. 168
[10] Vgl. Dr. Lorson, 1999, S. 1329
[11] Vgl. Rappaport, 1999, S. 3,4
[12] Vgl. Rappaport, 1999, S. 3 f.
[13] Vgl. ebenda
[14] Vgl. Rappaport, 1999, S.5
[15] Vgl. Ferstl, J. Managervergütung und Shareholder Value, Wiesbaden 2000, S.42
[16] Vgl. Prinzip Management by Objectives
[17] Vgl. Rappaport, 1999, S. 5
[18] Weiterführend: www.encarta.de, Suchbegriff „Shareholder Value“, verfügbar am 2003-05-25
[19] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Band 8, 14. Auflage, Wiesbaden 1997, S. 3406
[20] Ausführlicher, Reimann, B.C. , Managing for the Shareholder: An Overview for the Value-Based Planning. In Planning Review, Vol. 16, 1/1988, S.11 ff.
[21] Vgl. Rappaport, 1999, S. 15 ff.
- Arbeit zitieren
- Matthias Kurze (Autor:in), Rico Haustein (Autor:in), Alexander Hirsch (Autor:in), Denise Wiedrich (Autor:in), 2003, Shareholder Value, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14740