„Das Leben der Kinder ist so schön und so schwer wie unser Leben; ihre Konflikte sind nicht kleiner, ihre Sorgen mitunter größer, weil sie wehrloser sind und Hilfe brauchen.“
Benno Pludras Intersse an Kindern veranlasste ihn dazu, bis weit in die 90er Jahre hinein Kinder- und Jugendbücher zu verfassen. Sein Gesamtwerk wurde 2004 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.Zu diesem Zeitpunkt ist Pludra bereits 75 Jahre alt und blickt auf eine 48 Jahre währende schriftstellerische Tätigkeit zurück. Dabei erlebte Pludra seine produktivste und erfolgreichste Phase als Kinder- und Jugendbuchautor in der DDR, in der er als junger Nachwuchsautor debütierte und zu einem der bedeutendsten Schriftsteller der sozialistischen KJL avancierte.So nahm Pludra in Auseinandersetzung mit den Aufgaben, Möglichkeiten und Problemen, die sich mit dem Aufbau der neuen Gesellschaftsordnung des Sozialismus zu Beginn der 50er Jahre verbanden, seine schriftstellerische Tätigkeit auf. Dabei sollte die KJL vor allem der Herausbildung und Festigung sozialistischer Persönlichkeiten dienen, die in ihren Interessen, Wünschen und Bedürfnissen mit denen des Kollektivs übereinstimmen und sich als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft maßgeblich am Aufbau des Sozialismus beteiligen. Da sich die Herausbildung der sozialistischen Persönlichkeit jedoch nicht unabhängig vom sozialen Umfeld vollzieht, ist die Darstellung des kindlichen Protagonisten in Wechselbeziehung zu seiner Umwelt ein wesentlicher Bestandteil des in sozialistischen Kinder- und Jugendbüchern dargestellten Wirklichkeitsbereichs. Denn in der Auseinandersetzung des kindlichen Helden mit der sozialistischen Gesellschaft, vor allem im Spannungsverhältnis zu den Erwachsenen, die in ihrer erzieherischen Funktion auf den Entwicklungsprozess der jungen Generation und die damit verbundene Aneignung sozialistischer Bewusstseinsinhalte einen entscheidenden Einfluss nehmen, werden „gesamtgesellschaftliche Beziehungen“ offenbart.Hauptanliegen dieser Untersuchung ist es, herauszuarbeiten, wie das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft vom Autor wahrgenommen, bewertet und in seinen Werken dargestellt wird.In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, wie Pludra das veränderte Spannungsverhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv literarisch verarbeit, welche realen gesellschafts-politischen Entwicklungen der Verschiebung zugrunde liegen und welche Anforderungen sich daraus für das Verhalten der Gesellschaft ergeben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur
- Zur Bedeutung der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur für die Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten
- Funktion und Aufgabe der Kinder- und Jugendliteratur
- Exkurs: Der sozialistische Realismus
- Zur sozialistischen Persönlichkeit
- Zur Gestaltung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft in der Kinder- und Jugendliteratur
- Der kindliche Held im Spannungsverhältnis zum Kollektiv
- Modelle zur Gestaltung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft
- Ein Kollektiv als Protagonist
- Ein kindlicher Protagonist bildet ein Kollektiv
- Kollektiv und Außenseiter
- Einer allein
- Abschließende Betrachtung
- Zum epischen Schaffen Benno Pludras
- Zu den Werken der fünfziger Jahre
- Zu den Werken der sechziger Jahre
- Zu den Werken der siebziger Jahre
- Zum Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in ausgewählten Werken Benno Pludras der 60er und 70er Jahre
- „Lütt Matten und die weiße Muschel“ (1963)
- Zur Erzählung
- Zu den Figuren
- Zur Hauptfigur Lütt Matten
- Zur Nebenfigur Fischer Matten
- Zur Nebenfigur Mariken Guldenbrandt
- Zur Nebenfigur Kaule Brammig
- Der kindliche Held im Spannungsverhältnis zum Kollektiv
- Die Eltern-Kind-Beziehung
- Die Beziehung zu weiteren Figuren
- Die Beziehung zu anderen Kindern
- Zum Verhältnis Lütt Matten - Mariken
- Zum Verhältnis Lütt Matten – Kaule Brammig
- Diskussion des Schlusses
- Abschließende Betrachtung
- Exkurs: „Tambari“ (1969)
- Insel der Schwäne (1980)
- Zur Erzählung
- Zu den Figuren
- Zur Hauptfigur Stefan Kolbe
- Zur Nebenfigur Hermann Kolbe
- Zu weiteren Nebenfiguren
- Der kindliche Held im Spannungsverhältnis zum Kollektiv
- Zur Eltern-Kind-Beziehung
- Die Beziehung zu anderen Figuren
- Zum Verhältnis Stefan Kolbe – Hausmeister Brämer
- Die Beziehung zu anderen Kindern
- Zum Verhältnis Stefan Kolbe - Harald der Kanute
- Zum Verhältnis Stefan Kolbe – Anja Kowalski
- Zum Verhältnis Stefan Kolbe – Ecki
- Diskussion des Schlusses
- Abschließende Betrachtung
- Die Entwicklung der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur im Kontext der DDR
- Die Rolle des kindlichen Helden im Spannungsverhältnis zur sozialistischen Gesellschaft
- Die Darstellung von Konflikten zwischen Individuum und Kollektiv in den Werken Benno Pludras
- Der Einfluss von realen gesellschaftlichen Entwicklungen auf die literarische Gestaltung
- Die Bedeutung von Pludras Werken für die qualitative Weiterentwicklung der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in den Werken des Kinder- und Jugendbuchautors Benno Pludra. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Werken der sechziger und siebziger Jahre, in denen sich eine Akzentverschiebung in der Darstellung dieses Verhältnisses vollzieht. Die Arbeit analysiert, wie Pludra die Konflikte zwischen Einzelnem und Kollektiv in seinen Werken literarisch verarbeitet und welche realen gesellschaftlich-politischen Entwicklungen diesen Wandel beeinflussen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Benno Pludra und sein Werk vor, insbesondere seine Auseinandersetzung mit der kindlichen Entwicklung und den Herausforderungen, die Kinder in ihrer Umwelt erfahren. Kapitel II beleuchtet die Rolle der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur im Kontext der DDR und die Gestaltung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft in dieser Gattung. Kapitel III bietet einen Überblick über das epische Schaffen Benno Pludras und seine literarische Entwicklung. In den Kapiteln IV.1 bis IV.3 werden die Werke „Lütt Matten und die weiße Muschel“, „Tambari“ und „Insel der Schwäne“ im Detail untersucht, wobei der Fokus auf der Darstellung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft in den jeweiligen Werken liegt. Die Arbeit untersucht die Konflikte zwischen kindlichen Protagonisten und ihrem sozialen Umfeld, die Auswirkungen der politischen und gesellschaftlichen Bedingungen auf die Gestaltung der Figuren und die Bedeutung der Werke für die Weiterentwicklung der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur.
Schlüsselwörter
Sozialistische Kinder- und Jugendliteratur, DDR, Benno Pludra, Individuum und Gesellschaft, Kollektiv, Konflikt, kindlicher Held, sozialistische Persönlichkeit, sozialistische Ideologie, realistische Literatur, ästhetische Gestaltung.
- Quote paper
- Mirjam Letz (Author), 2009, Zum Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in ausgewählten Werken Benno Pludras der 60er und 70er Jahre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147408